Knappe Kisten

Test: Greuter Moonlight Si & ToBias Bender Fuzz-Pedale

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(Bild: Dieter Stork)

Der Schweizer Tüftler Sascha Greuter erweitert sein Portfolio um zwei limitierte Fuzz-Pedale, die nicht nur mit ihrer Ausstattung überzeugen. Eines davon setzt sich obendrein für einen guten Zweck ein. Und natürlich sind beide Handmade in Zürich.

Die Hintergründe zu Greuters Effekt-Manufaktur dürften den meisten Lesern dieses Magazins bekannt sein, daher nur noch einmal ein paar Stichpunkte hierzu: Kleinserie, ausgewählte Komponenten, Liebe zum Detail – und der Chef macht fast alles selbst. Für diesen Test stellte uns Sascha seine beiden jüngsten Kreationen zur Verfügung, wodurch sich das Portfolio auf aktuell 15 Pedale erweitert.

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GENERELLES

Das Moonlight Si präsentiert sich als Silizium-Version und Weiterentwicklung des bereits bekannten Moonlight mit seinen Germanium-Transistoren und kommt in einem Gehäuse der Farbe „Hammerschlag Silber“, der ToBias Bender basiert auf der Schaltung des Tone Bender Mk2 und ist mit ausgewählten NOS-Germanium-Transistoren ausgestattet. Von ihm hat Sascha 25 Exemplare gebaut, vom Moonlight Si stehen 50 Stück zur Verfügung. Wer sich nach dem Lesen dieses Textes für das eine oder andere interessiert, sollte demnach nicht zu lange warten. Und noch eins vorweg: Mit dem Kauf des ToBias Benders tun Käufer auch etwas Gutes, denn 100 Euro kommen dem Frauenhaus in Frankenthal (in der Nähe von Mannheim) zugute. Namensgeber des Effekts ist Tobias Kern, ein langjähriger Weggefährte Greuters.

Die Pedale kommen ohne Plastik in der Verpackung, stattdessen sind sie in den Kartons in Stofftüten mit Greuter-Logo gewickelt. In Sachen Hardware präferiert es der Mann dahinter, die Buchsen sowohl für In- und Output wie auch die Stromzufuhr auf der Stirnseite zu platzieren, wodurch die Treter im Falle von Platzknappheit auf dem Board näher zusammenrücken können.

(Bild: Dieter Stork)

Apropos Strom: Beide Geräte lassen sich ausschließlich mit einem 9-Volt-Netzteil betrieben, eine Versorgung via Batterie ist nicht möglich. Typisch für Saschas Pedale sind auch die großen Potiknöpfe, die die Bedienung sehr angenehm machen. Noch viel entscheidender für den Einsatz jedoch ist, dass beide ein wesentliches Feature mitbringen, das sie deutlich flexibler macht als konventionellere Fuzz-Einheiten: Über ein Bias-Poti lässt sich beim Moonlight Si die entsprechende Einstellung des zweiten Transistors bzw. des dritten Transistors beim ToBias Bender regeln und damit der Klangcharakter weitreichend verändern.

AUSSTATTUNG

Das Bedienfeld des Moonlight Si entspricht zu vier Fünfteln der Standard-Version: Neben zwei großen Reglern für Fuzz und Output steht ein kleineres Poti für die erwähnte Bias-Verschiebung zu Diensten. Ein mittig dazwischen platzierter Minischalter bietet weitere Optionen zur Klangformung. Er sitzt vor den Verstärkungsstufen und beeinflusst in erster Linie die Basswiedergabe. Durch seine Position im Signalweg wirkt sich seine Stellung auch auf die Reaktion und das Verhalten des Fuzzsounds aus. Links tönt es fett, in der Mitte schlank und rechts rund.

Auf dem Pedal oben links arbeitet in diesem Fall, abweichend von der Standard-Germanium-Version, statt einem Input-Poti ein Tone-Regler. Das Moonlight Si soll laut Hersteller dynamisch auf den Anschlag reagieren, im Vergleich zur Germanium-Version wird es zudem als mittiger und durchsetzungsstärker beschrieben. Man mag es schon erahnen: Mit diesem Pedal lässt sich einiges anstellen.

(Bild: Dieter Stork)

Der ToBias Bender hat keine direkte Entsprechung im Programm von Greuter. Das Germanium-Fuzz in seinem bordeauxroten Gehäuse wird ebenfalls über je zwei große und kleinere Potis sowie einen Minischalter verwaltet, doch die erweiterten Möglichkeiten sind hier anders ausgelegt als beim Moonlight. Level und Fuzz wurden in diesem Fall in der oberen Reihe platziert, darunter sitzen der „ToBias“-Regler sowie ein auf den ersten Blick seltsames Poti mit vier Punkten auf der linken Seite. Hierbei handelt es sich um einen Vierweg-Drehschalter. Er stellt ein Quartett von Grundcharakteren zur Verfügung, die klanglich mitunter stark voneinander abweichen. Die Größe der Punkte könnte man dabei auch grob mit „Heftigkeit“ gleichsetzen.

