Reduziert aufs Maximum

Test: Ibanez EHB1005F

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(Bild: Dieter Stork)

Kopfplatte ab, Korpus hohl … was kann an einem Instrument denn noch reduziert werden? Richtig, die Bünde! Und so erweitert Ibanez das Kopflos-Sortiment nun auch um ein bundloses Modell.

Glücklicherweise weist dieses jedoch keine Fächermensur auf, da hätte ich den Testzeitraum zwecks Eingewöhnung wohl deutlich verlängern müssen. Die beliebte EHB-Reihe um bundlose Modelle zu erweitern, zeugt vom Erfolg und der Entschlossenheit des Herstellers, sie gleichauf mit SR und BTB als moderne Klassiker positionieren zu wollen. Instrumente aus der Serie zeichnen sich insbesondere durch einen hohen ergonomischen Anspruch aus. Da bildet auch der 1005F keine Ausnahme.

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HIGH-TECH

Wie bei allen EHB ist die obere Hälfte des Linde-Korpus gekammert. Hierdurch kippt der Bass beim Spielen zum Körper, was sowohl im Stand als auch im Sitzen für eine angenehme Spielposition sorgt. Sehr erfreulich übrigens, dass neben einem (eher rudimentären) Gigbag nicht nur Einstellwerkzeug mit zum Lieferumfang gehört, sondern auch ein Set Schaller-Locks. Aufgrund der Abwesenheit einer Kopfplatte und in diesem Fall sogar der Bünde, ergibt sich ein geringes Gewicht von knappen 3500 Gramm. Auch ein mit Walnuss gesperrter Ahornhals oder das verbaute Griffbrett aus Richlite ändern daran nichts.

Für all jene, die zum ersten Mal über den Namen stolpern: Bei Richlite handelt es sich um eine spezielle Verbindung aus Papier und Phenolharz, die optisch an Ebenholz erinnert und auch sonst ähnliche Eigenschaften aufweist. Der große Vorteil gegenüber Echtholz liegt in einer höheren Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Kontrollierbarkeit. Verwendung findet der High-End-Werkstoff bereits seit vielen Jahrzehnten im Instrumentenbau und erfreut sich hier einiger Beliebtheit.

Ebenso freue ich mich jedes Mal aufs Neue über die Headless-Mechaniken von Ibanez, die für mich aufgrund ihrer Leichtgängigkeit mit zu den besten am Markt gehören. Nach einem schnellen Setup zum Anpassen der Saitenlage geht’s dann auch schon ans Eingemachte und so führe ich mir die praktischen Eigenschaften des blau-grauen Leichtgewichtes zu Gemüte.

Die Klangregelung mit 3-Band-EQ und Bypass-Schalter ...
... sorgt für ein vollgepacktes E-Fach.

 

HIGH-PERFORMANCE

Ergonomisch gibt es hier keine Überraschungen. Wie auch die bundierten Geschwistermodelle, spielt sich der 1005F sehr angenehm und lässt mit einem schlanken Hals mühelose Lagenwechsel zu. Perfekt ausbalanciert hängt der Bass am Körper, wodurch sich die Finger ausschließlich aufs Greifen konzentrieren können. Ein tiefes Cutaway ermöglicht dabei auch bequemes Greifen in höchsten Lagen.

Als jemand, der sein täglich Brot nicht mit bundlosen Bässen verdient, hätte ich mir allerdings eine etwas großzügigere oder andere Verteilung der Bundmarker gewünscht. Diese zieren das Griffbrett entlang der zum Körper gewandten Kante, aber zumindest ab dem zwölften „Bund“ wären sie meiner Ansicht nach mindestens genauso gut auch auf der anderen Seite aufgehoben gewesen. Als weitere Orientierungshilfe dienen zusätzlich fluoreszierende Luminlay-Dot-Inlays zwischen den Bundmarkern. Ein wenig schade, dass nicht auch die Marker aus diesem Material bestehen.

Etwas schwer zu erkennende Bundmarker in den hohen Lagen (Bild: Dieter Stork)

Bei bundlosen Instrumenten ist ein sauberes Abrichten der Griffbretter noch wichtiger als es bei bundierten der Fall ist. Jede noch so kleine Unebenheit kann sich im Ausschwingverhalten der Saiten bemerkbar machen. Es wird also klar, weshalb man auf den berechenbaren Werkstoff Richlite zurückgreift, der im Vergleich zu Echtholz deutlich homogener ist und sich so unkomplizierter abrichten lässt. Ausladendes Sustain in den tiefen Lagen sowie das Fehlen nennenswerter Dead-Spots bestätigen das Aufgehen der Theorie.

Je nach Position der Schlaghand bzw. Haltung der Greifhand, können dem Bass sonores Singen und glasklare, schnarrfreie Klänge entlockt werden. Beim Fretless kommt der Ton eben wirklich aus den Fingern. Wobei man wohl eher sagen müsste, dass er dort erzeugt wird. Herauskommen tut er aus der Neutrik-Klinkenbuchse, die wiederum das Signal der verbauten BH-2- Humbucker weitergibt.

