Ed O'Caster

Test: Fender Ed O’Brien Sustainer Stratocaster

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Fender EOB Stratocaster
(Bild: Dieter Stork)

Nachdem der Radiohead-Gitarrist Ed O’Brien jahrelang u. a. Fender Eric Clapton Signature Strats gespielt hat, war es offenbar Zeit für ein eigenes Artist-Modell. Da seine mitunter spacigen Klangcollagen maßgeblich zum Sound der Alternative-Rock/Britpop-Band beitragen, sollte es natürlich ein Workhorse mit eher unkonventionellen Features werden, welches jedoch nach wie vor auf der geliebten Clapton-Strat basiert.

„Artist Signature“ – da denkt jeder Gitarrist sofort an ein edles Instrument aus dem Fender Custom Shop. Vorzugsweise auch noch „Master Built“. Weit gefehlt, denn die EOB Strat wird in Mexiko hergestellt und überrascht trotz hochwertiger Ausstattung mit einem erschwinglichen Preis.

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basis + extras

Rein äußerlich entspricht der Erle-Body dem einer 56er Stratocaster, was uns der ausladend gefräste Rippenspoiler zeigt. Allerdings musste für Batteriefach und Elektronik etwas mehr Holz dran glauben. Zudem ersetzt ein ovales Zargenblech die obligatorische frontseitige Halterung der Klinkenbuchse. Den Deckel des Elektronikfachs hat Fender Oberkante bündig eingelassen, das separate Batteriefach und die Federkammerabdeckung aufgesetzt. Lobenswert: Die schnell zu wechselnde 9-Volt-Batterie findet über Federn Kontakt, nicht etwa über einen Clip mit Litzenanschlüssen.

Fender EOB Stratocaster
Zargenblech mit Klinkenbuchse (Bild: Dieter Stork)

Der stramm in seiner Aufnahme sitzende Hals wird von vier Schrauben und einer Metallplatte gehalten, in die man ein „Flower-of-Life“-Emblem gestanzt hat. Dieses soll die Basis der Musik repräsentieren, denn die Abstände zwischen den einzelnen Bereichen sollen denen zwischen ganzen und halben Noten entsprechen. Na gut, mit viel Phantasie … Das Profil des recht fetten einteiligen Ahornhalses startet am Sattel mit einem soften V und endet in Höhe des 13. Bundes in einem runden C, während der Griffbrettradius bei zeitgemäßen 9,5″ liegt. 21 schlanke aber hohe Bünde verteilen sich darüber, allesamt vorzüglich verrundet und inklusive der Kanten sorgfältig poliert. Schwarze Punkte und Sidedots erleichtern die Navigation.

Fender EOB Stratocaster
Das Emblem der Halsplatte (Bild: Dieter Stork)

Ein optimal aus- und abgerichteter Sattel aus synthetischem Knochen führt die Saiten zu den präzise und geschmeidig arbeitenden Kluson-type Vintage Tunern. Die runde String-Tree-Scheibe, der Niederhalter der E1- und H2-Saite, deutet auf die Anleihen einer 56er Strat hin. Somit ist die Halsjustierschraube auch am Griffbrett-Ende zugänglich, zumindest nachdem man den Hals demontiert hat. Wie bei One-Piece-Maple-Necks üblich, verschließt eine rückseitige Walnusseinlage die Truss-Rod-Fräsung. Das werksseitig schwebend austarierte Fender Vintage Vibrato zeigt bei gefühlvoller Behandlung ausreichende Stimmstabilität.

Bis auf zwei Minischalter, die ja das Buchsenblech an die Zarge verbannt haben, wurden alle Pickups und Bedienelemente auf dem dreilagigen Parchment-Pickguard montiert. Unterschiedlicher kann eine Pickup-Bestückung nicht sein: Sustainer Driver Singlecoil in der Halsposition, Fender Texas Special Einspuler in der Mitte, Seymour Duncan JB Junior Schmalspur-Humbucker am Steg. Der Fünfwegschalter ermöglicht die gewohnten PU-Konstellationen (H, H+M, M, M+S, S), des Weiteren kontrollieren Master-Volume und Master-Tone.

Und was macht das dritte Poti? Dieses regelt die Intensität des Sustainers. Das Poti rastet in Mittelstellung leicht ein, die jedoch keine Funktion besitzt, sondern eher als Orientierung dient. Der hintere der beiden Minischalter aktiviert den Sustainer, der Vordere die Betriebsarten Standard, Harmonic und Mix. Die Sustainer-Schaltung erzeugt ähnlich einem E-Bow ein Magnetfeld, mit dem es die Saiten zum Schwingen anregt. Der Vorteil gegenüber dem E-Bow, der konstruktionsbedingt stets nur eine einzelne Saite bearbeiten kann, ist, dass der Fernandes auch Akkorde überträgt.

