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Test: Framus AK1974 Custom Shop

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Framus AK1974 Custom Shop
(Bild: Dieter Stork)

Custom Shop ist ein dehnbarer Begriff. Bei vielen Herstellern werden hochwertige Instrumente in kleinen Serien angeboten, selten mal wird ein Instrument speziell für einen Musiker angefertigt, und wenn, dann mit extrem langen Lieferzeiten. Die vorliegende Framus AK1974 ist ein Beispiel, wie man einen Custom Shop auch gestalten kann: Mit einem Musiker zusammen wird ein Instrument nach seinen Wünschen gefertigt, und das innerhalb von 4 Monaten.

Der Kölner Oliver Gaa war auf der Suche nach einer speziellen Gitarre für möglichst viele Stilarten. Seine Wahl fiel auf die Framus AK1974, ein Modell, das im Original von Jan Akkermann in den 70ern mit Framus entwickelt wurde. Eine typische Fusion-Gitarre, semiakustisch mit massivem Block, jazzig, rockig und vielseitig.

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Oliver nahm Kontakt mit dem Hersteller auf und erfuhr vom Custom-Shop-Leiter Marcus Spangler, dass eine solche Gitarre im Framus Custom Shop speziell auf ihn zugeschneidert werden könne, natürlich mit allen Zutaten seiner Wahl: Hardware, Hölzer, Lackierung, Halsmaße, Bünde. Das Besondere daran: Oliver Gaa wurde während der Bauphase konstant über den aktuellen Stand informiert, er bekam Holz und Lackmuster zugesandt und konnte jederzeit mitbestimmen.

Framus AK1974
(Bild: Dieter Stork)

ak1974 versus jan akkermann

Ich habe 1976 eine original Framus Jan Akkermann für das Fachblatt Musik Magazin getestet. Die heutigen AK1974 haben die identische Korpusform, sind aber nicht ganz so tief. Der durchgehende Hals und die Korpusseitenteile werden aneinander geleimt und danach wird der Hohlraum des Korpus herausgefräst, d. h. die Zargenränder bleiben stehen; und der Block kann hinter dem Steg enden, sodass der Resonanzraum vergrößert wird. Die Decke wird separat gefertigt und nachher aufgeleimt. Die AK1974 werden mit Stop Tailpiece und Tune-o-matic Steg geliefert, mit normalem Saitenabstand, bei der Jan Akkermann war der Hals breiter und das String-Spacing am Steg ebenfalls weitaus breiter.

Framus AK1974
(Bild: Dieter Stork)

hals & body

Hals, Block und Korpus sind aus geflammtem Ahorn gefertigt, die Decke mit eingefasstem F-Loch aus Walnut Burl. Auf Wunsch des Kunden ist die gesamte Gitarre in einem dunklen braun gebeizt und lackiert. Die Abdeckungen für Elektronikfach und Pickupswahlschalter sind mit angepassten Holzdeckeln verschlossen. Perfekt und einzigartiges Feature von Framus ist übrigens, dass diese mit Gewindeschrauben befestigt sind und mit kleinen Federn angepresst werden, damit man im Servicefall den Deckel leicht abnehmen kann, ohne ihn zu Beschädigen.

Oliver Gaa wünschte sich die Halsform einer Ibanez Gitarre, also schickte er Datenblätter und Maße zum Custom Shop, und die Form wurde übernommen. Herausgekommen ist ein Hals, in den unteren Lagen dünn mit einer C-Form, nach oben hin breiter und eher D-förmig mit einem 12″-Radius. Das pechschwarze Griffbrett ohne Einlagen ist aus Ebenholz (tiger stripe) gefertigt und auf Wunsch des Kunden wurden Medium-Jumbo-Bünde eingesetzt.

Framus AK1974
Die angepassten Holzdeckel werden mit Gewindeschrauben montiert und mit Federn in Position gebracht. (Bild: Dieter Stork)

pickups & schaltung

Oliver Gaa wünschte sich angepasste Seymour Duncan SH2 (Jazz) Tonabnehmer; diese wurden zusätzlich mit einer Metall-Kappe versehen, deren schwarzer Lack aus optischen Gründen gebürstet wurde. Die Schaltung wurde damals für Akkerman entworfen und wird immer noch originalgetreu verbaut: Über einen 6- fach-Drehschalter wählt man verschiedene Kombinationen an:

1. Hals und Steg in Serie
2. Hals
3. inneren Singlecoils in Serie
4. Steg
5. Singlecoils (jeweils die Richtung Hals liegenden) in Serie out of phase
6. Hals und Steg in Serie, Steg out of phase

Framus AK1974
6 Pickup-Kombinationen der AK1974

Diese Art der Schaltung ergibt sehr interessante Sounds, die mit herkömmlichen Konzeption nicht erreicht werden können; die Serienschaltung der Humbucker bzw. der Singlecoils ergeben einen kräftigeren Ton als bei Parallelschaltung. Geregelt wird Master-Volume und Master-Tone. Das gesamte Innenleben ist mit Grafitlack ausgepinselt, mit Masse verbunden und so perfekt abgeschirmt. Erwähnenswert ist auch noch die von Warwick-Bässen bekannte, versenkt eingebaute Klinkenbuchse im Zargen.