Auf der nächsten Seite geht’s weiter!

 

ÜBERRASCHUNG

In der Vergangenheit habe ich mich immer wieder mal negativ über dieses Fabrikat geäußert. Bei den modern ausgerichteten, bundierten EHB fehlte mir oft eine Portion Brillanz und Klarheit im Sound. Und was soll ich sagen? Im 1005F gefallen sie mir unerwartet gut. Es ist nicht so, dass sie auf magische Weise mehr Brillanz hätten als in anderen Bässen, aber zum einen sorgt das harte Griffbrett für eine zusätzliche Portion Obertöne und zum anderen braucht es an einem bundlosen Instrument für meinen Geschmack auch keine gläsernen oder glockenartigen Höhen. Töne auf den dünnen Saiten werden voll und singend übertragen, während die tiefen Saiten noch eine ausreichende Klarheit besitzen.

Befindet sich die Pickup-Blende der Elektronik in Mittenrastung, geht das Klangbild sogar dezent in Richtung gläserner HiFi-Sound. Aber eben nur dezent. Bei bundierten Instrumenten bevorzuge ich diese Einstellung aufgrund des druckvollen und kernigen Sounds meist, hier aber favorisiere ich den hinteren Tonabnehmer ein wenig. Der Ton gewinnt dabei an charaktergebenden, vollen Hochmitten. Gerade die hohen Lagen sowie Flageoletts profitieren massiv davon.

Aber auch der Halstonabnehmer kann sich hören lassen und präsentiert sich mit einem bauchigen, fast holzigen Klang. Für kontrabassartige Sounds bräuchte man aber andere Saiten und wohl auch eher Singlecoils als kernige Humbucker. Dennoch liefert der Bass hier ein angenehm weiches Klangbild, das sich über die im Passivmodus zur Verfügung stehende Tonblende noch weiter dämpfen lässt. Hierbei dient der obere Teil des vorderen Stacked-Potis als passive Tonblende.

In Kombination mit dem Bridge-Tonabnehmer lassen sich dem Bass auch richtig näselnde Sounds entlocken, die aufgrund der Tonabnehmer immer leicht komprimiert und kernig klingen. Wer einen Bass für Jaco-Sounds sucht, wird hier nicht fündig werden. Dafür findet sich hier unter Zuhilfenahme der Aktivelektronik eine immense klangliche Vielfalt. Die Tonblende mutiert nun zu einem aktiven Höhenregler, was beim Umschalten bedacht werden sollte, denn die Reglerstellung bleibt natürlich die gleiche …

Eingangs erwähnte ich, dass ich bei einem Fretless gar nicht unbedingt nach ausladenden Höhen suche, daher befand sich der Höhenregler während meines Tests auch fast immer in Mittenrastung. Bei Bedarf kann einem muffigen Setup oder älteren Saiten so aber ohne zusätzliches Rauschen noch ein bisschen mehr Frische eingehaucht werden. Über den Bassregler lässt sich der hintere Pickup noch zu etwas mehr Fülle und Druck überreden oder der doch recht potente Hals-PU etwas zügeln. Hier sind allerdings minimale Änderungen meist schon absolut ausreichend.

Wirklich interessant wird die Klangregelung erst durch die semi-parametrischen Mitten. Mit dem unteren Regler kann die Einsatzfrequenz des Mittenreglers über eine große Bandbreite verändert werden. Am unteren Ende greift der Regler schon in den Hochbass mit ein, während das obere Ende schon mit dem Höhenregler konkurrieren kann. Da es sich hier allerdings um eine Glockenkurve handelt, sind besonders genaue Feinabstimmungen möglich. Beispielsweise kann der Klang über den Höhenregler entschärft und gleichzeitig mit verstärkten Hochmitten durchsetzungsfähiger gemacht werden. Aber auch Freunde stark mittiger Sounds à la Les Claypool kommen Dank der Flexibilität auf ihre Kosten.

RESÜMEE

Es ist schön zu sehen, dass Ibanez die EHB-Baureihe stetig ausbaut und mit dem Zuwachs durch ein bundloses Modell die Palette nun beinahe vollständig aufgefüllt hat. Wie gewohnt ist auch der 1005F qualitativ hochwertig gefertigt und flexibel aufgestellt. Ich würde mir als Ergänzung jedoch noch ein sechs-, vor allem aber ein viersaitiges Modell wünschen, denn aktuell gibt es den Bundlosen nur mit fünf Drähten. Auch auf alternative Farben oder Linkshändermodelle muss derzeit noch verzichtet werden. Sollte die Modellreihe erfolgreich sein, dürfte das aber folgen. Bei dem, was Ibanez mit dem EHB1005F liefert, sehe ich dafür gute Chancen.

PLUS

● Sound
● Ergonomie
● Haptik
● vielseitige Elektronik

MINUS

● Bundmarker in hohen Lagen

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2023)

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