Die schöne und das Biest

Test: Ibanez Axion Label RGA61AL & RGD71ALMS

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Ibanez Axion(Bild: Dieter Stork)

Eine neue Serie aus dem Hause Ibanez ist immer eine interessante Sache. Die neuen Pferde im Rennstall hören auf den schnittigen Namen „Axion Label“ und sind mit allerhand spannenden Ausstattungsmerkmalen versehen. Zum Test haben wir einmal die knallbunte RGA61AL sowie die düster daherkommende, siebensaitige RGD71ALMS vorliegen.

Neben allerlei Ergänzung der bestehenden Serien, stellt Ibanez 2019 unter dem Namen „Axion Label“ gleich eine ganze Reihe neuer Modelle vor, welche in ihrer Ausrichtung ganz klar auf das moderne Metal-Lager abzielen. Dabei zeigt sich der japanische Gitarren-Riese zunehmend offen für Neues, wie beispielsweise kältebehandelte Bünde, und scheut auch nicht vor der ein oder anderen abgefahrenen Lackierung zurück.

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Die nun zum Test vorliegende RGA61AL sowie die RGD71ALMS repräsentieren diese neue Serie mit ihrem spannenden Look hervorragend und zeigen, wie breit Ibanez mittlerweile in ihren in Indonesien gefertigten Baureihen aufgestellt sind.

hypermodern

Beginnen wir doch einfach mit der etwas konventioneller gestalteten RGA61AL Sechssaiter. Schon beim Auspacken schreit einen die super knallige Lackierung – die aussieht als wäre eine Bonbon-Fabrik sowie eine Herde Einhörner über der Gitarre explodiert, und auf den Namen „Indigo Aurora Burst“ hört – nur so an. Hier haben die Lackierer auf jeden Fall ganze Arbeit geleistet und die geflammte Ahorndecke wirklich sauber eingefärbt.

Eine neutral-weiße Einfassung trennt die bunte Decke von dem naturbelassenen Korpus aus Nyatoh. Hier haben wir dann auch gleich die erste Neuerung der Axion-Serie. Ibanez verwendet dieses vor allem in Indonesien wachsende Holz schon seit Längerem bei den Akustik-Gitarren und etabliert dieses durchaus hübsche Gewächs nun auch in verschiedenen E-Gitarren-Serien.

Auch beim Hals erwartet uns eine kleine Überraschung. Wo ich beim ersten Bespielen noch von einer Wenge-Konstruktion ausging, musste ich feststellen, dass hier Panga-Panga-Holz (welches Wenge verblüffend ähnlich sieht), in Kombination mit zwei Sperrstreifen aus Walnuss, verbaut wurde. Beim Griffbrett setzt der Hersteller auf ein kakaobraunes Macassar-Ebenholz, das mit kleinen Off-Set-Dots und im dunkeln leuchtenden Griffbrettmarkern, versehen wurde. Die Kopfplatte trägt ein dünnes Furnier aus Riegelahorn und wurde passend zum Body lackiert.

Alles in allem finden wir bei der RGA61AL also eine durchaus unkonventionelle Holzauswahl, was nicht nur hübsch aussieht, sondern – soviel sei an dieser Stelle schon einmal gesagt – auch hervorragend klingt. Die 24 sauber eingelassenen Jumbo-Bundstäbe sind an den Kanten schön verrundet, wenngleich diese Arbeit nicht das hohe Niveau der Premium-Baureihe erreicht, was der Funktion des Instruments aber in keiter Weise schadet. Für bessere Haltbarkeit werden übrigens alle Bundstäbe der Axiom-Gitarren mit Ibanez’ Sub-Zero-Verfahren kältebehandelt.

