Jacob Hirschfelder ist durch seine teils unkonventionellen Cabinets schon lange kein unbekannter Name mehr. Vor einiger Zeit zog er sich aus dem Boxenbaugeschäft zurück und ist mit etwas völlig anderem nun wieder am Start. Genau wie seine damaligen Cabs sprechen auch seine neuen Instrumente eine ganz eigene Sprache.
Jacob möchte seine Instrumente unvergleichlich machen und aus der Masse der immer gleichen Stangeninstrumente hervorstechen lassen. Zu diesem Zweck hat er sich ein gleichermaßen spannendes wie auch wildes Konzept ausgedacht, das in mir die Assoziation zur Rat-Rod-Szene in der Autowelt weckt.
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KONSTRUKTION
Um die Instrumente zumindest etwas umweltverträglicher bauen zu können, verwendet er gern recyceltes Holz oder Altholz, nach Möglichkeit gern aus dem lokalen Forst. Auch bei der Oberflächenversiegelung kommen unbedenkliche Öle, Wachse oder Schellack zum Einsatz.
Die eigentliche Idee hinter den Instrumenten, die Jacob unter seinen Initialen JHF vertreibt, ist jedoch eine gänzlich andere, und zwar die Symbiose aus Holz und Metall. Instrumente aus Aluminium sah man früher häufiger und seit einigen Jahren erfreuen sie sich wieder wachsender Beliebtheit. Bei Jacobs Gitarren und Bässen handelt es sich jedoch um nicht Instrumente aus Alu. Hier gibt eine unkonventionelle Stahlkonstruktion den Ton an, im wahrsten Sinne des Wortes.
Dabei sind Kopfplatte, Hals, Steg und der Rahmen im Korpus zu einem Teil zusammengeschweißt, wodurch sich eine durchgängige, massive Konstruktion ergibt, über welche die Saiten aufgespannt werden. Damit so etwas überhaupt spielbar bleibt, sind die Stahlteile natürlich hohl und nicht massiv. So viel Rückentraining könnte man gar nicht machen und die Kopflastigkeit möchte ich mir erst recht nicht vorstellen. Dank der Hohlkonstruktion bleibt das Gewicht bei diesem konkreten Exemplar mit knapp über viereinhalb Kilo unerwartet niedrig. Als ob das nicht besonders genug wäre, fertigt Jacob diese Konstruktion selbst und lässt dabei auch mal fünfe gerade sein.
(Bild: Dieter Stork)
HANDLING
Ein Zeichen gegen den Zeitgeist, überall und in allem perfekt sein, immer das Beste vom Besten haben zu müssen und die Fehler im Detail suchen zu wollen.
Ich muss gestehen, dieser Bass entspricht auf den ersten Blick so gar nicht meinen üblichen Vorstellungen eines gelungenen Instruments. Doch im persönlichen Gespräch mit Jacob zeigt sich die Begeisterung des Erbauers für sein Werk und die in Stahl und Holz materialisierte Form des Protests wächst mir schon fast ein wenig ans Herz.
Es ist erfrischend anders, etwas fleckigen Lack, unsauberen Schliff oder einen zu breiten Sattel nicht als Makel anzumerken, sondern als gewolltes Stilmittel zu sehen. Bei Jacob darf im Holz oder Metall auch mal eine Delle oder ein Schnitt zu tief sein. Auf mich wirkt das Instrument wie ein über einen langen Zeitraum bearbeitetes, uriges Bastelprojekt – und das meine ich absolut nicht abwertend. Es hat einen sehr eigenen Charme. Wichtig ist mir jedoch ganz unabhängig von den Absichten des Erbauers, dass nichtsdestotrotz ein einwandfrei spielbarer Bass dabei herumkommt. Kunst und Liebhaberei hin oder her: spielbar muss er sein!
Das in Eigenregie abgeschrägte Halsprofil erscheint auf den ersten Blick zumindest gewöhnungsbedürftig, erweist sich in der Praxis aber schnell als nicht weiter störend, da die Kanten selbst leicht abgerundet sind und mein Daumen bei Instrumenten, die eher in die Waagerechte wollen, ohnehin dazu neigt, nicht genau in der Halsmitte, sondern etwas darüber zu liegen. In der gemütlichen Spielposition auf Höhe der Gürtelschnalle, die Greifhand leger um den Hals geschlungen, fühlt sich der Bass richtiger an als auf Brusthöhe gezurrt. Ich glaube, je nach Umfeld und Alter würde man dazu „rockig” sagen.
Trotz der rustikalen Optik sind die relevanten Aspekte gut ausgeführt. Das soll heißen, dass die Bünde abgerichtet und die Bundkanten ebenso verrundet sind wie die Halsrückseite, sodass man sich beim Spielen auf das Geschehen konzentrieren kann und nicht von scharfen Kanten abgelenkt wird.
