Ringeltaube

Test: LuK Bluebird

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(Bild: Dieter Stork)

Neue Gitarre mit alten Pickups? Gibt es auch nicht alle Tage zu sehen oder gar zu haben. Möglich wird das natürlich auch nur als exklusives Special in eng limitierter Auflage – LuK Guitars aus Berlin macht dieses unerwartete Angebot!

Ein Scout fand im Auftrag von „GuitarDoc“ Lutz Heidlindemann in den USA originale Gibson P-90 Pickups aus den 50er-Jahren. Diese begehrten Teile sind äußerst selten aufzutreiben und wenn überhaupt, dann extrem teuer. Das Bluebird-Modell ist nach der kleinen, auf nur fünf Instrumente begrenzten Sonderauflage mit historischen Tonabnehmern unlimitiert mit aktuellen Amber P-90 Pickups zu haben.

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GENERATIONEN IN HARMONIE

Widmen wir uns zunächst der Konstruktion des LuK-Bluebird-Modells, das sich im Rahmen des T-Style-Formats bewegt. Lutz Heidlindemann: „Ausgangspunkt für die Bluebird war das in Oberfranken gefundene alte Celluloid, Karo Binding, aus den 60erJahren. Dieses Binding wurde bei Hoyer in den 60er- und 70erJahren immer wieder bei diversen Gitarren verarbeitet. Die Farbkombinationen mit dem Königsblau unserer LuK Franklin 68 war für mich sofort naheliegend. Ich entwickle gerne Bestehendes weiter – step by step. In diesem Sinne ist die Bluebird auch eine Weiterentwicklung der LuK November. Die Form und Konstruktion stammen von eben dieser.“

Für den Korpus fand der Gitarrenbauer heimische Schwarzerle in der Nähe von Brandenburg bei Berlin, die er selbst fällte und langsam trocknete. Der plan belassene, 44 mm starke Body präsentiert sich mit dem vorgenannten Karo-Decken-Binding attraktiv eingefasst. Zusammen mit der seidenmatten Nitrolackierung in Königsblau gibt das dem Instrument ein hervorstechend exklusives Erscheinungsbild.

Dem aufgeschraubten Hals aus Beelitzer Ahorn von außerordentlichem Wuchs und wilder Maserung – optisch höchst attraktiv, aber auch von enormer Härte und schwer zu verarbeiten – ist ein Griffbrett aus nämlichem Material aufgesetzt. Schwarze Sidedots auf dem feinen Holz-Binding mit filigraner Ebenholzlinie am Halsrand dienen der Orientierung. Im unverzierten Griffbrett finden 21 mittelstarke, akkurat verarbeitete Wagner-6105-Bünde Platz.

Hals und Griffbrett aus Beelitzer Ahorn (Bild: Dieter Stork)

Die Front der parallel herausgeführten Kopfplatte, formal mit Anspielung auf die Strat entworfen, ist in „Matching Headstock“- Manier analog zur Korpusfarbe lackiert und mit Kluson-Double-Line-Tunern bestückt. Auf Saitenniederhalter wurde verzichtet. Um den Halswinkel über den eingelegten Halsstab korrigieren zu können, muss der Hals demontiert werden – die traditionelle, etwas umständliche Methode. Die Saiten schwingen zwischen dem schmalen Knochensattel und der ABM Wraparound Bridge aus Glockenmessing in einer Mensurlänge von 647 mm.

Der besondere Clou dieser bis dahin schon mit außerordentlichen Materialien auftrumpfenden Bluebird-Ausführung sind aber ihre Pickups. Der Einsatz von alten 50er-Jahre-Gibson-P-90-Pickups in neuen Gitarren ist uns bisher noch nicht untergekommen und wird in dieser Form einer kleinen Serie auch wohl kaum wieder möglich sein. Die beiden originären Soapbar-Pickups sind in ihre entsprechenden Korpusfräsungen geschraubt und werden lediglich mit einem einzelnen CTS Double Treble Bleed Panorama Pot kontrolliert. Auf eine Tonblende hat man verzichtet, der Klang soll so naturgetreu wie möglich vermittelt werden. Es geht also hier um nichts als die reine Wahrheit!

