Surfbrett
Test: G&L Tribute Doheny
von Heinz Rebellius, Artikel aus dem Archiv
ALTERNATIVEN
Dampft man das Profil der Tribute Doheny auf seine Kerneigenschaften ein – Jazzmaster-like Design, JM-type Pickups, Zweipunkt-Vibratosystem und eine Preisklasse rund um € 750,–, dann stellt der Markt meines Wissens nach keine wirkliche Alternative bereit. Ähnliche Designs gibt es natürlich reichlich, aber entweder sind dies sklavische Jazzmaster-Kopien, die es in allen Preislagen gibt, oder aber teure Pretiosen kleinerer Firmen und Gitarrenbauer.
Von ihren Features her ist die Squier Affinity Jazzmaster, eine einfache JM-Kopie mit Zweipunkt-Vibratosystem, sehr nahe dran, hinkt aber in ihrer Qualität und im Preis (ca. € 230) dann einer Tribute Doheny doch etwas hinterher.
Werfen wir lieber einen kurzen Blick auf die amerikanische Doheny-Palette, auch wenn da preislich eine saftige Lücke klafft. Immerhin ist die Auswahl üppig. Wir haben da z. B. die Fullerton Deluxe Doheny Series, ausgestattet wie die Tribute Doheny, aber mit Erle-Korpus, zu einem UVP von € 2419. Die CLF Research Doheny V12 lässt die alten G&L-Zeiten aufleben, u. a. mit Bodies aus Erle oder Esche, zwei Humbuckern, Crinkle Pickguard und old-style Knöpfen und großer Kopfplatte, für einen UVP ab € 2719.
Abgesehen davon gibt es das Build-To-Order-Programm, bei dem man sich selbst die Features seiner Wunsch-Doheny auf Grundlage eines Basis-Modells zusammenstellen und mit teils aufpreispflichtigen Optionen versehen kann. Zudem gibt es den Custom Shop, der auch Nitro Finishes und Aging in verschiedenen Stufen und über die Build-To-Order-Optionen weitergehende Möglichkeiten bietet. Build-To-Order gilt natürlich für alle amerikanischen G&L-Modelle.
Detaillierte Infos bitte unter www.glguitars.com einsehen.
RESÜMEE
Eigentlich sollte man eine G&L Doheny nicht mit einer Fender Jazzmaster vergleichen, denn sie spielt in einer anderen Liga. Nicht besser, nicht schlechter, nur anders. Aber da vermutet werden darf, dass die hauptsächliche Klientel, die sich für eine Doheny interessiert, aus der Jazzmaster-Ecke kommen wird, können ein paar Seitenblicke zum Fender-Klassiker hilfreich für eine Standortbestimmung sein.
Die G&L-Surferin geht mit ihrem Design, aber auch mit ihren satten und offenen Singlecoil-Sounds zwar in die Richtung der Jazzmaster, kommt aber klanglich mit deutlich mehr Schmackes und Wumms daher, um es mal so lapidar auszudrücken. Ihr Ton hat durch das schnelle Attack-Verhalten und das Zweipunkt-Vibratosystem eine festere Qualität als der einer Jazzmaster und natürlich auch nicht die Vor- und Nachteile der „long travel“-Saiten-Konstruktion des floating Vibratosystems von Fender.
Bei dem legen ja die Saiten hinter der Brücke noch reichlich Strecke zurück, ehe sie im System verankert werden, bei der Doheny sind die Saiten dagegen direkt in der Vibrato-Grundplatte verankert, wie z. B. bei einer Strat auch. Jazzmaster-Puristen wollen natürlich auf die Nebengeräusche der Saiten hinter der Brücke und den Einfluss der längeren Saitenstrecke auf die Obertonstruktur nicht verzichten, und ebenso nicht auf dieses schwammige, typische JM-Spielgefühl; sie würden von einer Doheny in der hier vorgefundenen Qualität schlicht und einfach überrollt werden. Dann kann zu viel von Allem auch mal zu viel sein.
Wer jedoch mit einem stylish aussehenden Surfbrett zeitgenössischer, direkter, lauter und schillernder klingen möchte, der ist mit der Tribute Doheny besser bedient. Erschwerend hinzu kommt eine blitzsaubere Verarbeitung, ein sehr gut funktionierendes Zweipunkt-Vibratosystem und eine hervorragende Spielbarkeit – insgesamt liefert die Tribute Doheny, in der ganz viel Leo, aber auch ganz viel G&L steckt, eine richtig starke Performance ab.
PLUS
● Spielbarkeit
● Sounds
● Pickups
● Vibratosystem
● Verarbeitung
● Preis/Leistung
MINUS
● Regelweg PTB-System
(erschienen in Gitarre & Bass 05/2023)
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Ganz schön schwer für eine Pappel-Gitarre und auch ganz schön teuer für eine Pappel- Gitarre aus Indonesien. Na ja, ist ja UVP.