Tele-Gene

Test: Ibanez Prestige FLATV1-BK Josh Smith Signature

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(Bild: Dieter Stork)

Josh Smith, der begnadete US-Gitarrist, der mit seinen enormen technischen Fähigkeiten Blues, Jazz und Country geschmackvoll verschmelzen lässt, wurde schon des Öfteren mit Tele-Modellen gesichtet, zuletzt mit einer T-Bird Standard des amerikanischen Gitarrenbauers Bill Chapin. Seit gut einem Jahr ist Josh Smith nun offizieller Ibanez-Endorser. Und für welches Modell hat er sich entschieden?

Der japanische Hersteller hat ihm ein spezielles T-Modell auf den Leib geschneidert. Selbstverständlich mit dem traditionellen Ibanez-Kopfplatten-Design und stark modifizierter Tele-Korpussilhouette. FLATV1 lautet die Modellbezeichnung, benannt nach der verminderten Quinte, der Flat 5. Joshs Studios und seine Plattenfirma tragen auch die Flat V im Namen.

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AUS DEM BACKOFEN

Konstruktion und Design betreffend mutet die FLATV1 von Kopf bis Fuß an wie ihre eigene Urgroßmutter nach einem Besuch beim plastischen Chirurgen. Der an den Kanten verrundete Esche-Body, angesichts des Gewichts der Gitarre tippe ich auf leichte Sumpfesche, besitzt mit 45,4 mm die exakte Dicke des Originals und ist mittels vier Holzschrauben und Konterplatte mit dem einteiligen Ahornhals verbunden. Die präzise gefräste Tasche hält den Hals nicht nur zuverlässig in Position, sondern garantiert auch beste Schwingungsübertragung.

Sichere Gurtpins (Bild: Dieter Stork)

Großzügig dimensionierte Strap-Pins bieten dem Gurt sicheren Halt. Die Thermo-Behandlung (roasted) verleiht dem Hals seinen dunklen Teint und sorgt für höhere Stabilität, Resistenz gegen klimatische Einflüsse und optimiert obendrein die Resonanzeigenschaften. Eine weitere Besonderheit ist das rundliche V-Profil mit 10″-Griffbrettradius und großzügig abgerundeten Kanten. Die 21 Jumbobünde hat man gemäß dem speziellen Prestige Fret Treatment inklusive der Enden vorbildlich abgerichtet und poliert. Besser geht’s nun wirklich nicht.

Schwarze Punkt-Inlays und fluoreszierende Luminlay-Sidedots erleichtern die Navigation. Der trefflich aus- und abgerichtete Knochensattel führt die Saiten zu den smooth und präzise arbeitenden Gotoh-SD91-Tunern im Vintage-Kluson-Style mit gebohrten und geschlitzten Beinwellen wie beim Original. Ein Stringtree drückt das E1/H2-Saitenpaar in die Sattelkerben, die Halsjustiermutter ist offen zugänglich.

Bundkanten und Luminlay Sidedots (Bild: Dieter Stork)

Die Singlecoil-Pickups wurden speziell für Josh Smith und dessen Signature-Ibanez von Seymour Duncan entwickelt. Daher auch die Namen FLAT5. Sie sind jetzt ganz aktuell auch separat erhältlich. Verwaltet werden sie klassisch über Master-Volume- und Master-Tone-Regler sowie Dreiweg-Blade-Schalter. Dass Letzterer auf der gebogenen E-Fach-Abdeckung ergonomisch günstiger positioniert wurde als beim Vorbild, ist überaus lobenswert. Auch die auf einem ovalen Zargenblech montierte Klinkenbuchse findet bei mir Zustimmung.

Als weitere Besonderheit muss der In-Tune-Steg erwähnt werden, eine Kooperation von Gotoh und Ibanez. Obwohl optisch zunächst vertraut, hat man die Montageplatte des Steg-Pickups und die Stegbasis voneinander getrennt. Pickup und Bridge ruhen also auf separaten Stahlblechen. Strings-thru-body-gemäß werden die Saitenringe auf der Korpusrückseite von eingelassenen Konterhülsen gehalten.

