Heavy as f*ck

Test: KHDK Totality

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(Bild: Dieter Stork)

KHDK ist eine tschechische Firma für Effektpedale, die gern mit den großen Namen der Musikszene kooperiert. Bei der Entwicklung des Dual-Path-Overdrives namens „Totality“ spielte man sich mit einem technisch besonders versierten Partner die Bälle hin und her: Slipknot-Bassist Alessandro „VMan“ Venturella! Der Clou: Das Gerät ist für Bass wie Gitarre gleichermaßen geeignet.

Wohin die klangliche Reise geht, dürfte bei diesem Kooperationspartner wohl keine Überraschung sein. Wenn ein Musiker der Metalband Slipknot für ein Effektpedal Pate steht, handelt es sich wohl kaum um einen Clean-Boost für seidigen Hochtonglanz oder einen exquisiten Federhall. Bei dem mit gehörntem Totenschädel verzierten Pedal handelt es sich natürlich um einen Verzerrer, genau genommen um eine waschechte Distortion. Auch wenn der Hersteller hier Overdrive dran schreibt – den Bereich, in dem man das als Drive durchgehen lassen würde, verlässt man einfach wahnsinnig schnell. Also anschnallen!

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ÜBERSICHT

Gefertigt wird das Gerät im Herzen der Tschechischen Republik, in Prag. Neugierige sollten aber schnell sein, denn bislang ist die Edition auf 250 Geräte weltweit limitiert. Etwas ärgerlich, dass unser Vorab-Exemplar defekt das Werk verlassen hat … Der Kontakt mit dem Hersteller war jedoch schnell und unkompliziert. Nach nur wenigen Tagen hatte ich den voll funktionsfähigen Ersatz in der Hand. Sieht man von diesem Ausrutscher ab, ist die Verarbeitung außen wie auch im Inneren des Pedals gut.

Anschlussseitig findet sich alles Notwendige auf der Stirnseite platziert. Sehr gut, so nehmen die Stecker keinen horizontalen Platz auf dem Board ein, der zumindest bei meinen Aufbauten immer knapper bemessen ist als der vertikale. Bei der Netzteilplanung dürfte das Totality mit knappen 35mA an 9V wohl kaum ins Gewicht fallen. Das Pedal ist mit einem klassischen True Bypass ausgestattet. Vier Drehpotis, zwei Schiebepotis und ein Kippschalter dienen der Klangformung.

Alessandro ist selbst Multiinstrumentalist, entsprechend wurde bei der Entwicklung gesondert darauf geachtet, das Totality kompatibel für Bass wie auch Gitarre zu gestalten. Erreicht werden soll das zum einen durch das stufenlose Mischen von verzerrtem und unverzerrtem Signal, zum anderen durch separate Klangregelungen der beiden Wege. Trotz des wilden Artworks geht aus der Beschriftung und Anordnung der Regler eindeutig hervor, um welche Funktion es sich jeweils handelt.

Zum Einstellen der beiden Lautstärken dienen die im Betrieb grün beleuchteten Fader, wobei die linke Hälfte des Pedals dem verzerrten Signal gewidmet ist. Über die Drehpotis können noch Gain sowie Tone eingestellt werden. Der in der Mitte platzierte Kippschalter beeinflusst die Mittenfrequenzen des verzerrten Kanals.

Eigentlich interessant und in meinen Augen eine gute Idee ist dann aber erst die 2-Band-Klangregelung mit Bässen und Höhen für das Clean-Signal. In der Theorie kann dem Zerrkanal so mehr Definition, Fundament oder beides hinzugefügt werden. Was in erster Linie nach einer Funktion für den Einsatz am Bass klingt, dürfte sich in der Praxis aber auch an der Gitarre als vorteilhaft erweisen.

PRAXIS BASS

Beim ersten Anschalten des Pedals stelle ich schnell fest, dass zarte Töne wahrlich nicht den Wohlfühlbereich des Pedals ausmachen. Bereits in der 9-Uhr-Stellung des Gain-Reglers ist mein Basssignal deutlich verzerrt. Ziel des Totality scheint es zu sein, mit dem verzerrten Kanal eine Art Teppich unter bzw. über den Sound zu legen. Mit einer recht feinkörnigen Struktur der Zerre nehmen Attack und Dynamik des Instruments mit steigendem Gain deutlich ab. Spätestens in der 12-Uhr-Position geht der Sound schon fast Richtung „Kettensäge“ bzw. „Bienenschwarm“.

Um scharfe Obertöne in den Griff zu bekommen, bietet der Tone-Regler eine große Bandbreite, wobei der Linksanschlag schon für einen sehr dunklen Klang sorgt. Vom Regelweg her erinnert mich die Ansprache an das Filter einer ProCo Rat, um an dieser Stelle mal einen hoffentlich brauchbaren Vergleich zu schaffen. Der erwähnte Kippschalter sorgt je nach Stellung für die Betonung eines Mittenbandes. Mein Favorit ist dabei die mittlere Position, hier rücken die mittleren Mitten etwas in den Hintergrund und die Hochmitten kommen besser zur Geltung. So wird der Sound insgesamt aufgeräumter, direkter und weniger sägend.

In den anderen Stellungen werden eher die unteren und mittleren Mitten hervorgehoben, was zumindest am Bass mit so viel Gain schnell den Bandmix dominiert. Je nach Situation kann das natürlich auch gewollt sein. Es soll ja Stilrichtungen geben, in denen eine voll aufgedrehte Rat oder ein HM-2 zum guten Ton gehören. Meinem Geschmack entspricht das zwar nicht, aber zumindest ist die Option dazu vorhanden. Zur Zähmung des Sounds oder vor allem, um wieder mehr Definition, Attack und Bassdruck ins Klanggefüge zurückzubringen, kommt nun der Clean-Kanal zum Zuge.

