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Test: Friedman Buxom Betty Combo

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Friedman Buxom Betty Combo

Friedman surft auf der Erfolgswelle. Die Marke besetzt unter den Amp-Herstellern weltweit schon länger einen der Spitzenplätze. Mit Fug und Recht, denn die Produkte setzen zumindest derzeit qualitativ Maßstäbe, an denen sich andere messen lassen müssen. Klassische Technik maximal optimiert, so könnte man das Credo des Programms auf eine Kurzformel gebracht beschreiben. Buxom Betty führt das mit Purismus vor.

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alte werte

Ich nenne mal ein paar Eckdaten. Class-AB-Gegentaktendstufe mit zwei EL34, dazu drei 12AX7, ein Kanal, Volume-Poti plus Dreibandklangregelung, Presence, aber kein Master-Volume. Hinten offenes Koffergehäuse, darin ein 12″-Speaker. Nicht wahr, wer sich ein bisschen für Vintage-Amps interessiert, muss doch sofort dieselbe Assoziation haben wie ich: JTM45, Marshall … Bluesbreaker! Ja, ohne Vibratosektion, dafür serviert uns Buxom Betty einen Federhall-Effekt. Und einen Bright-Switch. So, und das war‘s dann aber. Oh, eine bedeutsame Information fehlt noch. Damit alles Kommende im richtigen Licht steht: die edle Schlichtheit kostet knapp € 3000. Satte Ansage, da muss uns der Combo aber wirklich exzeptionell bedienen, nicht wahr?!

Im optischen Eindruck, der Verarbeitung am Gehäuse, dem Aufbau der Elektronik und der Qualität der Komponenten macht er das schon einmal überzeugend. Top. Meine respektvolle Anerkennung für den Tolex-Job, insbesondere die Gehäuseecken sind geradezu vorbildlich im Finish. Das Amp-Chassis – aus Aluminium, fast schon Standard in der Boutique Szene – hängt wie beim Marshall-Bluesbreaker an der Rückwand, die darob sinnigerweise mit M-Schrauben, die in Einschlaggewinde fassen, befestigt ist. So macht man das, wenn es absolut solide sein soll (Bluesbreaker-Besitzer rüsten das nach ein paar Mal Aus-/Einbau nach ;-).

Dann der Blick ins Allerheiligste. Na klar, Handarbeit, wir sehen eine große PTP-Platine, bestückt mit den klassenüblichen Bauteilen. Die peripheren Komponenten inklusive der (gar nicht so teuren) Trafos von Herboer/USA schlagen auch nicht aus der Art. Alles so wie es sein soll und man es erwarten darf. Plus der Besonderheit, dass die 12AX7 mit Gleichspannung geheizt werden, was Brummanteile reduziert und die Signalgüte zu optimieren hilft.

Für die Integration des Halleffekts nutzt Friedman übrigens V2, die zweite 12AX7, die frei war/wurde, weil auf einen Kanal des JTM45 verzichtet wurde. Das Federsystem liegt gut verpackt im Boden des Combos, eine dickes, sehr gut abgeschirmtes Zwillingskabel führt die Signale hin und zurück. Hinsichtlich des Lautsprechers bleibt Buxom Betty arttypisch. Es ist ein G12 M-65 von Celestion aus der großen Familie der Green-/Creamback-Speaker verbaut. Der ist wahrlich ein Segen, weil er bei hoher Belastbarkeit den traditionellen Sound exquisit reproduziert (vgl. auch G12 H-75 Creamback).

Ich konnte es natürlich nicht lassen und habe mir die Platine ganz genau angesehen. Mit aufschlussreichen Erkenntnissen. Die Endstufe folgt 1:1 dem Schaltplan des JTM-45. Vorne, am Eingang sieht das anders aus. Die ersten beiden Verstärkungsstufen entsprechen dem Fender-Blackface-Vibrato-Kanal des Twin Reverb oder des Super Reverb. Zwischen den beiden Trioden liegt bei Fender die Klangregelung. Hier nicht. Sie ist dahinter angeordnet, gleicht in den Werten dem JTM45 und hängt, anders als beim Marshall, nicht an der Kathode, sondern an der Anode.

Damit wird jetzt nicht jeder Leser etwas anfangen können, der Exkurs erklärt aber anschaulich, was Friedman Amplification meint, wenn es in der Beschreibung heißt: „Buxom Betty brings together British and American tone“.

