(Bild: Dieter Stork)
Sechzig Jahre auf der Bühne, das ist schon ein stolzes Jubiläum, das Henning Protzmann (Panta Rhei, Ex-Karat) feiern kann. Aus diesem Anlass hat Marleaux dem langjährigen Consat-Spieler ein Signature-Modell gebaut, das mit ausgesuchter Holzauswahl, Verarbeitung und Sound der absoluten Oberklasse glänzt.
Der Marleaux Consat ist schon so klassisch, dass es vor ein paar Jahren nicht nur koreanische Kopien gab, sondern auch eine Jackson-Version – nicht autorisiert natürlich. Bleiben wir also doch lieber bei den Original-Instrumenten aus dem Harz, deren Qualitäten die Kopien eh nicht im Entferntesten erreichten.
REGIONALE SPITZENQUALITÄT
Die Form folgt der Funktion, mit tiefen Cutaways und langem oberen Horn für beste Balance und leichtem Zugang auch zu den höchsten Lagen. Viele Extrawünsche hatte Henning nicht, aber ein durchgehender Hals sollte es sein. Der kommt dreistreifig aus Ahorn. Der mittlere Streifen ist eher unauffällig, die äußeren beiden wunderschön geflammt. Gesperrt ist der Hals mit zwei schmalen Lagen Räuchereiche. Kein Wenge oder ähnliches Tropenholz, denn der zweite Wunsch war, den Bass aus hiesigen Hölzern gebaut zu bekommen. Dieses Konzept nennt Marleaux Regio Tone Wood.
In Zusammenarbeit mit den Niedersächsischen Landesforsten sammelt Marleaux seit zwanzig Jahren klassische Hölzer wie Ahorn, Erle, Esche, Linde oder Nussbaum, aber auch Birke oder Kastanie finden Verwendung. Aus regionalem, geflammtem Ahorn ist auch das Griffbrett gefertigt, in das 24 eher schmalere Bünde eingesetzt wurden, plus einem Nullbund samt Saitenführung.
Schlichte Dots sorgen für Orientierung, die charmant von der Bassseite in den unteren Lagen über den obligatorischen Doppelpunkt im zwölften Bund auf die Treble-Seite des Griffbretts wandern. Wunderschön fein geflammt zeigen sich die Korpusseitenteile auf der Rückseite – das würde jedem Bass auch als Front gut zu Gesicht stehen. Auch die Abdeckungen sind aus Holz und mit Gewindeschrauben befestigt, die in Metallhülsen greifen; vier für das E-Fach, zwei für die Batterie.
(Bild: Dieter Stork)
Mit einer dünnen Zwischenlage abgesetzt ist die Decke aufgesetzt, die der Dreiteiligkeit von Hals und Seitenteilen folgt. Besagte Decke glänzt mit einer spektakulären Zeichnung, in der immer wieder neue Details zu entdecken sind, und als besonderen Touch für diesen besonderen Bass mit einem gelaserten Autogramm von Henning.
Noch spektakulärer ist die Tatsache, dass die verwendete Maser-Linde ein stolzes Alter von dreihundert Jahren hat. Auch das ist Teil der RTW-Philosophie – maximale Nachhaltigkeit, sozusagen. Erwähnenswert ist auch der zum Top passende Aufleimer auf der kompakten Kopfplatte, die geraden Saitenzug zu den Mechaniken sicherstellt. Insgesamt ausgesprochen sorgfältig wurde hier zu Werke gegangen, und entsprechend tadellos ist die Verarbeitung. Alle Fräsungen sind sauberst und präzise ausgeführt, alle Übergänge, Shapings und auch das Halsprofil fassen sich so gut und organisch an, dass man die Handarbeit in der Fertigung spürt.
(Bild: Dieter Stork)
Die Hardware ist bewährter Standard: Die Mechaniken kommen von Schaller und sind die schon lange legendären M4 in der aktuellen Leicht-Variante. Die Brücke kommt von ETS und heißt „Tuning Fork“, also Stimmgabel, nach der Form, die sich aus der Aufnahme für das Ballend und derjenigen für den Saitenreiter-Schlitten ergibt. Die Einstellung der Oktave ist bei diesem Modell immer etwas mühsam, da die Saite gelockert, der Schlitten gelöst, von Hand bewegt, und wieder arretiert werden muss, bevor mit wieder gestimmter Saite gecheckt werden kann, ob man erfolgreich war. Wenn es denn aber einmal passt, ist die Verbindung absolut fest.
Außerdem glänzt die Brücke durch bestes Material, elegante Optik und Freiheit von jeglichen störenden Ecken und Kanten, selbst die Saitenauflagen sind abgerundet. Auch die Gurtpins sind von Schaller und leicht versenkt montiert, die Gegenstücke liegen bei. Die Abnahme des edlen Tons besorgen Delano-Tonabnehmer im Soapbargehäuse, die mit je drei Schrauben exakt in Höhe und Neigung justiert werden können.
