Fortschritt im Detail

Test: FGN Mighty Jazz Dark Evolution

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(Bild: Dieter Stork)

Cleveres Design Made in Japan muss gar nicht teuer sein. FGN präsentiert mit dem Mighty Dark Evolution einen modernen Jazz Bass, der vor allem in härteren Spielarten überzeugen können soll.

Moderne Jazz Bässe gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Was soll an diesem nun so besonders sein? Zum einen wäre da der Umstand, dass er von einem der traditionsreichsten Unternehmen der Branche kommt und zum anderen der recht humane Preis. Zumindest, wenn man bedenkt, was Instrumente aus japanischer Fertigung sonst gerne mal kosten können. Natürlich sind das längst nicht alle Eigenschaften, die dieser Bass mit dem viel zu langen Namen an den Tisch bringt.

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KLEINE NEUERUNGEN …

FGN hat dieses Modell nämlich „J-Standard Mighty Jazz Dark Evolution“ getauft und in der „Open Pore Blue“ Farbvariante liegt mir nun ein Testexemplar vor. Alternativ ist auch eine schwarze Version erhältlich. Mir persönlich gefällt die blau-schwarze Kombination aber sehr gut, insbesondere das den massiven Eschekorpus zierende, offenporige Finish macht gut was her. Da es sich dabei um Polyesterlack handelt, dürfte die Optik trotz der dünnen Beschichtung bei normaler Nutzung auch lange erhalten bleiben.

Offenporige Lackierung (Bild: Dieter Stork)

Jazz-Bass-typisch finden sich an der Kopfplatte fünf offene, ohne Spiel drehende Mechaniken, in diesem Falle aus dem Hause Gotoh. Am anderen Ende des Instruments findet sich eine Bridge, die glücklicherweise etwas moderner anmutet als der sonst typische Blechwinkel. Das hier verwendete, hauseigene Fabrikat hat angenehme Rundungen und weist auch bei flach eingestellter Saitenlage keine scharf herausstehenden Schrauben auf. Flach meint hier auch flach, die G-Saite bekomme ich ohne Schnarren auf ca. 1 mm am 24. Bund herabgesenkt.

Für meinen Geschmack hätten die Hülsen der Stringthrough-kompatiblen Brückenkonstruktion auf der Korpusrückseite jedoch tiefer im Holz versenkt werden können. Einstellarbeiten an der Bridge gehen schnell und unkompliziert vonstatten, was von der Justierung der Halsschraube leider nur bedingt behauptet werden kann, denn hier ist der Zugang in traditioneller Manier sehr schmal ausgeführt. An der Schraube muss im Normalfall aber nicht regelmäßig gedreht werden, insofern ist das zu verschmerzen.

Bridge mit Einhängefunktion (Bild: Dieter Stork)

An der Verarbeitung gibt es insgesamt nicht viel auszusetzen, lediglich die Verklebung der Bundenden an der Griffbrettkante sorgt für optische Unregelmäßigkeiten. Davon abgesehen fasst sich alles sehr gut und wertig an, und auch der Lack ist sauber aufgetragen. Auf die Waage bringt das gute Stück gute viereinhalb Kilo, nicht zuletzt wegen des recht stattlichen Halses, der großen Kopfplatte und den fünf großen Mechaniken. Auch ein auf Höhe des 12. Bundes platzierter Gurtpin vermag die so resultierende Kopflastigkeit nicht vollständig zu kompensieren. Mit einem ordentlichen Gurt ist die Balance recht gut handlebar, ohne fällt der Bass jedoch sofort in die Horizontale.

Deutlich ergonomischer gestaltet sich das untere Cutaway, das vollen Zugriff auf die an einem Jazz Bass nicht oft anzutreffenden 24 Bünde gewährt. Ohne Verrenkungen über alle Lagen spielen zu können, macht den Mighty somit bereits flexibler als viele andere Vertreter dieser Bauform. Auch wenn die Griffbrettkante optisch nicht das Highlight dieses Basses darstellt, sind die Bundenden sowie die Kante selbst gewissenhaft verrundet, sodass schnelle Lagenwechsel ohne Schürfen oder Kratzen über die Bühne gehen.

Besondere Aufmerksamkeit sollte aber den Bünden selbst gewidmet werden, denn diese sind bei genauerer Betrachtung leicht gekrümmt ins Griffbrett eingelassen. FGN nennen diese Art der Bundierung „Circle Fretting System“, kurz CFS. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Saiten exakt rechtwinklig über den Bunddraht laufen, bei einer traditionellen Bundierung ist dies aufgrund des trapezförmigen Saitenverlaufs nur für die mittlere Saite der Fall. Alle anderen Saiten laufen leicht schräg über die Bünde, was kleine Intonationsschwankungen sowie, zumindest in der Theorie, Einbußen im Sustain mit sich bringt.

