Auch ohne B-Bender ist diese Berliner Version einer Telecaster eine wirklich Country-lastige Angelegenheit. Ihr fetter Hals liefert im Zusammenwirken mit den Pickups und dem Rest der Konstruktion typisch-klassische Tele-Sounds, und das in allerhöchster Güte. Am Hals tönt dieser Amber-Silberling so frisch wie ein Vogel im Frühling, zeigt überhaupt keine Spur von Matt- und Schlappheit, sondern glänzt mit großer Souveränität und einer breit gefächerten Brust. Er lässt sich zudem schön spritzig-dynamisch spielen, kann im Attack charakterstark schmatzen und liefert in gleichem Atemzug einen wunderbaren Schmelz in den Höhen. Rhythmus? Lead? Perlig? Glockig? Jazz? Ja, alles kein Thema …
Stegseitig erwartet uns eine „eigenwillige Kreation mit enormen Dynamik-Reserven, handgewickelt, brillant und kräftig … ” (O-Ton Amber). Und diesen Marketing-Sprech darf man hier durchaus wörtlich nehmen – denn der Amber Country ertönt zum einen sehr trocken und guttural-mittig, zum anderen mit einer Mittennase, die tiefer angesiedelt ist als z. B. der Broadcaster-Pickup meiner eigenen Tele. Dadurch bekommt er mehr Muskeln, ohne aber unangenehm gewöhnlich zu wirken. Dementsprechend wirkt die Kombinationsstellung beider Pickups mehr vom Hals- als vom Steg-Pickup geprägt und tönt insgesamt voller und satter als z. B. bei meiner Vintage-Tele.
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Der klangliche Charakter der LuK Nashville ist natürlich nicht auf cleane Country-Sounds beschränkt, sondern setzt sich in allen Bereichen entsprechend durch. Je mehr Verzerrung im Spiel, desto mehr wird man den Steg-Pickup ins Spiel bringen, aber das liegt ja in der Natur der Sache; da verhält sich die LuK vorbildlich wie jede andere sehr gute Telecaster und zeigt sich als beispielhaft vielseitige Team-Playerin.
Wer b-benden will, bewegt per Zug am Gurt den Gurtpin in einem „long stroke” und zieht damit die H-Saite tonal nach oben. (Bild: Dieter Stork)
Der Berliner B-Bender macht genau das, was er soll – drückt man die Gitarre am Hals nach unten, setzt der Gurt samt oberem Gurtpin das Hebelwerk in Bewegung und zieht, wenn der Gurtpin den Anschlag erreicht hat, die H-Saite einen Ganzton nach oben. Die eingebaute Feder sorgt dann dafür, dass sich das System wieder zusammenzieht und die H-Saite auf ihren Grundton zurückführt. Alles funktioniert, wie es soll, und dank des „long stroke” dieses B-Benders lässt es sich wirklich sehr geschmeidig und klanglich bestens benden.
Es empfiehlt sich, für solch ein B-Bender-System einen etwas breiteren Gurt mit rutschfester Innenseite zu verwenden. Dann ist der Kontakt zur Bending-Bewegung direkter und unmittelbarer, sodass sich die H-Saite zielsicher auf Wunsch auch nur um einen Halb- oder gar Viertelton nach oben ziehen lässt. Ein Wink mit dem Zaunpfahl der hauseigenen Front Porch an die, die denken, man könne nur Country-Musik mit einem B-Bender spielen: fragt mal nach bei Jimmy Page, Pete Townshend, James Hetfield oder Richie Sambora …
Positiv hervorzuheben ist auch die Elektronik der Nashville. Wobei diese kein Hexenwerk darstellt, folgt sie doch einem klassischen Aufbau. Doch gerade das zeigt einmal mehr, dass eine bewährte Schaltung ihren klassischen Status nicht ohne Grund innehat. LuK verwendet zwei 250-kOhm Potis von CTS. Am Tone-Poti sitzt ein 0.022uF-Kondensator des Typs Orange Drop vom Hersteller SBE. Mein Elektronik-Berater meint dazu: „Dieser Orange Drop kommt aus der 715P-Serie (Polypropylene-Folie), wie man sie in nahezu auch jedem Amp findet. Hier wurde allerdings intelligent die 220V-Version gewählt, die im Vergleich zu den Cs für die Amps (630V) mehr als 50% kleiner ist und nicht zu viel Platz wegnimmt – speziell in einer Tele, wo es im E-Fach eh immer eng zugeht.” Dieser Kondensator-Wert ist absolut passend, denn er ermöglicht nicht nur einen passenden Regelweg und -bereich, sondern auch die beliebten Wooaah-Swells mit dem Tone-Poti. Am Volume-Poti findet man einen 330pF-Kondensator, der ein einfaches TrebleBleed-Netzwerk darstellt. Hier wieder der Elektronik-Berater: „Vielleicht für den Betrieb mit Singlecoils etwas unterbelichtet, aber besser als Nichts! Die Ausführung als Keramik-C passt nicht ganz zur restlichen Qualität der Gitarre, ich würde ihn gegen einen Silver Mica ersetzen.” Dies als kleiner Tipp für eine eventuelle Custom-Order bei LuK.
