Zwei Kurze, bitte!

Test: G&L Tribute Fallout Bass

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(Bild: Dieter Stork)

Es musste ja so kommen: Erst zündet G&L den Kiloton, und jetzt müssen wir mit dem Fallout leben. Wenn der Fallout sich dabei aber als charmanter Kurzmensurer entpuppt, ist das vielleicht gar nicht so schlimm, wie man sich das im Kalten Krieg immer vorgestellt hat …

… und jetzt, das verspreche ich, ist es auch genug mit der martialischen Rhetorik. Statt einfach den Kiloton zu schrumpfen, ist beim Entwurf eines Shortscale-Basses stattdessen eher ein Mini-L-1000 entstanden.

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KURZ …

Beiden Fallouts gemein ist der Body aus Basswood aka Linde und der schlanke, C-förmige Hals aus mattlackiertem Ahorn. Der Bass in Jet Black kombiniert das mit einem Schlagbrett aus schickem dreilagigen Tortoise, dessen Schwung mich an alte Silvertones/Corals/Danelectros erinnert und dem Bass einen schönen Retro-Touch gibt. Das Griffbrett ist aus geröstetem Jatoba in Palisander-Optik, während der Fallout in Surf Green mit aufgeleimtem Ahorn und dreilagig weißem Pickguard daherkommt. Dots in den Flanken und im Fretboard geben die nötige Orientierung bei gerade mal 19 bestens abgerichteten und abgerundeten Bünden – nix für Artisten in den hohen Lagen also!

(Bild: Dieter Stork)

Der Pickup ist natürlich der G&L-eigene MFD-Humbucker, der auch bei den Tribute-Modellen aus den USA kommt. Geregelt wird mit Volume und Tone, ein Dreiweg-Minischalter variiert den Grund-Sound. Ein Blick unter das Schlagbrett zeigt etwas lange Kabelwege und eine sehr einfache Buchse, sonst aber saubere Verarbeitung. Ebenfalls G&L-eigen ist die Brücke mit der massiven Einfassung, bei der die Saitenreiter nach erfolgter Justierung in Saitenlage und Oktave per Madenschraube fixiert werden können. Bei den Mechaniken handelt es sich um generische Schaller-Kopien, die in ihrer Gängigkeit verstellbar sind. Der Gurt findet seinen Halt an konventionellen, mit Filz unterlegten Gurtknöpfen.

G&L-Saddle-Lock-Brücke (Bild: Dieter Stork)

… ABER OMG

Umgehängt benehmen sich beide Bässe exakt gleich. So kompakt sie sind, das Gewicht ist mit 4,2 kg (Jet Black) resp. 4,1 kg (Surf Green) im normalen Bereich für ausgewachsene Viersaiter. Auch wenn die Shapings nicht wahnsinnig ausgeprägt sind, liegen sie gut und stabil am Körper an, wobei sie trotz des kürzeren Halses nicht wenig kopflastig sind. Das ist aber mit einem guten Gurt und/ oder Abstützen auf dem Korpus beherrschbar. Da die Mechaniken konkave Wickelachsen haben, ist es gar nicht so leicht, den nötigen Druck auf den Sattel zu bekommen. Da haben die auf den US-Originalen verbauten die Nase vorn, die die Saiten zuverlässig nach unten zur Kopfplatte wickeln. Bei D und G sorgt der Niederhalter für korrekte Verhältnisse, beim Surf Green rasselt die E-Saite aber leicht im Sattel. Müsste nur mal eben nachgefeilt werden, was beiden Sätteln eh gut täte, die Kerben können noch ein wenig tiefer, was die Bespielbarkeit in den unteren Lagen erleichtern würde.

Klassischer Halsübergang (Bild: Dieter Stork)

In den oberen gibt es nichts zu erleichtern, da komme ich überall entspannt hin. Dabei sind die Wege übers Griffbrett kurz und entspannt, ganz wie ich das bei einem Shortscale erwarte. Unerwartet ist dagegen der Sound … Hier mein Tip zum Auffüllen der Getränkevorräte für den Proberaum: Wettet mit der Band aus dem Nebenraum um einen Kasten Getränke eurer Wahl, dass sie es nicht schaffen, den kurzen Fallout unter normalen Longscales rauszuhören! Ich bin echt verblüfft, beide haben eine souveräne tiefe E-Saite, die auch trocken gespielt nicht abfällt, und nichts von der Pappigkeit hat, die den Kurzen oft anhaftet. Dafür schon mal: Hut ab! So geht’s dann am Verstärker auch direkt weiter. Der MFD-Pickup ist ja nun seit Jahrzehnten auf G&L-Bässen bewährt. Mit seinen drei Befestigungsschrauben und den zwei per Inbus justierbaren Polepieces je Saite ist es ein Kinderspiel, ihn perfekt in Höhe und Neigung einzustellen und der Griffbrettwölbung anzupassen.

