Einzelstück

Test: ESP USA Horizon See-Thru Black Sunburst

Anzeige
ESP USA Horizon(Bild: Dieter Stork)

Was der Custom Shop von ESP USA in Hollywood schon so alles auf den Fachmessen dieser Welt präsentiert hat, versetzte sicherlich den einen oder die andere in Verzückung.

Im luxuriösen G&G-Koffer räkelt sich vor mir eine prächtige ESP Horizon aus der USA-Reihe, handgefertigt in North Hollywood/Kalifornien. Bereits die erste Inaugenscheinnahme lässt allerhöchstes Verarbeitungsniveau erkennen: perfektes Finish, spiegelglatt polierte Oberflächen, Bundbearbeitung par excellence, Sattelabrichtung (tiefer geht‘s nicht) und ultraflache Saitenlage.

Anzeige

Solides Arbeitstier

Neben ihren edlen Zutaten und der daraus resultierenden ansprechenden Optik überzeugt die amerikanische Horizon auch durch strapazierfähige solide Bauweise. Abgesehen von musikalischen und modischen Zeitenwandeln also ein Instrument fürs Leben, das selbst widrigste Bedingungen meistern dürfte. Die 30 mm dicke Mahagoni-Basis krönt eine rund 18 mm dicke, stark gewölbte und wild gezeichnete Quilted-Maple-Decke.

Dass hier massiver Ahorn Verwendung fand, erkennt man am klar überlackierten Fake-Binding, in welchem sich die Holzzeichnung wiederfindet. Hinten hat man die Kanten sparsam verrundet, ein großzügig angelegter Rippenspoiler bietet Tragekomfort. Der Stabilität und Schwingungsübertragung gleichermaßen förderlich ist der dreifach aus Ahorn gesperrte Set-thru-Hals, dessen Fuß bis in die Mitte zwischen den beiden Tonabnehmern reicht – quasi ein Hybrid aus eingeleimtem und durchgehendem Hals.

Beste Voraussetzungen also für einen tief geschnittenen unteren Cutaway in Kombination mit ergonomisch fließendem Halsübergang. Ein ovales Zargenblech trägt die stramm zupackende Klinkenbuchse. Sie mündet im Oberkante bündig abgedeckten Elektrikfach, in welchem EMG-Potis mit Steckkontakten und ein robuster Pickup-Schalter hausen. In einem zweiten Fach mit schwenkbarem Deckel findet der 9-Volt-Block Platz, der die aktive Schaltung speist. Schaller-Security-Locks, deren Gegenstücke selbstverständlich zum Lieferumfang zählen, bieten dem Gurt sicheren Halt.

ESP USA Horizon
Perfekt gerundete Bundkanten (Bild: Dieter Stork)

Das wie die Kopfplatte weiß eingefasste Ebenholzgriffbrett bietet 24 vorbildlich abgerichteten und sorgfältig polierten Extra-Jumbo-Bünden Platz. Unterhalb der E6-Saite markieren kleine Abalone-Rechtecke die Lagen, den zwölften Bund das ESP-USA-Logo aus Perlmutt und Abalone. Die obligatorischen Sidedots dürfen natürlich nicht fehlen. Ein optimal abgerichteter Graphitsattel führt die Saiten über die Abdeckung des 2-Weg-Halsjustierstabs hinweg zu den präzise und geschmeidig arbeitenden Sperzel-TrimLok-Tunern. In Höhe des Sattels stabilisiert ein üppiger Kragen den Übergang zur Quilted-Maple-furnierten Kopfplatte.

Als Steg kommt eine TonePros T3BT Tuneo-matic Bridge zum Einsatz. Nach dem Strings-thru-body-Prinzip verschwinden die Saiten in der Korpusdecke und werden rückseitig von sorgfältig eingelassenen Hülsen gekontert.

Aktive EMG-Humbucker (ein 66 am Hals und ein 57 in der Stegposition) mit Alnico5-Magneten, sichtbaren Polepieces und gebürsteten schwarzen Kappen wandeln die Saitenschwingungen. Verwaltet werden sie per Dreiwegschalter, Master-Volume und Master-Tone.

ESP USA Horizon
Tuner und Halskragen (Bild: Dieter Stork)

Spielen & Hören

Mit ihren knapp 3,6 kg hängt die USA Horizon angenehm und bestens ausbalanciert am Gurt und macht auch auf dem Bein keine Anstalten, aus der Horizontalen zu wollen. Die rückseitige Ergofräsung bietet hohen Tragekomfort und der fließende Halsübergang barrierefreies Spiel bis in die höchsten Lagen. Meine Hand fühlt sich auf dem mittelkräftigen Hals pudelwohl, und die verrundeten Griffbrett- und Bundkanten erleichtern schnelle Lagenwechsel.