Ibanez Axion(Bild: Dieter Stork)

Das mittlerweile recht verbreitete Nitro-Wizard-Halsprofil fügt sich nahtlos in das moderne Bild der RGA61AL ein und dürfte Fans der flachen Ibanez-Hälse große Freude bereiten. Die MG-T-Klemm-Mechaniken von Gotoh laufen absolut sauber und klemmen das Saitenende fest und präzise ein. Auf dem Korpus, mit vier dicken Schrauben befestigt, finden wir die für die RGA-Serie typische Gibraltar-Standard-II-Brücke, welche die Saiten geradewegs über die beiden Bareknuckle-Aftermath-Humbucker führt. Hier wurden hitzebehandelte Pickup-Cover verwendet, welche dadurch einen schillernd-bunten Farbton angenommen haben.

Bei der Elektronik der RGA61AL habt sich Ibanez auf ihr bewährtes „Weniger-ist-mehr-Konzept“ verlassen und das Instrument lediglich mit einem Drei-Weg-Schalter, einem Master-Volume-Poti sowie einem Coiltap-Switch versehen. Auf der Rückseite befinden sich die versenkt montierten Deckel für die zwei kleinen E-Fächer und die versetzt eingelassenen Hülsen zur Führung der Saiten durch den Korpus. Rein technisch betrachtet haben wir es im Grunde also mit einer klassischen RGA in Kombination mit einer neuen Holzauswahl zu tun.

Deutlich ungewöhnlichere Wege, beschreitet der Hersteller mit der ebenfalls neuen RGD71ALMS. Das Model basiert grundsätzlich auf der RGDIM6FM, welche bereits in der Iron-Label-Serie erschienen ist. Bei unserer Test-Gitarre haben wir nun eine neue Lackierung und eine siebte Saite, was natürlich aufgrund des gefächerten Griffbretts durchaus Sinn macht. Auf der tiefen H-Saite hat die Gitarre eine Mensur von satten 686 mm, die sich auf den Diskantsaiten letztendlich zu 648 mm verjüngt.

Genau wie bei der RGA61AL verwendet Ibanez hier einen Korpus aus Nyatoh (allerdings ohne Ahorndecke) und einen Panga Panga/Walnuss-Hals. Der gesamte Body sowie die Oberseite der Kopfplatte sind in einem neuen Farbton lackiert worden, welcher sich „Black Aurora Burst Matte“ nennt und je nach Lichteinfall von schwarz zu einen dunklen Lila an den äußeren Rändern der Decke changiert. Der Hals wurde ebenso wie bei der kleinen Schwester naturbelassen und kommt mit Nitro-Wizard-7-Profil. Etwas unschön gelöst ist das überstehende Ende des Griffbretts hinter dem Sattel, was aber in keiner Weise die Funktion des Instruments beeinflusst.

Im Gegensatz zur RGA61AL ist der Halsstab nicht – wie bei Ibanez meist üblich – über die Kopfplatte, sondern über eine Aussparung an der unteren Griffbrettkante einstellbar. Hier ist ein kleines Rädchen eingelassen, welches ein schnelles Justieren des Halses erlaubt. Auch hier finden wir die nahezu tadellos eingelassenen Jumbo-Bünde und die dezenten Off-Center-Dots. Die Saiten werden auch bei der RGD71ALMS rückseitig durch den Korpus, in die sieben Einzelreiter gefädelt.

Ein richtiger Knaller sind natürlich die passend zum Griffbrett schräg verbauten Fishman-Fluence-Modern-Ceramic-Humbucker. Die über eine 9V-Batterie mit Strom versorgten Tonabnehmer sind mit ihren zwei Voicings – hier anwählbar über das Push/Pull-Master-Volume-Poti – eine wirklich spannende Sache und tauchen derzeit in immer mehr Seriengitarren auf. Alles in allem hat Ibanez also auch bei der neuen RGD71ALMS ein gewaltiges Paket geschnürt, was in Sachen Ausstattung kaum Wünsche offen lässt.

