BLUESY & TWANGY
E-Gitarren unter 3 kg sind eher die Seltenheit, daher nehme ich die 2,82 kg der FLATV1 wohlwollend zur Kenntnis. Dass jedoch primär der Eschekorpus für das Fliegengewicht verantwortlich sein muss, zeigt sich an der Kopfplastigkeit, die sich sowohl am Gurt als auch auf dem Oberschenkel bemerkbar macht. Solang jedoch der rechte Unterarm den Body oder/und die Greifhand den Hals kontaktieren, gerät die Gitarre nicht in Schieflage.
(Bild: Dieter Stork)
Trotz seines eher unkonventionellen Profils liegt der Hals angenehm in meiner Hand, und die verrundeten Griffbrett- und Bundkanten vermitteln echten Spielkomfort. Trotz der hohen Bünde kommt keinerlei Buckelpisten-Feeling auf. Die butterweich rotierenden kleinen Alpha-Potis lassen sich mit den gerändelten Reglerknöpfen ebenso leicht handhaben wie der ergonomisch platzierte Pickup-Schalter.
Klanglich kommt die Ibanez-Josh-Smith-Signature überaus spritzig, drahtig und lebendig daher. Meine Ohren freuen sich über ein luftig frisches, ausgewogenes Klangbild mit straffen, knackigen Bässen, perkussiven Mitten, klaren Höhen und Obertönen satt. Schon der unverstärkte Eindruck hebt ihre Tele-Gene hervor. Sehr direkt und akzentuiert reagiert die Gitarre auf nuanciertes, ausdrucksstarkes Spiel, zeigt schnelle vitale Tonentfaltung und stabiles, kontinuierlich abklingendes Sustain.
Im direkten Vergleich mit den Pickups einer 62er Vintage-Tele liefern die Seymour Duncan FLAT5 deutlich weniger Output. Der Steg-Singlecoil zeigt bei mittiger Anschlagposition zwischen beiden Pickups weniger Brillanz und Schärfe, klingt dafür aber runder, ausgewogener und insgesamt angenehmer. Erst ein intensiverer Anschlag entlockt ihm den typischen glockenklaren, brillanten und obertonreichen Twang-Sound, der bei Annäherung an den Steg bissiger und schärfer wird.
Auch der Hals-Pickup tönt weniger offensiv als das Original, zeigt jedoch mehr Transparenz, Offenheit, präzisere Saitentrennung und gewissermaßen mehr Klangästhetik. Ein wunderbar bluesig-bauchiger, vollmundiger Ton mit definierten Bässen, warmen Mitten und klaren Höhen dringt an mein Ohr. Während der Steg-Pickup Flageoletts über den Bünden 3, 5, 7 und 12 meistert, lässt der Halsnachbar den 5. Bund fast komplett aus. Die Kombi beider Seymour Duncans liefert die gewohnt glockig-luftigen Klangbilder und bietet sich damit nicht nur für funky oder souliges Singlenote- oder Rhythmusspiel an, sondern stellt auch Arpeggien präzise dar, lässt bei Harmonics über dem 3. Bund jedoch die Flügel hängen.
Schicken wir die Josh Smith Signature mal ins Crunch- und Gain-Getümmel. Während beide Singlecoils im Einzelbetrieb die erwarteten Störgeräusche erzeugen, bleiben diese in der Kombi nahezu vollständig außen vor. Einer der beiden ist offenbar ein Reverse-Wound-Reverse-Polarity-Typ, der gemäß dem Humbucker-Prinzip im Zusammenspiel mit dem Nachbarn Nebengeräusche unterdrückt. Sehr schön.
Dank präziser Saitentrennung, differenzierten Klangbilds und exzellenter Dynamik entpuppt sich die Ibanez FLATV1 auch als echtes Rockbiest mit klarer Kante und hohem Durchsetzungsvermögen. Von bissig-aggressiv bis samtweich singend deckt sie ein breites Spektrum von Zerrsounds ab, die sich vorzüglich mit dem Anschlag, vor allem aber mit dem Volume-Poti präzise kontrollieren lassen, soll heißen: voll auf = High Gain, etwa halb auf = Clean. Auch das Tone-Poti zeigt über seinen gesamten Regelweg gleichmäßige Effizienz.
RESÜMEE
Mit der Prestige FLATV1, die es übrigens ausschließlich im spiegelglatt polierten Schwarz gibt, hat Ibanez dem Blues/Rock/Jazz/Country-Virtuosen Josh Smith eine richtig gute T-Style-Axt auf den Leib geschneidert und dabei das klassische Design geschmackvoll modernisiert. Das unkonventionelle dezente V-Profil beschert dem Roasted Maple Neck etwas mehr Masse bei – nicht zuletzt auch dank der vorbildlich verrundeten Griffbrett- und Bundkanten – gleichzeitig hohem Spielkomfort. Der leichte Sumpfesche-Body senkt das Gesamtgewicht enorm, verursacht aber auch Kopflastigkeit, die jedoch durchaus beherrschbar ist.
Wie nicht anders zu erwarten, orientiert sich die FLATV1 klanglich am Original, kommt aber zunächst nicht ganz so schroff, erdig und bissig, sondern eher gepflegter, eleganter und runder daher. Erst intensivere Attack und stegorientierte Anschlagspositionen entlocken ihr den typischen Twang, zeigen aber auch das klangliche und dynamische Potenzial und das breite Sustain-unterstützte Tonspektrum der Gitarre auf. Very well done, Ibanez!
PLUS
● Sounds
● Ansprache, Dynamik & Sustain
● Qualität Hölzer & Hardware
● Seymour Duncan FLAT5 Einspuler
● moderne Detail-Lösungen
● Bespielbarkeit
● Verarbeitung
● Preis/Leistung
MINUS
● Kopflastigkeit
(erschienen in Gitarre & Bass 05/2023)
Nur 21 Bünde sind bei dem Preis definitiv ein Minus.
Für Heavy-Metal völlig ungeeignet!
Das hätte ich jetzt bei einer Josh Smith Signature Tele nicht erwartet
Ich schließe mich hier mal den Vorrednern an,und empfinde 21 Bünde für satte 2.500,-€uro ebenfalls als ein Minus. Desweiteren sehe ich diese winzigen „Luminlay Sidedots“ auf dem Hals auch bei dieser Ibanez Gitarre nicht unbedingt als geniale Innovation an,weil solche kleinen Pünktchen live on Stage bei schummerigem Licht in Wahrheit kaum sichtbar sind!
Und „geröstete“ Hälse bieten andere namhafte Gitarrenhersteller bereits für viel weniger Geld an! Fazit: Ibanez ist nicht mehr mein Favorit wenn es um den Neukauf einer soliden E.-Gitarre geht,die zudem preislich in die engere Wahl käme.
Naja, hört Euch doch mal an, was Josh Smith auf den 21 Bünden so anstellt. Dann stellt sich die Frage nach mehr Bünden nicht mehr. Und es handelt sich hier ja auch um eine Signature-Gitarre! Eine richtig gute Fender-Tele ist auch nicht billiger.
……..Gegenfrage: Wer legt sich bei den Metallarbeitern ein solches Modell zu?? Ich kenne keinen, die FlatV ist eher für den fast schon konzertanten Bereicht ausgelegt – und das meistert sie bravourös.
Habe viele Gitarren ge- und benutzt: Selten solche einen – im positiven Sinn – ausgeglichenen und transparenten Klang erlebt.
Nur wenn es wirklich mal sein muss, dann kann die FlatV auch rumtwängen.