Benton goes Boutique?

Test: Harley Benton BZ II NT Deluxe

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(Bild: Dieter Stork)

Wie viele Saiten dürfen’s denn sein? Vier? Sieben? Irgendwas dazwischen? Kein Problem, Harley Benton hat der BZ-Serie ein Facelift verpasst und bietet im wahrsten Sinne des Wortes viel Bass fürs Geld.

Mit schickem, geflammtem Ahorn, durchgehendem Hals und einem elegant geformten Korpus sind die Bässe aus der neuen BZ-Baureihe sehr ansehnlich. Wie üblich hält sich der Preis dabei in Grenzen. Insbesondere Sechs- und Siebensaiter finden sich in dieser Preisklasse eher selten. Ein Exemplar mit sieben Saiten durfte ich auf dem Guitar Summit 2023 bereits begutachten und war von diesem sogar positiv überrascht. Zum Test liegen mir nun die Varianten mit vier und sechs Saiten vor.

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SOLIDE BASIS

Allein die Holzauswahl bei diesen Instrumenten macht deutlich, dass man hier den Anschein eines Edelbasses erwecken möchte. Die aus Mahagoni und Esche geschichteten Korpusflügel sind mit einer Decke aus geflammtem Ahorn besetzt, wobei der durchgehende Ahornhals davon ausgenommen ist. Man will ja zeigen, was man hat.

Farblich passen die beiden dunklen Nyatoh-Streifen der Halskonstruktion wunderbar zum Mahagoni des Korpus, sodass ein stimmiges Gesamtbild entsteht. Ich persönlich bin kein großer Freund dieser „Streifenoptik“ bei Bässen, verstehe aber den Reiz daran, und zumindest konzeptionell sowie qualitativ habe ich an der Umsetzung nichts auszusetzen.

Sogar einen Matching-Head stock bringen die Bässe mit. Versiegelt sind sämtliche Holzteile mit einem Klarlack, in dem ich keine groben Fehler ausmachen kann. Bei genauerer Betrachtung kann ich am Sechssaiter ein paar kleinere Kratzer entdecken, die sich aber unproblematisch auspolieren lassen dürften. An der schnittig geformten Kopfplatte finden sich schwarze Kapselmechaniken in Standardausführung. Sie laufen angenehm und erfüllen problemlos ihre Funktion, wobei gerade der Sechssaiter sicherlich von Ultralight-Mechaniken profitieren würde.

Ein Hang zur Waagerechten lässt sich definitiv nicht leugnen, mit einem entsprechenden Gurt aber gut in den Griff bekommen. Beim viersaitigen Exemplar ist die Kopflastigkeit bedeutend weniger stark ausgeprägt und fällt selbst ohne Gurt nicht großartig auf. Wie auch die Mechaniken sind Brücke und Potiknöpfe in Schwarz ausgeführt und runden das Gesamtbild ab.

(Bild: Dieter Stork)

MEHR IST MEHR

Verstecken brauchen sich die Bässe also schon mal nicht, aber auch haptisch machen sie einiges her. Beide Exemplare liegen gut in der Hand und vermitteln ein wertiges Gefühl. Klar, wie ein 5000-Euro-Boutique-Instrument fühlen sie sich nicht an, aber das erwartet ja auch niemand, oder?

Die Bünde sind sauber verrundet und abgerichtet, sodass flache Saitenlagen möglich sind. Nicht ultraflach, dazu müsste die Bridge etwas im Korpus versenkt werden, jedoch tief genug, um mir Tapping mühelos zu ermöglichen. Gerade bei den Exemplaren mit erweitertem Tonumfang ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Dank großzügiger Cutaways steht auch Akkordspiel oder gelegentlichen Double-Stops in den höchsten Lagen nichts im Wege.

Während der Viersaiter mit guten dreieinhalb Kilo und einem Hals irgendwo zwischen Jazz Bass und Preci vergleichsweise agil ist, merkt man dem Sechssaiter mit 5 kg und einem breiten Hals das Mehr an Bass sehr deutlich an. Auch der Unterschied zwischen 34“- und 35“-Mensur macht sich im Vergleich bemerkbar. Insgesamt wirkt der Bass mit mehr Saiten sehr wuchtig.

