Offset mit umbauter Luft

Test: Fender Tom DeLonge Starcaster

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(Bild: Dieter Stork)

Blink-182-Frontmann Tom DeLonge ist seit langem mit der Firma Fender verbunden. Tatsächlich war er der erste Künstler überhaupt, dem Squier ein Signature-Instrument gewidmet hatte. Das war im Jahr 2002 – und Blink 182 standen damals im vollen Saft ihrer Karriere.

Später wurde ihm auch noch eine Fender Strat auf den Leib geschneidert, aber er war sich auch nicht zu schade, sich zwischendurch bei Konkurrent Gibson anzustellen, wo es dann immerhin die Gibson- und Epiphone-ES-333-SignatureModelle gab. Seit 2022, seiner Rückkehr zu Blink 182, ist der PunkPop-Altmeister wieder bei Fender unter Dach und Fach, hat bereits ein Signature-Modell der Fender Starcaster aus dem Custom Shop am Start und präsentiert seinen Fans nun mit der Tom DeLonge Starcaster eine dank indonesischer Fertigung relativ volksnah eingepreiste Axt. Ob die auch ordentlich abliefern kann, werden wir im Folgenden klären.

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A STAR WAS NOT BORN

Die originale Fender Starcaster gilt als eines der größten Missverständnisse in der langen Fender-Historie. Sie wurde zwischen 1976 und 1982 produziert und sollte sich gegen die Platzrehe der ES-Serie von Dauerrivale Gibson behaupten. Das ging leider schief, u. a. weil Fender nicht erkannt hatte, dass die typischen Semiakustik-Spieler zu einem sehr traditionsbewussten Volk gehören. Vielmehr wollte man bewusst auf typische Fender-Merkmale nicht verzichten – und wurde vom Markt dafür abgestraft.

So schreckte die von Jazzmaster und Jaguar inspirierte Offset-Korpusform das Semiakustik-Klientel deutlich ab. Die beiden der Thinline Custom Tele entliehenen Wide-Range-Humbucker mit ihren CuNiFe-Magneten erinnerten nicht mal von Weitem an die gelobten PAF-Sounds, und die Saitenführung durch den Korpus inkl. Einteilersteg war für eine Semiakustik ebenfalls sehr ungewöhnlich.

Zu allem Überfluss vertraute man auch noch auf eine Schraubhals-Konstruktion und die lange, Fender-typische Mensur. Wer sich jetzt noch nicht abgekehrt hatte, dem gab die neue Kopfplatte, ein riesenhaftes Etwas in Form eines Entenschnabels, den Rest.

Dieses Zuviel an Eigensinn sorgte für eine satte Bauchlandung der Starcaster, die kommerziell den ES-Modellen von Gibson nicht das Wasser reichen konnte. Vielleicht war aber auch einfach die Zeit für solch ein Instrument noch nicht reif gewesen? Immerhin zerrten Jahre später einige Musiker die Starcaster ins Rampenlicht – meist illustre Künstler, weit neben dem Mainstream unterwegs: Jonny Greenwood von Radiohead, Dave Keuning von The Killers, Daniel Rossen von Grizzly Bear, Tom Verlaine von Television, Jamie Cook von Arctic Monkeys, Nick Valensi von The Strokes, Chris Walla von Death Cap For Cutie und einige mehr.

Sascha Vollmer von The Boss Hoss hat dagegen die Abbiegung in Richtung Mainstream auch mit einer Starcaster erfolgreich gemeistert – ebenso wie Tom DeLonge.

FAN BOY

DeLonge hat sich allerdings das alte und gar nicht ehrwürdige Starcaster-Design für seine Zwecke ordentlich zurechtgebogen. Sein Markenzeichen, die Bestückung mit nur einem lauten Humbucker, wurde natürlich auch hier umgesetzt. Die Wahl fiel auf einen Seymour Duncan Custom SH-5, ein Humbucker „mit mittlerer Leistung, der mit einem Keramikmagneten und speziell gewickelten Spulen ausgestattet ist, um einen ‚P.A.F.-on-Steroids‘-Ton zu erzeugen. Er hat straffe Bässe, eine Anhebung in den oberen Mitten, und ein luftiges Höhenbild…“

Gemeinsam einsam: Ein Seymour Duncan SH-5 und ein Volume-Poti reichen DeLonge aus (Bild: Dieter Stork)

Das schreibt Seymour Duncan auf seiner Website zu diesem Pickup. Ihm zur Seite gestellt ist das einzige Poti – ein Volume-Poti, das dank seiner Treble-Bleed-Schaltung die Höhen beim Runterregeln der Lautstärke nicht beschneiden soll.

