Der Rorschachtest, bei dem ein einseitig mit Tinte bestrichenes Blatt Papier gefaltet und in den symmetrischen Klecksen nach Mustern gesucht wird, dient der Ergründung der Psyche und ihrer Abgründe. Das ist auch Thema in zahlreichen Metal-Lyrics, womit wir bei der neuen Jackson SL2P HT Pro Series Soloist wären.
Die hat eine zweiteilige Decke aus Pappel mit dunklen Wurzel- bzw. Ast-Einschlüssen, die mit ihrer symmetrisch gespiegelten Zusammenfügung wie besagter Psychotest wirkt. Wer sich da nicht insipiert fühlt …
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Alles für Flitzefinger
Wem das Desert Sand genannte Finish nicht zusagt, der bekommt die Gitarre auch in dunklerem Holz (Camel Burl) und einem blau-grünen Burst (Aqua Shok). Neben der auffälligen Optik bietet die Jackson alles, was das Flitzefinger-Herz begehrt: 648 mm Mensur, 24 Jumbo-Bünde, Locking-Sattel, Floyd Rose (FRT-1000), einen ultraflachen und bereits am Sattel 43 mm breiten, durchgehenden Hals mit Compound-Radius (12″ bis 16″) sowie einen unverbauten Zugang bis wirklich zum allerhöchsten Bund.
Einen deutlichen Hals-Korpusübergang gibt es quasi nicht, die gesamte Konstruktion erscheint wie aus einem Guss und ist flach wie eine Flunder. Der Mahagonikorpus ist top-ergonomisch. Ein Ebenholzgriffbrett auf dem Ahornhals mit kleinen, sogenannten „Piranha-Zahn“-Markern kontrastiert auf edle Weise mit der hellen Decke und komplementiert die geschwärzte Nickel-Hardware. Zwei passive Seymour Duncan TB-6-Humbucker mit hohem Output (14,8 kOhm) machen ordentlich Lärm, gesteuert werden sie von einem Volume- und einem Tone-Poti sowie einem 3-Wege-Toggleswitch. Schade, dass man die Humbucker nicht splitten kann, was die Gitarre vielseitiger machen würde.
Die ringsum matt lackierte Schönheit wird in Indonesien gebaut und ist tadellos verarbeitet, kommt aber leider nicht in einem Gigbag (sollte in der Preisklasse Standard sein). Wenigstens sind die Inbusschrauben zur Einstellung des Floyd Rose dabei.
(Bild: Dieter Stork)
Dampf
Sustain und nochmal Sustain – der durchgehende Hals gleicht durchaus das als Sustainkiller verschriene Floyd Rose aus.
Die Gitarre klingt trocken gespielt sehr sauber und resonant. Die Töne lassen sich schön modulieren, nichts schnarrt oder dengelt. Am Amp klingt die Jackson bereits im cleanen Betrieb recht knurrig – die Pickups machen mächtig Dampf.
Ich mag diesen bedrohlich-schmutzigen Cleansound, für zarte Metal-Balladen-Strophen muss aber ein Amp mit viel Clean-Headroom her – oder man bemüht das Volume-Poti. Das Sustain ist tatsächlich bereits im Clean-Betrieb beachtlich, da kann man aus Low-Gain Mathcore-Gefrickel auch mal mit einem stehenden Ton ausbrechen.
Erwartungsgemäß zeigen die Pickups bei Zerre, was sie wirklich wollen – brüllen, singen und vor allem ordentlich Lärm machen. Sie unterstützen High-Gain-Anwendungen voll und ganz mit großer Präzision und ordentlichem Attack, was die Soloist letztlich dafür prädestiniert, wofür Jackson sie vorgesehen hat und wofür man die heute zum Fender-Imperium gehörende Marke auch kennt: Anwendungen im Metal-Bereich.
(Bild: Dieter Stork)
Resümee
Die Jackson SL2P HT Pro Series Soloist ist ein wunderbar zu bespielendes, schönes und hochwertig verarbeitetes Instrument. Und zwar mit klarer Ausrichtung – allen Freunden der härteren musikalischen Gangarten sei ein Antesten empfohlen!