Friedman Buxom Betty
Pur vintage, keine Extras (Bild: Dieter Stork)

uk trifft usa

Bumm! Gleich das erste laut gespielte G-Dur macht eine klare Ansage. Selten so einen groß und ausgewogen kraftvoll klingenden 1×12-Combo gehört. Während daran natürlich auch das voluminöse Gehäuse gewichtigen Anteil hat, bestätigt sich wieder einmal der Nimbus des JTM45. Von Clean bis tief in den Overdrive hinein glänzt Buxom Betty mit Klarheit, sehr differenzierter Detail-Darstellung und plastischer Tiefe. Dafür gibt es nur ein Wort: Spitzenklasse. Okay, es sind da andere (Boutique-) Hersteller, die ebenfalls hochklassige JTM45-Derivate offerieren, Buxom Betty ist allerdings mit originalgetreuen Reissues des Ur-Marshalls nicht unmittelbar vergleichbar, das zeigt sich deutlich.

Womit wir beim Kernthema „Atlantik-überschreitendes“ Tonspektrum sind. Friedman verspricht „American cleans all the way to vintage British crunch by merely by turning up the amp’s volume knob“, also eine Sound-Reise zwischen den Kontinenten allein durch das Bedienen des Volume-Potis. Yepp einverstanden, was sich gewagt liest, wird tatsächlich Realität.

Im Clean-Bereich serviert Buxom Betty einen speziellen Charakter, nuanciert eine eigentümliche Wärme, das Höhen-/Mitten-Spektrum zeigt einen eher weichen Glanz. Diese Attitüde wird dadurch abgerundet und attraktiv, dass die Ansprache, die Reaktion auf den Attack bei aller Stabilität JTM45-untypisch eine spürbar höhere, vermutlich von vielen als angenehmer empfundene Nachgiebigkeit entwickelt.

Das alles bleibt erhalten, wenn der Combo in den Overdrive übergeht. Organisch, d. h. in fließenden Übergängen und feingliedrig schummeln sich die Sättigungsverfärbungen in das Klangbild. Und verdichten sich in Richtung Vollaussteuerung ganz und gar homogen. Kommt das Volume-Poti in das letzte Drittel des Regelwegs, ist eine satte Crunch-Ebene erreicht, die auch Solo-Linien/Einzelnoten trägt. Britisch, wie in Aussicht gestellt? Ja, kann man so sagen, wenngleich im Höreindruck doch subtil weicher als ein JTM45 und in den Bässen aufgeräumter (weniger Intermodulationen).

Wie das geht, aus USA wird UK? Die Erklärung ist einfach: Die Verzerrungen entstehen bevorzugt in der Endstufe bzw. vor allem in der Phasentreiberstufe. Folgerichtig koloriert sich der Sound-Charakter sukzessive entsprechend, je lauter man Buxom Betty aufdreht.

In Sachen Sättigung noch ein Hinweis. Nicht nur Singlecoil-Gitarren mit geringem Ausgangspegel freuen sich über einen Booster vor dem Amp, damit überhaupt intensivere Distortion-Ebenen erreicht werden können. Wie vom JTM45 gewohnt, entwickelt sich wenig Kompression, das Klangbild bleibt dynamisch, liefert dem Spieler/Instrument nur verhalten Sustain-Unterstützung. Ist so, muss so, das gehört ganz einfach zu dieser Retro-Ikone.

Zwangsläufig gegeben ist auch, da brauchen wir nicht drumherum zu reden, ein Handhabungsproblem, das sich Lautstärke nennt. Sollte der gewünschte Arbeitspunkt (Clean, Hairy, Overdrive, Full-Crunch) gerade genau in den Sound-Pegel der Band hinein passen, wunderbar – durchaus möglich, denn der Combo wird nicht so irre laut. Falls nicht, gut möglich bei höheren Volume-Stellungen, ist man aufgeschmissen. Ein Powersoak als Lösung … gut wenn man einen zur Verfügung hat.

Grundsätzlich wäre besser gewesen – Purismus hin, Purismus her – Friedman hätte sich für die Integration eines Master-Volumes hinter dem Phasen-Inverter entschieden (PPIMV). Und als Minimial-Extra für einen Line Out zum Ansteuern externer (FX-) Geräte. Beides lässt sich mit wenigen Bauteilen problemlos nachrüsten, verursacht aber eben Zusatzkosten.

