Darf es etwas mehr sein?

Test: Eventide H90 Harmonizer

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Der H90 Harmonizer am Bass

Es mag wenig überraschen, aber auch der Einsatz am Bass oder anderen tieftönigen Klangerzeugern, wie Synth, Keyboard, meiner Stimme nach einer langen Nacht, ist natürlich kein Problem.

Eigentlich wollte ich mich in diesem Abschnitt ausschließlich dem Sound widmen, da mein Kollege Florian die technischen Aspekte schon behandelt hat. Nicht unerwähnt bleiben sollte allerdings, dass für die Nutzung des Editors am Rechner eine Registrierung der Hardware per Eintrag der Seriennummer in den persönlichen Eventide-Account notwendig ist. Anderenfalls lässt sich die Software nicht einmal herunterladen und auch nach Installation ohne Anmeldung nicht nutzen. Ich muss gestehen, ich bin kein Freund dieser Praxis. Macht es doch das Verleihen, Testen oder auch die Nutzung an fremden Rechnern unnötig aufwendig.

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Einmal angemeldet, funktioniert das Editieren allerdings auch ohne aktive Internetverbindung. Wie dem auch sei. Ist diese „Hürde“ überwunden, eröffnen sich mit einer Leichtigkeit komplexe, klangliche Sphären, dass es fast zu einfach scheint. Out of the box sind etwa die Hälfte der Werks-Presets bereits ohne nennenswerte Anpassung am Bass sinnvoll nutzbar. Über die Qualität der Modulationen und Reverbs muss man wohl keine großen Worte verlieren. Beim funky Envelope-Filter-Chorus-Fuzz ein wenig die Intensität eingestellt, am Blackhole-Reverb (einer meiner Dauerfavoriten) die Modulationstiefe angepasst oder beim Pitch-Delay die Tonart.

So gut wie jeder Patch macht sofort Spaß und lädt zum Experimentieren ein. Wenige Geräte bieten out of the box ein derartiges kreatives Potential. Steilvorlagen für Songs und Riffs kommen beim Durchschalten wie von selbst. Aber auch die Verzerrungen können sich hören lassen. Hierbei sind nicht nur massive Synth-Fuzz-Eskapaden à la Muse oder Royal Blood mit von der Partie, sondern auch ganz dezent angezerrte „Brot und Butter“- Sounds meistert der H90 mühelos.

Sorgen um Fundament- oder Druckverlust müssen sich dank der Routing-Möglichkeiten nicht gemacht werden. Nicht nur lassen sich die beiden Algorithmen sowohl seriell als auch parallel betreiben, es kann auch der Wet/ Dry-Anteil pro Algorithmus individuell bestimmt werden, zusätzlich zum globalen Mischungsverhältnis. So liefern auch sonst dünne Fuzzes oder starke Modulationen noch richtig Druck.

Apropos Druck: Der H90 bringt auch Synth- und Octaver-Sounds mit, die es in sich haben. Insbesondere Letztere kleben regelrecht an den Fingern und machen mit einer Bandbreite von ‚Sledgehammer‘ bis Skrillex unheimlich viel Spaß. So deckt das Gerät die Basics ab, liefert aber gleichzeitig experimentelles Potential für genau diese eine Stelle im Song, ohne dass dafür ein komplettes Effektpedal den restlichen Gig ungenutzt auf dem Board versauern muss.

Eventide hat mit seinen aus verschiedenen Effekten gemischten Algorithmen ein gesundes Mittelmaß an Komplexität und Bedienbarkeit gefunden. Klar lassen sich viele der Sounds auch mit einem Axe-Fx oder Helix nachbauen, jedoch mit einem ungleich höheren Aufwand. Und dank der Vorauswahl an Kombinationen lassen sich Klänge entdecken, die man sonst wohl nie in Erwägung gezogen hätte. Ob Muse-Coverband, Ein-Personen-Experimental-Shoegaze-Ambient-Noise-Projekt, Festzelt-Band oder dezenter Einsatz im Studio – genau wie bereits der Vorgänger bietet der H90 auch am Bass höchste Qualität für jede Stilrichtung.

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2023)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Danke für den Test!
    Ein (zumindest für mich) wesentliches Kriterium wird in den Berichten leider fast nie erwähnt:
    Wie ist die Umschaltzeit zwischen zwei Presets? Aus User-Reviews habe ich entnehmen können, dass das beim H9 wohl nicht so toll war.

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