(Bild: Dieter Stork)
An die Brückenkonstruktion muss man sich etwas gewöhnen, wobei Jacob mir bereits zusicherte, ein paar Detailverbesserungen vornehmen zu wollen, damit die Einstellarbeiten einfacher von der Hand gehen. Derzeit stehen die Saiten noch in einem recht steilen Winkel und die Intonationsschrauben drücken schräg gegen die Bohrung im massiven Winkelblech. Die Intonation fällt mir daher nicht so leicht und gerade die E-Saite bekomme ich status quo über dem 12ten Bund noch nicht sauber eingestellt. Das Halsprofil ist nicht rund, sondern leicht eckig.
Am besten lässt sich der Bass einstellen, wenn die Saiten etwas entspannt werden. Beim Thema Mechaniken weiß der Erbauer um die für die filigranen Zahnräder notwendige Präzision und greift auf industrielle Markenware aus dem Hause Schaller zurück.
Das Halsprofil ist nicht rund, sondern leicht eckig. (Bild: Dieter Stork)
Bild: Dieter Stork
Bild: Dieter Stork
SOUND
Auch beim Tonabnehmer wird auf bewährte Produkte zurückgegriffen. So befindet sich in diesem Bass ein MM-Style-Humbucker aus der Fertigung von Harry Häussel, wobei Jacob auch hier offen für Experimente ist. Anders als der klassische Stingray kommt dieser Hirschfelder-Viersaiter jedoch ohne Batterie oder Aktivelektronik aus.
Stattdessen zieren jeweils ein Poti für Lautstärke und Höhenblende die Front des Basses. Zusätzlich bietet ein massiver Kippschalter die Möglichkeit zur Umschaltung der Spulenkonfiguration. Instrumenten aus Metall wird oft piano- oder glockenartiges Attack und Sustain nachgesagt. Beides ist hier zutreffend, wobei auch die fetten Magneten im Tonabnehmer ihre Rolle zum dichten und tragenden Sound beisteuern.
Im parallelen Modus liefert das Instrument einen sehr klaren und obertonreichen Sound, ich möchte beinahe glockenartig sagen. Gerade bei Mehrklängen in tieferen Registern zeigt sich die Klarheit als Vorteil. Mir persönlich gefallen aber die beiden anderen Modi noch etwas besser, da sich hier die bissige Resonanz des Tonabnehmers mit dem prägnanten Obertonbild der Stahlkonstruktion verbindet und je nach Spielweise ein singender bis schneidender Klang entsteht. Das Klangbild wird bissiger und prägnanter, was dem Instrument nach meinem Geschmack besser steht, insbesondere in Verbindung mit der ungewöhnlichen Optik.
Tapping klingt selbst ohne zusätzlichen Kompressor bereits sehr homogen und präsent und beim starken Reinlangen mit den Fingern oder dem Plektrum entstehen durchdringende, jedoch keineswegs unangenehm penetrante Sounds. Insbesondere in Kombination mit low bis midgain Verzerrung gefällt mir das Klangbild des Hirschfelders im Single-Coil-Modus ausgesprochen gut.
Seriell wird hier nochmal eine ordentliche Schippe draufgelegt und aus den drahtigen Hochmitten und unteren Höhen der Single-Coil-Verschaltung wird ein bissiger, satt komprimierter Sound. Für einen seriellen Humbucker klingt das ganze jedoch noch ausgesprochen detailreich und obertonreich. Hier bilden die enorm steife Konstruktion und der Häussel-Tonabnehmer ein gutes Team.
Wer es lieber gutmütiger angehen möchte, kann natürlich auch einfach die Tonblende bemühen und den Klang so abrunden und entschärfen. Unabhängig von den Pickup-Modi zeigt die Stahlkonstruktion ihre Stärken im Bassbereich mit wunderbar langem und gleichmäßig abfallenden Sustain. Auf den beliebten Kompressor zum „dick machen” dürften die meisten mit so einem Instrument wohl verzichten können, der Ton steht von ganz allein fett und ausdauernd im Raum.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Wer ein Hirschfelder-Instrument kaufen möchte, sollte sich darüber im Klaren sein, dass es nach traditionellen Kriterien keineswegs perfekt sein wird und es auch nicht sein soll. Es sind vielmehr eigenwillige, charakterstarke Instrumente eines Erbauers, der den Mut hat, gegen den Strom zu schwimmen. Die Basis bleibt dabei jedoch nicht auf der Strecke und so überzeugt der JHF-Viersaiter nicht nur klanglich auf ganzer Linie.