Unterstützt von den zwei unterschiedlich intensiven Bright-Anhebungen erreicht die Klangregelung einen sehr respektablen Aktionsradius. Somit erweist sich der Combo im Sound als ziemlich variabel. Bleibt nur noch zu klären, wie sich der Reverb-Effekt in das Konzept einfügt. Na ja, wie soll es anders sein, Buxom Betty gibt sich auch an dieser Stelle kein Blöße. Frisch und transparent, aber nicht zu viel Glanz, günstige mittlere Ausklingzeit. Objektiv betrachtet eine Bereicherung. Ein Fußschalter samt langem Kabel gehört zum Lieferumfang. Leider leuchtet dessen Status-LED eher schummrig denn hell.

Das letzte Wort gilt dem Thema Lautsprecher. Selbst schärfer klingende Speaker (z. B. Vintage 30) sind dem Amp kongeniale Partner. Ich muss aber sagen, dass das Komplettpaket „Combo“ eine eigene, sehr charakterstarke Aura entwickelt, die durchaus ein gewichtiger Grund sein kann, ihm – gegenüber der Kombination Amp&Cab – den Vorzug zu geben.

Friedman Buxom Betty
Qualitativ sehr hochwertiger Aufbau (Bild: Dieter Stork)

alternativen

Es kann natürlich sein, dass im Boutique-Dschungel irgendwo doch noch ein konstruktiv und tonal ähnliches Konzept verwirklicht ist. Ich glaube es aber nicht, nach meinem derzeitigen Kenntnisstand. Also müssen wir konstatieren: Alternativen zum Buxom-Betty-Combo (und ebenso zum Amp-Head) sind nicht in Sicht.

resümee

Fender-BF-Preamp, JTM-45-Endstufe, die Idee dies zu kombinieren, hat Friedman Amplification in jeder Hinsicht konsequent umgesetzt. Was primär zählt, ist natürlich die exquisite Tonformung, die in der Combo-Version durch einen eigenen Charme an Reiz dazu gewinnt. Auch Substanz und Verarbeitung liegen auf höchstem Niveau. Das als Luxus nicht mehr als der wohl klingende Federhall vorhanden ist, ist dem Purismus im Konzept geschuldet. Insofern können die daraus resultierenden negativen Aspekte (kein Master-Volume, kein Line-Out) in der Endabrechnung nicht in die Waagschale geworfen werden.

Fazit: € 3000 sind auf den ersten Blick eine Menge Geld für ein konstruktiv letztlich wenig spektakuläres Produkt. Man muss aber bedenken, dass hier Handarbeit aus einem westlichen Industrieland zugrunde liegt. Ist man bereit dies reinzurechnen, relativiert sich der Preis zum Positiven. Und seien wir mal ehrlich, billig aus Asien kann man so einen Vintage-Sound-Ferrari gar nicht erst bekommen.

PLUS
• exzellenter Sound, prägnanter Charakter, hohe Variabilität
• Dynamik, Ansprache sehr obertonfreundlich
• betont harmonisches Zerrverhalten
• warmer Hall
• geringe Nebengeräusche
• sehr gute Verarbeitung, Qualität d. Bauteile
MINUS
• schwaches Licht der Status-LED im Schaltpedal

Friedman Buxom Betty


Hinweise zu den Soundfiles

Für die Aufnahmen kamen zwei Kondensatormikrofone mit Großflächen-membran zum Einsatz, ein AM11 von Groove-Tubes/Alesis und ein C414 von AKG, beide nahe platziert vor dem Speaker des Combo.

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor und EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt und abgemischt. Das Plug-In „Platinum-Reverb“ steuert die Raumsimulationen bei.

Die Instrumente sind eine Fender-CS-Relic-Strat-1956 (m. JB-Humbucker v. Seymour Duncan am Steg) und eine Steinberger GL4T.

Clip 8 präsentiert mein Referenz-Riff“ (RefRiff), das ich mit jedem Test-Amp/-Distortion-Pedal einspiele, damit man den Charakter (die Verzerrungen selbst sind hier gemeint, nicht die Frequenzkurve) der von uns getesteten Produkte quasi auf einer neutralen Ebene vergleichen kann.

Im Clip 9 hören wir Buxom Bettys integrierten „tube driven“ Federhall.









Fragen, Anregungen  und  ja, auch Kritik sind wie stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de.  Es klappt nicht immer,  aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.

Text + Musik: Ebo Wagner (GEMA)

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2019)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Frage: Was wird mit dem Fußschalter eigentlich betätigt?

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Hallo Oliver,
      das ist ein Schaltpedal für den Reverb-Status.
      Grüße aus der Redaktion!

      Auf diesen Kommentar antworten

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