Body aus Schwarzerle mit altem 60er-Jahre-Karo-Binding aus Celluloid (Bild: Dieter Stork)

ROYALE FARBSPIELEREI

Die Bezeichnung Königsblau rührt, so ist zu lesen, von den blauen Uniformen her, welche die Leibgardisten und Hofbeamten der französischen Könige seit Ludwig XIV. trugen. Recht so, soll die Bluebird uns doch gerne treu und zuverlässig als besonders ausgewählte Spezialistin dienen.

Der Anfang in dieser Hinsicht ist schon einmal durch jene sympathische Öffnung gemacht, mit der sich uns der blaue Vogel durch fabelhafte Spieleigenschaften nähert. Dem Hals aus diesem besonders festen Beelitzer Ahorn von knorriger Zeichnung wurde nämlich ein ungemein griffiges Profil verschafft, das von leichter V-Prägung im Bereich der unteren Bünde aufsteigend moderat ausflacht und mit samtigem Griff die greifende Hand schlicht begeistert.

Ist der haptische Standard also schon erfreulich hoch, so greifen der Bluebird nun auch noch ausgesprochen vitale Klangeigenschaften unter die bereits weit geöffneten Schwingen. Die straffe, dynamische Tonentfaltung ist von großartiger Offenheit, die Saitenseparation famos und die Farbgebung souverän und obertonreich – akustisch beste Grundlagen also für die spannende Frage: was sind die historischen P-90-Pickups bereit und willens daraus zu machen? Fliegt dieser azurne Vogel mit dem alten Antrieb denn auch wirklich gut – und wenn ja, wie hoch?


DAUERBRENNER P-90

Der Gibson P-90 Single Coil Pickup erblickte direkt nach dem Zweiten Weltkrieg das Licht der Welt. Er löste den Klingen-Pickup ab, der zuvor auf der Archtop ES-150 Verwendung fand. Von 1946 bis zur Einführung des brummfreien Humbuckers 1957 war der P-90 mit seinen in der Höhe verstellbaren Polschrauben in allen Electrics des Traditionsherstellers zu finden und prägte eine Ära der elektrischen Tonumsetzung.

 

Technik: Die Spule eines klassischen P-90 Pickups ist mit um die 10.000 Windungen von lackiertem „plain“ Enamel-Draht der Stärke AWB 42 von Hand gewickelt und hat eine deutlich niedrigere Resonanzfrequenz als ein üblicher Strat-Pickup mit nur etwa 8000 Windungen. Dazu trägt auch die unterschiedliche Spulengeometrie bei: Höhe des P-90 ca. 6,4 mm, Strat-Pickup ca. 11 mm. Selbst bei gleicher Windungszahl wäre die P-90-Spule um einiges breiter als die Strat-Spule. Der Klang eines P-90-Pickups ist demgemäß kraftvoll, weit aufgeschlossen, dynamisch, bei Bedarf auch aggressiv, aber längst nicht so scharf wie ein Strat-Pickup. Den Unregelmäßigkeiten der Handwicklung sagen Fans der frühen P-90 Pickups darüber hinaus eine besonders offene und musikalische Klangwandlung nach.

Originale 50er-Jahre-Gibson-P-90-Pickups (Bild: Dieter Stork)

Unterhalb der Spule dieses Tonabnehmers liegen zwei Alnico-Barrenmagnete aus Metalllegierungen von Aluminium, Nickel, Cobalt und Eisen, manchmal auch mit Anteilen von Kupfer und Titan. Gibson setzte im Laufe der Jahre nach Verfügbarkeit und Preis durchaus verschiedene Materialien ein. Alnico II war das Material der ersten Stunde und wurde Anfang der 50er-Jahre durch Alnico IV abgelöst. Vielfach ist in der Literatur vom vornehmlichen Einsatz von Alnico-V-Magneten in den Gibson-Pickups der 50er-Jahre zu lesen – vielfältige Untersuchungen und Analysen an Tonabnehmern verschiedener Jahrgänge aus dem Zeitraum von 1952 bis 1960 konnten die weitverbreitete These aber nicht bestätigen. „Tatsächlich handelte es sich bei allen langen Magneten aus dem untersuchten Zeitraum ausnahmslos um eine heute nicht mehr produzierte Variante von Alnico IV.“ Mehr zu diesem Thema ist im Artikel „Mythos Alnico“ von Wolfgang Damm in der G&B-Ausgabe 12/2018 oder direkt beim Autoren unter www.amberpickups.com zu erfahren.