Das Bedienfeld dazu ist ebenso üppig wie aufgeräumt: Volume- und Balance-Regler funktionieren auch rein passiv, ebenso wie die Minischalter für die Tonabnehmer. Die können jeweils getrennt parallel, seriell, und als Singlecoil (der tatsächlich dank des Quad Coil Designs ein Inline-Humbucker ist) geschaltet werden, während der etwas abseits über der Buchse stehende Minischalter zwischen passiv und aktiv wählt. Letztere Stellung schaltet den EQ zu, der von Wolfgang Behn kommt, der schon immer für die Elektroniken bei Marleaux zuständig ist.
Mit der BC-3 können die Bässe bei fundamentalen 40 Hz, die Höhen bei luftigen 8 kHz, und die Mitten bei 500 Hz bearbeitet werden, jeweils mit einer neutralen Mittenrastung. Die Metallpotiknöpfe sind griffig und gut ablesbar, alle Regler drehen satt und sahnig, wie es sich für die Preisklasse gehört.
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MEISTERKLASSE
Bevor ich mich wieder dem Bass widme, ein Wort zum Gigbag: großartig! Das Canto-Gigbag ist eminent tragbar, auch auf dem Rad, aber äußerst stabil durch eingelegte Platten, bei trotzdem moderaten Gewicht. Da ist der Bass bestens geschützt!
So, nun aber wieder zum Consat. Wie ich das von Marleaux nicht anders kenne, kommt er perfekt eingestellt aus dem Bag. Wie die hier nicht nötige Oktaveinstellung vonstattenginge, habe ich ja schon beschrieben. Auch Saitenlage und Abstand der Saiten zueinander wären einzustellen, da gibt es aber selbst für mich nichts zu verbessern.
Die Halskrümmung ist über den Zwei-wege-Stab komfortabel einzustellen, die Fräsung dafür ist angenehm groß und dennoch elegant. Das passende Werkzeug für alle Arbeiten liegt natürlich bei. Dass der Bass auch mit geringer Halskrümmung nicht schnarrt, zeigt, wie akkurat die Bundabrichtung ist. Auch die Bundenden resp. die Griffbrettkanten insgesamt sind auf maximalen Komfort hin bearbeitet. Sämtliche Oberflächen fühlen sich geradezu unglaublich gut an, die matte Lackierung ist perfekt gelungen. Besonders macht sich das logischerweise am Hals bemerkbar, den hat man ja nun die ganze Zeit in der Hand – und legt ihn so schnell auch nicht wieder aus selbiger.
Zusätzlich motiviert dabei die exzellente Balance, sowohl im Sitzen als auch im Stehen. Kopflastigkeit ist trotz des geringen Gewichts absolut kein Thema. Schon trocken gespielt macht der Consat einfach wahnsinnig Spaß. Jeder – wirklich jeder! – Ton ist sofort da, mit definiertem Attack und viel Punch mit einer sehr gleichmäßigen, langen Ausklingphase. Egal ob Sechzehntelstakkato, ganze Noten für getragene Balladen, Akkordarbeit, Slap, Pick, Tap – der Bass liefert auf höchstem Niveau ab.
Diese prachtvolle Vorlage verwandelt die Elektrik ebenso transparent wie tragend. Der Bass ist einfach da und verbreitet unaufdringliche Autorität. Schon ohne EQ, nur über die unterschiedliche Verschaltung der Tonabnehmer, sind zahlreiche Klangvariationen möglich, die allesamt nutzbar sind. Wenn ich jetzt noch das extrem feinfühlig arbeitende Balance-Poti ins Spiel bringe, sind die Möglichkeiten, wenn nicht endlos, dann doch extrem breit gefächert.
Allen Einstellungen gemein ist – unabhängig von Singlecoil, parallel, oder seriell – ein glockiger, edler Oberton, der, ohne zu nerven, den Bass im Bandkontext immer präsent sein lässt. Der kann, wie der beschriebene Grundsound überhaupt, am EQ noch fein abgestimmt werden. Wie ich das von Marleaux-Bässen schon kenne, arbeitet die Klangregelung eher mild. Das ist gut so,soll doch der Charakter nicht auf den Kopf gestellt werden. Der serielle Hals-Pickup solo bietet z. B. mit reduzierten Höhen und Mitten einen satt-tragfähigen Allroundton. Reggae-mäßige Fülle ist genau so abrufbar wie Slapsounds zum Niederknien.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Was für ein Instrument! Der Marleaux Consat Signature 5 Henning Protzmann füllt seine tragende Rolle mit müheloser, unaufgeregter Autorität im Bandsound aus. „Perfekt“ ist ein Wort, das sich häufiger in diesem Test findet, und dazu stehe ich. Holzauswahl und -verarbeitung, Lackierung, Bundierung: alles in Perfektion ausgeführt. Das hat seinen Preis, der aber in meinen Augen für diese Qualität absolut angemessen ist, der entstehende Spielspaß ist eh unbezahlbar. Und dabei ist der Bass dank RTW auch noch ökologisch „sauber“. Ich kann nur wieder einmal den Hut ziehen vor der Handwerkskunst von Gerald Marleaux.
PLUS
● Sounds
● Verarbeitung
● Regio Tone Wood
● Bespielbarkeit
● Gewicht
● Ausbalanciertheit
(erschienen in Gitarre & Bass 05/2023)