Referenz-Sounds To Go

Test: Fractal Audio FM3

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(Bild: Dieter Stork)

Das Axe-Fx III bekommt jetzt seinen Floor-Sidekick in Form des FM3. Und Letzteres verspricht die gleichen Sound-Qualitäten wie der große Bruder, inklusive Road-Tauglichkeit. Und das zu einem deutlich günstigeren Preis.

Wer auf den Nachfolger des Fractal Audio AX-8 gewartet hat, musste viel Geduld mitbringen. Zunächst gab es Probleme bei der Produktion, später bei der Software. Doch nun liegt es vor mir: Das FM3. Liefern will es Amp-Modeling und Effekte für höchste Ansprüche. Verpackt im kleinen Gehäuse und bereit für den harten Tour-Einsatz. Ist die Konkurrenz von dannen gezogen oder hat sich das Warten gelohnt?

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HARDWARE

Das FM3 kommt gut verpackt inklusive Kurzanleitung sowie USB- und Kaltgerätekabel. Der erste positive Aspekt: Hier ist das Netzteil integriert, man muss sich nicht mit großen schwarzen Blöcken unter dem Effektboard herumärgern und findet jederzeit ein passendes neues Kabel, wenn man seins mal verlegt hat.

Die Rückseite des FM3 ist gut gefüllt mit vielen Anschlüssen: Natürlich finden sich dort der Instrumenteneingang und auch ein Kopfhörerausgang. Daneben gibt es zwei XLR-Buchsen für die Ausgabe, inklusive Ground-Lift-Schalter. Die Dual-Mono-FX-Send- und Return-Buchsen können entweder dazu verwendet werden, externes Equipment einzubinden oder um einen weiteren Ausgang zu schaffen. Wer mehr (Expression-)Pedale anschließen will, findet dafür zwei Klinkenbuchsen.

Reichlich Anschlüsse auf der Rückseite (Bild: Dieter Stork)

Greift man lieber auf die hauseigenen FC-6- bzw. FC-12-Controller zurück, läuft die Kommunikation über den Faslink-II-Port. Dieser kann mit einem normalen XLR-Kabel genutzt werden, das dann auch das erste angeschlossene Pedal mit Strom versorgt. Aktuell ist nur einer der zwei verbauten USB-Buchsen eine Funktion zugewiesen. Dieser USB-B-Anschluss kann dafür verwendet werden, die Firmware zu aktualisieren, das FM3 mittels Editor zu bedienen oder als Audio-Interface zu nutzen.

Daneben finden sich nun noch MIDI-In und -Out/Thru, sowie S/PDIF-Out. Ein Dreikern-Griffin-DSP treibt das Fractal an und wird dabei von einem dedizierten Grafikprozessor unterstützt. So wird die aufkommende Last sinnvoll verteilt.

BEDIENUNG

An der Front des FM3 findet sich dasselbe große Farbdisplay wie beim Axe-Fx III. Durch seine hohe Auflösung kann es viele Informationen gleichzeitig darstellen und erleichtert es dem Nutzer, auch eher versteckte Parameter direkt am Gerät zu editieren. Durch die vielen Taster, die jeweils klar zugewiesene Funktionen haben, kann man einfach und effizient durch die Menüs navigieren. Die fünf Potis unterhalb des Displays werden variabel belegt und regeln bei einem Amp beispielsweise Input-Drive, Overdrive, Bass, Mid und Treble, während sie bei einem Reverb für Time, Pre-Delay, Size, Mix und Level genutzt werden.

Zugegeben: Andere Firmen bieten teils zugänglichere Menüstrukturen und man mag sich zunächst fragen, wieso man so viele Regler brauchen sollte. Das ist aber einfach der Tatsache geschuldet, dass es hier so viele Möglichkeiten gibt. Während man bei der Konkurrenz oft auf (semi-)fixe Routings zur Anordnung trifft, hat man hier 12×4 Plätze im Raster zur Verfügung, auf die man legen darf, was man möchte und die man verbinden kann, (fast) wie man möchte.

Wer, anstatt sich zu bücken, lieber am Rechner editiert, dem steht mit „FM3 Edit“ ein eigener Editor für PC und Mac zur Verfügung. Und live? Nun, drei Fußschalter sind natürlich nicht gerade viel, wenn man sich überlegt, was man live alles schalten möchte. Aber man kann auch ein externes MIDI-Board anschließen oder ganz luxuriös ein FC-6 von Fractal danebenstellen. Allerdings kommt man, dank sehr schlauer Konfigurationsmöglichkeiten, auch mit den drei Schaltern schon ganz schön weit. Vielleicht erst mal mit den eigenen Ansprüchen testen, bevor man gleich Peripherie dazu bestellt. Aber keine Frage: Ich hätte auch lieber noch ein paar mehr Fußschalter gesehen.

