2021 ist Jackson mit einer beeindruckenden Palette neuer Gitarren- und Bassmodelle am Start, darunter etliche für ‘nen vergleichsweise kleinen Euro. Klar, Made in China, aber wenn die alle die Qualitäten unserer Testgitarre besitzen, Chapeau!
LEICHTGEWICHT
Es fängt gut an. Die neue Dinky Arch Top bringt nicht mal 3 kg auf die Waage. Folglich muss das für den Body laut Hersteller verwendete Mahagoni extrem leicht sein. Durch die ausgeprägte Deckenwölbung konnte auf eine Armschräge verzichtet werden, und die Ergofräsung auf der Rückseite schmiegt sich perfekt an meinen (Ex-Astral-)Körper. Alle Kanten sind nur sparsam verrundet, und die frontseitig facettierten, tief geschnittenen Cutaways gewähren in Kooperation mit dem stufig abgeflachten Halsübergang barrierefreies Spiel in den höchsten Lagen. Perfekte Ergonomie also.
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(Bild: Dieter Stork)
Ein ovales Zargenblech trägt die Klinkenbuchse, große Strap Pins bieten dem Gurt zuverlässig Halt. Präzise Oberkante bündig eingelassene Kunststoffdeckel verschließen Federkammer und E-Fach. Potis und Pickup-Schalter erweisen sich als fernöstliche Budget-Produkte, funktionieren jedoch einwandfrei. Das seidenmatte Black Stain Finish von Korpus und Kopfplattenfront – ein Anthrazit mit einem Hauch von Violett und gerade noch durchscheinender Holzmaserung – besitzt eine glatte Oberfläche mit angenehmer Haptik.
(Bild: Dieter Stork)
Der Ahornhals ist in Höhe des zweiten Bundes großflächig angeschäftet und in der passgenauen Tasche mit vier Holzschrauben, Konterblech und Kunststoffunterlage montiert. Um Schwingungsübertragung und Stabilität zu optimieren, wurden Hals und das weiß eingefasste Griffbrett thermisch behandelt (roasted bzw. caramelized). Schwarze Shark Fin Inlays und Sidedots markieren die Lagen. Die Enden der 24 vorbildlich abgerichteten Jumbo-Bünde liegen auf dem Binding auf und wurden komfortabel verrundet und poliert. Ein Kunststoffsattel, dessen Kerben noch reichlich Luft zum Optimieren der Saitenlage lassen, führt die Saiten über die Trussrod-Abdeckung hinweg zu den präzise und geschmeidig rotierenden Mechaniken.
Jackson hat die JS24 mit einem Fulcrum-Vibrato ausgestattet, einem Vintage-style-System, das von zwei Schraubbolzen gehalten wird und in Ruheposition auf der Decke aufliegt. Drei Federn wirken dem Zug der .009-.042-Werkssaiten entgegen, der Steckhebel sitzt völlig spielfrei in der Aufnahme.
Zwei Jackson-High-Output-Humbucker mit Keramikmagneten, die per Dreiwegschalter, Master-Volume und -Tone verwaltet werden, wandeln die Saitenschwingungen.
PRAXIS
Trotz des langen oberen Cutaway-Horns zeigt die Jackson Dinky Arch Top JS24 am Gurt und auf dem Bein leichte Kopflastigkeit. Nicht weiter problematisch und offenbar dem leichten Body anzulasten. Der Hals bietet angenehm holzigen Grip, sein flaches C-Profil liegt günstig in der Hand, und die vorbildlich bearbeiteten Jumbo-Bünde gestatten smoothe Lagenwechsel bis in die höchsten Gefilde. Shredders welcome, vor allem solche mit Rückenproblemen.