Co-designed von Gotoh und Ibanez: In-Tune Bridge (Bild: Dieter Stork)

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BLUESY & TWANGY

E-Gitarren unter 3 kg sind eher die Seltenheit, daher nehme ich die 2,82 kg der FLATV1 wohlwollend zur Kenntnis. Dass jedoch primär der Eschekorpus für das Fliegengewicht verantwortlich sein muss, zeigt sich an der Kopfplastigkeit, die sich sowohl am Gurt als auch auf dem Oberschenkel bemerkbar macht. Solang jedoch der rechte Unterarm den Body oder/und die Greifhand den Hals kontaktieren, gerät die Gitarre nicht in Schieflage.

(Bild: Dieter Stork)

Trotz seines eher unkonventionellen Profils liegt der Hals angenehm in meiner Hand, und die verrundeten Griffbrett- und Bundkanten vermitteln echten Spielkomfort. Trotz der hohen Bünde kommt keinerlei Buckelpisten-Feeling auf. Die butterweich rotierenden kleinen Alpha-Potis lassen sich mit den gerändelten Reglerknöpfen ebenso leicht handhaben wie der ergonomisch platzierte Pickup-Schalter.

Klanglich kommt die Ibanez-Josh-Smith-Signature überaus spritzig, drahtig und lebendig daher. Meine Ohren freuen sich über ein luftig frisches, ausgewogenes Klangbild mit straffen, knackigen Bässen, perkussiven Mitten, klaren Höhen und Obertönen satt. Schon der unverstärkte Eindruck hebt ihre Tele-Gene hervor. Sehr direkt und akzentuiert reagiert die Gitarre auf nuanciertes, ausdrucksstarkes Spiel, zeigt schnelle vitale Tonentfaltung und stabiles, kontinuierlich abklingendes Sustain.

Im direkten Vergleich mit den Pickups einer 62er Vintage-Tele liefern die Seymour Duncan FLAT5 deutlich weniger Output. Der Steg-Singlecoil zeigt bei mittiger Anschlagposition zwischen beiden Pickups weniger Brillanz und Schärfe, klingt dafür aber runder, ausgewogener und insgesamt angenehmer. Erst ein intensiverer Anschlag entlockt ihm den typischen glockenklaren, brillanten und obertonreichen Twang-Sound, der bei Annäherung an den Steg bissiger und schärfer wird.

Auch der Hals-Pickup tönt weniger offensiv als das Original, zeigt jedoch mehr Transparenz, Offenheit, präzisere Saitentrennung und gewissermaßen mehr Klangästhetik. Ein wunderbar bluesig-bauchiger, vollmundiger Ton mit definierten Bässen, warmen Mitten und klaren Höhen dringt an mein Ohr. Während der Steg-Pickup Flageoletts über den Bünden 3, 5, 7 und 12 meistert, lässt der Halsnachbar den 5. Bund fast komplett aus. Die Kombi beider Seymour Duncans liefert die gewohnt glockig-luftigen Klangbilder und bietet sich damit nicht nur für funky oder souliges Singlenote- oder Rhythmusspiel an, sondern stellt auch Arpeggien präzise dar, lässt bei Harmonics über dem 3. Bund jedoch die Flügel hängen.

Schicken wir die Josh Smith Signature mal ins Crunch- und Gain-Getümmel. Während beide Singlecoils im Einzelbetrieb die erwarteten Störgeräusche erzeugen, bleiben diese in der Kombi nahezu vollständig außen vor. Einer der beiden ist offenbar ein Reverse-Wound-Reverse-Polarity-Typ, der gemäß dem Humbucker-Prinzip im Zusammenspiel mit dem Nachbarn Nebengeräusche unterdrückt. Sehr schön.