Ibanez Axion
Tolle Lackierung und bunte Bareknuckles bei der RGA61AL (Bild: Dieter Stork)

why these guitars djently sweep

Dann schauen wir doch mal, wie sich die neuen Pferde im Rennstall auf der Teststrecke so schlagen – wieder beginnen wir mit der sechssaitigen RGA61AL. Akustisch gespielt zeigt sich die bunte Schönheit von einer sehr lauten, spritzigen und höhenbetonten Seite. Sowohl offene als auch Barré-Akkorde klingen präsent und klar, ohne dass es der Gitarre an Fundament in den tiefen Mitten und den Bässen mangelt. Das kerngesunde Sustain schwingt schön gleichmäßig über alle Register aus und in den hohen Lagen lässt die RGA61AL fast schon leichten Twang erklingen.

Am Verstärker zeigt sich sofort, was für eine gute Wahl der Aftermath-Pickup von Bareknuckle ist. Dieser Tonabnehmer ist ja schon eine ganze Weile im Programm des englischen Herstellers und gilt gemeinhin als ein exzellenter Kompromiss aus viel Output und hoher klanglicher Transparenz, wie man sie sonst eher von aktiven Tonabnehmern kennt. In Verbindung mit dem ohnehin schon sehr lebendigen Ton der RGA61AL, ergibt sich ein wunderbar offenes Klangbild, gepaart mit einem knackigen Attack.

Auf der Halsposition wird der Sound angenehm warm und unterfüttert gerade in den hohen Lagen den Ton so, dass Leadpassagen eine wahre Freude sind. Die Mitten stehen etwas im Hintergrund und schaffen so Platz für ein gesundes Bassfundament und perlige Höhen. Der am Steg verbaute Humbucker geht dann schon ganz anders zu Werke: Die Mitten werden deutlich knurriger, während das Bassfundament mit dem eisernen Besen durchgebürstet wird. Will sagen, der Ton ist unheimlich schnell, präzise und selbst kleinste Ungenauigkeiten im Anschlag, werden wie mit einem Vergrößerungsglas exponiert, ohne dass das Ganze jedoch kühl oder leblos klingen würde.

Richtig gestaunt habe ich, als ich den kleinen Split-Switch umlegte – normalerweise ist von Humbuckern in dieser Disziplin ja nicht so viel zu erwarten. Ganz anders beim Aftermath: Der Singlecoil-Sound klingt beeindruckend drahtig, offen und dynamisch und ist damit eine absolut ernstzunehmende Option, mit welcher sich richtig tolle Sounds umsetzen lassen.

Ähnlich vielschichtig geht es auch mit der RGD71ALMS weiter, welche, rein akustisch gespielt, ein deutlich massiveres Klangfundament an den Tag legt. Der Sound hat einen beachtlichen Tiefgang und wirkt in den Mitten ein kleines bisschen defensiver als die kleine Schwester.

Interessant ist bei einer Fanned-Fret-Konstruktion natürlich immer die Spielbarkeit – gerade Gitarristen mit nicht ganz so großen Händen werden hier ein wenig mehr gefordert. In den tiefen Lagen, in denen die Fächerung deutlich breiter als in Richtung Halsfuß ist, müssen sich Zeige- und Ringfinger doch schon ein wenig mehr strecken, um beispielsweise einen F-Dur-Barré-Akkord zu greifen. Nach einer gewissen Phase der Gewöhnung sollte dies aber keine unlösbare Aufgabe darstellen.

Auch sonst macht die RGD71ALMS eine richtig gute Figur, wenn es um das Handling geht. Der ergonomisch geformte Korpus ist sowohl im Stehen als auch im Sitzen wunderbar zu bespielen und der flache Hals bietet einen guten Zugang in alle Lagen. Absolut positiv macht sich die Mensur auch auf das Ausschwingen der tiefen Saiten bemerkbar. Das tiefe H klingt definiert und klar umrissen; von den Kollegen Mulm & Matsch fehlt hier zum Glück jede Spur.