Weniger Geübten dürften allerdings die extrem hohen Bünde in Kombination mit den werksseitig aufgezogenen .009-.042 Saiten (D‘Addario NYXL) Stimmungsprobleme bereiten, und zwar dann, wenn Akkorde mit gegriffenen und gleichzeitig frei schwingenden Saiten zum Einsatz kommen. Nicht selten werden dabei nämlich die gegriffenen Saiten zu tief heruntergedrückt. Zusätzlichen Bedienkomfort bieten die optimal platzierten, butterweich rotierenden und elegant in die Decke eingelassenen Regler sowie der präzise einrastende Dreiwegschalter.

ESP USA Horizon
Diverse Steckverbindungen (Bild: Dieter Stork)

Schon der erste Anschlag macht das enorme Resonanzpotenzial und das daraus resultierende, über das gesamte tonale Spektrum gleichmäßige und lang anhaltende Sustain der Gitarre deutlich. Mit knackigem, ausgewogenem, luftigem, vor allem aber obentonreichem Klangbild macht sich der hohe Ahornanteil der Konstruktion bemerkbar. So kommen die Bässe straff und definiert, die Mitten drahtig, die Höhen klar und silbrig, und die Obertöne spendieren einen gewissen Glanz. Mit direkter Ansprache und schneller vitaler Tonentfaltung lädt die Horizon zu variablem nuanciertem Spiel und fördert zugleich die Tonformung.

Am zerrfreien Amp zeigen die aktiven EMG-Humbucker nicht nur deutliche PAF-Züge, sondern liefern erwartungsgemäß auch mehr Output als die legendären Originale. Während beide mit Alnico-5-Magneten bestückt wurden, besitzt der EMG 66 zylindrische Polstücke aus Keramik, der EMG 57 solche aus Stahl. In der Tat kommt der 66 in der Halsposition einem zum Vergleich herangezogenen 61er Hals-PAF einer frühen Les Paul Standard Reissue klanglich sehr nahe, tönt jedoch aufgrund seiner versetzten 24- Bund-Position etwas weniger voluminös, was wiederum Definition und Transparenz zugutekommt.

ESP USA Horizon
EMGs mit flachen Polstücken (Bild: Dieter Stork)

So klingt der EMG 66 ausgewogen, offen und glockig, liefert warme aber dennoch straffe Bässe, griffige Mitten, klar perlende Höhen und ein breites Obertonangebot. Auch im HighGain-Modus zeigt der Pickup eine präzise Saitentrennung, gesunden straffen Druck, sehr gutes Durchsetzungsvermögen, exzellente Dynamik für die Tonbildung und nahezu endloses Sustain. Und: Selbst komplexere Akkordgebilde bleiben erkennbar. Auch wenn für einen direkten Vergleich nur ein 61er Steg-PAF am Start ist, kann ich dem EMG 57 mit seiner Kombination aus Alnico-5-Magneten und Stahlpolstücken typische PAF-Qualitäten attestieren.

ESP USA Horizon
Praktisches Batteriefach (Bild: Dieter Stork)

Bestens konturiert, rund und reich an Obertönen, dringen Klarklänge ans Ohr, wobei die aktive Schaltung reichlich Headroom und Punch für Definition und Präsenz bereithält. Derweil kommen Zerr-Sounds straff und knackig, können je nach Anschlagsintensität aber auch warm singen oder sich aggressiv und durchsetzungsstark im Bandgefüge behaupten. Insgesamt lässt sich dem EMG 66/57-Paar die Aktivtonabnehmern oftmals angelastete Sterilität klar absprechen.

Beide Potis zeigen über ihr komplettes Spektrum extrem gleichmäßige Regelcharakteristik, die präzise Kontrolle von Output und Höhenblende gewährleisten. Nimmt man Volume zurück, sind so gut wie keine Höhenverluste festzustellen – ein weiteres Plus der aktiven Schaltung.

ESP USA Horizon(Bild: Dieter Stork)

resümee

Zur großen Freude von uns Test-Autoren findet hin und wieder ein Einzelstück aus dem amerikanischen ESP Custom Shop den Weg in unsere Redaktion. Die Kreativität der Designer wie auch die Akribie und Perfektion der Gitarrenbauer beeindrucken gleichermaßen. Angesichts des Preises darf man eine derart makellose Verarbeitung unter der Verwendung hochwertigster Tonhölzer und Hardware auch erwarten. Obwohl nicht unbedingt ein Fan aktiver Tonabnehmer, muss ich zugeben, dass mir die EMG 66 und 57 Humbucker tatsächlich gefallen. Neben ihren klanglichen, optischen und Verarbeitungsqualitäten lässt sich die ESP USA Horizon auch höchst komfortabel spielen, und zwar bis in die höchsten Griffbrettgefilde. Chapeau, ESP!

PLUS
• Sounds (vintage + modern)
• Sustain & Dynamik
• ergonomischer Halsübergang
• Pickups
• Qualität Hölzer & Hardware
• Spielbarkeit
• Verarbeitung

ESP USA Horizon

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.