Von unten nach oben: Stufe 1 liefert einen „schlanken, sehr mittig betonten Sound mit viel Präsenz und leicht reduziertem Gain“, das nächste Level kommt mit einem ähnlichen Charakter bei leicht gedämpften Höhen und etwas mehr Gain, die beiden größeren Punkte bieten „fette, volle Sounds“, zunächst mit reichlich Präsenz und erhöhtem Gain sowie in der maximalen Punktgröße mit leicht gedämpften Höhen und großzügigem Gain. Somit kann man das Pedal schon vorab ganz auf sein Equipment und den eigenen Geschmack anpassen, bevor es an das Feintuning geht. Über den Minischalter auf diesem Pedal lässt sich der Bias-Regler an- oder ausschalten. Zwischenfazit: Beide sind nicht nur üppig, sondern auch individuell ausgestattet.

Praxistest und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

IM EINSATZ

Packt man die Pedale auf das Board, wird schnell offensichtlich, dass das Finish des Moonlight Si alles andere als eine Augenweide ist. Silber und weiß auf grau – da bleibt selbst bei gutem Licht nicht viel Sicht, wenn man dem Adleraugenalter entwachsen ist. Es wäre daher wünschenswert, wenn Sascha für seine nächste Auflage eine andere Farbkombination ins Auge fassen würde. Beim Bender sieht das natürlich um einiges besser aus, auch wenn die Potis hier ebenfalls nicht vollumfänglich komfortabel abzulesen sind. Aber das ist auch, um es schon mal vorwegzunehmen, das einzige subjektive Manko, das man den Pedalen ankreiden kann. Wechselt man vom Auge zum Ohr, steht die pure Freude im Vordergrund. Schon vor einem cleanen Amp, eigentlich nicht unbedingt das Haupteinsatzgebiet eines Fuzz-Pedals, liefert das Moonlight Si als erstes in der Testreihe eine Vielzahl überzeugender Sounds.

Zwei Dinge fallen dabei auf: Zunächst hat das Pedal reichlich Lautstärkereserven. Dazu kommt der erfreuliche Umstand, dass der Fuzz-Regler auf dem letzten Viertel noch einmal deutlich verstärkte Zerrmengen zur Verfügung stellt. Vor allem vor einem cleanen Amp tönt es hier besonders gut. Beim Moonlight ist also der gesamte Gain-Weg musikalisch nutzbar. Das hat man bei Fuzz-Pedalen auch schon anders erleben müssen. Auch der Tone-Regler ist ein sehr hilfreiches Feature. Noch interessanter wird es natürlich, wenn man zunächst den „Sound“-Schalter und dann den Bias-Regler mit ins Spiel bringt. Ersterer stellt verschiedene Grundcharaktere zur Verfügung, der zweite Helfer verwaltet ein großes Spektrum vom bröselig-bröckelnden Fuzz bis zu einem gegateten Ton, der je nach Setting auch an einen Mini Moog oder Ähnliches erinnert. Dazwischen liegen jede Menge Feinheiten, sodass sich der Wunschton mit ziemlicher Sicherheit irgendwo auf der Skala realisieren lässt – und das mit einem gerüttelt Maß an Dynamik.

Sehr überzeugend! Im Betrieb vor einem angezerrten Sound, in diesem Fall mit einem Xotic SL Drive sowie einem Rodenberg BL 800 Pedal erzeugt, geht die Sonne dann noch mal weiter auf. Natürlich muss man dabei etwas mit den jeweiligen Gain-Mengen herumspielen, damit es nicht zu viel des Guten wird, aber abgesehen davon überwiegt hier der pure Spielspaß. Auch hier greifen sowohl der Mini-Switch als auch der Bias-Regler massiv ins Geschehen ein. Insgesamt kann das Moonlight Si mit seiner Flexibilität, seinen Möglichkeiten und natürlich seiner Soundqualität rundum überzeugen.

Das meiste des gerade Geschriebenen gilt fast deckungsgleich für den ToBias Bender, auch wenn der Bias-Regler hier anders zugreift – mit zunehmendem Dreh reicht das Spektrum dabei von kantig hin zu rund. Sehr hilfreich und praxisnah ist dabei der große Bender-Drehschalter. Über ihn lassen sich schnell und komfortabel Soundcharaktere abrufen – man kann etwa „eine Stufe runterschalten“, wenn einem der Ton mit einem verzerrten Amp oder Pedal zu fett vorkommt. Hoffentlich wird aus diesem Konzept bald ein Serienprodukt. Im direkten Vergleich mit dem Moonlight Si kommt der Tone Bender, wenig überraschend, etwas runder und weniger bissig daher. Welches Pedal man präferiert, hängt vor allem vom persönlichen Geschmack ab, denn beide konnten beim Test auf breiter Front überzeugen.

RESÜMEE

Wer ein Fuzz-Pedal abseits des großen Flusses sucht, sollte die beiden Probanden unbedingt anspielen. Sie sind für ihre Gerätegattung äußerst flexibel und liefern neben vielen tollen Sounds auch jede Menge Spielspaß. Handarbeit und Kleinserie bedeutet zwar immer auch eine höhere Zahl auf dem Preisschild, dafür bieten Saschas jüngste Kreationen aber auch einen hohen Gegenwert.

PLUS

  • sehr variable Fuzzsounds
  • Soundqualität
  • Ausstattung
  • Bedienkonzept ToBias Bender

MINUS

  • Ablesbarkeit Moonlight Si


(erschienen in Gitarre & Bass 04/2024)

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