Extralange Mensuren sind inzwischen nicht nur etwas für die Schwermetall-Fraktion. Somit wächst auch der Bedarf an entsprechenden Instrumenten immer weiter, zusammen mit ihrem Preis. Mit dem BTB 805MS setzt Ibanez ein Zeichen gegen diesen Trend.
Nachdem ich den BTB605MS bereits ausführlich testen und für gut befinden durfte (Ausgabe 10/2022), folgt nun das etwas höherwertigere Modell 805MS. Hatte ich den 605MS nicht zuletzt wegen seiner knalligen Farbe als gute Dingwall-Alternative vorgestellt, so mutet der 805MS deutlich dezenter an. Doch worin unterscheiden sich die beiden Modelle überhaupt?
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ÜBERSICHT
Offensichtlich natürlich in der Farbe. Anstelle des quietschbunten Babyblau kommt hier unter dem sauber ausgeführten Mattlack eine deutlich weniger auffällige, braun-graue Beize zum Einsatz. Anders als beim 605MS bleibt die Optik des Holzes dabei vollständig erhalten, und so kommt insbesondere die Maserung der Pappeldecke auf den Korpusflügeln wunderbar zur Geltung. Letztere bestehen, anders als beim 605MS, zum Großteil aus Esche. Okume und Pappel finden hier lediglich als oberste Schicht Anwendung und sorgen für ein optisches Highlight.
An der durchgehenden Halskonstruktion fallen mir hingegen keine Unterschiede auf. Drei große Streifen Ahorn werden mit Walnuss gesperrt und zusätzlich noch kohlefaserverstärkt. Verziehen dürfte sich der so sehr steife Hals also wohl kaum. Eingestellt wird er über die korpusseitig zugängliche Halsschraube, passendes Werkzeug dazu befindet sich im mitgelieferten Koffer. Richtig gelesen, ausgeliefert werden die Bässe in hochwertig wirkenden, maßgeschneiderten Hartschaumkoffern. Das Tragen als Gigbag ist dabei jedoch nicht vorgesehen.
Auf Schaller-Gurtpins, wie sie beispielsweise der EHB-Serie beiliegen, muss verzichtet werden. An den normalen Ibanez-Gurtpins halten normale Gurte, sofern sie nicht ausgeleiert sind, jedoch recht gut, und so liegt der Bass dank des Shapings auch gut am Körper. Obgleich sich die Kopflastigkeit aufgrund des relativ langen oberen Horns in gut handlebaren Grenzen hält, lässt sie sich nicht komplett leugnen.
Eine extralange Mensur sorgt eben doch auch für eine extragroße Hebelwirkung. Mit einem rutschfesten Gurt ist das in der Praxis aber gar kein Problem und beeinträchtigt das Spielvergnügen in keiner Weise.
HOCH HINAUS
Davon gibt es reichlich. Wie bei einem Bass mit 37“-Mensur zu erwarten ist, liefert die H-Saite Druck und Sustain ohne Ende. Selbst unverstärkt entsteht bereits ein guter Eindruck der Low-End-Qualitäten. In puncto Saitenlage hätte ich mir hingegen ein Quäntchen mehr gewünscht, für die allermeisten werden schnarrfreie ~1,5mm am 24. Bund aber mehr als ausreichend flach sein.
Am Ende des Tages handelt sich es immer noch um ein normales Instrument aus normaler Serienfertigung in Fernost, was grundsätzlich nicht negativ für die Qualität sein muss. Nur bedeutet es eben, dass mit gewissen Kompromissen in der Feinabstimmung zu rechnen ist. Soll die Saitenlage also superflach sein, ist der Gang zum Profi mit der Bundfeile mit einzuplanen. Edelstahlbünde nutzen jedoch deutlich weniger stark ab als konventioneller Bunddraht und so ist immerhin mit einer guten Standzeit zu rechnen.
Einmal abgestimmt und eingestellt, dürfte sich über die Jahre, außer bei grober Misshandlung, wohl nicht viel tun. Scharfe Bundkanten sucht man vergebens, bei schnellen Läufen das Griffbrett rauf und runter ist mir diesbezüglich nichts aufgefallen. Im Gegenteil: Dank des großzügigen Cutaways gestalten sich auch Ausflüge in die allerhöchsten Lagen als sehr angenehm. Verrenkungen der Greifhand gehören demnach nicht mit zum Paket. Entlohnt werden sowohl aufwändige Fingerakrobatik wie auch zurückhaltendes Spiel mit einem klaren, druckvollen Sound ohne harte Ecken oder Kanten.