(Bild: Dieter Stork)
Hinter der eher konventionellen Front des kompakten Hook Wizard II verbirgt sich ein Vollröhrenverstärker mit bemerkenswerter Funktionalität, denn die Potentiometer des Verstärkers sind größtenteils motorisiert.
Der in den Niederlanden handgefertigte Hook Wizard vII geht nach vier Jahren bereits in die zweite Generation. Nicht viele Hersteller von Röhrenverstärkern haben sich bisher an diese Technik herangewagt. Manche erinnern sich an den Soldano/Caswell X99 oder den Engl E580 – beides Vorstufen. Noch seltener in freier Wildbahn scheint mir das Masotti-Modell Monster zu sein.
Aber zurück zum Kern: Hinter Hook steht der talentierte Gitarrist Leendert Haaksma, der unter anderem bereits für Anastasia, Candy Dulfer, Tower Of Power, Marcus Miller, Jocelyn Brown und weitere Künstler in die Saiten gegriffen hat. Mit seiner Verstärkermarke verfolgt er einen durchweg gehobenen Anspruch. Hierzulande dürfte das dreikanalige 100-Watt-Modell Captain am bekanntesten sein.
WAS STECKT DRIN?
Der Wizard vII ist hochwertig und robust verarbeitet und mit einem dekorativen Tolex-Bezug versehen, wahlweise in Ivory/Oxblood oder in Schwarz mit weißen Streifen. Das kompakte Topteil mit dekorativem Ledergriff setzt auf hochwertige Bauteile, maßgefertigte Netztrafos und Übertrager. Es bietet zwei Kanäle, 45 Watt Ausgangsleistung aus zwei 6L6 (auch mit EL34 oder 6V6 erhältlich), eine Reihe von Voicing-Schaltern, einen Effekt-Loop, einen digitalen Hall sowie eine Lautsprechersimulation auf Basis von Impulsantworten mit schaltbarem Lastwiderstand.
Da darf man durchaus von einer Vollausstattung sprechen, die alle Anwendungen zwischen heimischem Probespiel über den Studioeinsatz bis hin zur Bühne abdeckt. Regel- und speicherbar sind die Parameter Gain, die passive 3-Band-Klangregelung und Volume. Hinzu kommen der nicht speicherbare Master-Regler und das rückwärtige Presence-Poti.
Aufgrund der Motorisierung der Potis, die sich automatisch mit dem Umschalten der Kanäle wie von Geisterhand neu justieren, fällt die Bedienoberfläche herrlich übersichtlich aus. Eine Reihe beleuchteter, ebenfalls speicherbarer Taster erweitert die Funktionalität nochmals beträchtlich. Kanal 1 offeriert einen Boost, Kanal 2 die drei Optionen Boost, Fat und Edge. Beim Effekt-Loop handelt es sich um eine klanglich transparente FET-Schaltung, die ergänzend programmierbar schaltbar ist und im deaktivierten Zustand komplett im Signalweg überbrückt wird.
Der Loop kann zwischen serieller und paralleler Betriebsart umgeschaltet und über zwei Trim-Potentiometer im Pegel und Mischungsverhältnis justiert werden. Schließlich gibt es einen gerasterten Encoder mit Druckfunktion, über den sich die 32 Speicherplätze in zwei Bänken aufrufen und ablegen lassen. Der gleiche Regler dient dazu, die Intensität für den integrierten digitalen Nachhall zu justieren und eine der 16 IR-Boxensimulationen auszuwählen.
WAS IST NEU?
Laut Hook wurde der Wizard für die Version deutlich überarbeitet. So wurde die Schaltung des Lead-Kanal neu gestaltet und die Anbindung an die Endstufe mit geringerer Spannung ausgeführt, um die Lautstärkeregelung kontrollierter zu optimieren und ein wärmeres Klangbild zu erzielen.
PROGRAMMIERPRAXIS
Die Bedienung ist geradlinig und in weiteren Teilen so einfach, wie man es von konventionellen Röhrenverstärkern her kennt. Hat man eine gewünschte Einstellung gefunden, drückt man den Encoder für eine Sekunde und hat den Sound gespeichert. Der Wechsel zwischen den Speicherplätzen erfolgt dabei hinreichend schnell.