Es gab den klassischen P-90-Pickup in den Bauformen Dogear und Soapbar, was sich lediglich auf die Spulencover bezieht. Der Dogear wird über seitliche Ohren auf der Decke fixiert; beim Soapbar greifen zwei mittig durch das Gehäuse geführte Schrauben ins Korpusholz. Zur alten P-90-Familie gehört prinzipiell auch der von Seth Lover entwickelte 480 Alnico V Single Coil Pickup, verbaut u.a. ab 1954 in der Halsposition der Les Paul Custom Black Beauty. Dieser Pickup fällt mit seinen rechteckigen Polepieces ins Auge und wird von einigen Klang-Gourmets hoch geschätzt. Anstelle von Barrenmagneten kommen bei ihm – durchaus vergleichbar zu Fender Singlecoils, aber wie der P-90-Standard mit flacherem Bobbin, mehr Wicklungen und höherem Output ausgestattet – sechs einzelne Stabmagnete zum Einsatz, denen die besonders dynamische und höhenreiche Tonwandlung nachgesagt wird.

Nach Einführung des Humbuckers stattete Gibson fast nur noch „Student Guitars“ wie Junior- und Special-Modelle oder die „nonreverse“ Firebirds mit P-90-Pickups aus. Auch auf den preiswerteren Hollowbody-Gitarren wie ES-125, ES-225 oder ES-330 fand man sie noch. 1968 kehrte der ohne Unterbrechung durchgehend produzierte Pickup dann mit Wiedereinführung der Les Paul Standard Goldtop bei Gibson zurück auf die größere Bühne. Längst aber hatten sich auch andere Hersteller die Bauweise des P-90-Pickups zu eigen gemacht, sodass dieser bedeutende Singlecoil-Pickup im Programm von so gut wie jedem Anbieter und in einer großen Anzahl von recht unterschiedlichen Gitarrenkonstruktionen zu finden ist, die keineswegs nur in Blues, Rockabilly oder Country, sondern auch in Rock bis Hardrock genreübergreifend zum Einsatz kommen.


Über den Hals-Pickup erschenken sich uns bei Clean eingestelltem Amp zunächst einmal kristallklare Sounds, die weit vorne stehen und das Spiel mit einem breit aufgezogenen Spektrum an klar definierter Stimmlichkeit im Akkord eröffnen. Harfengleich perlt es aus den Speakern, ausgesprochen crisp und präsent kommen die Mehrklänge zum Ohr, ohne es aber an gehöriger Tiefenschärfe mangeln zu lassen. Besonders bemerkenswert ist die plastische Darstellung, geprägt von Klarheit und Tonvolumen zugleich. Dieser Tonabnehmer vermittelt in perfekter Abstimmung von Präsenz und Wärme tatsächlich viel von der vielgerühmten Klasse alter P-90-Pickups. Dadurch kommt auch in Overdrive-Positionen viel Freude auf, denn die schnalzende Ansprache hebt Linien besonders plastisch hervor und die Festigkeit, Atemkraft und Obertonentfaltung gehaltener Noten ist fabelhaft.

Wechseln wir die Position vom Hals- zum Steg-Pickup über den Panoramaregler, so gleiten wir durch ein großes Spektrum von Klangfarben, die sich durch die stufenlosen Übergänge in variabel changierenden Mischverhältnissen fein kalibrieren lassen. In der Außenposition sind wir dann beim Steg-Pickup allein angelangt und der zieht das Klangbild deutlich enger, zeigt mehr Kompression in den oberen Mitten und nicht ganz so offene Höhen wie der Kollege am Hals. Vom Gleichstromwiderstand her liegt er mit 9,4 kOhm auch am anderen Ende der üblichen Variationsbreite beim P-90 von ca. 7,5 bis gut 9 kOhm – der Hals-Pickup wartet mit lediglich 6,1 kOhm auf, liegt damit sogar unter dem Standard, was aber bei Handwicklungen durchaus vorkam. Der Bridge-Pickup in der Bluebird zeigt jedenfalls Zähne!