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… GROSSER SOUND

Ob es nun am CFS, der vergrößerten Auflagefläche des Halsfußes oder einfach einer insgesamt guten Konstruktion liegt, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen. Fakt ist aber, dass sowohl Intonation als auch Sustain out of the box wirklich keine Wünsche offen lassen. Bereits unverstärkt macht der Mighty seinem Namen alle Ehre und erweckt einen guten ersten Eindruck. Für die Übertragung an den Verstärker sind hier zwei aktive EMG-Tonabnehmer zuständig, wobei sich der MM-Style-Humbucker nahe der Bridge durch das Hochziehen des Tone-Potis in den Singlecoil-Betrieb versetzen lässt.

Obwohl die Tonabnehmer selbst aktiv sind, ist das Bedienfeld des Basses ganz traditionell JB-typisch aufgebaut. Für meinen Geschmack ist die Kombination aus Volume und Balance zwar einfacher einzustellen als die hier verbaute Variante mit zwei Volume-Potis, ein Richtig oder Falsch gibt es da aber nicht. Eben weil die Tonabnehmer aktiv sind, hat die Höhenblende allerdings eine etwas andere Wirkung als beim Passivbass.

Aufgrund des Zusammenspiels aus Poti und Tonabnehmerimpedanz verändert sich nicht nur die Einsatzfrequenz, sondern auch die Resonanzüberhöhung bei einem Passivbass je nach Position des Potis. Dadurch entsteht das für Höhenblenden typische Näseln beim Zudrehen. Bei aktiven Tonabnehmern ist die Veränderung aufgrund dieser fehlenden Wechselwirkung deutlich dezenter. Beim Zudrehen wird der Ton lediglich dunkler, behält aber seinen grundlegenden Charakter bei. Einerseits ist es natürlich schade, dass so nicht das komplette Repertoire klassischer JB-Sounds zur Verfügung steht, andererseits soll dieser Bass ja auch einen modernen Sound liefern und das macht er sehr gut.

Bedingt durch die aktive Bauweise der Tonabnehmer bleibt auch die gegenseitige Beeinflussung der Spulenimpedanzen aus. So bleibt auch der spitze, bei zwei vollständig aufgedrehten Singlecoil-Pickups üblicherweise auftretende Sound aus. Mit prägnanten Hochmitten verschafft sich der Bass auch unter schwierigen Bedingungen Gehör im Mix, was insbesondere der angepeilten Zielgruppe entgegenkommt, die auf härtere Gangarten steht. Aber auch die restlichen Frequenzbereiche kommen nicht zu kurz.

Druckvolle, kontrollierte Bässe sorgen für ein stabiles Fundament. Gerade hier hört und spürt man das lange Sustain. Einen Kompressor zum „Andicken“ bräuchte ich mit diesem Bass nicht. Nicht übermäßig stark, aber absolut ausreichend ausgeleuchtet ist der Hochtonbereich. Glockenartige Höhen liefern die Tonabnehmer zwar nicht, jedoch eine starke Präsenz in den hohen Hochmitten, sodass es an Artikulation und Klarheit im Klangbild nicht mangelt. Da fällt es fast schon schwer, die Finger nicht permanent auf der potenten H-Saite zu lassen.

Im Split-Modus des hinteren Pickups weist der Klang, trotz vollerer Mitten als für einen Jazz Bass typisch, eine gerade für Plektrum-Spiel angenehme Drahtigkeit auf. Deutlich aggressivere Sounds lassen sich mit dem Humbucker-Modus erreichen. Grob erinnert der Sound an einen Stingray, durch die geringere Entfernung zur Bridge kommen die Mitten jedoch noch präsenter und aggressiver zur Geltung, insbesondere unter Ausblendung des Neck-Pickups.

Naturgemäß ist der untere Frequenzbereich hier etwas dünner, aber das lässt sich am Verstärker schnell ausgleichen. Ein geringer Preis für den prägnanten, im besten Sinne rotzigen Sound, mit dem man dann belohnt wird. In Kombination mit einer tighten Zerre geht die sprichwörtliche Sonne auf, Feinabstimmungen im EQ wären nur das i-Tüpfelchen. Diesen präsenten, knurrigen Charakter lässt sich der Bass auch mit einer zugedrehten Tonblende nicht vollständig austreiben, zum Guten wie zum Schlechten: Super für prägnante Rock- und Metal-Basslinien oder Slapbass, für eine Ballade aber vielleicht zu viel des Gutes.

Am ehesten lassen sich zurückhaltende, warme Sounds mit dem Neck-PU allein, unter Zuhilfenahme der Tonblende realisieren, wobei sich auch hier die durchsetzungsfähige Ausprägung des Instruments noch bemerkbar macht. Für ein weiteres Zügeln müssen zusätzliche Equalizer bemüht werden.

RESÜMEE

Insgesamt bereitet der Mighty Evolution massig Spielspaß und bildet eine mehr als solide Basis für Basssounds, die von knurrigen Mitten und starkem Durchsetzungsvermögen profitieren ohne dabei zu dick aufzutragen. Für die von FGN anvisierte Zielgruppe der Rock- und Metal-Fans also eine gute Wahl. Besonders attraktiv wird der Bass durch die Kombination aus praxisrelevanten Detailverbesserungen und einem fairen Preis.

PLUS

● Haptik
● Sound
● schöne Detaillösungen

MINUS

● Kopflastigkeit

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2023)

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