Traum vom Fliegen

Test: ESP/LTD Phoenix1000 QM STBS

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(Bild: Dieter Stork)

So eine feuervogelige Gitarre zieht ja sowieso schon immer die Blicke auf sich, aber bei diesem geradezu erotisch anmutendem Modell in Black Sunburst könnte man selbst dann schwach werden, wenn man Reverse-Designs sonst eher skeptisch gegenübersteht.

Die von der Gibson Firebird inspirierte Phoenix-Reihe findet Ergänzung in neuen Modellversionen: Phoenix-1000 Evertune mit dem gleichnamigen Vibratosystem und Phoenix-1000 mit Quilted Maple Top. Für Spezialisten gibt es dazu auch noch die tiefergelegte Phoenix-7 Bariton Black Metal.

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WER SICH MIT VÖGELN AUSKENNT …

Damals, als der von Ted McCarty beauftragte Detroiter Automobildesigner Ray Dietrich für Gibson das Modell Firebird entwarf, sorgte die ungewöhnliche Konstruktion mit durchgehendem Hals und sogenanntem „Reverse Body Design“ natürlich für einiges Aufsehen. Kommerzieller Erfolg blieb dem im Herbst 1963 vorgestellten Modell aber leider versagt, was bereits im Mai 1965 zur Einstellung der Produktion der ersten Firebird-Version führte. Wieder einmal war der Gibson-Chef seiner Zeit vorausgeeilt, denn das futuristische Reverse-Design gilt heute fraglos als Highlight im elektrischen Gitarrenbau und aus dieser Quelle ziehen auch aktuell noch viele Hersteller Inspiration.

Die Phoenix-1000 von LTD bietet neben ihrem feuervogeligen Look in der Reverse-Bauweise ebenfalls das Prinzip der Neck-thru-Body-Konstruktion, bestehend aus einem dreiteiligen Mahagoni-Hals mit angesetzten Korpusflügeln aus Mahagoni. Die kleine, nach oben gezogene Stupsnase auf dem Horn vorn unten ist ein netter Akzent und findet Spiegelung in der umgedrehten Kopfplatte. Weiße Bindings betonen die fließend gestalteten Korpuskonturen, inszenieren aber auch die attraktiv gemaserte Ahorndecke in See Thru Black Sunburst.

Ebenholzgriffbrett mit XJ Stainless Steel Bundierung (Bild: Dieter Stork)

Das Griffbrett der Gitarre aus Macassar-Ebenholz mit 22 Extra-Jumbo-Bünden und ESP-Flag-Inlays ist ebenfalls eingebunden. Weiß gerahmt zeigt sich auch die in der Korpusfarbe lackierte umgedrehte Kopfplatte (reversed headstock, matching finish), die mit LTD Locking Tunern ausgestattet ist. Der Kopf ist etwas schlanker als beim Vorbildmodell gestaltet, was für exakt gerade Saitenführung auf den Sattel aus schwarzem Kunststoff hin sorgt. Am Korpus werden die Saiten über die TonePros Locking TOM Bridge zu einem Tailpiece geführt.

Elektrik: Ein auf diese Gitarre zugeschnittener Satz Pickups mit Nickelkappen von Seymour Duncan sorgt für angemessene Tonwandlung. In der Halsposition finden wir den Phat Cat Pickup, ein P-90-Typ im Humbucker-Format; am Steg wartet ein Custom Ceramic Humbucker mit gehobenem Output auf seinen potenten Einsatz, lässt sich aber auch per Push-Pull-Funktion im Tone-Regler zum Single-Coil splitten und damit bändigen. Neben der generellen Tonblende gibt es zur Kontrolle dann noch ein Master-Volume. Die Gitarre aus indonesischer Produktion zeigt keinerlei Schwächen in Verarbeitung, Lackierung oder funktioneller Einrichtung.

Starkes Set von Seymour Duncan: Phat Cat und Ceramic Custom Humbucker (Bild: Dieter Stork)

… KOMMT VOLL AUF SEINE KOSTEN

Die Phoenix-1000 bietet gemessen an ihrer exklusiven Formgebung eine recht komfortable Handhabung. Der abgeglichene Bereich der Armauflage und die Anlagebucht am Boden oben sorgen für gute Ausrichtung, das Spielgefühl ist stattlich. Was auffällt, ist allerdings die vorspringende Länge des Halses, der hier, im Gegensatz zur Gibson Firebird, die lange-648 mm-Mensur besitzt. Damit einher geht nicht ganz unerwartet eine leichte Kopflastigkeit, die aber mit aufgelegtem Arm nicht zu sehr ins Gewicht fällt. Das Gesamtgewicht erreicht im Übrigen nicht ganz 3,8 kg.

