(Bild: Dieter Stork)
Für einen guten (Jazz)bass kann man durchaus mal sehr viel Geld auf den Tisch legen, insbesondere wenn es sich um ein altes und eingespieltes Exemplar handelt. Maybach wollen mit der Motone Serie solch Premium Instrumente anbieten, ohne dabei astronomische Preise aufzurufen.
Geschenkt ist der Motone Jazzbass natürlich auch nicht. Fertigung in Europa, hochwertige Hölzer und Hardware sowie ein hoher Qualitätsanspruch haben eben ihren Preis. Laut Hersteller erhält man dafür jedoch ein Instrument nach klassischem Vorbild ohne Kompromisse. Diesen Anspruch gilt es zu überprüfen.
KONSTRUKTION
Beim Öffnen des Kartons fällt mir zuerst das hochwertige Gigbag auf. Es bietet eine gute Polsterung von allen Seiten und steht auch ohne Instrument stabil. Zusätzlichen Stauraum bietet es lediglich für flache Dinge wie etwa Kabel, Noten oder Ersatzsaiten.
Ab Werk befindet sich in der Fronttasche ein kleiner Umschlag mit Einstellwerkzeug sowie ein etwas größerer mit einem Echtheitszertifikat, in dem die Seriennummer und Spezifikationen des Basses aufgeführt sind.
So hat man dirket den Eindruck eines Premium-Instrumentes, ohne den Bass selbst auch nur gesehen, geschweige denn in der Hand gehabt zu haben. Hier können sich andere Hersteller die ein oder andere Scheibe abschneiden. Unabhängig davon ist der Eindruck des Basses selbst aber natürlich das Wichtigste.
Auch hier punktet der „Master of Tone“, dafür steht der Name „Motone“, auf ganzer Linie. Wenn das Ziel war, einen gut eingespielten Jazzbass zu produzieren, scheint dies auf den ersten Blick erreicht worden zu sein. Zumindest optisch, denn dazu gehören auch die Spuren, die ein Instrument nach zig Jahren der Nutzung irgendwann eben so aufweist.
An künstlich gealterten Instrumenten scheiden sich die Geister und das ist in Ordnung. Für mich ist es einfach eine Frage des Geschmacks und nichts weiter als eine zusätzliche Option der Oberflächenbehandlung, so wie eine Mattierung oder die Farbwahl auch. Wichtig ist mir dabei jedoch, dass die Alterung halbwegs realistisch und nicht übertrieben ausgeführt ist. Hier gebe ich Entwarnung.
Der Maybach weist einen charmant rissigen Nitrolack auf und die deutlichen Blessuren beschränken sich auf Stellen, an denen sie in der echten Welt auch auftreten würden. Auch die Metallhardware hat eine Reise mit der Zeitmaschine spendiert bekommen, sodass auch das Chrom wirkt, als hätte es schon einige Jahre im Proberaum und auf Bühnen verbracht. Solche Details sind es, die so ein Aging dann erst authentisch wirken lassen, zumindest in meinen Augen.
(Bild: Dieter Stork)
Aus der Reihe fällt hierbei jedoch der Hals, denn dieser wirkt im Gegensatz zum Rest des Basses genauso taufrisch, wie er es auch ist. Auf Nachfrage bei Maybach teilte man mir mit, dass sich ein Großteil der Kundschaft wohl lieber neue anstelle gealterter Hälse bevorzugt.
Der optischen Kohärenz wegen hätte ich mir zumindest eine Bearbeitung des Griffbretts gewünscht, aber so ist das eben mit Geschmacksfragen. Unabhängig davon, ob das Konzept der „Neu trifft Alt“ Kombination gefällt oder nicht, besteht über die handwerkliche Umsetzung keinerlei Zweifel.
HANDLING
Und so ergibt sich in der Hand ein erstklassiges Spielgefühl. Der schlanke Jazzbasshals mit seinen gewichtsreduzierten Mechaniken bietet dem recht massiven Korpus ein gutes Gegengewicht. Mit ca. 4,2 Kilo ist der Bass zwar kein Leichtgewicht, dafür aber recht gut ausbalanciert, sodass selbst ohne Gurt nur geringes Kontern mit dem rechten Arm notwendig ist, um die Kopfplatte in der Höhe zu halten.
Ich gehöre beim Thema Kopflastigkeit definitiv zur empfindlichen Klientel, mit der Greifhand musste ich jedoch nie nachhelfen und so spielt sich der Maybach mühelos. Die flachen Bundstäbchen und die butterweich verrundete Griffbrettkante tragen ihren Teil dazu bei.
Dank des thermobehandelten Holzes dürfte sich an der Beschaffenheit des Halses zumindest in unseren Breitengraden auch nicht mehr viel ändern und der Spaß am Instrument für viele Jahre gesichert sein. Es sind solche Details, die am Ende des Tages den Unterschied zwischen einfacher Stangenware und Premiumware ausmachen.