Fender EOB Stratocaster
Die Platine des Fernandes Sustainer Drivers (Bild: Dieter Stork)

klang & sang

Erwartungsgemäß bietet der stark konturierte 56er-Korpus allerhöchsten Tragekomfort. Interessanter ist hier der Hals. Sein dezentes V in den untersten Lagen und das zunehmend runde C nach oben hin kommen Akkord- und Solospiel gleichermaßen zugute, auch wenn das doch recht kräftige aber dennoch angenehme Profil mit seinem warmen holzigen Grip nicht jedem zusagen wird. Das ist halt nichts für Hochgeschwindigkeits-Picker.

Erle-Body und Ahornhals zeigen bestes Schwingverhalten in Form von direkter Ansprache, schneller, lebendiger Tonentfaltung und erstaunlich stabilem Sustain. Unverstärkt entwickelt die Testgitarre kraftvolle, ausgewogene Klangbilder mit knackiger Brillanz und reichem Obertongehalt.

Alle drei Pickups liefern am Amp mehr Output als beispielsweise Vintage-Einspuler. Der Klang des Sustainer Drivers kommt dem Hals-Pickup einer Strat recht nahe, tönt jedoch etwas mittiger und besitzt im Clean-Betrieb nicht ganz dessen Offenheit und Brillanz, obgleich genügend Obertöne im Spiel sind. Der Texas Special in der Mitte tönt kraftvoller und runder als ein Vintage-Typ, passt klanglich wie output-mäßig perfekt in das zusammengestellte Trio und lässt in Kombination mit dem Sustainer Driver klassische, recht authentisch näselnde In-Between-Sounds erkennen.

Obwohl trotz seiner 15,2 kOhm nicht wesentlich lauter erscheinend als der Hals-Pickup, liefert der Duncan JB Jr. ein imposantes Clean-Brett mit straffen knackigen Bässen, leicht betonten oberen Mitten, klaren keineswegs aufdringlichen Höhen und breitem Obertonspektrum. Leider vermisse ich das beliebte Näseln in der Kombi mit dem Texas Special, da stets beide Spulen des JB Jr. aktiv sind. Angesichts des leistungsstarken PU-Trios kann die EOB Strat natürlich auch wunderbar highgainig rocken, wobei der Hals-Pickup ein wenig belegt daherkommt und somit nicht ganz die Transparenz seiner beiden Kollegen aufweist. Natürlich schießt der JB Jr. in dieser Disziplin mit homogen crunchenden Akkorden, singenden Leadsounds, exzellenter Dynamik und bestem Durchsetzungsvermögen den Vogel ab.

Fender EOB Stratocaster
Nicht nur ein Hals-Pickup: Der Sustainer Driver (Bild: Dieter Stork)

Kommen wir jedoch zum Sahnehäubchen dieser Fender Strat. Der Fernandes Sustainer verrichtet seine Aufgabe mit unterschiedlichen Ergebnissen. Schlägt man beispielsweise einen Akkord an, oszillieren nicht alle Töne, sondern nur bestimmte, vorrangig die der Plain-Saiten. Aber auch einzelne angeschlagene Wound-Saiten liefern praktikable Ergebnisse. Per Mode-Schalter kann gewählt werden, ob der angeschlagene Ton, einer seiner Obertöne oder beide gleichzeitig oszillieren sollen. Das funktioniert zwar auch bei cleanen Sounds, wesentlich besser jedoch bei verzerrten. Je mehr Gain desto besser. Speziell bei Lead-Sounds klingt es authentisch nach in den Obertonbereich kippenden Tönen. Der Sustainer arbeitet übrigens unabhängig von der gewählten Pickup-Konstellation. Unterm Strich lässt sich konstatieren, dass die Töne am besten oszillieren, die auch bei deaktiviertem Sustainer natürlich in ihre Obertöne kippen. Mit Hilfe des unteren Volume-Potis kann die Intensität des Sustainer-Klangs fein dosiert werden. Wer die Elektronik noch präziser nach individuellen Bedürfnissen nachjustieren möchte, kann dazu die vier Trimmer auf der Platine nutzen.

Fender EOB Stratocaster
Batteriefach mit Federkontakten (Bild: Dieter Stork)

resümee

Ed O‘Briens Sustainer Stratocaster erweist sich nicht nur als klanglich extrem vielseitig einsetzbare solide Allround-Gitarre, sondern bietet dank des Fernandes Sustainers auch jede Menge Spielraum für Klangexperimente. Unabhängig von ihrer exzellenten Bespielbarkeit – sofern man mit dickeren Hälsen klarkommt – bereitet es riesigen Spaß, die Möglichkeiten des Sustainers zu erkunden. Zudem hält die EOB sowohl tolle Strat-Sounds als auch Klänge für härtere Gangarten bereit. Die Verarbeitung und vor allem der Fret-Job lassen keine Wünsche offen. Dank mexikanischer Fertigung stimmt unterm Strich auch der Preis, und das sogar bei Verwendung von Komponenten namhafter Hersteller. [3372]

Fender EOB Stratocaster

Fender EOB Stratocaster

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2018)

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