Des Meisters Spezialwerkzeug

Test: Keeley Electronics Halo Andy Timmons Dual Echo

Anzeige

Sein Leben lang tüftelte Andy Timmons, legendärer US-Studio- und Sologitarrist, an seinem ganz eigenen Delay-Sound. Keeley Electronics hat dem Meister nun ein maßgeschneidertes Gerät unter den Fuß gelegt, um genau diesen kompakt immer dabei zu haben. Schauen wir mal, ob es auch für Normalsterbliche taugt.

Anzeige

Robert Keeley beglückt die Szene von Oklahoma aus schon seit 2001 mit hochwertigen Pedalen – das berühmteste dürfte sein Kompressor sein. Nun wurde Keeley beauftragt, Andy Timmons‘ „Secret Sauce“ beim Ertüfteln des perfekten Delay-Sounds einzufangen.

Das „Halo“ getaufte Pedal kommt erst einmal recht unspektakulär daher. Mit 12 × 6,5 × 5,8 LBH/cm Größe entspricht es ziemlich genau dem MXR-Standard-Format, ist also recht kompakt gehalten – zumal es ja zwei Schalter hat, dazu gleich mehr. Leider befinden sich alle Eingangs- und Ausgangsbuchsen an den Seiten, was die Pedalboard-Freundlichkeit wieder ein bisschen kompromittiert, weil die Stecker an den Seiten zusätzlich Platz beanspruchen.

Freilich war es auf so engem Raum wohl nicht möglich, die recht vielen Buchsen an die Stirnseite zu legen: Immerhin bietet das Halo jeweils zwei Stereo-Ein- und Ausgänge, eine weitere Buchse für ein Expressionpedal (das kann verschiedene Funktionen übernehmen) und zudem noch einen Anschluss für einen Remote-Switch. Lediglich der 9V-Stromeingang befindet sich an der Stirnseite. Sei’s drum, klein aber oho ist das sehr robust und wertig gefertigte Gerät dennoch – inwiefern, werden wir gleich sehen.

FEATURES UND NOCHMAL FEATURES

Zunächst mal zu den zwei Fußtastern: Man könnte meinen, alles klar, der eine schaltet ein und aus, und der andere ist ein Tap Tempo, richtig? Nee, nee – so einfach ist es nicht. Denn das Halo ist ja ein Dual Echo: Fußschalter A betätigt eines der beiden Delays, Fußschalter B das andere. Man hat also per Fußtritt immer zwei verschiedene Delay-Sounds sofort verfügbar.

Mit den vier Preset-Bänken lassen sich jeweils zwei Einstellungen abspeichern, man kann also insgesamt acht Sounds abrufen. Hält man beide Taster gedrückt, schaltet man durch die Presets. Auch Tap Tempo ist an Bord. Einfach den anderen Taster gedrückt halten und auf der gerade aktiven Delay-Seite tappen – fertig. Die Delayzeit geht dabei bis zu 1500 ms – völlig ausreichend. Zudem gibt es auch einen „Infinite Mode“, durch Halten kann man die Delays also endlos klingen lassen. Beim Deaktivieren des Halo kann man wählen zwischen True Bypass und Trails, also dem Ausklingenlassen der Wiederholungen.

Das zweite Kernstück des Halo sind die fünf Delay-Modi. Sie werden als Sekundärfunktion über das untere rechte Poti angewählt. Generell stellt man die Sekundärfunktionen der Potis ein, indem man das mittlere Poti gedrückt hält. Neben den bekannten Standard-Einstellmöglichkeiten Level (Lautstärke der Delays), Feedback (Zahl) und Time (Geschwindigkeit) finden sich da noch Rate und Depth, mit denen man einen Modulationseffekt auf den Delays steuert – von subtilem Chorus zu eierigem Vibrato.

Die Sekundärfunktionen der Potis bieten zudem zwei Filter: einen High-Pass-Filter für Bass-Absenkungen sowie eine generelle Tone-Steuerung, bei der sich die Delays von dumpf bis sehr kristallklar einstellen lassen. „Saturate“ schließlich mischt den Delays Verzerrung hinzu, von leichtem Crunch bis hin zu ganz schön sägender Distortion. Um es kurz zu machen: Es fällt mir nichts ein, was man am Halo nicht einstellen kann. Gut, dass ein ausführliches Handbuch dabei ist – und das sogar auf Deutsch. Dieses erklärt auch die Factory Presets, inklusive „Andy’s Halo“, die für sich schon einen guten Überblick über die Möglichkeiten der kleinen Kiste bieten.

