Abseits der Norm

Test: Maton The Australian EA 808

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Die allermeisten Normen und Standards für Akustik-Gitarren wurden von C.F. Martin in Pennsylvania kreiert. Das liegt 16.540 km weit entfernt vom australischen Boxhill, Victoria…

Dementsprechend wenig hatte Firmengründer Bill May (Der Name Maton ist eine Verschmelzung von „May“ und „Tone“) mit derlei Standards am Hut und schuf Instrumente, die bis heute ihre ganz eigene Machart und Erscheinung haben.

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(Bild: Dieter Stork)

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Unser Testmodell entstammt der Australian- Serie und ist in seiner Art tatsächlich eigen.

Der eher kleine Korpus liegt in der Größe irgendwo zwischen Triple-0 und Parlor, kontert das aber mit einer gediegenen Zargentiefe von 10 – 12,5 cm. Die Hölzer sind allesamt australischer Herkunft. Die Decke ist aus Bunya (Queensland-Araukarie) – ihre Lackierung wurde aktuell nochmals dünner ausgeführt, auch die Beleistung (Scalloped X-Bracing) ist neu „getuned“, also überarbeitet. Deckenrand und Schallloch haben eine Herringbone-Einfassung, ein Tortoise-Schlagbrett schützt vor Spielspuren. Zargen und Boden aus AA-Blackwood sind naturbelassen und offenporig – dieses Holz erzeugt eine ganz eigene Anmutung.

Bei dem einteiligen Hals handelt es sich ebenfalls um Blackwood, beim Griffbrett, wie auch beim Steg, kommt Desert Acacia zum Einsatz. Hier finden wir Lagenmarkierungen und eine große „Australia“-Einlage aus Mother-of-Pearl. Die 21 Bünde (Dunlop 6260) sind sauber poliert und verrundet. Der Zugang zum Halsstellstab liegt sehr gut versteckt hinter einer Verbalkung, den geeigneten Inbusschlüssel muss man gesondert erwerben – klarer Punktabzug bei einer 3000-Euro-Gitarre.

Mit einer Mensur von 648 mm schwingen die Saiten zwischen Stegeinlage und Sattel aus Knochen.

Auch die Kopfplatte ist ein feines Stück Gitarrenbaukunst: die ungewöhnliche Keyhole-Ausbuchtung oben, der feine hochglanzlackierte Layer aus Blackwood mit heller Zwischenlage aus Maple und die goldfarbenen geschlossenen Grover- Tuner verfehlen nicht ihre Wirkung.

Ein besonderes Augenmerk richtet der Hersteller Maton stets auf das Pickup-System seiner Gitarren – nur so kann ein Tommy Emmanuel klingen wie eine ganze Band 🙂 Hier bei der EA 808 ist das AP5 Pro an Bord. Im Korpusinneren befindet sich ein justierbares Mikro, außerdem gibt es noch einen Piezo-Pickup unter der Stegeinlage. Auf der Zarge ist ein Bedienfeld, auf dem sich zunächst einmal der Anteil beider Klanglieferanten aufeinander abstimmen lässt.

(Bild: Dieter Stork)

Beide Drehregler rasten mittig leicht ein, sodass ein 50/50 Verhältnis schnell gefunden ist. Als Fader ausgelegt sind die Regler für Volume, Bass und Treble. Besondere Widmung erhielten die Mitten: Es lässt sich eine Frequenz zwischen 600 und 2400 Hz anwählen, die man dann betonen oder absenken kann. Die effektivste und grundlegendste Klangeinstellung geschieht allerdings mittels Anteil Mikro/Pickup … Befeuert wird das System von zwei leicht zu erreichenden AA-Batterien – ein Tuner ist nicht vorhanden.

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Holt man die Maton aus ihrem perfekt sitzenden Hiscox-Koffer, will man sie erst einmal betrachten, drehen und wenden, neugierig in Augenschein nehmen und die Haptik auf sich wirken lassen. Der Hals fühlt sich auch wirklich super an – natürlich, griffig, wie ein alter Bekannter. Das Griffbrett bietet mit 44,5 mm Breite am Sattel komfortable Spielbedingungen. Mit der stark taillierten Korpusform liegt die 808 sicher auf dem Schoß, zwei Gurtpins fürs stehend Spielen sind auch vorhanden.

Die ersten Akkorde machen Freude. Der Grundklang der Maton präsentiert sich perfekt austariert mit dem genau richtigen Anteil an durchaus kräftigen Bässen, prägnanten Mitten und Höhen mit Strahlkraft. Das Klangvolumen beeindruckt angesichts der Korpusgröße. Wer die tadellose Bespielbarkeit noch steigern möchte, kann dieses Modell auch mit Cutaway ordern – und es gibt auch eine Lefthand-Option.

Besonders gespannt stöpsel ich die „Australian“ dann in den Acoustic-Amp. Wow – jetzt wird aber richtig auf der Haben- Seite gepunktet. Schon bei mittiger Stellung aller Regler/Fader kommt ein dermaßen lebendiger natürlicher Sound zutage … das ist beeindruckend. Ich kann dann auch erfreut feststellen, dass das innen schwebend positionierte Mikro kaum Hang zum Feedback entwickelt und in seiner Position auch verändert werden kann, um den Sweetspot für den persönlichen Wunsch-Sound zu finden. Das System begünstigt natürlich auch besonders perkussive Spieltechniken – die sich ja wachsender Beliebtheit erfreuen. Die Maton EA 808 empfiehlt sich hier mit Nachdruck und drei Ausrufezeichen als Bühnen-Instrument für professionelle Ansprüche.

(Bild: Dieter Stork)

Resümee

Eine besondere Gitarre mit eigener Ausstrahlung – erzeugt durch ungewöhnliche Hölzer und starkes Design. Das Klangbild ist rein akustisch überzeugend, und über Anlage geradezu begeisternd. Die Maton ist nicht billig, aber auf der Bühne im Live-Einsatz (und mit Sicherheit auch im Studio) eine unschlagbar gute Begleiterin. Unbedingt antesten!

PLUS

  • Design, Finish
  • Hölzer, Hardware
  • Verarbeitung, Lackierung
  • Bespielbarkeit, Haptik
  • Klang, über Anlage mit drei Extra-Sternchen

MINUS

  • spezieller Inbus- Schlüssel für Halsjustierung nicht dabei
  • kein Tuner an Bord

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2019)

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