Dank präziser Saitentrennung, differenzierten Klangbilds und exzellenter Dynamik entpuppt sich die Ibanez FLATV1 auch als echtes Rockbiest mit klarer Kante und hohem Durchsetzungsvermögen. Von bissig-aggressiv bis samtweich singend deckt sie ein breites Spektrum von Zerrsounds ab, die sich vorzüglich mit dem Anschlag, vor allem aber mit dem Volume-Poti präzise kontrollieren lassen, soll heißen: voll auf = High Gain, etwa halb auf = Clean. Auch das Tone-Poti zeigt über seinen gesamten Regelweg gleichmäßige Effizienz.

 

RESÜMEE

Mit der Prestige FLATV1, die es übrigens ausschließlich im spiegelglatt polierten Schwarz gibt, hat Ibanez dem Blues/Rock/Jazz/Country-Virtuosen Josh Smith eine richtig gute T-Style-Axt auf den Leib geschneidert und dabei das klassische Design geschmackvoll modernisiert. Das unkonventionelle dezente V-Profil beschert dem Roasted Maple Neck etwas mehr Masse bei – nicht zuletzt auch dank der vorbildlich verrundeten Griffbrett- und Bundkanten – gleichzeitig hohem Spielkomfort. Der leichte Sumpfesche-Body senkt das Gesamtgewicht enorm, verursacht aber auch Kopflastigkeit, die jedoch durchaus beherrschbar ist.

Wie nicht anders zu erwarten, orientiert sich die FLATV1 klanglich am Original, kommt aber zunächst nicht ganz so schroff, erdig und bissig, sondern eher gepflegter, eleganter und runder daher. Erst intensivere Attack und stegorientierte Anschlagspositionen entlocken ihr den typischen Twang, zeigen aber auch das klangliche und dynamische Potenzial und das breite Sustain-unterstützte Tonspektrum der Gitarre auf. Very well done, Ibanez!

PLUS

● Sounds
● Ansprache, Dynamik & Sustain
● Qualität Hölzer & Hardware
● Seymour Duncan FLAT5 Einspuler
● moderne Detail-Lösungen
● Bespielbarkeit
● Verarbeitung
● Preis/Leistung

MINUS

● Kopflastigkeit

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2023)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Nur 21 Bünde sind bei dem Preis definitiv ein Minus.

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    1. Für Heavy-Metal völlig ungeeignet!

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      1. Das hätte ich jetzt bei einer Josh Smith Signature Tele nicht erwartet

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  2. Ich schließe mich hier mal den Vorrednern an,und empfinde 21 Bünde für satte 2.500,-€uro ebenfalls als ein Minus. Desweiteren sehe ich diese winzigen „Luminlay Sidedots“ auf dem Hals auch bei dieser Ibanez Gitarre nicht unbedingt als geniale Innovation an,weil solche kleinen Pünktchen live on Stage bei schummerigem Licht in Wahrheit kaum sichtbar sind!
    Und „geröstete“ Hälse bieten andere namhafte Gitarrenhersteller bereits für viel weniger Geld an! Fazit: Ibanez ist nicht mehr mein Favorit wenn es um den Neukauf einer soliden E.-Gitarre geht,die zudem preislich in die engere Wahl käme.

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  3. Naja, hört Euch doch mal an, was Josh Smith auf den 21 Bünden so anstellt. Dann stellt sich die Frage nach mehr Bünden nicht mehr. Und es handelt sich hier ja auch um eine Signature-Gitarre! Eine richtig gute Fender-Tele ist auch nicht billiger.

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  4. ……..Gegenfrage: Wer legt sich bei den Metallarbeitern ein solches Modell zu?? Ich kenne keinen, die FlatV ist eher für den fast schon konzertanten Bereicht ausgelegt – und das meistert sie bravourös.
    Habe viele Gitarren ge- und benutzt: Selten solche einen – im positiven Sinn – ausgeglichenen und transparenten Klang erlebt.
    Nur wenn es wirklich mal sein muss, dann kann die FlatV auch rumtwängen.

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