Passiver MFD-Humbucker (Bild: Dieter Stork)

War ab Werk nicht zwingend nötig, aber beide Pickups lagen etwas tief im Body und die Pole alle mehr oder minder auf der gleichen Höhe. Nach Justage klingt es gleich nochmal besser, nämlich so: Mit dem Minischalter in Mittelstellung rufe ich erstmal die stegnahe Einzelspule ab. Das klingt amtlich. Trockene Tiefen entfalten sich, angenehme präsente Höhen, und tragfähige Mitten, ohne dass dem Ton die Puste wegbleibt, wenn ich härter anschlage, wie das sonst bei Pickups mit einem Pol pro Saite schon mal passiert. Das leichte Singlecoil-Brummen verschwindet mit dem Schalter zum Hals hin völlig. Der Sound wird feiner, brillant-lispelnde Höhen treten in den Vordergrund, die einen nach der Batterie suchen lassen. Weder die Bauart des Pickups noch seine Position sind identisch (vom fehlenden aktiven Preamp/EQ ganz zu schweigen), und trotzdem lässt sich eine gewisse Verwandtschaft zum Stingray, dem Topseller von Leos Firma vor G&L, nicht leugnen. Wirklich erstaunlich!

Vor allem diese Einstellung macht Spaß beim Daumendengeln, einen so satten Slapton mit feinem Snap hört man von Shorties selten. Der Hals trägt das seine zum fetten Slap-Klick bei. Die serielle Verschaltung mit dem Minischalter zum Steg wartet mit einem Schaltungskniff auf, den schon die alten L-1000 hatten. Parallel zur Serienschaltung werden nämlich der Halsspule per Kondensator die Höhen gekappt. Ergebnis ist ein in den Bässen und Tiefmitten gefühlt geboosteter mächtiger Ton, der trotzdem über die Stegspule noch genug Höhen hat. Das Resultat fand G&L so überzeugend, dass sie es den OMG-Mode genannt haben – kann ich nachvollziehen! Das drückt und rockt, dass es eine Freude ist, von irgendwelchen Abstrichen aufgrund kürzerer Mensur ist nichts zu hören.

Offensichtlich stehen dem Instrument die D’Addario-Saiten (EXL170S, 45-100) ganz exzellent. Etwas brummt es auch hier, weniger als im reinen Singlecoil-Betrieb, da die Spulen keinen perfekten Humbucker mehr ergeben, was aber angesichts des Sounds verschmerzbar ist. Wenn ich die ganze Zeit von einem Sound rede, liegt das daran, dass die beiden praktisch identisch klingen. Der schwarze hat trocken gespielt wie am Verstärker einen Hauch mehr tiefe Mitten, der andere ist jedoch mit nur einem winzigen Dreh an der Klangregelung nicht mehr davon zu unterscheiden. Lobend erwähnen muss ich auch noch den Tonregler, der mit allen Pickup-Einstellungen leicht unterschiedlich, aber immer musikalisch arbeitet und gerne über den gesamten Regelweg eingesetzt werden darf, wodurch der Bass variabler wird, als man es bei dem einsamen Tonabnehmer zunächst vermuten würde.

Vergleich mit Longscale-Mensur (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Da kommt richtig Freude auf! Die Fallout-Bässe sind dank kurzer Mensur, angenehmer Halsform und akkurater Bundierung bei normalem Stringspacing unglaublich locker zu bespielen. Also alle typischen Vorteile, die diese Bauform mit sich bringt – aber ohne Nachteile! Alle Saiten sind gleichmäßig da, der Ton ist stabil bis zur leeren E-Saite und mit normalen Longscales auf Augenhöhe. Oder besser Ohrenhöhe? Dazu das schicke 50s/60s-Styling, die saubere Verarbeitung, da ist es egal, ob man damit den Nachwuchs oder sich selbst glücklich macht. Als Erstbass oder als Erweiterung des eigenen tonalen Arsenals – mit einem der G&L-Tribute-Fallout-Bässe macht man definitiv nichts falsch.

PLUS

  • Optik
  • Bespielbarkeit
  • Sound

MINUS

  • Kopflastigkeit

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2021)

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