(Bild: Dieter Stork)
Das Auge hört bekanntlich mit, und bei den Pedalen von Flattley aus Staunton, einem Dorf in Gloucestershire, England, gibt es ganz lecker was zu gucken. Durchaus zu Recht weist der Hersteller mit Stolz auf den aufwendigen Lackierungsprozess hin. Und wie klingen die drei Basspedal-Testkandidaten so?
PEDALBOARD-CANDY
Zunächst bekommen die Gehäuse der Platinum Range eine Grundierung mit mehreren Lagen, die immer wieder von Hand zwischengeschliffen und poliert werden. Darauf wird dann von Hand im Wassertransferverfahren die Grafik aufgebracht – wenn man auf YouTube nach „Flattley Hydro Dipping“ sucht, lassen sich mehrere Beispiele dieses faszinierenden Verfahrens finden, das jedes Mal minimal unterschiedliche, und damit individuelle Ergebnisse bringt.
Ebenfalls charmant ist die Verwendung eigener Metall-Potiknöpfe, denen die Funktion gleich eingraviert ist – coole Idee! Mit Gravur und aus Metall sind auch die Topper für die Fußschalter, bei Betätigung selbiger leuchtet ein kreisrunder Halo wie ein Heiligenschein um den Schalter und zeigt so dezent aber deutlich den aktivierten Effekt an.
BASS FILTRON
Den Anfang macht das Filtron-Pedal, ein Auto-Wah/Envelope-Filter. Die Lackierung ist ein tiefes, intensives Blau mit holografischer Metallic-Zwischenlage und silbernen Paisley-Schädeln. Der Decay-Regler kontrolliert den Sweep des Filters; Attack stellt ein, wie empfindlich der Effekt auf den Anschlag reagiert; Range reguliert, bei welcher Frequenz der Effekt ansetzt. Der Minischalter neben dem Range-Regler schaltet zwischen Hi und Lo, sprich einem höheren oder tieferen Ansatz des Reglers.
Der Einstellbereich aller Regler ist groß, was Vor- und Nachteil zugleich ist. Vorteil, weil das Pedal eine wirklich große Bandbreite an Filter-Sounds erzeugen kann, Nachteil, weil es etwas Geduld erfordert, bis man „seinen“ Sound gefunden hat. Außerdem ist es durchaus möglich, sehr scharfe, aber auch komplett basslose Sounds einzustellen, die als echter, auffälliger Effekt taugen, aber bar jeglicher Tragfähigkeit in der Band sind. Aber das ist eben nur eine Facette, auch satte, fette Quacks sind drin, sowohl Fingerstyle als auch geslappt (oder geplekt, getappt oder was auch immer).
Wichtig ist, sich etwas Zeit zu nehmen und mit allen Reglern zu arbeiten, bis der gewünschte Effekt gefunden ist – ein kurzes Anspielen im Laden könnte zu falschen Eindrücken führen.
BASS CHIEF
(Bild: Dieter Stork)
Der Bass Chief kommt in einer silbernen Metal-Flake-Lackierung mit mexikanischen Zuckerschädeln als Deko, auch hier wieder perfekt ausgeführt und mit intensiver Tiefe. Das Pedal ist ein Overdrive mit parallelem Signalweg: Am Eingang wird aufgetrennt, ein Weg geht durch den Zerrer, ein Weg bleibt clean. Den Grad der Verzerrung regelt der mit „OVD“ beschriftete Gain-Regler, mit „BASS“ und „TRB“ (Treble) lässt sich der Zerr-Sound klanglich variieren, bevor dieser am „BLND“ (Blend) oben links mit dem Clean-Sound wieder zusammengeführt wird. Auf Rechtsanschlag hört man ausschließlich den Zerr-Sound, auf links nur den Clean-Sound – aber wer würde das schon wollen?
Oben in der Mitte sitzt der Volume-Knopf, der die gesamte Ausgangslautstärke des Gemischs vorgibt. Die Zerre startet auf kleiner Flamme mit leicht knusprigen Ergebnissen, bis sie am Ende in mittelheftigem Overdrive kurz vor Distortion landet. Spannend wird es, wenn die Klangregler ins Spiel kommen. Soll der Ton eher singend-weich mit milder Fuzzigkeit sein? Extra fett angedickt? Mit eher scoopigen Mitten? Ultra-aggressiv beißend? Geht mit den beiden Reglern alles!