Die tief eingerichtete Saitenlage über einer perfekt gemachten Jumbo-Bundierung garantiert dann besten Zugriff auf den sehr schön ausgewogen gestalteten Hals. Nicht zu breit (42,4 mm Sattelbreite), eher flach mit angenehm verrundeten Schultern ausgelegt und aufsteigend nur wenig an Breite und Tiefe zunehmend. Bemerkenswert ist auch die außerordentlich gute Freistellung und damit Bespielbarkeit der hohen Lagen der Phoenix – besser geht das nicht!

Typisch für das Bauprinzip des durchgeführten Halses ist das lange Sustain der Gitarre, erreichbar selbst in den hohen Lagen. Der Ton reagiert schnell auf den Anschlag hin und harmonische Obertöne entfalten sich elegant im ausdauernden Abklang. Für die Bauweise kann sich auch das Dynamikverhalten durchaus sehen lassen, die Intensität angeschlagener Noten ist mit dem Plektrum gut steuerbar. Da auch die Darstellung von Akkorden durch klare Saitentrennung und konsonante Geschlossenheit beeindruckt, sind wir nun auf die elektrische Umsetzung gespannt: Das Set von Seymour Duncan scheint gut gewählt für dieses Modell, denn der Phat Cat am Hals verspricht eine kraftvoll differenzierte Tonübertragung.

Sein Gegenspieler in der Stegposition mit keramischer Magnetkraft indes das ultimative Brett, oder aber auch alternativ einen Single-Coil-Sound per Coil Split. Und tatsächlich überzeugt der P-90 in der Halsposition mit breit aufgelöstem Akkordbild, das, auf stramme Bässe gründend, Mehrklänge sehr schön aufgeräumt umsetzt. Volumenreich und harmonisch rund öffnen sich die Sounds, lassen sich leicht erzeugen und zeigen schöne Obertöne im Abklang. Unter Zerre genommen sind die immer schön stramm und konturstark agierenden Powerchords von dunklem Raunen geprägt, Sololinien kommen mit fest artikulierendem und lang anhaltendem Strahl.

Wechseln wir auf den Kollegen am Steg, so zeigt der natürlich eine etwas andere Statur. Mit leicht mittig geprägtem Sound lässt er Akkorde schlank und kompakt nach vorn springen. Dennoch bietet er bei klar eingestelltem Verstärker auch ein offenes und zupackendes Höhenspektrum. Rhythmisch akzentuierte Arbeit ist trotz des hohen Outputs also auch mit diesem Pickup kein Problem. Seine wahre Bestimmung findet er aber natürlich eher in High-Gain-Positionen des Amps, auf die er mit breiter Brust reagiert. Gestochen scharf, dabei griffig sorgen Powerchords für druckvolle Präsenz. Lead-Spiel geht leicht von der Hand, der Ton reißt schnell und perkussiv auf und lässt sich bestens modulieren. Auf Tappings und alle Arten von Verzierungen reagiert er mehr als gutwillig. Ziehen wir den Tone-Regler, so speckt der Sound stark ab, stellt einen eher schneidenden Single-Coil-Sound heraus. Das ist natürlich schöner Bonus für die tonfarbliche Beweglichkeit und für eine schnelle Änderung der Tongestalt.

Von dem Zusammenspiel der Pickups in Mittelstellung des Schalters ist dann auch nur noch Gutes zu berichten. Kehlig frisch und präsent geht es hier zur Sache, was das Klangangebot erfreulich stimmig abrundet.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Die LTD Phoenix-1000 ist in jeder Hinsicht ein außergewöhnlich starkes Instrument. Die Neck-thru-Konstruktion mit nicht zu flachem Thin-U-Profil in Verbindung mit langer 648-mm-Mensur sorgt für straffe Tonentfaltung, langes Sustain und rundum beste Bedingungen für das virtuose Spiel. Bendings gleiten wie auf Schienen, die Hand findet widerstandslos in die hohen Lagen und mit den perfekt passenden Seymour-Duncan-Pickups facht ein strammer Wind das elektrische Feuer an. Neben dem tollen Look und der makellosen Verarbeitung sind es die fabelhaften Spieleigenschaften und das variabel angelegte Klangpotential, was dieses LTD-Modell zu einer Empfehlung macht!

PLUS

● Design & Konstruktion
● Pickups
● Schaltung/Split Sounds
● Spieleigenschaften
● Stainless Steel XJ Bundierung
● tadellose Verarbeitung

MINUS

● leichte Kopflastigkeit

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2022)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Hi! Bin sehr interessiert an dem Teil! ESP/LTD Phoenix1000 QM STBS!
    Aber: WANN ist sie hier in D zu erwerben?
    Wisst Ihr Näheres? Dank u. Gruss, Sylvie Gluhk, Mülheim

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