(Bild: Dieter Stork)
KLANG
Grundsätzlich klingt der Wizard vII voll überzeugend. Er liefert ein stimmiges, organisches und dynamisches Klangbild mit hoher Flexibilität. Der Clean-Kanal nimmt laut Leendert Haaksma Anleihen bei der Blackface-Ära von Fender. Hier liefert der Wizard vII einen klaren, kräftigen und zunächst unverzerrten Ton. Im Bassbereich ist der Sound aufgeräumt, während ein kleiner Bright-Kondensator ein gewisses Schimmern in den Höhen ergänzt.
Dank der regelbaren Vorverstärkung lässt sich Kanal 1 aber auch zum Crunch bewegen und per nicht regelbarem Boost nochmals auf Touren bringen. Hier erreicht man einen definierten Sound, der Vintage-Elemente in sich trägt, dynamisch auf die Spielweise und das Lautstärkepoti agiert und der sich in der Verzerrung durch eine gewisse Grobkörnigkeit auszeichnet. Bestechend vielfältig und geradlinig. Kurz: Dieser Kanal liefert ein Spektrum unverzerrter Klänge, sowie einen Crunch, der sich beispielsweise für den Blues- und Rock-Einsatz eignet.
Dazu fungiert der Wizard vII hier auch gut als Plattform für Pedale aller Art. Kanal 2 wartet ebenso wie Kanal 1 mit drei Gainstufen auf. Er liefert einen fülligen Crunch, der sich dank der effektiven Klangregelung flexibel ausgestalten lässt. Die Voicing-Optionen Fat und Edge sowie der ebenfalls zuschaltbare feste Boost erweitern die Klangvariabilität – von eher füllig bis definierter mittenbetont. Von Rock über Hardrock, Oldschool-Metal bis hin zum tragenden Solosound ist alles möglich.
Auch hier fällt der ausgewogene Sound mit seiner vollmundigen etwas groben Verzerrung auf, die ich eher dem Vintage-Lager zurechnen möchte. High Gain ist möglich, allerdings nicht in extremer Form. Laut Leendert Haaksma bestehen hier durchaus Parallelen zum Lead-Kanal des Captain. Ein Metal-Verstärker ist der Wizard vII nicht und will es auch gar nicht sein. Allerdings kann man hier mit einem passenden Pedal effektiv nachschärfen.
Mit dem Friedman Buxom Boost zum Beispiel lässt sich das Klangbild modernisieren, mit mehr Gain versehen und in eine deutlich straffere Richtung überführen. Der Verstärker reagiert erfreulicherweise deutlich auf Pickups, Poti-Stellungen und Spielweise. Auch wird schnell klar, dass neben den Kanälen und Voicing-Schaltern insbesondere auch verschiedene Equalizer-Einstellungen beachtliche Klangvariationen ermöglichen. Man sollte sich also nicht durch das aufgeräumte Bedienfeld täuschen lassen …
MEHRWERT LAUTSPRECHERSIMULATION
Mit 45 Röhrenwatt darf man den Wizard vII als bühnentauglich bezeichnen. Gleichzeitig darf man sich darüber freuen, dass der Verstärker auch bei Zimmerlautstärke erstklassig klingt. Es geht aber noch besser: Ein integrierter, schaltbarer Lastwiderstand ermöglicht es, den Verstärker sicher ohne Box zu betreiben. Dabei hat man die Möglichkeit, den XLR-Direktausgang für die Aufnahme, die Saalbeschallung und das Monitoring zu nutzen, wahlweise mit Line- oder Mikrofonpegel.
Die zugehörigen Lautsprechersimulation basiert auf Impulsantworten (200 ms, 32 Bit/44,1 kHz), von denen 15 als favorisierte Auswahl des Herstellers im Gerät abgelegt sind. Die Ergebnisse sind durchaus realistisch und erfüllen ihren Zwecke, wenngleich ich sie im Studio nicht gegen eine echte Mikrofonierung tauschen würde. Über die USB-Schnittstelle lassen sich die Dateien jederzeit am Rechner über eine kostenlose Win/Mac-Software austauschen.
(Bild: Dieter Stork)
Hier gibt es also jede Menge Potential zur Erweiterung. Speicherplatz 16 liefert eine ungefilterte Version des Verstärkerausgangs an den Direktausgang, um von externen Geräten oder Software bearbeitet werden zu können. Für jedes Preset lässt sich eine frei wählbare Impulsantwort zur Boxensimulation nutzen, die sich selbstverständlich parallel zum echten Lautsprecherausgang nutzen lässt.