Um ihn zumindest optisch etwas zu verschlanken, sind die verbauten Humbucker hier im schmaleren Soapbar-Format ausgeführt und nicht im EMG-Gehäuse, wie es beim Viersaiter der Fall ist. Dennoch, ein Ibanez SR306 (so viele Sechssaiter gibt es in der Preisklasse nicht als Alternative) kommt deutlich schlanker daher. Allerdings in jeglicher Hinsicht.

(Bild: Dieter Stork)

PRAXIS

Rein akustisch liefern die beiden Instrumente bereits einen definierten, klaren Sound mit reichlich Sustain. Zur Übertragung der Saitenschwingung an den Verstärker kommen zwei zweispulige Humbucker mit AlNiCo-Magneten der Firma Tesla zum Einsatz, die zusammen mit dem sonst zwar schmucklosen, aber mit Abschirmfarbe ausgepinselten E-Fach für einen surrfreien Betrieb sorgen.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Tonabnehmer seriell verdrahtet und alle Spulenenden im E-Fach leicht erreichbar sind. Bei Bedarf kann der Bass also auch unkompliziert auf parallelen oder Single-Coil-Betrieb umgerüstet werden. Out of the box liefern beide Bässe einen kernigen, leicht komprimierten Sound mit prägnantem Attack. Mitten kommen dabei aber keinesfalls zu kurz, tiefmittiges Knurren ist stets mit von der Partie.

Entfernt erinnert mich der Klang an Ken-Smith-Bässe. Zumindest unter Zuhilfenahme der Aktivelektronik, die durch das Hochziehen des Volume-Potis aktiviert werden kann. Weshalb die Belegung bei dieser Baureihe anders ist als bei quasi allen anderen Instrumenten, wo durch Hochziehen der passive Modus angewählt wird, wissen wohl nur Thomann bzw. Harley Benton selbst.

Da die Pickups mit einem Gleichstromwiderstand von etwa 9kΩ schon ziemlich hochohmig sind, haben die Kabelwege vom Bass zum Amp einen recht starken Einfluss auf den passiven Klang. Beim Umschalten von passiv auf aktiv ist ein deutlicher Zuwachs an Brillanz zu bemerken, selbst in Mittelstellung der Klangregelung. Die Elektronik selbst ist in dieser Einstellung weitestgehend klangneutral, tatsächlich senkt sie die Höhen sogar etwas ab, wohl um hochfrequentes Rauschen zu minimieren. Für meinen Geschmack passt der aktive Modus deutlich besser zu diesen modern ausgerichteten Instrumenten, gerade dem Sechssaiter steht das brillantere Klangbild sehr gut.

Akkorde, sowohl hoch gegriffen als auch in tieferen Lagen gespielt, können sich wunderbar entfalten und klingen klar und artikuliert. Im Direktvergleich klingt der Viersaiter dabei sogar noch etwas offener. Ursächlich hierfür dürften die Unterschiede in der Beschaffenheit der Pickups sein: Sowohl das Format als auch der Gleichstromwiderstand sind bei beiden Bässen leicht unterschiedlich. Gravierend sind die klanglichen Unterschiede zwar nicht, nichtsdestotrotz aber vorhanden und erwähnenswert.

Unterschiede in der Ansprache der beiden Bässe konnte ich hingegen nicht nennenswert ausmachen. Durch die insgesamt steife Konstruktion fallen die unterschiedlichen Schwungmassen der Instrumente wohl nicht mehr so stark ins Gewicht wie es etwa bei Instrumenten mit einteiligen Schraubhälsen der Fall wäre.