Am Verstärker zeigen die Fishman-Fluence-Pickups sofort die Zähne und beweisen, dass sie, ebenso wie die Bareknuckles, keine Kinder von Traurigkeit sind. Interessant ist, wie anders jedoch ihr Charakter ist und wie gut die Rechnung mit den beiden Voicings aufgeht. Vor allem bei unverzerrten und leicht crunchigen Sounds macht das „Modern Passive Attack“ mit gezogenem Poti eine richtig gute Figur. Der Sound ist angenehm warm und hat ein klein bisschen weniger Output als im „Modern Active“- Voicing, welches seine Stärken vor allem im Overdrive- und Distortion-Betrieb ausspielen kann.

Da wird der Bassbereich um einiges gestrafft, was natürlich vor allem Riffs auf den tiefen Saiten extrem zu Gute kommt. Die Hochmitten treten einen ordentlichen Schritt nach vorne und übertreffen in dieser Hinsicht die Bareknuckle-Tonabnehmer nochmal um einiges. Auch noch tiefere Stimmungen sind für die RGD71ALMS gar kein Problem; die Fishman-Pickups bieten selbst bei harmonisch wirklich komplexen Akkorden eine phänomenal gute Auflösung.

Ibanez Axion(Bild: Dieter Stork)

alternativen

Innerhalb der verschiedenen Ibanez-Serien ergeben sich tatsächlich ein paar Alternativen. Wer eine Sechssaiter RGA mit anderen Tonabnehmern möchte, könnte mal einen Blick auf die mit DiMarzio-Fusion-Pickups bestückte RGXIX6FM aus der Iron-Label-Serie werfen. Wem die RGA61AL eine Saite zu wenig hat, kann das quasi identische Model mit der RGA71AL (auch neu für 2019) als Siebensaiter erwerben. Bei der RGD71ALMS wird es da schon ein wenig schwieriger. Wem das Fanned-Fret-Griffbrett und die restliche Ausstattung nicht ganz so wichtig ist, findet mit der RGD7UCS aus der Uppercut-Serie eine sehr gut ausgestattete Siebensaiter-RGD, welche im Preis aufgrund der Herstellung in Japan aber merklich teurer ist.

resümee

Keine Frage, Ibanez hat mit den neuen Axion-Gitarren das Rad nicht neu erfunden, sondern betreibt sorgsame und klug durchdachte Modellpflege mit ein paar neuen, richtig tollen Features. Beide Testinstrumente haben sich sowohl in puncto Verarbeitung als auch Klang von ihrer allerbesten Seite gezeigt und beweisen einmal mehr, dass Ibanez mit den in Indonesien gefertigten Gitarren unheimlich gut ausgestattete Instrumente auf richtig hohem Niveau zu einem durchaus attraktiven Preis abliefert.

Vor allem die verwendeten Tonabnehmer, die Gotoh-Mechaniken und die neuen Holzkombinationen hinterlassen einen durchweg positiven Eindruck. Wer sich also mit einer neuen (Djent-) Metal-Klampfe beschenken möchte, sollte die neue Axion-Label-Reihe unbedingt ins Auge fassen.

PLUS
• Verarbeitung
• Optik
• moderner Sound
• Tonabnehmer
• Spielbarkeit
• Holzauswahl

Ibanez Axion

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2019)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hallo Leute, ich denke die RGD71ALMS ist mit den FISHMAN Pickups ausgestattet!? Bei dem einen Foto lautet der Kommentar jedoch “bunte Bareknuckles”, die doch wohl auf der 6-Saiter ihren Dienst tun, oder?
    Kann es sein, dass Ibanez die Multiscale-Technik bei “Perry Ormsby” abgeschaut hat, oder umgekehrt?

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Da hat sich in der Bildunterschrift der Fehlerteufel eingeschlichen.
      Vielen Dank für den Hinweis! Grüße aus der Redaktion!

      PS: Das Multiscale-Design gibt es (unter verschiedenen Bezeichnungen) schon sehr lange. Ralph Novak (Novax Guitars) hat 1989 das Patent (US Pat. #4,852,450) als “Fanned-Fret” angemeldet.

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