Framus AK1974
Versenkt montierte Klinkenbuchse (Bild: Dieter Stork)

praxis

Ich kann dem Statement von Oliver nicht viel hinzufügen, denn er gibt die Antwort darauf, wie die Gitarre in der Praxis für ihn ist: perfekt. Daher nur noch mal einige Features der AK1974, die die meisten anderen Framus-Modelle aus Markneukirchen ebenso bieten.

Framus AK1974
(Bild: Dieter Stork)

Framus verfügt über eine einzigartige CNC gesteuerte Maschine, die die Halsform, Bundschlitze, einsetzen der Bünde usw. komplett erledigt. Damit ist die IFT (Invisible Fretwork Technology) möglich. Die Bundschlitze werden nicht bis zur Halskante eingesägt, sondern es bleibt ein Rand stehen. Schluss mit scharfen Bundkanten oder aufwendigen Einfassungen, die eine Neubundierung so schwer machen.

Die Bünde werden zum Abschluss noch mal geplekt und so hundertprozentig perfekt abgerichtet. Die Bundenden werden danach per Hand abgerundet. Das alles ergibt einen Hals, der unglaublich gut in der Hand liegt und angenehm zu bespielen ist.

Framus AK1974
(Bild: Dieter Stork)

resümee

Der Musiker Oliver Gaa hat sich sein Wunschinstrument bauen lassen. Danke an ihn, dass er uns diese wunderbare Gitarre zum Check für einige Zeit überlassen hat. Wir in der G&B-Redaktion waren uns alle einig, dass dieses Instrument wirklich einzigartig ist. Perfekt gebaut, ohne jeden Fehl und Tadel, optisch klasse und auch wunderbar bespielbar. Dazu wurde hochwertige Hardware verwendet. So eine Fertigungsqualität wünscht man sich öfter. Und das Wichtigste: Der Besitzer ist total happy.

Framus AK1974

Framus AK1974


Oliver Gaa über sein Instrument

Wie kam es dazu, dass du dich für eine Framus entschieden hast?

Ich habe nach einer qualitativ sehr hochwertigen Gitarre gesucht, die man im Jazz sowie im Rock gleichermaßen einsetzen kann. Ich hatte in den letzten 15 Jahren diverse Strats sowie Archtop-Gitarren. Ich besaß bis zuletzt eine PRS DGT und habe immer wieder unterschiedliche Gitarren ausprobiert. Dabei entwickelt man ein individuelles Gefühl dafür, was einem wichtig ist und man löst sich immer weiter von dem – ich nenne es so – musikhistorischen Vintage-Bonus, der vielen Custom Shop Les Pauls oder Strats anhängt. Es gibt andere Custom-Hersteller, die eine sehr gute Qualität anbieten und mit denen ich mich beschäftigt habe. Mich hatte aber schon früher der Ansatz von Warwick fasziniert, als eine Art Pionier mit anderen Hölzern als den gängigen zu arbeiten. Über die Framus Website bin ich dann auf die AK 1974 Custom gestoßen. Bald wurde mir klar, dass hier Gitarren entstehen, die das absolute Nonplusultra darstellen.

Was ist aus deiner Sicht das besondere an Framus?

Der Unterschied ist die Fertigungstechnologie. Viele kleine und durchaus sehr gute Gitarrenbauer vermitteln den Eindruck, die in bloßer Handarbeit hergestellte Gitarre sei besser, weil sie die Seele des Gitarrenbauers mit auf den Weg bekommt. Viel besser ist m.M.n. jedoch die Kombination aus klassischer Handarbeit und modernen Fertigungstechniken wie bspw. präziser CNC-Frästechnolgie, PLEK oder speziellen, sehr dünnen, Lackierungen die aufwendig lichtgehärtet werden. Genau das passiert bei Framus.

Das alleine macht aber noch kein wirkliches Customizing aus?

Das ist richtig. Letztendlich hat mich Framus auch in diesem Punkt überzeugt. Nachdem die genauen Eckdaten der Gitarre festgelegt waren, gab es während der Entstehung der Gitarre einen ständigen Kontakt zwischen mir und Herrn Spangler. Er hat mir dann regelmäßig Fotos zugesandt, die die einzelnen Entstehungsphasen der Gitarre dokumentieren. Man muss sich vorstellen, das Customizing ist bei Framus integriert wie ein kleiner, sehr guter Gitarrenbauer, der mit dem Kunden individuell selbst die kleinsten Details abspricht. Nur mit ganz anderen Möglichkeiten. Das betrifft die Auswahl des Deckenholzes, des Griffbrettholzes, das Halsprofil, die Bünde, Stimmmechaniken, Pickups und Elektronik, LEDs, die individuelle Farbgebung etc. In jedem Fall bekommt man mehrere Alternativen angeboten, aus denen man Wählen kann. Solche Möglichkeiten bekommt man anderswo nur als namhafter Musiker der Gitarrenbranche.

Wie zufrieden bist du mit dem Ergebnis?

Sehr zufrieden! Als ich die Gitarre bei Ulis Musik in Köln das erste Mal aus dem Koffer geholt habe, war ich wirklich total geflasht. Da war alles, was ich mir erhofft hatte. Bespielbarkeit und Qualitätsanmutung der Gitarre sind wirklich einmalig. Ich dachte mir: Es gibt sie also wirklich, die sogenannte, deutsche Qualitätsarbeit und in dieser Gitarre liegt sie vor dir.

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(erschienen in Gitarre & Bass 09/2018)

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