(Bild: Dieter Stork)

Bei all dem Geschwafel um die Konstruktion möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass mir beide Instrumente einfach wirklich Spaß bereiten. Slapping sowie Tapping klingen durchaus punchy und knackig, Fingerstyle resultiert in einem durchsetzungsfähigen, dezent aggressiven Ton. Ohne große Anpassung eignet sich der artikulierte, fast pianomäßige Sound wunderbar für die meisten moderneren Rock-, Metal- oder Fusion-Stücke. Dass diese kernigen und knackigen Sounds allerdings auch in eher poppiger Musik wirklich gut wirken können, kann man in TLCs „Waterfall“ sehr gut hören (der meines Wissens damals mit einem Ken Smith eingespielt worden ist).

Gerade der stegnahe Tonabnehmer liefert ein wahnsinnig knurriges Klangbild, dem allerdings eine dezente Anhebung der Bässe mittels Klangregelung sehr gut steht. Im Passivmodus liefert er die astreine Basis für nasalen Funk, im Aktivmodus für rotzige Rock-Sounds, insbesondere in Verbindung mit der dezenten Zerre eines heiß angefahrenen Verstärkers oder Drive-Pedals.

Halsseitig ist der Klang erwartungsgemäß bauchig und voller, allerdings immer noch kontrolliert und nicht schwammig. Selbst die H-Saite kommt hier noch direkt und artikuliert rüber. Für eine dezentere Fundamentlegung oder eher Vintage-orientierte Sounds, auch für eher klassischen Rock mit Plek, ist das der Pickup meiner Wahl.

Die meiste Zeit belasse ich den Balance-Regler allerdings in Mittelstellung und auch die Klangregelung nutze ich während meiner Tests meist nur homöopathisch: Für etwas mehr Drahtigkeit die Mitten dezent abgesenkt und Bässe sowie Höhen leicht angehoben oder Bässe und Mitten hoch für mehr Druck und Präsenz im Bandkontext. Da das Höhenband hier als Glocken-EQ ausgeführt ist, fügt eine Anhebung auch kein unnötiges Klirren im hochfrequenten Bereich hinzu. Mit gerade einmal ~0,65mA fällt der Strombedarf des Preamps erfreulich niedrig aus. Man könnte erwarten, dass dies auf Kosten eines erhöhten Grundrauschens geht, doch er verrichtet seine Arbeit angenehm unauffällig.

Preamp-Frequenzgang

RESÜMEE

Falls es nicht deutlich genug rüberkam: Mir gefällt die Neuauflage der BZ-Reihe ausgesprochen gut. Es sind bodenständige Instrumente mit guter Verarbeitung und knackigem Sound. Mit gut ausgelegten Mitten- und Höhenbändern der Elektronik ist auch ein gutes Maß an Flexibilität gegeben. Mit den etwas wuchtigeren Hälsen, gerade denen der „mehr-als-vier-Saiter“, sehe ich sie als sehr gute Alternative etwa zur BTB-Serie von Ibanez.

PLUS

● Verarbeitung
● Spielbarkeit
● Sound

MINUS

● Kopflastigkeit (Sechssaiter)
● Aktiv/passiv-Schalter „falsch“ herum

GUT ZU WISSEN

● deutlicher Unterschied zwischen aktiv/passiv
● alle vier Adern der Pickups zugänglich

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2024)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. „Klar, wie ein 5000-Euro-Boutique-Instrument fühlen sie sich nicht an“
    Die 4 1/2 Tausend € mehr „fühlt“ Manja auch, wenn man einen Bass/Gitarre auch nur hoch hebt ?. Die Einbildung/ der Glaube versetzen ja bekanntlich Berge.

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  2. Es sieht so aus als würden Test Magazine ausgewählte Exemplare bekommen. Ich hatte erst ein B-Stock Modell, augrund von optischen Verarbeitungsmängeln bei der Bundierung und rasselnder Brücke habe ich es zurück geschickt und den Bass als Neuware bestellt. Diesmal optisch in Ordnung aber wieder mit rasselnden Brückenreitern und krassem Saitenschnarren trotz eher hoher Saitenlage. War beim Gitarrenbauer, die Bundierung war unsauber und hätte nachgebessert werden müssen. Man spart also zumindest an der Qualitätskontrolle.

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