Nicht ganz so kristallklar im Vergleich zum Partner vorn, glänzt er mit druckvoller Darstellung, einer Präsenz der anderen Art und Stärke, wenn man so will. Die leichte Mittenkompression erweist sich natürlich nachdrücklich in Zerrpositionen als besonders schlagend. Schnell ansprechend, mit perkussivem Kick aufreißend, löst sich der kompakt verdichtete Ton, lässt sich führen wie ein Skalpell, ruft nach dem Chirurgen, der das Messer mit sicherer Hand zu führen weiß. Damit schneidet man leicht durch jeden Mix und steht sozusagen über den Dingen.

Was man von dieser Gitarre trotz der historischen P-90-Pickups natürlich nicht erwarten kann, sind die Sounds alter Gibson-Gitarren. Das schließt sich schon konstruktionsbedingt aus. Erlen-Body und geschraubter Ahornhals weisen einen völlig anderen Weg in der Klangauslegung und dem folgt ein guter PU natürlich. Anstelle des warm holzigen Schubs mit weich gerundeten Höhen einer Mahagonikonstruktion bietet die Bluebird ein offenes, klar zeichnendes, aber faszinierend plastisches Klangbild. Dennoch bleiben einige Charakteristika alter P-90-Pickups trotz der differierenden Konstruktion durchaus auch erhalten, zu finden etwa im süß-cremigen Ineinanderschmieren von Noten im Overdrive.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Die LuK Bluebird ist in jeder Hinsicht ein außergewöhnliches Instrument. Mit besonderen heimischen Tonhölzern einerseits gefertigt und mit Pickups aus der großen Zeit des amerikanischen Gitarrenbaus andererseits ausgestattet, finden in ihm tonbildende Elemente aus verschiedenen Zeitzonen konzeptionell schlüssig zusammen, die zu einem durchaus eigenständigen Ergebnis führen. Die Grundlagen für die ungewöhnlich griffigen Sounds liefern Konstruktion und Tonhölzer, die brillante Umsetzung ist den historischen Pickups zu danken. Aber braucht es für ein gutes Ergebnis alte Pickups?

Sicher nicht, denn das stimmig konstruierte Bluebird-Modell wird auch mit Amber-P-90-Pickups toll klingen. Den Unterschied machen Nuancen, die aber für manchen Spieler entscheidend sein können, und natürlich auch ein gewisser Nimbus des Ungewöhnlichen und in dieser Form kaum wieder Erreichbaren. Zu loben, vom spieltechnischen Standpunkt her, ist vor allem der auffällig handlich profilierte Soft-V-Hals und die perfekte Handhabung. Darüber hinaus lässt der stufenlose Panoramaregler facettenreiche Tonfindung zwischen den Einzelpositionen der Pickups zu, und wer eine Tonblende vermisst, die ja doch manchmal nützlich sein kann, der redet einfach mit dem Gitarrenbauer. Keine Frage, dieser Vogel fliegt und er fliegt hoch, aber so ein exklusives Fluggerät hat halt, vollkommen berechtigt, auch seinen Preis – abgehoben!

PLUS

  • Design/Optik
  • Kombination heimisches Tonholz, alte Pickups
  • sehr direktes, offensives Klangverhalten
  • 50er-Jahre-P-90-Pickups
  • originäre Sounds
  • stufenlose Feinabstimmung per Blend-Poti
  • Hals mit Soft-V-Profil
  • Verarbeitung

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2021)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Das ist einfach nur dekadent…..6000 Euro für so ein Paddel

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    1. Interessant ist vor allem wie der Gitarren Arzt an die heimischen Tonhölzer gekommen ist, Stichwort „Schatz von Bubenreuth“

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