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Test: Jones Musical Instruments Gresham Basses

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(Bild: Dieter Stork)

Darryl Jones‘ Karriere ist ebenso lang wie ungewöhnlich. Er hat mit Miles Davis auf der Bühne gestanden, mit Sting und seit 1993 ist er der Bassist der legendären Rolling Stones. Nach verschiedenen Endorsements und einigen Jahren Vorlauf hat er nun seine eigenen Gitarren und Bässe unter dem Label Jones Musical Instruments am Start.

Den Verkauf dieser Instrumente, die angelehnt sind an die Fender-Bässe und -Gitarren, mit denen Darryl aufgewachsen ist, übernimmt das No.1 Guitar Center in Hamburg. In diesem Laden haben auch die Stones schon fleißig eingekauft, da schließt sich gewissermaßen ein Kreis.

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SWEET HOME, CHICAGO

Ist die P-Bass Variante (Chatham) nach dem Stadtteil von Chicago, in dem Darryl aufgewachsen ist, benannt, hat der Gresham seinen Namen von einem etwas schickeren Viertel, und so ist auch der Bass etwas mehr sophisticated.

Die Hölzer für die Greshams sind Erle für den Korpus, Ahorn für den Hals, Palisander fürs Griffbrett. Nichts Exotisches also, aber warum auch am bewährten Rezept herumdoktern. In Details gibt es aber viel Eigenes zu entdecken. Das geht los mit der Kopfplatte, die natürlich nicht einfach kopiert werden darf. Die Jones-Variante finde ich gelungen und geschmackvoll. Als Stimmmechaniken hat sich Jones für seine Lieblingsform entschieden: Lollipops, wie sie Fender für kurze Zeit Mitte bis Ende der 60er verwendete. Hier dann in der präzisen, modernen Ausführung von Hipshot. Das Griffbrett hat, ganz im 66er-Stil, eine Einfassung, dafür wird auf Dots im Fretboard verzichtet. Die, hat Darryl festgestellt, braucht er im Gegensatz zu den Dots in der Flanke, nie. Auch das trägt zum eigenen Look bei.

Mechaniken von Hipshot (Bild: Dieter Stork)

21 Bünde im schmalen Vintage-Format gibt es, einen mehr als bei den Vintage-Fenders. Das kennt man schon von den Lakland-DJ-Bässen, so geht der Tonumfang von E1 bis E4. Der Korpus ist symmetrischer als bei einem P-Bass, schlanker als bei einem Jazz Bass, die Hörner sind etwas schärfer ausgeformt und die Einbuchtung am Korpusende markant. Ebenso markant ist das ausladende, barocke Schlagbrett, das es trotzdem schafft, geschmackvoll zu sein. Beide finde ich an die jeweilige Korpusfarbe sehr gut angepasst, Struktur und Farben sind sehr schön intensiv und tief. Die Lackierungen der Bodys sind makellos gemacht und mit ihrem feinen Metallic-Effekt subtile Eye-Catcher.

Auffällig ist auch die Unterbringung der Potis und der Ausgangsbuchse auf einem Palisander-Oval. Diese Holzapplikation ist aus einem „happy accident“ entstanden. Der erste Prototyp sollte für die Stones-Show im Hyde Park 2013 fertig werden, aber die normale Metallplatte war nicht greifbar. Also wurde ein Behelf aus Holz gesägt, der so gut gefiel, dass er zur Standardbestückung wurde.

(Bild: Dieter Stork)

Auch für die Brücke wird auf Hipshot zurückgegriffen. Bei der massiven A-Style können die Saiten einfach eingehängt werden, Saitenlage und Stringspacing sind einstellbar. Im Gegensatz zu vielen anderen Brücken ähnlicher Bauart kann die Oktavreinheit ganz konventionell und entspannt mit einer Schraube justiert werden, ohne das Gefummel freistehender Böckchen.

SATISFACTION?

Mit ihrem praktisch identischen Gewicht hängen beide Greshams auch identisch am Gurt. Bequem, mit einer Tendenz zur Waagerechten, die aber beherrschbar und weitab von Kopflastigkeit ist. Interessant ist der Schnitt des Halses. Wer bei einem am Jazz Bass angelehnten Design einen schmalen Hals erwartet, wird hier mit 41 mm Breite überrascht. Vorbild für diesen Hals ist ein Jazz Bass, den Darryl in Japan kaufte, der einen Preci-Bass-Hals im B-Neck-Format hatte, also mit 1 5/8″ Breite.