Schwingungstechnisch kann sich die Gitarre nicht nur hören sondern auch fühlen lassen: Knackig drahtiges, nicht übermäßig kraftvolles Klangbild, gesunde Balance und achtbares Obertonangebot. Mit frischer, akzentuierter Ansprache, lebendiger Tonentfaltung, stabilem, gleichförmig abklingendem Sustain und einer passablen Dynamik meistert sie den Trockendurchlauf.
Der Hals-Pickup zeigt eine ähnliche Klangcharakteristik wie eine PAF-Type-Humbucker-Paarung, wenn auch mit mehr Output. Soll heißen: sehr glockig und klar, etwas prägnantere Mitten und nicht so voluminös und warm wie ein traditionell angeordneter Hals-Humbucker. Die durch den 24-Bund-Hals in Stegrichtung verschobene Position nimmt dem Jackson-HB offenbar einiges an Fundament, perlt dafür aber offen und glockig. Ganz anders kommt dagegen der Steg-Pickup um die Ecke. Kraftvolle, kernige Bässe, fette, prägnante Mitten, klare, knackige Höhen und ein breites und luftiges Obertonspektrum – dies alles bei beeindruckendem Ausgangspegel. Die Kombi beider Humbucker erinnert eher an das Pickup-Pärchen einer Telecaster. Das hätte ich der JS24 nicht unbedingt zugetraut, ermöglicht jedoch überraschende alternative Klangfacetten.
(Bild: Dieter Stork)
Die Vorteile des, positionsbedingt frequenzmäßig nicht ganz so tief reichenden, Hals-Pickups zeigen sich im Zerrbetrieb, wo Bassriffs, Powerchords oder auch Vollakkorde definiert und mit recht präziser Saitentrennung übertragen werden und weder Wummern noch Mulm festzustellen ist. Beim Solieren lassen sich bluesig schmatzende bis samtweich singende High-Gain-Sounds sogar noch per variablem Anschlag formen. Mit seinem enormen Output und seinem von unteren und mittleren Mitten geprägten Sound gibt der Steg-Humbucker die klangliche Marschrichtung vor. Fette High-Gain-Chords und Riffs, ultimativ singende, bei intensiver Attack auch aggressiv zupackende Leadsounds sind sein Metier, das Ganze mit respektablem Durchsetzungsvermögen.
Das Volume-Poti unterstützt die Spieldynamik mit kontinuierlicher Regelcharakteristik und ermöglicht das Reduzieren von High Gain bis auf gemäßigten Crunch bei vertretbaren Höhen- und Pegelverlusten. Die Wirkung des Tone-Reglers ist zunächst sehr nuanciert, im unteren Bereich dann aber umso drastischer.
Das Fulcrum-Vibrato erweist sich als nicht sonderlich stimmstabil. Während es gefühlvolle Surf-Bendings verkraftet, sind Dive Bombs keinesfalls zu empfehlen.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Als in den 80er-Jahren die ersten japanischen Budget-E-Gitarren den Markt überschwemmten, musste der/die ambitionierte Einsteiger*in für einen Body aus 21-schichtigem Sperrholz, minderwertige Hardware, schlechte Verarbeitung und ein Gewicht von gerne mal 4,5 kg umgerechnet rund € 280 berappen. Nach fast 40 Jahren herrschen für diese Zielgruppe wahrlich paradiesische Zustände, denn die Qualität von Low-Price-Instrumenten ist aufgrund von Konkurrenz- und Preisdruck dermaßen gestiegen, dass sie heute mitunter sogar von Semi-Profis gespielt werden.
Ein Paradebeispiel dafür ist die neue Jackson Dinky Arch Top JS24, die mit guten Klangeigenschaften, top Verarbeitung und Bespielbarkeit, (extrem) geringem Gewicht und bestem Preis-Leistungs-Verhältnis punktet. Klar, die Saitenlage am Sattel schreit nach Optimierung, und ein Double-Locking-Vibrato käme der Stimmstabilität zugute, dennoch gibt es viel Gitarre fürs Geld.
Da hol ich mir lieber das Vorläufermodell.