Drei Fußschalter sind für viele Anwendungen ausreichend. (Bild: Dieter Stork)

AMPS, EFFEKTE & RECHENLEISTUNG

Kommen wir nun zur Paradedisziplin des Fractals: Wenn es um modellierte Amps und Effekte geht, dann kann dem FM3 kaum jemand etwas vormachen. Es verfügt über alle – aktuell 277 – Verstärker(kanäle) seines großen Bruders und bringt auch die allermeisten Effekte mit. Zahlen gefällig? Wir reden hier von 52 Reverbs, 19 Delays, 17 Chorus-Effekten, 44 Drives, 16 Phasern, … Dazu kommen dann noch 2237 Boxensimulationen und Platz für weitere 1024, die man als Nutzer selber ins Gerät laden darf.

Aber nur weil es viel Auswahl gibt, heißt das ja nicht, dass man auch viel nutzen kann. Wir kennen es aus anderen Bodengeräten: Die Leistung ist gegenüber ihren großen Geschwistern oft eingeschränkt. Da das auch hier der Fall ist, hat mich sehr interessiert, wie viele Blöcke man wirklich in ein Preset bekommt. Nun, das hängt auch davon ab, welche Qualität man jeweils wählt. Gerade der Hall kann sehr rechenintensiv werden und die eigenen Ohren müssen entscheiden, ob man den Mehrwert von der Qualitätsstufe High zu Ultra-High wirklich noch hört.

Schauen wir uns doch mal ein realistisches Preset an. Es besteht beispielhaft aus folgenden Blöcken: Input (mit aktiviertem Gate), Comp, Drive, Amp, zwei Cabs, Chorus, Reverb (Normal), Delay und Output. Die CPU-Auslastung liegt nun bei 70%. Schaltet man den Reverb in den Economy Modus landet man sogar bei 61%. Bei High sind es 78% und bei Ultra-High 82%. Das finde ich schon ziemlich ordentlich. Bei Konkurrenzprodukten wäre es mitunter schon bei diesem Preset eng geworden. Und selbst in der normalen Qualitäts-Einstellung ist der Sound super, aber dazu gleich mehr.

Der Lüfter des Gerätes ist während meines Tests übrigens nie angegangen. Dafür haben die knapp 25° C in meinem Zimmer, selbst nach mehreren Stunden Nutzung am Stück, wohl keinen Anlass gegeben.

SOUND

Ich habe schon eine ganze Weile ein Axe-Fx III bei mir stehen und war wirklich gespannt wie sich das FM3 im Direktvergleich schlägt. Die kurze Antwort: Fantastisch! Ich habe mir wirklich Mühe gegeben, Unterschiede zu hören, finde aber keine. Dem FM3 fehlt die variable Input-Impedanz, darum habe ich testweise einen Fuzz-Effekt an die erste Position im Grid gestellt. Während ich spiele, bilde ich mir ein, dort kleine Unterschiede zu bemerken, beim Abhören allerdings nicht mehr. Würde ich für diesen Unterschied Geld bezahlen? Nein.

Gar keine Frage: Die Konkurrenz ist in letzter Zeit viel stärker geworden, aber in meinen Ohren setzt sich Fractal nach wie vor als Referenz an die Spitze. Auch im Helix gefallen mir die Amps gut, aber hier überzeugen sie einfach noch ein bisschen schneller. Ich muss weniger tweaken, aber wenn ich es doch einmal will, steht mir die unendliche Welt der Parameter offen. Und spätestens wenn man Effekte vergleicht, dürfte das FM3 davonziehen.

Egal welche Gitarre ich an das Fractal hänge, egal welche Tonabnehmer oder welche Stimmung – es passt einfach. Das gilt natürlich auch für Bass. Und auch wenn man nur die Effekte nutzen möchte, um Vocals oder ganz andere Instrumente anzureichern, kann das FM3 eine gute Wahl sein (es hat natürlich keinen Mic-Preamp).