Für sich genommen ist der Zerrkanal nämlich recht bassarm, was bei dem hohen Grad der Verzerrung auch wichtig ist. Dadurch matscht der Bassbereich nicht so sehr. Mittels 2-Band-EQ lässt sich das Clean-Signal gut an die Bedürfnisse anpassen. Soll lediglich der Bassdruck wieder hergestellt werden, bietet es sich an, die Höhen aus dem Clean-Kanal herauszudrehen. Andersherum können sie auch besonders betont werden, damit der Sound insgesamt noch attackreicher und aggressiver wird.

Stilistisch ist Dank der zahlreichen Kombinationen sehr viel möglich, wobei das Hauptaugenmerk deutlich auf dichten, Fundament bzw. Teppich bildenden und mit den Gitarren verschmelzenden Sounds liegt. Unter Zuhilfenahme eines Gates und ggfs. Kompressors können dem Totality aber auch durchaus artikulierte und tighte Klänge entlockt werden, wie sie im modernen Metalcore, Djent oder härteren Progmetal gern verwendet werden. Dort sind Gate und Kompressor zumeist eh schon vorhanden. Insgesamt liefert das V-Man-Pedal genau das ab, womit der Hersteller KHDK wirbt: dichten, aggressiven Sound für heavy Riffing.

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(Bild: Dieter Stork)

PRAXIS GITARRE

Im Test mit der Gitarre verhält sich VMans Signature-Pedal nicht weniger kompromisslos. Zarte, feinfühlige Klänge sind auch an der Gitarre weiß Gott nicht die Kernkompetenz dieses Geräts. Aufgrund dieses ersten Eindrucks habe ich für den Test primär meine auf B gestimmte Baritone Telecaster sowie eine Jackson Pro SL7 Soloist verwendet. Beide Gitarren haben ein kräftiges und dennoch definiertes Tieftonfundament, das durch das Totality-Pedal zu ungeahnten Dimensionen aufgeblasen wird.

Die Bassreserven dieses Gerätes sind, dank der ausgetüftelten Blend-Schaltung und den drei dafür zuständigen Dreh- bzw. Schiebereglern, enorm. Dadurch lässt sich recht feinfühlig dosieren, wie wuchtig man das Low-End des Sounds gestalten möchte. Drehund Angelpunkt sind aber ganz klar der Mid-Shift-Schalter sowie der Tone-Regler. Letzterer erinnert mich ebenfalls an den Filter-Regler einer ProCo-Rat, wenngleich ich beim Totality das Gefühl habe, dass der Filter noch ein wenig extremer in das klangliche Geschehen eingreift.

Der Mid-Shift-Switch wird zunehmend wichtiger, wenn das Tone-Poti sich auf der rechten Hälfte des Regelwegs befindet. Hier ist es vor allem das etwas mittigere Setting in der oberen Schalter-Position, das mir gut gefallen hat. Hier kommt der eigentliche Ton der Gitarre am besten zur Geltung, während in den anderen beiden Schalter-Positionen die Mitten etwas nach hinten treten, was insgesamt einen „fuzzigeren“ Sound ergibt. Grundsätzlich würde ich sagen, dass das KHDK Totality irgendwo in den düsteren Abgründen zwischen Distortion und High-Gain-Fuzz wildert und einen eher dreckig-sägenden und in jedem Fall stark komprimierten Klangcharakter aufweist.

ALTERNATIVEN

Der wichtigste Teil des KHDK-Totality-Pedals ist ganz klar die ausgeklügelte Clean-Blend-Schaltung. Als (deutlich preiswertere) Alternative würde mir daher das noch recht neue Electro Harmonix Hell Melter einfallen, welches sich den alten Boss-HM2-Verzerrer zum Vorbild nimmt. Auch hier bekommt man ein ausgesprochen leistungsfähiges, dreckiges Distortion-Pedal für Gitarre und Bass mit einem Clean-Blend-Regler. Wer noch etwas mehr Vielseitigkeit und eine noch ausgeklügeltere Clean-Blend-Schaltung sucht, könnte mit dem Deluxe Bass Big Muff Pi, ebenfalls von EHX, glücklich werden. Hier liegt der Schwerpunkt natürlich ganz klar auf der Anwendung im Bassbereich.

RESÜMEE

Für Slipknot-Fans ist das KHDK Totality natürlich ein absoluter Pflichtkauf. Aber auch Musiker:innen der härteren Zunft, die nicht explizit dem maskierten Knüppelkollektiv aus Iowa anhängen, dürfen einen Versuch mit diesem Pedal wagen. Hier bekommt man ein Distortion-Pedal, das wirklich extrem ist und mit enormen Gain- und Low-End-Reserven aufwartet. Die Blend-Schaltung macht das Gerät ausgesprochen vielseitig und besonders in der Verwendung mit einem Bass oder einer tief gestimmten Gitarre sehr gut nutzbar.

In beiden Anwendungsbereichen muss einem natürlich klar sein, dass man den ausgesprochen stark komprimierten Charakter des Pedals mögen muss – da ist kein Soft-Clipping-Overdrive für feinfühlige Blues-Sounds herauszuholen. Bedenkt man das großartige Design und die hochwertige Verarbeitung, geht der Preis von 280 Euro auch in Ordnung.

PLUS

● Konzept
● extreme High-Gain-Sounds
● Clean-Blend-Schaltung
● Mid-Shift-Switch
● Optik

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2023)

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