Potiknöpfe in geschmackvollem Design, auf einer künstlich gealterten Controlplate (Bild: Dieter Stork)
ALTERNATIVEN
Das wird, dank des B-Benders, schwer oder teuer. Die Fender Telecaster mit eingebautem B-Bender gibt es nicht mehr – das gilt sowohl für die Standart Tele als auch für die Clarence White Signature aus dem Custom Shop. Nach wie vor kann man seine Tele zu Gene Parsons nach Kalifornien schippern. Ein Short-stroke Bender macht dich um rund 2000 $ ärmer, die Long-stroke Version verlangt einen Tausender mehr, zzgl. der Transportkosten, versteht sich. Immerhin baut Gene Parsons in alle möglichen Instrumente seine Bender ein, auch in Les Pauls, Akustikgitarren, Mandolinen, 12-Strings …
Der von Allparts angebotene Parsons/Green Stringbender-Bausatz scheint nicht mehr erhältlich zu sein – und sonst gibt es nur noch Spezialisten, die vor allem in den USA zuhause sind, wie z. B. Joe Glaser in Nashville. Und die sind in ähnlichen Preisbereichen wie Gene Parsons unterwegs.
Wie gut, dass LuK nun seinen eigenen B-Bender auch zum Einbau in angelieferte Teles anbietet. Und das zu einem B-Bender-freundlichen Preis von € 1290.
RESÜMEE
Anthony Schneiders hundertste Gitarre für LuK Guitars ist eine LuK Pure namens Nashville geworden, die all das mitbringt, was man von solch einer Gitarre auch in diesem Preissegment erwarten darf. Sie bietet trotz fetten Halses eine superbe Spielbarkeit, eine auffällige Optik, eine richtig gute Verarbeitung, erstklassige Tonwandler und – als Kirsche auf der Jubiläums-Torte – den LuK-eigene B-Bender, mit dem sich nach Herzenslust all diese Bendings zelebrieren lassen, die mit einer normalen Gitarre eben nicht möglich sind. Das System funktioniert hervorragend und fügt sich ganz natürlich in diese tolle Berliner T-style-Komposition ein, die ihrem Namen Nashville alle Ehre macht. Wir sagen: Herzlichen Glückwunsch an Anthony Schneider und LuK Guitars für dieses Jubiläum – aber auch an den zukünftigen Besitzer dieser feinen Gitarre.
Tolle Arbeit!
Die Kopfplatte könnte vielleicht noch ein wenig an der zerstörte Design des Bodies angepasst werden, die wirkt allein für sich fast wie neu – aber das ist wohl jammern auf hohem Niveau.
Dem Autor ist leider ein kleiner Fehler unterlaufen: Kluson ist kein deutsches Unternehmen. Es hat seinen Sitz in den USA. Zunächst in Chicago bis 1981, als infolge des Wechsels Gibsons zu Schaller (70er) die Marke unterging. In den 90ern wurde Kluson wieder neu gegründet. Produktionsort ist jetzt aber Südkorea.
Hallo Andreas,
hier der Autor! 🙂
Seit geraumer Zeit schon ist die Marke Kluson im europäischen Gebiet im Besitz der Fa. Göldo in Hannover, während die amerikanische Firma WD die Rechte an dieser Marke für die USA und vermutlich den Rest der Welt besitzt. Die Firma LuK verwendet die Kluson-Mechaniken von Göldo, insofern stimmt meine Aussage.
Freundliche Grüße,
Heinz Rebellius
Tolle Arbeit!
Die Kopfplatte könnte vielleicht noch ein wenig an der zerstörte Design des Bodies angepasst werden, die wirkt allein für sich fast wie neu – aber das ist wohl jammern auf hohem Niveau.
Dem Autor ist leider ein kleiner Fehler unterlaufen: Kluson ist kein deutsches Unternehmen. Es hat seinen Sitz in den USA. Zunächst in Chicago bis 1981, als infolge des Wechsels Gibsons zu Schaller (70er) die Marke unterging. In den 90ern wurde Kluson wieder neu gegründet. Produktionsort ist jetzt aber Südkorea.
Hallo Andreas,
hier der Autor! 🙂
Seit geraumer Zeit schon ist die Marke Kluson im europäischen Gebiet im Besitz der Fa. Göldo in Hannover, während die amerikanische Firma WD die Rechte an dieser Marke für die USA und vermutlich den Rest der Welt besitzt. Die Firma LuK verwendet die Kluson-Mechaniken von Göldo, insofern stimmt meine Aussage.
Freundliche Grüße,
Heinz Rebellius