Traditionell untraditionell

Test: Ibanez AZ 2407F-BSR

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(Bild: Dieter Stork)

Die Ibanez-AZ-Prestige-Serie geht in die nächste Runde. Bei der AZ 2407F präsentiert der untraditionelle Traditionshersteller eine Kombination aus bewährten AZ-Spezifikationen mit DiMarzio-Pickups. Ein Novum im Prestige-AZ-Line-up.

Wenn Gitarristen wie Martin Miller, Tom Quayle, Luca Mantovanelli oder Dee Dammers mit kleinen Gitarrenvideos in den sozialen Netzwerken auftauchen, ist in den meisten Fällen eine Ibanez AZ mit von der Partie. Seit 2018 ist die AZ-Serie aus den Regalen des gut sortierten Gitarrenfachhandels nicht mehr wegzudenken. Inzwischen bedient Ibanez mit seinem Erfolgsmodell eine Kundschaft vom Einsteiger bis zum Profi und geht dabei immer wieder neue Wege.

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ALTBEWÄHRTE ZUTATEN

Bei dem Instrument handelt es sich um eine ST-Style-Gitarre in Solidbody-Bauweise mit einem Korpus aus Linde, auf den eine geflammte Ahorndecke mit einem ebenfalls geflammten 4 mm Fake-Binding aufgeleimt wurde. Unser Testmodell wurde in der Farbe „Brownish Sphalerite Gloss“ geliefert. Von einem Zweipunkt-Tremolo (Gotho-T1502S mit Steckarm) führen die Saiten über den geflammten Roasted-Ahorn-Hals zu einem Knochensattel. Locking-Mechaniken, ebenfalls von Gotoh, halten die Saiten in Stimmung.

geschmeidiger Hals/ Korpus-Übergang (Bild: Dieter Stork)

Die 24 perfekt polierten Edelstahl-Bundstäbchen lassen, auch aufgrund ihrer tollen Verarbeitung und Verrundung der Bundenden, spieltechnisch keine Wünsche offen. Das Halsprofil wird als ovales C bezeichnet und liegt sehr angenehm in der Hand. Modelltypisch ist der Hals mit dem Body direkt verschraubt. Die Mensur beträgt 648 mm bei einem Griffbrettradius von 12″, die Sattelbreite beträgt 42mm.

Die Pickups sind ohne Rahmen und somit nur bedingt justierbar in den Korpus geschraubt, womit wir auch schon beim Kern dieses Modells wären. Die Tonabnehmer stammen nicht, wie sonst bei den Premium-AZ üblich, aus der Schmiede von Seymour Duncan, sondern von DiMarzio. In der Stegposition sitzt ein „The Tone Zone“-Doppelspuler, in der Mitte ein „True Velvet“- Singlecoil und am Hals ein „Air Norton“-Humbucker. Alle drei Pickups sind mit AlNiCo-V-Magneten bestückt und können über einen Fünfwegschalter in der gewohnten Reihenfolge abgerufen werden. Volume- und Tone-Poti arbeiten sauber und sind über den gesamten Bereich brauchbar.

Die erste japanische AZ mit DiMarzio-PUs (Bild: Dieter Stork)

Mit 3,3kg hängt die Ibanez AZ 2407F angenehm am Gurt. Die fluoreszierenden Luminlays-Sidedots können auf dunklen Bühnen recht hilfreich sein und für sichere Navigation in der Lage sorgen. Ausgeliefert wird die Gitarre im klassischen Prestige-Koffer, einem schwarzen stabilen Case mit Aluminium-Verschlussleiste. Innen findet man ein großes Fach mit Deckel, in dem sich unser „Case Candy“, ein sehr nützliches Ibanez Multi-Tool befindet. Mit diesem ist die Gitarre fix eingestellt. Die Verarbeitung ist insgesamt auf hohem Niveau, gefertigt werden die Gitarren in den allseits bekannten Fujigen-Werken in Japan.

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MODERNE TRADITION

Die Ibanez AZ ist nicht nur optisch eine sehr moderne Gitarre. Die Zutaten sind durch und durch High End und erfüllen somit alle Kriterien, um sie in der Profiliga anzusiedeln. Doch der Reihe nach. Beim Auspacken unserer Testgitarre war der erste Eindruck großartig. Farbe und Maserung, Binding und Edelstahlhardware suggerieren absolute Hochwertigkeit.

Auf dem Schoß macht sich eine leichte Kopflastigkeit bemerkbar, die sich aber mit aufgelegtem rechten Unterarm super ausgleichen lässt und somit die Spielfreude nicht trübt. Am Gurt verschwindet die Kopflastigkeit komplett und die Gitarre hängt absolut ausbalanciert. Trocken gespielt klingt die AZ sehr spritzig und direkt, wie man es von dieser Bauart gewohnt ist. Ausgewogen und resonant überzeugen die Akkorde mit Obertonreichtum und viel Tiefe. So soll es sein. Die Bearbeitung der Bundstäbchen ist top, was, gepaart mit dem satinierten Hals, zu fixen Legatoläufen verleitet.

Was sich trocken schon angedeutet hat, bestätigt sich auch schnell am Amp. Der Air-Norton-Humbucker am Hals klingt klar und aufgeräumt, aber keineswegs zweidimensional. In Kombination mit dem True-Velvet-Singlecoil überzeugt der Sound sowohl clean als auch leicht angezerrt und lässt viel Vintage-Feeling aufkommen. Im Crunch-Kanal bekommen wir erdige Blues-Sounds geboten. Der Stegpickup klingt warm, mir persönlich etwas zu dunkel, hier punktet wieder die Kombination mit Neck- und Middle-PU. Der True-Velvet-Mittel-Pickup allein klingt kehlig und offen.

Richtig zuhause aber fühlt sich diese Gitarre ganz klar im High-Gain-Bereich! Der Sound erinnert an so manche 80er-Jahre-HairMetal-Platte à la Mötley Crüe, Skid Row oder Warrant. Viel Attack und spritzig in der Ansprache – aus dem Solokanal kommt man nicht so schnell raus. Es ist ein Leichtes, seine Bendings über die Klippe zu schubsen, und die Spielfreude ist groß. So muss es sein! Das Tremolo arbeitet auch bei stärkerer Beanspruchung sauber und die Gitarre hält die Stimmung eins a. Dass man diesmal auf die sonst bei den AZs zu findende, aufwendige „Alter Switch“-Schaltung verzichtet hat, ist kein Minuspunkt, denn man spricht hier ganz klar den puristischen Rockgitarristen an.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Es ist lobenswert, wie Ibanez es schafft, die AZ-Serie über Jahre hinweg auf einem hohen Niveau zu halten und trotzdem immer wieder frische Ideen unterzubringen. Der Spielkomfort, die minutiöse Verarbeitung, die High-End-Hardware … ein gelungenes, rundes Instrument entsprechend seiner Preisklasse.

PLUS

● Verarbeitung
● Hardware & Pickups
● Schwingverhalten
● Sounds
● Optik

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2023)

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