Stellt man beide extrem ein – Bass ganz auf, Höhen ganz raus oder umgekehrt – wird es entweder mit der Definition oder mit dem Fundament problematisch, aber es gibt ja noch den Blend-Regler. Schon mit wenig Clean-Anteil löst sich das Problem in Wohlgefallen auf. Der umgekehrte Weg, einen kräftigen Clean-Sound mit etwas oder auch gerne deftiger Zerre zu unterlegen, funktioniert genauso. Die gute Regelbarkeit und der gute Grund-Sound machen den Bass Chief zu einem überaus flexiblen Basszerrer, der einen weiten Bereich abdecken kann.
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BASS NIRVANA
(Bild: Dieter Stork)
Zu guter Letzt habe ich zum Test noch ein Delay bekommen. Es gibt einige ganz unterschiedliche Songs, in denen ein Delay integraler Bestandteil der Basslinie ist, zum Beispiel ‚One Of These Days‘ von Pink Floyd, ‚Wild Boys‘ von Duran Duran, oder ‚Pneuma‘ von Tool. Dennoch sind Echogeneratoren nicht unbedingt auf vielen Bass-Pedalboards zu finden. Und wenn doch, sind es meist Pedale für Gitarre, die durch ihre digitale Bauweise auch mit tiefen Signalen verlustfrei klarkommen.
Flattley dagegen hat ein analoges Delay-Pedal explizit für Bass entwickelt und ihm den vielversprechenden Namen Bass Nirvana gegeben. So hippieesk das vielleicht klingen mag, so wenig sieht die Grafik mit lauter einäugigen Totenköpfen danach aus. Auch hier glänzt das Finish mit Tiefe und tadelloser Ausführung. Die Regler sind selbsterklärend: Delay gibt die Delay-Zeit vor, maximal sind hier 420ms abrufbar. Repeats gibt die Zahl der Wiederholungen vor, Tone den Höhengehalt der Echos. Volume regelt den Effekt zum reinen Basssignal hinzu, ganz zugedreht gibt es keinen Unterschied zum ausgeschalteten Pedal.
Aufgedreht geht die Reise von sehr unauffällig unterlegtem und praktisch nicht als separates Echo hörbarem Andicken zu sehr deutlichen Delays. Eins bleibt aber in jeder Einstellung: eine sehr große Tiefe und auch bei voll aufgedrehtem Tone-Poti satte Wärme. Ich mag gar nicht mehr aufhören, den Echos zu lauschen, aber der Test schreibt sich ja nicht von alleine …
RESÜMEE
Was für schöne Pedale! Eine Zierde für jede Pedal-Vitrine! Und natürlich für jedes Pedalboard, denn bei den Flattleys stimmt nicht nur die Optik. Das Filtron Auto-Wah kommt mit großem Einstellspielraum und lässt sich so präzise auf Bass, Spieltechnik, und Soundvorstellung abstimmen, ist dabei aber auch für mich ein wenig fummelig. Das muss man in Kauf nehmen.
Der Bass Chief ist da entspannter. Bei ebenfalls großer Bandbreite an erzielbaren Sounds komme ich bei ihm schneller zu Ergebnissen – immer neuen, für immer wieder inspirierende Klänge, die sich von unauffällig bis unüberhörbar im Bandkontext einsortieren. Die heimliche Überraschung dieses Tests ist das Bass Nirvana. Anfangs war ich skeptisch, was mir ein Delay, wenn auch ein Bass-spezifisches, denn so geben könnte. In meiner Jam-Band war ich dann aber schnell begeistert von den reichen, analogen Echos. Darin kann man sich tatsächlich meditativ verlieren und wie beim Bass Chief inspirieren lassen, für die nächsten Schallabenteuer.
Die Preise sind für in einem Familienbetrieb handgemachte, handverdrahtete, und von Hand lackierte und mit Grafiken versehene Pedale im Rahmen. Klare Antestempfehlung!
PLUS
● inspirierende Sounds
● Optik
● Konzept (Bass Chief & Bass Nirvana)
(erschienen in Gitarre & Bass 10/2023)