Test: Framus Teambuilt Artist Series William DuVall Talisman
von Michael Dommers,
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(Bild: Dieter Stork)
Framus kann auf ein beachtliches Lineup von Endorsern blicken. Da geben sich nationale wie internationale Größen des Musik-Business förmlich die Klinke in die Hand.
Der Erfolg kommt nicht von ungefähr, denn erfrischend neue Gitarren-Designs (speziell in den letzten Jahren), atemberaubende Hölzer und Finishes, interessante Custom-Optionen, clevere Detaillösungen und nicht zuletzt ein enorm hohes Verarbeitungsniveau haben den deutschen Traditionshersteller zum Global Player wachsen lassen.
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Neu unter den Framus-Endorsern ist Alice-In-Chains-Sänger und -Gitarrist William DuVall, der seit 2006 die Grunge-Rocker aus Seattle verstärkt. Von seiner Signature-Gitarre Talisman, für die Framus ein eigenes Korpus-Design entwickelt hat, sind vier Varianten erhältlich, und zwar ein Teambuilt-, ein Master-Built- und zwei Custom-Shop-Modelle. Für diesen Test haben wir das preisgünstigste auserkoren.
Zutaten
Für die Korpusbasis findet Mahagoni Verwendung. Ob ein- oder mehrteilig ist unter der braunen Transparentlackierung selbst bei kritischstem Blick nicht auszumachen. Gemäß dem Grundsatz „In dubio pro reo“ vermute ich jedoch einen Einteiler.
Diesen krönt eine etwa 14 mm dicke bookmatched AA-Riegelahorndecke, die, wie der Boden, zu den Kanten hin stark abfällt. Auf diese Weise bleiben schmale Zargen übrig, die dem Korpus eine angenehme Ergonomie verleihen und damit hohen Tragekomfort bieten.
Entsprechend klein bemessen ist auch das stabile Zargenblech der stramm packenden Rohrklinkenbuchse. Die Body-Silhouette mündet in einer angedeuteten Spitze genau dort, wo einer der beiden Warwick Security Locks montiert wurde.
Ein eingelegter überlackierter Abalone-Streifen lockert die Decke optisch auf und verleiht der Talisman eine gewisse Eleganz. Das perfekt ausgeführte und spiegelglatt polierte transparente Nirvana-Black-Finish lässt die Flammung der Decke dezent durchscheinen.
Auf der Korpusrückseite finden wir die Oberkante bündig abschließenden Deckel für Schalter- und E-Fachkammer, Letzterer in der von Framus bekannten Easy-Access-Version, die sich ohne Werkzeug blitzschnell öffnen lässt. Ein Streifen Kupferfolie im Deckelrahmen täuscht Abschirmung vor, de facto gibt es die jedoch nicht, weder als Lack noch als Folie.
Framus verwendet flache leichtgängige MEC-Potis, eines davon als Pull/Push-Ausführung für Coil Splits.
Fuß und Übergang des Mahagonihalses hat man wunderbar ergonomisch herausgearbeitet, sodass sich auch die höchsten Lagen entspannt bespielen lassen. Das polierte Ebenholzgriffbrett trägt 22 mittels PLEK-Verfahren vorbildlich abgerichtete, verrundete und polierte Jumbo-Bünde, deren Stege seitlich nicht sichtbar sind.
„IFT“ (Invisible Fretwork Technology) nennt Framus dieses Verfahren, ein Arbeitsgang, der bei Binding-freien Griffbrettern höchste Präzision verlangt. Custom Perloid Inlays und im Dunkeln grünlich leuchtende Sidedots erlauben beste Orientierung.
Der in allen Belangen optimal aus- und abgerichtete GraphTech Black Tusq Sattel führt die Saiten über den Metalldeckel des Trussrod-Zugangs hinweg zu den GraphTech-Ratio-Locking-Mechaniken.
Neben höchst präziser und geschmeidiger Arbeitsweise sind deren Besonderheit die unterschiedlichen Übersetzungen, die bewerkstelligen, dass man unabhängig von der Stärke der zu stimmenden Saite stets nahezu identische Umdrehungszahlen vornehmen muss. Jede(r) Gitarrist(in) wird festgestellt haben, dass z. B. die E6-Saite weniger Tuner-Drehung benötigt als die E1-Saite um die gewünschte Stimmung zu erzielen. Genau dies kompensieren die Ratio-Tuner.
