Brückenbauer

Test: KMS TV-Saddles & -Bridges

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(Bild: Dieter Stork)

Seit ein paar Jahren hat sich in Neumarkt in der Oberpfalz die Firma Kiss My Strings (KMS) mit klangoptimierender Hardware für E-Gitarren ein ausgezeichnetes Renommee erarbeitet. Ihre feinmechanischen Präzisionsteile basieren auf innovativen Designideen und der Nutzung unterschiedlicher Materialien. Sowohl Fender- als auch auch Gibson- und Floyd-Rose-User werden hier fündig.

Aus dem umfangreichen und stetig wachsenden KMS-Portfolio haben wir uns für diesen Test Tele-Stege ausgesucht. Schon deren Verpackungen präsentieren sich als echte Eyecatcher: mattsilberne, flache Blechdosen mit Schaumstoffeinlagen, in welche die einzelnen Komponenten inklusive Inbusschlüssel, Ersatzmadenschrauben, Montagehinweise und (!) zweier Saitenreiter aus Alternativmetallen präzise eingelegt sind.

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So findet man beispielsweise m Brass-Saddle-Set zusätzliche Reiter aus massivem Alu und Edelstahl. Kiss My Strings verarbeitet hochwertige Materialien mit modernsten Technologien, von der additiven Fertigung mittels 3D-CAD-Dateien und CNC-Bearbeitung bis hin zu innovativen Beschichtungen.

DIE IDEE

Bekanntlich führen traditionelle Tele-Saddles die Saiten stets paarweise. Dieses Prinzip hat natürlich auch KMS übernommen, das Design der umlaufenden Führungskerben jedoch drastisch optimiert, sodass hier diverse Saitenstärken Platz finden und entsprechend kompensierte Auflagepunkte berücksichtigt werden. Um auch umwickelte G-Saiten nutzen zu können, lassen sich die Reiter axial um 180° drehen, d.h. Maden- und Oktavschrauben entfernen, Reiter verdrehen und Schrauben wieder einsetzen.

Damit die Höhenjustierschrauben auf der Stegplatte keine Spuren hinterlassen, wurden deren Enden verrundet und poliert. Maden- und Oktavschrauben bestehen aus Edelstahl (wahlweise auch aus blankem oder vernickeltem Messing) und besitzen zöllische 6-32 UNC-Feingewinde. Alle Gewinde greifen präzise ineinander und zeigen gerade so viel Spiel, dass sie sich noch geschmeidig drehen lassen. Die Höhenjustierschrauben werden so präpariert, dass sie etwas schwergängiger sind und sich nicht vibrationsbedingt verstellen können.

Eine weitere KMS-Besonderheit stellen die Distanzfedern einer jeden Oktavschraube dar: Zwei Federn mit unterschiedlichen Durchmessern passen exakt übereinander, bieten den Reitern stabilen Halt und lassen sich je nach gewünschter Spannung sogar einzeln einsetzen. Für unseren Test hat KMS eine Tele-Bridge für Top- und Bottom-Loading (Strings Thru), eine aged Variante für Bigsby-Vibratos, drei Saddle-Sets (Messing, Alu, Edelstahl) und ein Set aus besonders hart beschichtetem Messing für die Bigsby-Bridge geliefert.

Die Tele-Stege bestehen aus 1,7 mm kalt gewalztem, vernickeltem Stahl, die Madenschrauben und Steel-Saddles aus Edelstahl. Für die Oktavschrauben findet blankes oder vernickeltes Messing Verwendung. Verarbeitung, Beschichtungen und Polituren sämtlicher Teile zeugen von höchster Präzision und Perfektion.

Da die sechs Höhenjustierschrauben je nach Halswinkel und gewünschter Saitenlage unter Umständen zu kurz sein könnten, liefert KMS ab sofort zusätzlich 10,75 mm lange Exemplare mit. Ebenso könnten bei hohen Saddle-Einstellungen die drei Standard-Oktavschrauben zu steil und damit störend sein. Für diesen Fall werden den Sets zusätzlich Schrauben beigepackt, die um 5 mm gekürzt sind.

TV-Bridge mit kombinierten Reitern (Bild: Dieter Stork)

KLANGOPTIMIERT

Dass der Umbau einer Strings-Thru-Tele-Bridge wesentlich aufwendiger ist als bspw. der einer Tune-o-matic, dürfte einleuchten. Das Prozedere: Saiten runter, Steg und Pickup demontieren, Pickup in die KMS-Basisplatte installieren, Steg montieren, neue Saiten aufziehen (empfehlenswert!) und stimmen, Saitenlage und Oktaven justieren.