Nicht gerade klein gewachsen, gefiel ihm die Idee, etwas mehr in der Hand zu haben und vielleicht den Ton mit etwas mehr Halsmasse noch zu verbessern. Im Gegenzug liegen die Saiten im perfekt gekerbten Knochensattel eng zusammen. Gerade mal 30 mm sind es zwischen den Außenkanten von E- zur G-Saite. Mein Fender Marcus Miller hat da 31 mm bei 38 mm Sattel. Das ist mir allerdings zuerst über die Optik aufgefallen, nicht weil die Bässe sich irgendwie seltsam anfühlten – im Gegenteil. Beide spielen sich wie selbstverständlich wie alte Bekannte, ohne jede Eingewöhnungszeit. So geht es auch klanglich weiter.

Mein Basslehrer an der Uni – Gott hab ihn selig – pflegte Bässe so zu beurteilen: Er machte den Amp aus, legte das Ohr ans obere Horn, und zupfte die leere E-Saite an. Wenn die sofort da war, mit klarem Ton und Attack, und dann lange ausklang, war das ein guter Bass für ihn. Er wäre von den Jones-Bässen begeistert gewesen! Das leere E kommt bei beiden wie eine Glocke, mit perfekter Balance zwischen Grund- und Obertönen.

(Bild: Dieter Stork)

Und das bleibt dann auch so, dieses Ansprech- und Klangverhalten geht durch alle Lagen. Deadspots sind Fehlanzeige. Mit einer flachen Saitenlage, die beide Bässe schnarrfrei hergeben, bekomme ich mit den Fingern gespielt genau das richtige Schmatzen an den Bünden. Auch geslappt oder mit dem Pick kommen die Obertöne herrlich rüber, ein ordentlicher Hauch Piano-Sound macht sich breit. Da haben die Tonabnehmer dann leichtes Spiel, da muss nicht künstlich aufgemotzt werden. Hergestellt werden sie von Howard Ulyate. Der Name mag nicht so geläufig sein, seine Kundenliste ist jedoch durchaus beeindruckend. Unter anderem liefert er auch Abnehmer an Pat Wilkins, der wiederum die Jones Bässe und Gitarren für Darryl baut. Eine gute Wahl jedenfalls, die Wiedergabe ist ausgezeichnet!

Beide zusammen bieten den typischen Allround-Ton, der sich je nach Spielweise und Verstärkung in allen Stilrichtungen von Pop bis Metal zuhause fühlt. Kehlige Hochmitten dominieren den Hals-Pickup, der ein wenig im P-Bass Gehege wildert, während der Steg-Pickup den klassischen, leicht nölenden, tiefmittigen Biss bietet, der sich mit der Tonblende zum typischen Jaco-Ton formen lässt. Ein Anschlag über dem jeweiligen PU hilft, diesen Charakter rauszukitzeln. Einstreuungen sind bei Singlecoils nie ganz zu vermeiden, die saubere Abschirmung hilft aber, Nebengeräusche in Grenzen zu halten.

Das Auffälligste an den beiden Bässen ist – außer, dass sie praktisch identisch klingen und sich gleich gut spielen lassen –, wie unauffällig sie sind. Nicht optisch, die machen beide gut was her, aber während des Spielens gibt es nie Momente, wo ich bei einem Ton hängenbleibe, der doch nicht so gut anspricht, wie seine Nachbarn, nichts, worauf ich mich beim Greifen oder Zupfen erst einstellen müsste. Einfach nur perfekte Sounds und perfekte Bespielbarkeit.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Die Jones-Bässe machen sich gar keine große Mühe, ihre Inspirationsquellen zu verheimlichen, sind aber am Ende doch eigenständig genug. Die Qualität der Bässe ist auf Custom-Shop-Niveau, mit dem entsprechenden, aber passenden Preisschild. Handarbeit auf diesem Level hat ihren Preis, und das Case ist auch nicht von Pappe! Mit glockiger Klarheit gelingt auch klanglich eine eigene Note.

Die gleichmäßige, knackige Ansprache zieht sich durch alle Lagen, dabei ist der traditionelle Charaktersound immer präsent. Wer nach einem sehr guten Jazz Bass etwas abseits der reinen Kopie sucht, sollte sich die Jones-Bässe mal ansehen. Wenn es für die Stones gut genug ist …

Sollte jemanden interessieren, welcher mein Liebling in diesem Test war: Kann ich nicht sagen, das schwankte je nachdem, welche Farbe mich gerade mehr antörnte. Im Blindtest konnte ich beide nicht auseinanderhalten, was ja auch ein Qualitätsmerkmal ist!

PLUS

  • Sound
  • Ansprache
  • Optik
  • Bespielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Case


(erschienen in Gitarre & Bass 11/2021)

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