Lässt man die per Multi-Watt-Schaltung leistungsreduzierbaren Kollegen außen vor, ist der neue Fillmore 25 Mesa/Boogies kleinster und leichtester Combo des aktuellen Lineups. Klanglich Vintage-orientiert, hat man ihm einige praktische Features spendiert, die ihn flexibler machen, als man auf den ersten Blick vermuten könnte.
Hinsichtlich seiner Ausstattung unterscheidet sich der Fillmore 25 von seinen größeren Brüdern Fillmore 50 und 100 lediglich durch deren höhere und variable Endstufen-Power, erweiterte Gehäusemaße und natürlich höheres Gewicht. Der 12″-Celestion-Custom-90-Lautsprecher kommt bei allen drei Modellen zum Einsatz. Erfreulich: Der Kleine bringt netto (ohne Cover, Fußschalter und Kabel) gerade mal 17 Kilo auf die Waage und ist selbstverständlich auch als Amp-Head erhältlich.
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solider aufbau
Mit Ausnahme der von Siliziumdioden übernommenen Gleichrichtung der Wechselspannung dominiert auch beim Fillmore 25 Röhrentechnik. Selbstverständlich sind selektierte Mesa 6V6 bzw. 12AX7 an Bord, was den Bias-Abgleich erübrigt, sofern wieder original Mesa-Endröhren eingesetzt werden. Was bietet der Kleine also? Zwei technisch identische, völlig autark arbeitende schaltbare Kanäle mit jeweils dreistufigem Mode-Schalter (Clean/Drive/Hi), serielle FX Loop und großes Federhallsystem – beides röhrenbetrieben – sowie Dyna-Watt-Endstufe mit 18 Watt Clean- und 23 Watt Maximalleistung.
Den großen Ruby-Tubes-Federhall hat man in einer Kunstledertasche am Gehäuseboden einigermaßen stoßgedämpft befestigt und über Cinch-Stecker an der Unterseite des Amp-Chassis angeschlossen. Hier findet man übrigens auch die Buchse des Netzkabels.
Der Gehäuserahmen und die Montageleisten der Rückwand bestehen aus 18 mm, die Rückwand selbst aus 13 mm Birkensperrholz. Inklusive der Kanten sauber verklebtes Black Bronco Vinyl sowie sechs schwarze aufgenagelte Lederecken schützen das Gehäuse, die von weißen Kedern umrandete straffe Frontbespannung den Celestion Custom 90 12- Zöller. Per solidem flexiblem Kunststoffgriff lässt sich der Combo komfortabel tragen, und vier große Gummifüße garantieren sicheren Stand. Praktischerweise hat Mesa an der linken Gehäusewand eine Tasche für den Fußschalter und dessen Anschlusskabel angebracht.
Die beiden identischen Kanäle verfügen jeweils über die Regler Gain, Treble, Mid, Bass, Presence und Master(-Volume) sowie einen Dreiwegschalter, der mit Clean, Drive und Hi unterschiedliche Gain-Ebenen und damit Basis-Sounds abruft. Das ist natürlich vor allem deshalb sinnvoll, weil auf diese Weise jeder Kanal in Kooperation mit den Gain- und Master-Reglern das gleiche breite Zerrspektrum offeriert.
Da Wechsel der Modes mit enormen Pegelunterschiedenen verbunden sind und Korrekturen der Master-Volumes erfordern, hat Mesa Boogie auf Fußschaltung verzichtet. Kanalwechsel sind indes manuell und per Fuß (Anschluss vorne) möglich, für den Hall ist jedoch ein zweiter Schalter vonnöten, da der zum Lieferumfang zählende exklusiv für Kanalwechsel vorgesehen ist und am Reverb-Anschluss (Rückseite) ohnehin nicht funktioniert. Selbstverständlich lässt sich der Federhall auch manuell bedienen/deaktivieren, wenn auch nur über die beiden rückseitigen Regler für Channel 1 und 2.
Das stabile, auf der Rückseite mit Lüftungsschlitzen versehene Alu-Chassis des Verstärkerteils hängt an vier langen Gewindeschrauben unter der mittels Alufolie abgeschirmten Gehäusedecke. Drinnen treffe ich auf zwei sorgfältig montierte Hauptplatinen. Die der rückseitigen Anschlüsse wird von sechs verschraubten Buchsen gehalten (FX Loop Send und Return, Reverb Footswitch, Speaker-Anschlüsse 1x 8 Ohm und 2x 4 Ohm). Alle Potis, die Betriebsanzeige, Power-, Standby-, Mode und Channel-Select-Schalter sowie die frontseitigen Anschüsse wurden am Chassis verschraubt, größtenteils sogar frei verdrahtet und wo erforderlich sorgfältig mit Kabelbindern zusammengefasst. Die komplexe Schaltung beschäftigt übrigens 19 (!) Schaltrelais.