Korpusseitig kommt ein arretierbarer Tune-o-matic-Steg von TonePros zum Einsatz, hinter dem die Saiten im Korpus verschwinden und rückseitig von präzise eingelassenen Hülsen gekontert werden. Zwei Seymour Duncan Humbucker, ein APH-1 am Hals und ein SH-11 in der Stegposition, lagern höhenjustierbar in schwarzen Rähmchen und werden mit Dreiwegschalter, zwei Volume- und zwei Tone-Potis verwaltet. Der Tone-Regler des Steg-Pickups lässt sich für Coil Splits (beider Humbucker!) herausziehen, wobei die Halsspule des Steg-Pickups bzw. die Stegspule des Hals-HBs verstummen.
Spielgenuss
Während die Framus Talisman auf dem Bein perfekte Balance zeigt, gibt sie sich am Gurt leicht kopflastig. Sobald jedoch der rechte Unterarm den Body berührt, ist davon nichts mehr zu spüren. In jedem Fall aber liegt die Gitarre ergonomisch und höchst komfortabel am Körper an.
Die MEC-Potis lassen sich auch dank ihrer kleinen, gummiberingten Knöpfe präzise und geschmeidig handhaben. Das Halsprofil präsentiert sich wohlproportioniert und bietet, zusammen mit den vorzüglich bearbeiteten Bundkanten und der flachen (schnarrfreien) Saitenlage, meiner Hand beste Bedingungen, wenn nicht sogar pure Entspannung.
Bereits die ersten angespielten Töne machen deutlich, dass die Talisman klanglich nicht nur kraftvoll und ausgewogen, sondern auch sustain- und obertonreich daherkommt.
Der relativ hohe Ahornanteil des Bodys verleiht ihr Spritzigkeit, Transparenz und Vitalität. Ihre Schwingfreude erzeugt enorme Dynamik, sodass die Gitarre variables nuancenreiches Spiel und Tonbildung bestens unterstützt, was sich u. a. auch in ihrer flockig leichten Bespielbarkeit äußert. So spielt sich die Talisman quasi fast wie von selbst.
Der Seymour Duncan AHP-1 in der Halsposition liefert klare, warme und vollmundige Sounds, beschert dem Klangbild bei hinreichender Transparenz reichlich Volumen und Fülle und entwickelt beachtliches natürliches Sustain.
Mit singenden Höhen und warmen, butterweichen aber dennoch definierten Bässen reagiert der Pickup sensibel auf jeden Saitenanschlag. Während er am cleanen Amp eher den bluesig-jazzigen Weichspüler mimt, kann er im Zerrbetrieb aggressiv punchen, behält jedoch dabei in jeder Situation die Contenance in Form von Transparenz und Durchsetzungsvermögen.
Der SH-11 Steg-Humbucker gibt sich klanglich ebenfalls Vintage-orientiert, ist jedoch mit erheblich höherer Ausgangsleistung am Start und glänzt mit warmen, seidigen Höhen, dominanten Mitten und kraftvollen, fetten aber stets kompakten Bässen.
Selbst bei High-Gain zeigt er stoische Gelassenheit, schickt sauber trennende Akkorde, druckvolle Powerchords, knackige Riffs und singende Soli aus den Lautsprechern.
Tonformung, variables Spiel und Dynamik unterstützt er in bester Manier. Die Kombination beider Duncan-Humbucker hält mit vollen runden Bässen, offeneren, weniger dominanten Mitten und seidig brillanten Höhen eine glockenklare Mixtur bereit.
Deaktiviert man die einander zugewandten Humbucker-Spulen, werden die Sounds schlanker und knackiger. Fendereske Singlecoil-Klänge hat die Talisman indes nicht zu bieten.
Dafür halten die einzelnen Spulen und auch deren Kombi überraschend fette Crunch- und Lead Sounds bereit. Schade ist allerdings, dass lediglich einer der Tone-Regler eine Coil-Split-Funktion besitzt, da die Kombis aus vollen und gesplitteten Humbuckern meist willkommene Klangvarianten bieten. Offenbar hat William DuVall die vorliegende Schaltungsvariante favorisiert.
(Bild: Dieter Stork)
Resümee
Wirklich beeindruckend, auf welch hohem Niveau Framus inzwischen Gitarren und Bässe fertigt. Aber nicht nur diesbezüglich rangiert die Talisman jenseits von Gut und Böse, sie überzeugt auch mit enormen Klangqualitäten, Schwingfreude, Dynamik, Sustain und nicht zuletzt exzellenter Bespielbarkeit – von ihrer gelungenen Optik ganz zu schweigen.
Ein wirklich tolles Instrument zum absolut fairen Preis, auch wenn ich persönlich mir einen zweiten Coil-Split-Schalter gewünscht hätte. Aber wenn der Herr DuVall das so möchte …