Es gibt regelmäßig (gratis) Firmware-Updates , oft kommt ein neuer Effekt, ein neuer Amp oder eine andere Spielerei dazu. Das macht einfach Spaß und man hat vermutlich jahrelang das Gefühl, sein Geld gut investiert zu haben.


FM3 VS. AXE-FX III

Tja, welches Gerät ist das richtige für dich? Wenn man von der Frage absieht, ob es ins Rack oder auf den Boden soll, bleiben gar nicht so massive Unterschiede übrig. Klar, das FM3 hat eine ganze Ecke weniger Rechenleistung und auch einige Anschlüsse weniger – doch fehlen dir genau diese? Schauen wir etwas genauer hin: Das FM3 hat nur einen Eingang und dieser keine variable Impedanz. Es bietet keine dedizierten Klinken-Outs und weniger zusätzliche I/O-Paare, zudem kein AES-Out. Es hat ein kleineres Grid für die Effekte und noch (?) keine Performance-Pages. Es fehlen die Blöcke Vocoder, Crossover, Tone-Match, IR-Capture, RTA und IR-Player.

Zudem kannst du von den vorhandenen Blöcken weniger Instanzen initiieren: Nur je zwei Drives oder Delays (statt vier beim Axe-Fx). Von den Amp- und Cab-Blöcken kannst du jeweils nur einen (statt zwei) nutzen und der Cab-Block ist auf zwei IRs beschränkt. Ihm fehlen auch die Parameter für Smoothing und IR-Length. Aus der Amp-Seite wurden folgende Einstellungen entfernt: Bias-Tremolo, Input-Dynamics und Dynamic-Presence/Depth. Zudem ist die Looper-Zeit kürzer.

So niedergeschrieben klingt es nach viel. Aber man muss sich schon fragen, wie wichtig einem diese teils sehr speziellen Features sind.


RESÜMEE

Das FM3 ist einfach ein tolles Gerät. Es bietet einen wahnsinnig guten Sound und kommt mit fast allem, was das Axe-Fx III zu bieten hat. Die Presets sind durch die Rechenleistung ein Stück weit beschränkt, lassen aber genügend Spielraum für nahezu alle in „normalen“ Anwendungen benötigten Effekte. Und die klingen dann eben auch noch toll. Durch die vielen Möglichkeiten ist die Bedienung etwas komplexer als bei der Konkurrenz, aber schwer ist sie auch nicht: Einfach den gewünschten Amp, ein Cab sowie ein paar Effekte ins Raster einfügen und verbinden. Fertig. Das klingt unmittelbar schon gut. Danach kann man feintunen.

Als direkten Kontrahenten sehe ich die gesamte Helix-Familie, die auch toll klingt und etwas günstiger zu haben ist. Je nachdem welches Nutzungskonzept man verfolgt, ist auch der Kemper Profiler Stage ein super Gerät.

Echte Konkurrenz kommt aber zuallererst aus dem eigenen Hause: Das Axe-Fx III ist und bleibt das Flaggschiff. Es kann von allem etwas mehr, ist aber auch etwa doppelt so teuer. Hätte ich das Topmodell nicht schon, würde ich mich nun jedoch vermutlich für das FM3 entscheiden. Trotz des absolut gesehen hohen Preises, muss man ihm einfach ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis attestieren.

PLUS

  • Amp-Sounds
  • Effekt-Sounds
  • Leistung
  • Tweaking-Möglichkeiten
  • Preis-Leistung

MINUS

  • nicht mehrere Amp-Simulationen gleichzeitig möglich

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2020)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Die 3 Fusstaster schränken das Bühnenspiel schon ein.
    Kenne das vom Vox Stomplab, Yamaha Magic Stomp etc.
    Eine gute Lösung bietet das BOSS MS-3. Wer nur Effekte
    braucht ist dort gut bedient.

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    1. Die 3 Schalter sind wirklich intelligent nutzbar.
      Frei konfigurierbar und jeder hat eine Hold Funktion mit der man Modi umschalten kann oder eben in die nächste Eben hoch und runter wechseln kann.
      Beispiel: ich halte den mittleren Schalter und switche auf den scene-mode um und kann dann innerhalb eines Presets die scenes umschalten.
      Das gleiche geht auch dann im effect-mode.

      Da geht echt viel mit den 3 Schaltern.

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    2. so kann nur jemand reden bzw. schreiben der die effekte von fractal audio noch nicht gehört hat;)

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  2. Hallöchen,
    Was mich interessieren würde ist, worüber Du den AXEFX III im Homestudio spielst.
    FRFR (welche?) … Studiomonitore (welche?) oder echte Gitarrenbox?