(Bild: Dieter Stork)
vintage voiced
Zwei technisch identische Kanäle? Na, dann reicht es doch, wenn ich nur einen davon detailliert beschreibe. So ist es, denn bei identischen Mode- und Regler-Settings sind die Fillmore-Sounds im A/B-Vergleich beider Kanäle in der Tat völlig gleich.
Die angegebenen 18 Watt im Clean Mode lassen pegelmäßig zunächst mal nicht viel erwarten. Ich schließe eine Fender CS 62 Strat mit Fat 50s Singlcoils an, drehe ungeachtet der Einstellvorschläge des sehr ausführlichen englischen Handbuchs alle Klangregler auf High Noon, bringe Master erst mal auf 10 Uhr und arbeite mich mit dem Gain-Regler langsam voran. Etwa bei 14:30 und hartem Saitenanschlag ist erstes Anzerren zu vernehmen.
Jetzt fahre ich Master vorsichtig hoch: Clean, clean, clean – immer noch clean. Etwa bei 16 Uhr zeigen die Endröhren erste Anzeichen von Sättigung, und direkt vor dem Combo sitzend ist unbedingt Gehörschutz angesagt. Gute Güte ist das laut! Im Probenraum hätten mich die Kollegen schon gesteinigt. Ja, auch der Drummer! Aus dem Celestion perlen warme, glockige, crispe, luftige und lebendige Klarklänge, die nur schwer zu toppen sein dürften.
Das Master-Volume arbeitet dermaßen gleichmäßig und präzise, dass sich sogar bis zur Vollaussteuerung (17 Uhr) noch einiges tut. Intensiver Anschlag erzeugt nun einen fetten, dezent komprimierenden Crunchsound. Nehme ich das Gitarren-Volume oder meinen Anschlag ein wenig zurück, bin ich wieder beim glasklar brillanten Clean.
Die gleiche Prozedur nochmal, jetzt mit Les Paul und Vintage-style Sheptone Tribute PAFs. Kräftige Attack und Gain auf 12 Uhr bewirken erste Verzerrungen, Master verhält sich exakt wie beim Singlecoil. Ergebnis: Klarklang zum Niederknien, wärmer, breiter und druckvoller als mit den Fat 50s, Dynamik trotz eines Hauchs von Kompression traumhaft, Nebengeräusche nicht erwähnenswert, Pegel bedrohlich. Während für meinen Geschmack die 12-Uhr-Stellungen aller vier Klangregler völlig ausreichen, gestatten diese umfassende Bearbeitung, allen voran Treble.
Kippt man den/die kleinen Mode-Schalter in die Mitte, landen wir im Drive-Betrieb. Auch hier sind noch Cleansounds möglich, mit der Strat bis Gain 9:30/10 Uhr und bei entsprechenden Master-Settings bis ca. 15 Uhr sogar mit praxistauglichen (hohen) Pegeln. Höhere Master-Einstellungen zeigen erste Sättigung der Endröhren, die sehr schön schmatzende Singlenotes und Akkorde hervorbringen.
Jetzt Master auf 10 Uhr und Drive allmählich gesteigert. Über erstes Anzerren bis zum fetten, dichten und durchsetzungsstarken Hardrock-Brett, das für meinen Geschmack schon Lead-Potenzial besitzt, reicht das Gain-Spektrum, bei dem auch hier der Regler völlig kontinuierlich arbeitet und bis zur Vollaussteuerung bei jedem Millimeter Wirkung zeigt. Da jetzt die Höhen verstärkt in Szene gesetzt werden, muss ich Presence und Treble zurücknehmen, aber auch die Bässe brauchen einen leichten Dämpfer.
Die Humbucker-Paula reizt den Clean-Bereich des Drive Mode schon bei Gain 8 Uhr aus, ab hier geht es gleichmäßig hoch bis zu fett und homogen zerrenden Chords und singenden Sustain-reichen Leadsounds. Was für mich Lead-mäßig quasi das Ende der Fahnenstange bedeuten würde, interpretieren andere möglicherweise als fetten Crunch. Egal, denn was beim Fillmore 25 auch in diesem Sound Mode in puncto Klangfülle, Transparenz, Zerrcharakter, Dynamik und Artikulation so abgeht, ist bewundernswert und allererste Sahne. Wer bevorzugt mit dem Volume-Poti der Gitarre arbeitet, findet hier einen kongenialen Partner.