Die auffälligste Abkehrung vom klassischen Starcaster-Design findet man jedoch weiter oben. Der bekennende Vegetarier DeLonge bestellte statt des Entenschnabels für seine Starcaster eine Strat-Kopfplatte in End-Sechziger-Größe, wie auch bereits auf seinem Custom-Shop-Modell zu sehen war.

Der Hals selbst ist aus geröstetem Ahorn gefertigt und rückseitig klar und hochglänzend lackiert. Als Griffbrett-Material darf wieder einmal Palisander ran und nicht, wie bei den meisten anderen Fender-/Squier-Instrumenten aus Indonesien, das günstigere Lorbeer. Trotz aufgeleimtem Griffbrett weist der Hals einen eigentlich unnötigen „Skunk Stripe“ auf, vermutlich ein Zugeständnis an die Produktion.

Fender-Locking-Mechaniken sorgen für einen festen Sitz der Saiten und ermöglichen schnellen Saitenwechsel. Die Mechaniken sind zudem „staggered“, d. h. ihre Schafthöhe wird nach hinten hin immer geringer, sodass die Saiten in einem guten Winkel vom Sattel aus verlaufen. Zusätzlich ist noch ein Saitenniederhalter für die E1- und H2-Saiten installiert.

(Bild: Dieter Stork)

Die Halteplatte, über die der Hals mit dem Korpus verschraubt ist, weist nicht nur ein von DeLonge selbst entworfenes Artwork auf, sondern auch eine rechts oben sitzende Schraube in Doppelfunktion. Sie fixiert nämlich gleichzeitig zum Hals einen Gurtpin. Die übliche Starcaster hat den oberen Gurtpin am oberen Korpushorn, aber DeLonge wollte wohl ein bisschen Gibson-Feel mit dieser Positionierung realisieren. Denn so sitzt die Gitarre wie z. B. bei einer ES-335 etwas nach rechts verschoben und etwas weiter unter dem Spielarm, auch wenn sie leicht nach vorne kippt, wenn man sie nicht gerade festhält oder spielt.

(Bild: Dieter Stork)

Die Zeiten, in denen die Saiten wie beim Ur-Original durch den Korpus geführt werden, sind längst vorbei; wie alle zeitgenössischen Starcaster-Modelle vertraut auch die Tom DeLonge auf eine bewährte Tune-o-matic-/Stop-Tailpiece-Konstruktion, bei der die Brücke auf 8-mm-Bolzen sitzt, die in entsprechende Gewindehülsen auf der Decke greifen. Apropos Decke: Der Body ist in Zargenbauweise aus Ahorn-Laminat gebaut. In seiner Mitte verläuft ein Centerblock, der Decke und Boden verbindet und auf dem Pickup und Stegkonstruktion montiert sein. Da brennt nichts an – kein Hupen, kein Dröhnen, auch nicht, wenn es mal richtig laut werden sollte.

LET‘S PLAY

Schön groß, dieser Body, und schön leicht! Und liegt gut am Körper an, auch im Stehen. Die Position des oberen Gurtpins auf der Halshalteplatte ist also tatsächlich keine verkehrte Idee, denn so entsteht ein etwas inniger Kontakt zum Instrument. Der Hals lässt sich sehr bequem spielen, das Profil ist sehr comfy, wie der Amerikaner sagt, und die Spielbarkeit über alle Lagen bis hinauf in den 22. Bund hervorragend. Lediglich der erste Bund hinkt in seinem Comfy-Faktor etwas hinterher, denn die Sattelkerben dürften gerne eine Idee tiefer sein.

Hardware und Elektrik arbeiten absolut zuverlässig, mit bester Stimmstabilität, während das Volume-Poti gleichmäßig ohne Sprünge die Lautstärke gegen Null fährt, ohne dass Höhenverlust zu beklagen wäre. Treble-Bleed sei Dank. Schon der akustische Sound der DeLonge Starcaster gefällt extrem gut – sehr ausgewogen, sehr frisch und lebendig kommt der rüber. Um diesen Sound in die verstärkten Welten transferieren zu können, ist Duncan SH-5 tatsächlich eine sehr gute Wahl. Er hat zwar einen hohen Output, aber seine Konstruktion u. a. mit Keramikmagnet sorgt dafür, dass trotz allem saftigem Druck auch viel Klarheit und Höhen mit im Spiel sind.

Das macht sich gut bei Clean- und Crunch-Sounds, sorgt aber in den verzerrten Welten, in denen Blink 182 meistens unterwegs sind, auch für mehr Durchsetzbarkeit und klangliche Offenheit und Breite. Die tonale Charakteristik dieses Pickups kommt der semiakustischen Konstruktion des Bodys sehr entgegen, vor allem fällt sein helles Strahlen in allen Sound-Bereichen auf.

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