Als Probandin haben wir uns ganz bewusst für eine Low-BudgetGitarre entschieden, und zwar eine Rocktile Vinstage TL-RMBK, die wir in der G&B-Ausgabe 03/2023 auf dem Seziertisch hatten. Da die Gitarre mit recht gutem Schwing- und Klangpotenzial aufwartet, ist es interessant festzustellen, was sich mithilfe der KMS-HighTech-Bridge aus einem solchen Instrument herausholen lässt.

Unplugged liefert die Rocktile-Tele dank Roasted-Maple-Neck und unorthodoxem Mahagoni-Body eine gewisse Wärme bei erstaunlich reichem Obertonaufkommen. Die ungelabelten Low-Gain-Einspuler geben sich drahtig, transparent, perkussiv und brillant und können alles außer High-Gain-Zerre. Während der Hals-Pickup eine feine Auflösung zeigt, liefert der Stegkollege den beliebten, wenn auch mitunter nervig bissigen Twang Marke „Eierschneider“. Genau hier setzt das Kiss-My-Strings-Konzept an, mit dem sich der Sound dank unterschiedlicher Saddle-Materialien je nach Geschmack und/oder Einsatzzweck beeinflussen lässt.

Ist mir der Twang, den ja vor allem die Diskantsaiten erzeugen, zu aufdringlich, bieten sich die TV-Rails-Messingreiter an, die für ausgewogene, warme Klänge mit breitem Obertongehalt sorgen. Andererseits können sie dickere A- und E-Basssaiten durchaus auch dumpf oder matt erscheinen lassen.

Die Aluminium-Saddles erzeugen dagegen einen piano-ähnlichen, sehr resonanten Ton, bieten sich in erster Linie für die G- und D-, aber auch für die A- und E-Saiten an und punkten vor allem bei Clean-Sounds. Verglichen mit Messing erzeugen die Alu-Reiter einen trockeneren, helleren und bissigeren Klang mit weniger ausgeprägten Mitten, jedoch mit prominenteren Höhen. Zudem zeigen sie bessere Saitentrennung, schnellere Tonentfaltung und reichlich Twang.

Als perfekt für die tiefen A- und E-Saiten empfehlen sich die Stahl-Saddles, die einen fokussierten, durchsetzungsstarken Klang mit spritzigen schimmernden Höhen bieten. Im Vergleich zu Messing liefern sie den höhenreichsten Klang aller drei KMS TV-Rails. Auch sie verbessern die Saitentrennung, erzeugen markantes, ausdruckförderndes Attack und ermöglichen ausgeprägten Twang mit strahlenden Obertönen.

Da jedes TV-Rails-Set mit zwei Alternativ-Saddles geliefert wird, kann man selbst ausprobieren, ob eine Kombi, und wenn ja welche, den eigenen Klangvorstellungen am nächsten kommt. Dabei ist der Einfluss der unterschiedlichen Metalle auf Klang, Sustain und Saitentrennung wirklich verblüffend. Allerdings kann die KMS-Hardware keine Wunder vollbringen und aus einer schlechten Gitarre ein High-End-Teil zaubern. Die Basis sollte also schon stimmen. In jedem Fall aber lässt sich ein industriell gefertigtes Instrument enorm optimieren und klanglich feintunen ohne direkt in die Elektrik einzugreifen.

Die KMS-TVB-Bridge wurde speziell für Teles mit Bigsby-Vibratos oder vergleichbare Systeme entwickelt. Aussparungen im hochgezogenen Rand der Basisplatte zwischen den Oktavschrauben bieten den Saiten ungehinderte Bewegung. Zudem besitzt die Platte sechs Bohrungen für „Non-Bigsby-Strings-Thru-Montage“. Die mit den kompensierten KMS-V-Kerben und einer speziellen, besonders harten Beschichtung versehenen TV-Rail+-Messingreiter garantieren geschmeidiges und verstimmungsfreies Gleiten der Saiten. Alternativ können aber auch die Standard Brass-, Alu- und Steel-Saddles verwendet werden.

Umfangreiches Zubehör (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

KMS (Kiss My Strings) fertigt hochwertige Präzisions-Hardware, die sich problemlos gegen Standardprodukte austauschen lässt. Dank wirkungsvoll klangoptimierender bzw. -korrigierender Eigenschaften konnten die TV- und TVB-Bridges das Klang-, Schwingungs- und Sustain-Potenzial unserer Rocktile-Vinstage-Tele nicht nur immens verbessern, sondern durch die unterschiedlichen Saddle-Metalle klanglich auch korrigieren bzw. variieren. Fazit: Pimp your guitars!

PLUS

● Konzept
● Klangoptimierung
● sehr variabel verwendbar
● Saddle-Sets mit je zwei Alternativreitern
und diversen Schrauben
● Qualität der Materialien
● Verarbeitung
● Preis/Leistung

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2023)

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