Handwerklich überzeugt der Maybach auf ganzer Linie. Ich persönlich verbinde mit einem guten Jazzbass ein agiles und dynamisches Instrument, das mit einem flinken Hals und viel Charakter daherkommt. „Leichtigkeit“ wäre wohl ein Begriff, den man in diesem Kontext benutzen könnte.
SOUND
Es mag andere Ansichten geben, aber für mich war der Jazzbass nie Inbegriff dichten, schweren Klangs mit unendlich Tiefbasssustain. Und das liefert der Motone auch nicht. Stattdessen überzeugt der Sound, den die nach traditionellem Vorbild gefertigten Tonabnehmer aus dem Hause Amber-Pickups nach außen tragen mit Lebendigkeit und charmanter Rohheit.
Vom Hals-PU wird ein rundes Fundament geliefert, dennoch lässt der Ton nicht an Offenheit missen. Der Klang besitzt eine angenehme Brillanz und die typische „Holzigkeit“, die oft mit dieser Tonabnehmerposition einhergeht. Dabei überträgt der PU jede Nuance im Spiel und zeigt erst bei sehr rabiater Spielweise Anzeichen von Kompression.
In Kombination mit der Tonblende reicht die Auswahl an Klängen von wollig warm über dengelig bis direkt. Vom Steg-PU hätte ich mir eine Spur mehr Offenheit gewünscht, dieser hat seinen ausgeprägten Bereich nämlich eher in den Hochmitten.
Für nasalen Funk oder aggressiven Rock (man denke etwa an die ‚Evil Empire‘ von RATM) bietet er so eine erstklassige Ausgangslage, bei filigranem Spiel in den hohen Lagen macht sich jedoch das dezente Hinzumischen des Hals-PUs gut. So gewinnt der Klang mehr Feinzeichnung und Auflösung.
Auch für die Fülle im Bassbereich empfiehlt sich zumindest eine dezente Kombination aus beiden PU, so ist das eben bei sehr stegnahen Tonabnehmern. Sehr angenehm überrascht bin ich von der Stille der Tonabnehmer. Obwohl es sich um waschechte Single Coils handelt, hält sich das Brummen oder Surren erstaunlich in Grenzen. Fast könnte man meinen, es seien Humbucker am Werke, aber je nach Drehung des Basses macht sich das unverkennbare Surren dann doch in angenehm geringen Maße bemerkbar.
Sind beide Volume-Potis voll geöffnet, ist dann aber komplett Stille und der Ton wandelt sich von „roh und leicht“ in „sehr fokussiert und drahtig“. Hier passt die Abstimmung der beiden PU einfach. Wäre der Steg-PU noch offener, bestünde wahrscheinlich schon die Gefahr von zu spitzem oder klirrigem Klang. Slapping klingt wunderbar knackig und direkt, ohne dass der Sound aufgeblasen oder klinisch wirkt.
Den fetten Miller-Sound sollte man also nicht erwarten, und das ist gut so. So bleibt die Lebendigkeit – manche nennen es „Spritzigkeit“ – des agilen Jazzbass-Designs erhalten. Auch mit Fingern gezupft zeigt sich der Motone von der besten Seite. Egal ob hart in die Saiten gelangt oder gestreichelt, der Bass übersetzt mein Spiel, so wie ich es mir vorstelle.
Mit dezenter Zerre entsteht ein wunderbar roher, artikulierter Rocksound, der durch Schließen der Tonblende auch in warme Vintage-Klänge verwandelt werden kann. Auch beim Spiel mit Plek setzt sich der bisherige Eindruck fort und vom Durchachteln über komplexere Figuren à la Tool bis zu Palm Mutes lässt der Maybach alles über sich ergehen und folgt meinen Vorgaben.
Wer schon ein paar Instrumente in der Hand hatte, wird es sicherlich schon erlebt haben, dass sich nicht jedes Instrument für alle Spielarten anbietet. Hier geht der Bass jedoch mühelos bei allem mit und lädt dazu ein, ihn nicht wieder beiseite stellen zu wollen.
RESÜMEE
Von Jaco-esquen Ausflügen auf dem Steg-PU über Slapgewitter à la Flea, knurrigen Rocksounds frei nach Tim Commerford bis zu den wolligen Sounds aus dem Motown und Reggae kann der Maybach Motone die komplette Bandbreite an Sounds abdecken, die wir von einer der beliebtesten und ikonischsten Basskonstruktionen überhaupt kennen.
Dabei fühlt sich das Instrument aufgrund des Halses vielleicht nicht an wie nach 40 Jahren on the road, dafür möchte man den Bass aber auch nicht wieder wegstellen. Bevor man also unter hunderten und tausenden gebrauchten Jazzbässen DEN einen sucht, könnte man auch vielleicht einfach einen Maybach antesten. Nur so als Idee.
PLUS
● Hochwertige Verarbeitung
● gut gemachtes Ageing
● Authentische Nachbildung des Vorbildes in Sound und Feel
MINUS
● Hals nicht geaged
(erschienen in Gitarre & Bass 10/2024)