    Ich neige derzeit dazu, über eine Class-D Emdstufe an eine echte Gitarrenbox zu gehen, da der Sound über meine Yamaha HS8 seltsam dünn erscheint.

    Danke für ein kurzes Feedback.
    Gruß Rainer

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  3. Hallöchen,
    Was mich interessieren würde ist, worüber Du den AXEFX III im Homestudio spielst.
    FRFR (welche?) … Studiomonitore (welche?) oder echte Gitarrenbox?

    Ich neige derzeit dazu, über eine Class-D Endstufe an eine echte Gitarrenbox zu gehen, da der Sound über meine Yamaha HS8 seltsam dünn erscheint.

    Danke für ein kurzes Feedback.
    Gruß Rainer

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  4. Warum kommt in euren Vergleichen das Boss GT 1000 kaum vor? Ich nutze das Ding und bin hochzufrieden. Ich sehe es auf einem Level mit dem Helix und in Fangruppen gibt es Leute, die dieses Gerät ernsthaft mit Kemper und Axe FX vergleichen.

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    1. Stimme dir zu, das GT-1000 wird immer etwas stiefmütterlich behandelt. Seh ich auf gleicher Ebene wie die genannten anderen Boards.

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    2. Hallo Dirk,

      ich habe das neue GT 1000 Core. Die kleine Version vom GT, allerdings ist das nicht abgespeckt, sondern hat die gleiche Leistung wie das große. Es ist vom Sound auf einem wesentlich höheren Level als das Helix. Das Fractal habe ich nur kurz getestet. Muss aber sagen, ich vermisse beim GT 1000 nichts. Ich brauche auch keine hunderte Cab und Amp Simulationen. Die Effekte beim Boss sind und waren schon immer gut und reichen über den Standard des Normaluser weit raus. Ich war leidenschaftlicher Schrauber, aber ich möchte auch spielen und schnell zum Ziel kommen. Deswegen kann ich Deine Aussage voll unterschreiben. Das GT ist ein Wolf im Schafspelz..

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  5. Hi,
    mich würde interessieren, warum Du als Konkurrenz nur die Helix Familie siehst. Rein soundmäßig wäre doch der Boss GT-1000 eher der Konkurrent, oder nicht?

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  6. Danke für den sehr eindrucksvollen Bericht.
    Was mich interessieren würde, wäre ein intensiverer Vergleich mit der Konkurrenz. Das Boss wurde schon erwähnt. Aber wie sieht es zB mit Headrush aus? Das ist in der Bedienung einfach, aber wie schneiden die anderen Geräte beim Klang ab bzw was sind die Vor- und Nachteile der Konkurrenz?
    Danke!

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  7. Hallo, warum wird der Kemper nicht als Konkurrenz genannt? IMHO liegt dieser nach wie vor weit vorn. DSP Probleme kennt dieser auch nach 10 Jahren keine und in Sachen Ampsound Authentizität, Spielgefuehl, mittlerweile grandiosen Delay und Hall Effekten liegt dieser nach wie vor vorne. Ist nur meine bescheiene Meinung, nachdem ich ein Fractal und ein Helix hatte, bevo ich auf Kemper umgestiegen bin. Ein kleines weiteres feines Detail. Man waeht einen Effekt aus und das Preset ist gleich verwendbar, man mache das gleiche mal bei Helix oder Fractal..

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    1. Und bald kommt der Quad cortex! Da bin ich mal sehr gespannt….

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  8. Nachdem ich jetzt eigene Zeit mit dem Helix Stomp eigentlich recht zufrieden bin, sehe ich beim FM3 doch einige Vorteile. Als Bassist finde ich die DI-outs wichtig. Auch, dass man einfach ein Netzkabel und kein nerviges Netzgerät anschließen muss empfinde ich als Vorteil. Gut, dass das mal jemand wieder aufgegriffen hat. Mein letztes Pedal mit Netzkabel statt Netzteil war das gute alte Boss ME-5 in den 80er Jahren. Die Netzteile der Geräte danach haben mich schon immer gestört.

    Da einige das erwähnt haben, habe ich mir gerade auch das Boss GT-1000 angesehen. Eigentlich wäre da ja das Core der direkte Konkurrent. Doch da gibt’s leider auch wieder kein DI-out und auch ein Netzgerät … tja, wenn dann wird das FM3 mein nächstes Gerät. Danke für den Test!

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