(Bild: Dieter Stork)

„SWOOSH“

Wie ihr seht: Das Halo bietet einiges, vor allem an Einstellmöglichkeiten. Wie klingt es? Gehen wir die Modi mal durch: Viertel-Delay: Dieser Modus ist quasi das „Standard“-Delay an Bord. Die Delays sind im besten Sinne klangneutral, klingen wundervoll kräftig und schön. Sie lassen sich mit den zahlreichen Funktionen des Halo sehr gut an die persönlichen Bedürfnisse anpassen. Von dem eher dumpfen, Carbon-Copy-artigen Sound bis zum leicht metallischen Deluxe Memory Man oder Boss Digital-Delay ist hier alles per Einstellung möglich.

Punktierte Achtel: Diesen Modus könnte man als „U2-Modus“ bezeichnen: Das Delay liefert punktierte Achtel, was – je nach Level-Einstellung – immer so klingt, als spielte man doppelt so viele Noten wie man eigentlich gerade raushaut. Auch hier zeigt sich, dass man sehr schnell zu tollen Ergebnissen kommt, wenn man die Grundprinzipien der Bedienung des Halo erstmal verstanden hat. Halo: Laut Andy Timmons war das der Ausgangspunkt der Kooperation, eine Art „Signature“-Delaysound, den er jahrelang austüftelte und dessen Rezeptur er auch geheim hielt.

Im Prinzip handelt es sich um ein Multi-Head-Delay, vielleicht stand das Roland RE-201 Pate, oder mehrere hintereinander geschaltete Deluxe Memory Man – man weiß es nicht genau. Es ist so voreingestellt, dass es eine Art Misch-Effekt zwischen Delay und Reverb erzeugt; einen majestätischen, dabei unaufdringlichen „Swoosh“ hinter den gespielten Noten, bei dem das eingestellte Tempo nicht mehr so wichtig ist. Es erzeugt eine unglaublich volle, schöne Atmosphäre, vor allem für getragene Lead Lines – für mich der „Hero-Mode“. Bucket Brigade: Laut Andy Timmons diente vor allem der analoge Rack-Sound auf frühen Boston-Alben (‚More than a Feeling‘) als Grundlage für diesen Modus. Ein mächtiger Delay/Hall-Mischsound, etwas klarer als der Halo-Sound und damit besser geeignet für große Rhythmus-Akkord-Bretter.

Tape Delay: Bei diesem Modus hatte Andy Timmons im Sinn, den Delay-Sound auf dem Shadows-Hit ‚Apache‘ hinzubekommen, der laut ihm von einem alten italienischen Meazzi-Tape-Delay erzeugt wurde. Hier befindet man sich im Slapback-Himmel. Die Einstellmöglichkeiten sind aber wie erwähnt so immens, dass man nicht darauf festgelegt sein muss, was sich Andy hier gedacht und gewünscht hat.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Tolle Delay-Modi, zwei sofort abrufbare Sounds mit mehreren Preset-Ebenen, Stereo-In und Out, Tap Tempo, Infinite Mode, Trails und und und … In Andy Timmons‘ Spezialwerkzeug ist vieles drin – aber nicht alles. Ein krasses Multieffekt-Delay wie das Boss DD-200 oder, weitaus preisgünstiger, das Mooer D7 X2 ist es nicht, will es aber auch gar nicht sein. Es ist auf Andy Timmons zugeschnitten und erfüllt zuvorderst dessen Bedürfnisse. Vor allem die Möglichkeit, seine Delay-„Secret Sauce“ auf Abruf einsetzen zu können, dürfte aber auch den einen oder anderen Normalsterblichen ansprechen. Und seien wir ehrlich, die anderen unter uns „mere mortals“ dürften vom Feature-Paket des Halo mehr als bedient sein – wenn man nicht gerade noch mehr (Shimmer)-Modi, Midi, Looper oder eine BPM-Anzeige braucht, was andere Delays, zumal bei dem Preis, durchaus bieten.

Die Bedienung ist mit mehreren Ebenen und Doppel-Schalter-Belegungen und „Schalter-gedrückt-halten und dann den anderen…“ nicht selbsterklärend, aber an sich intuitiv und geht gut von der Hand. Ob man den Preis aufbringen will, wo es doch so viel andere Delays mit ähnlichen und noch dickeren Featurepaketen gibt – nun, das muss jeder selbst anhand des Geldbeutels und Affinität zu den Sounds von Andy entscheiden. Klanglich muss sich das Halo vor keinem der Platzhirsche verstecken.

www.robertkeeley.com

Preis (Street): ca. € 389

PLUS

● sehr kompaktes Format angesichts von Doppel-Delay, Tap Tempo, Stereo- und sonstige Anschlüsse
● gutes Paket an Features
● viele Einstellmöglichkeiten
● ausführliches, auch deutsches Handbuch
● Soundqualität

MINUS

● relativ wenige Modi & Presets

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2022)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.