Wechselt man bei voll aufgedrehtem Gain vom Drive- in den Hi-Betrieb, zeigt der Kleine, dass er tatsächlich noch eine Schüppe Zerre drauflegen kann, die mit kraftvollem Boost und erhöhter Klangfülle einhergeht. Zwar wären auch hier Cleansounds mit noch halbwegs praktikablen Pegeln möglich – Strat bis Gain 8 Uhr, Les Paul bis 7:30 – das ist jedoch nicht der Sinn dieses Klangmodus´.
(Bild: Dieter Stork)
Ungeachtet dessen startet Hi ab ca. 8:00 mit gezügeltem Crunch und lässt sich, wie gehabt, mit kontinuierlich zunehmender Zerrintensität bis zu High-Gain-Lead steigern. Die Erfahrung zeigt, dass der Begriff „High Gain“ bei Gitarristen durchaus unterschiedlich interpretiert wird. Denn was manche als High Gain einstufen, ist für andere gerade mal fetter Crunch. Da für mich persönlich der Drive Mode für singende Leadsounds völlig ausreicht, deckt der Hi Mode ein gepflegtes kultiviertes High-Gain-Spektrum ab.
Keinesfalls aber fährt er die Metal-Schiene, sondern liefert High Gain mit konsequenten Vintage-Attitüden und zeigt dabei sehr gutes Durchsetzungsvermögen, wunderbar dichte natürliche Röhrenverzerrung und lässt langsam ausklingende Noten leicht in ihre Obertöne kippen. Die besten Klangergebnisse erzeugt der Baby-Boogie bei Master-Einstellungen um ca. 15 Uhr, wobei er seine geballten 18-23 Watt durch den Lautsprecher drückt, dabei erst so richtig durchatmet und mit exzellenter Dynamik glänzt.
Die röhrengepufferte serielle FX-Loop hat Mesa im Signalweg post Master-Volume angeordnet, das somit auch den Pegel am FX-Send-Ausgang beeinflusst. Allerdings wurde der Ausgangspegel dahingehend optimiert, dass weder Rack-Equipment – ohnehin meistens mit variablem Input-Level ausgestattet – noch Effektpedale Anpassungsprobleme bereiten. Andererseits liegt der Signalpegel am FX-Return nominell bei etwa +4 dB, sodass Effektgeräte mit maximal -10dB-Pegel (meistens Kompaktpedale) den Fillmore 25 daran hindern, die Vollaussteuerung zu erreichen.
In diesem Fall empfiehlt sich ein LineBooster zwischen Effektpedal und FX-Return. Ungeachtet dessen versteht sich der Combo bestens mit Vorschaltpedalen jeglicher Art.
Der ebenfalls röhrengepufferte Ruby-Tubes-Federhall liefert dank seiner lange ausschwingenden Spiralen dichte, großräumige Halleffekte und das selbst bei voll aufgedrehten Reverb-Reglern. Allerdings kann er bei hohen Gain- und Master-Einstellungen mitunter auch an Klarheit und Kontur verlieren.
resümee
Mesa/Boogies Fillmore 25 Combo reiht sich sowohl klanglich als auch qualitativ nahtlos in die Reihe seiner großen Brüder ein. So stellt er eine hervorragende aber auch logische Erweiterung des Combo-Duos Fillmore 50 und 100 leistungsmäßig nach unten hin dar. Das Konzept mit zwei autarken und technisch identischen Kanälen und jeweils drei Gain-Modes, das sich ja bereits bei den Vorgängern bewährt hat, verleiht dem Zwerg extrem breite Zerrspektren und die höchst effizient eingreifenden Klangregler enorme Flexibilität. Neben den exzellenten Vintage-orientierten Sounds begeistern mich die über ihre kompletten Regelbereiche völlig kontinuierlich arbeitenden Gain- und Master-Regler.
Das gestattet präzise und feinfühlige Einstellungen und findet sich selbst bei Mitbewerbern im Boutique-Bereich eher selten. Der vorzüglich klingende, je Kanal getrennt regelbare Federhall und die unauffällig funktionierende FX-Loop komplettieren die luxuriöse Ausstattung des unter Verwendung hochwertiger Bauteile vorbildlich verarbeiteten Fillmore 25 Combos.
PLUS
• Kanalkonzept
• Sounds des kompletten Gain-Spektrums
• harmonisches Zerrverhalten
• klanglich extrem flexibel
• Ansprache & Dynamik
• Hall-Sound
• nebengeräuscharm
• Qualität der Bauteile
• Verarbeitung
• Preis/Leistung