Es ist somit möglich, ganz ohne Mikrofonierung auszukommen und in Windeseile schnelle Aufnahmen anzufertigenoder live mit konsistenten Ergebnissen zu arbeiten. Dazu kann man jedes Presets mit einer passendenvirtuellen Box versehen und daher auf den jeweiligen VerstärkerKlang abstimmen, was die Flexibilität nochmals erhöht. Eine vergleichbar flexible Lösung kenne ich bei Röhrenverstärkern bisher nur von Mesa/Boogie, wenngleich hier leider ein Kopfhörerausgang fehlt.
(Bild: Dieter Stork)
(Bild: Dieter Stork)
ZUR BOX
Die passende 1×12″ Lautsprecherbox ist eine wirkliche Überraschung. Die rückwärtig partiell geöffnete, leichte Konstruktion klingt druckvoll und ausgewogen – großartig! Und das keinesfalls nur in Kombination mit dem Wizard vII. Ich würde sie zu den besten Boxen ihrer Kategorie zählen. Und sie ist ebenfalls bestens verarbeitet. Die verbauten Lautsprecher sind dabei eher etwas dunkler als betont offen und höhenreich abgestimmt.
So ergibt sich eine kräftige warme Klangnote, die natürlich auch wesentlich den Verstärkerklang mitprägt. Zum Einsatz kommt ein Lautsprecher aus dem Hause Warehouse Speaker (WGS) mit 65 Watt Belastbarkeit, der durch den Hersteller eigens für Hook gefertigt wird. Die Box liefert ein erstaunlich kräftiges Bassfundament, einen ausgewogenen und gleichzeitig warmen Klangcharakter und ein herrlich räumliches Abstrahlverhalten.
Umgekehrt funktioniert der Wizard vII aber auch mit anderen Boxen. So erzielte ich in Kombination mit einer 4×12″ mit frontseitiger Bestückung mit Celestion G12H-100 einen straff definierten Sound, der bestens mit dem oben erwähnten Metal-Boost harmonierte.
(Bild: Dieter Stork)
MEHRWERT ÜBERBLENDUNG
Die MIDI-Implementation beschränkt sich zunächst auf Program-Change-Befehle, mit denen sich die Speicherplätze der beiden Bänke aufrufen lassen. Eine Adressierung der einzelnen Parameter über Control-Change-Befehle ist hingegen nicht vorgesehen, wie man das beispielsweise vom Mesa Boogie Triaxis v2 kennt. Dennoch gibt es eine spannende versteckte Funktion: zwischen gleichen Presets der A- und B-Bänke lässt sich über ein MIDI-fähiges Expression-Pedal mit Controller-Nummer 1 überblenden.
Das gelang im Test auf Anhieb mit einem Reflex von Source Audio. Vorteilhaft ist es dabei, wenn die Klänge auf ähnliche Grundparameter zurückgreifen, also gleiche Kanäle und Voicing-Schalter. Beim Morphing werden dann nur die kontinuierlichen motorisierten Regler und der Hallanteil langsam und ohne störende Sprünge im Klang mit allen Zwischenstufen überblendet. Großartig, denn so kann man seinem Soloeinsatz mit etwas mehr Gain, zusätzlichen Mitten und kleinem Hallanteil veredeln sowie die Ausgangslautstärke dezent anheben.
(Bild: Dieter Stork)
FAZIT
Hook hat mit dem Wizard vII und der passenden Box einen außerordentlichen spannenden Röhrenverstärker im Angebot. Dieser verbindet den Anspruch eines Boutique-Produktes mit modernen technischen Konzepten, darunter eine volle Speicherbarkeit, MIDI und eine Lautsprechersimulation auf Basis von Impulsantworten.
Klanglich deckt der Wizard vII dabei einen breiten Bereich zwischen amerikanisch geprägtem Clean und eher britischem RockTon ab, ohne dabei eine Replik zu sein. Aktuell beträgt die Lieferzeit für den Verstärker etwa acht Wochen und erfordert eine Anzahlung von circa 500 Euro. Dass der Hook Wizard vII kein Schnäppchen ist, versteht sich angesichts der aufwändigen Technik von selbst. Knapp 3.500 Euro legt man für das tolle Schmuckstück auf den Tisch.