Boogies Meisterstück?

Test: Mesa Boogie Mark VII

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(Bild: Dieter Stork)

KLANG

Der Mark VII klingt überwältigend gut, deckt ein immenses Spektrum ab und ist in jeder Stilistik zu Hause. Alle Kanäle tönen erstklassig, reagieren dynamisch sowie mit Klangveränderungen auf das Instrument, dessen Elektronik und die Spielweise. Die besten Ergebnisse erreicht man bei vollem 90-Watt-Headroom, allerdings klingt das Testgerät auch leise hervorragend oder erlaubt es effizienter, Endstufensättigung ins Spiel zu bringen. Da reagiert der Mark VII teils sogar mit schönem „Sag“.

Beide Clean-Voicings sind sauber, transparent und knackig: „Clean“ kommt schlank daher, „Fat“ mit mehr Bassfundament. Sie sind nicht auf den GEQ angewiesen und lassen sich bei Bedarf mit einem gelungenen Federhall unterfüttern.

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Bei hohen Gain-Einstellungen brechen die Sounds auf und können per Booster/Overdrive zum Crunch bewegt werden. Dabei stellt insbesondere Fat eine gute Plattform für Pedale dar, bis hin zu Distortion- und Fuzz-Effekten. Für den eigentlichen Crunch sind die gleichnamigen Modi in Kanal 1 und 2 zuständig. Druckvoll, dynamisch und straff findet sich hier ein solider, ausgewogener und eigenständiger mittenpräsenter Rock-Sound, der sich ebenfalls gut boosten lässt.

Eine authentisch britische Gangart sollte man nicht erwarten, sondern den eigenen Charakter der Mark-Serie. Das letzte Voicing in Kanal 2 ist die Neuerung Mark VII („Mk7“), ein druckvoll-wuchtiger High-Gain-Sound mit gewisser Sättigung, der sich ebenfalls gut ohne GEQ nutzen lässt. Je nach Tonabnehmer liefert er ein artikuliertes und schubkräftiges Brett. Gleichzeitig hört man wieder die Mittennase der Mark-Serie heraus.

Im dritten Kanal beginnt es mit der Klangvariante „IIB“. Diese explizit dynamische Betriebsart ist fetter und gesättigter abgestimmt und weist klaren Vintage-Charakter auf. Kein moderner Rock- oder Metal-Sound, aber ein Ton, der sich für Crunch-Einlagen und BluesRock-Leads eignet und das Einsatzgebiet des Verstärkers sinnvoll ausweitet.

Zumindest für mich ist Kanal 3 allerdings fest abonniert auf die High-Gain-Voicings. „IIC+“ ist für mich das Glanzlicht – erstklassig definiert, explizit anschlagsbetont, schlank und dennoch weder zu metallisch noch blutleer, sondern im Gegenteil mit ungeschlagenem Mittengehalt. Genau mein Ding! Über den unabdingbaren GEQ lassen sich diverse Varianten formen – vom ultrastraffen Rhythmus-Sound bis hin zum singenden Solo-Ton und das ohne störende Rauscheskapaden.

Auch Power-Crunch ist bei heruntergeregeltem Gain bestens umsetzbar und geht stets mit herrlichem Spielgefühl einher. Dieser Sound klingt polierter und weniger roh als mancher Marshall, aber keinesfalls harmlos, sondern herrlich aggressiv und tonal klar definiert. Kein Wunder, warum die Originale so hoch im Kurs stehen.

Da kann die ebenfalls überzeugende Variante MkIV nicht ganz mithalten. Sie wartet mit vergleichbaren Gain-Reserven auf, fällt etwas aggressiver und basskräftiger aus, aber auch etwas “gedrungener”. Matschig werden beide Sounds selten, lassen sich über das tiefste Band des GEQ aber mit ordentlich Druck versehen.

Umgekehrt entscheiden hier oft wenige Millimeter zwischen perfektem Sound, zu heller bzw. mittenbetonter Abstimmung oder zu viel Basswucht. Spannend ist die sensible Ansprache des Verstärkers auf die eingesetzte Elektronik. Dieser spiegelt die Eigenschaften von Single-Coils sowie passiven oder aktiven Humbuckern mit ihren individuellen Vorzügen genau wieder.

Dabei versteht es sich von selbst, dass die jeweils besten Einstellungen hierbei immer wieder anders ausfallen. Der Mark VII ist deshalb wie seine Vorgänger ein Verstärker, der fein abgestimmt genutzt werden sollte.

In allen Fällen nehmen übrigens die Presence-Regler wesentlichen Einfluss auf das Klanggeschehen und sogar das Gain-Empfinden. In diesem Zusammenhang ein großes Lob für die informativen englischen Handbücher, die definitiv einen näheren Blick wert sind.

PIT-STOP

Der Mark VII ist ein Klang-Chamäleon. Kanal 1 bietet grandiose Clean-Sounds, die keinen Mitbewerber fürchten müssen und auch als Pedalplattform fungieren können. Das alternative Crunch-Voicing klingt überzeugend, aber nicht unbedingt britisch. Kanal 2 allein bietet mit Fat-Clean, Crunch und Mk7- High-Gain eine sehr variable Bandbreite, die die Kanäle 1 und 3 bestens erweitert.

Die Modi IIC+ und MkIV sind die Glanzlichter im High-Gain-Bereich. IIC+ katapultiert sich im Nu zu einem meiner favorisierten High-Gain-Rhythmus-Sounds überhaupt. Mk7 fügt dem eine fett abgestimmte Variante hinzu, die auch ohne GEQ funktioniert, für mich selbst aber weniger ein Kaufargument darstellt. Bleibt schließlich der Vintage-Sound IIB, der dem Verstärker bei Bedarf eine gänzlich andere Note verpassen kann.

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