„Dieses Modell ist simpel, aber auf Stereoiden …“

ESP LTD EC-01FT Deluxe im Test: One for the money …

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SPIELPLATZ

Die LTD EC-01FT hängt perfekt ausbalanciert am Gurt. Gleich von Anfang an wird klar, dass hier eine richtig ausgewachsene Gitarre am Start ist. Wer mit ihr also eine Les Paul Jr. oder eine SG Jr. assoziiert, ist auf dem Holzweg, denn diese Ein-Pickup-LTD will und kann mehr. Mehr Lautstärke, mehr Attitude, mehr Aggressivität – und will hart rangenommen werden.

So ist das Halsprofil, obwohl in den Werks-Specs als „thin U“ angegeben, eher als kräftigeres C mit fleischigen Schultern zu verstehen, füllt die Greifhand stimmig aus und fordert im Zusammenspiel mit den Jumbo-Bünden durchaus ein kräftiges Zupacken. Was ja auch zum Musik-Genre passt, dem sich die meisten Fans von ESP und LTD zugehörig fühlen.

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Der „Set Thru“-Hals verspricht einen druckvollen, straffen Sound ohne Bass-Gegrummel, und dieses Versprechen wird von der Führung der Saiten durch den Korpus unterstützt. Akustisch gespielt, fällt die Ausgewogenheit der Saiten-Lautstärke in allen Lagen positiv auf, aber auch der fette Ton der Single Notes. Verstärkt wird dieser Eindruck nicht nur bestätigt, sondern noch deutlicher präsentiert. In allen Bereichen zwischen clean und vollzerrend ist der Klang der LTD EC-01FT kompakt, druckvoll und ultrakonkret.

Single Notes haben einen ausdrucksstarken, vokalen Charakter – wie überhaupt diese Gitarre auch in der Lage ist, bluesig klingende Töne von sich zu geben. Auf den Jumbo-Bünden bendet es sich natürlich hervorragend, und ja – es klingt dann nicht gerade nach einem bitterkalten skandinavischem Winter, sondern auch ein wenig nach dem schwül-warmen Mississippi-Delta. Aber klar, ich weiß, dass diese Gitarre für anderes als Blues gebaut wird, aber wollte mit diesem Beispiel nur beschreiben, welche Qualität dieser Duncan Custom 14 mit sich bringt.

Der verhält sich tatsächlich bis etwa zur Hälfte des Regelweges des Volume-Potis wie in guter PAF-Typ, reagiert wunderbar dynamisch, lässt jeden Ton singen und in einem langen Sustain fett und breitbandig ausklingen – da vergisst man schnell mal, dass man es hier ja nur mit einem Steg-Pickup und sonst nichts zu tun hat. Dreht man das Poti weiter auf, gelangt man schön gleichmäßig in sukzessiv mehr zerrende Gefilde bis, je nach Einstellung von Amp und Pedalen, auch in ultraharte Bereiche, ohne dabei die beschriebene Straff- und Kompaktheit aufzugeben.

Nicht immer machen Singlecoil-Schaltungen von Humbuckern eine gute Figur, hier jedoch schon. Das Hochziehen des Volume-Potis verleiht dem Gesamtsound eine leichte Crispness, die gerade bei verzerrten und auch sehr verzerrten Sounds sehr charakteristisch klingt und für noch mehr Durchsetzung in den oberen Frequenzbereichen sorgen. Daumen hoch!!

Elegante, hauseigene Locking-Mechaniken helfen der Stimmstabilität und beim Saitenwechsel (Bild: Dieter Stork)

ALTERNATIVEN

Na gut, die bescheidene Schwester der EC-01FT hatten wir oben schon einmal angesprochen. Sie ist eine Alternative fürs Auge, aber nicht wirklich eine Alternative auf Augenhöhe. Dafür kostet die EC-201FT auch nur rund die Hälfte und hat dementsprechend weniger zu bieten.

Wem aber die üppigen Ausstattungs-Details der EC-01FT wie Locking-Mechaniken, Ebenholz-Griffbrett, Edelstahl-Bünde, ein „Set Thru“-Hals, die versenkte Brücke und der hervorragende Seymour Duncan Custom 14 Pickup nichts sagen oder nichts bedeuten, der bekommt mit der EC201FT eine grundsolide Rock-Maschine mit ESP-typischem Hard’n’Heavy-Flair, die der EC01FT zumindest sehr ähnlich sieht.

RESÜMEE

Die ESP LTD EC-01FT ist eine rundum starke Gitarre, sowohl im realen wie im übertragenen Sinn. Wie viele One-Pickup-Gitarren verkörpert sie nicht nur perfekt die Möglichkeiten, die ein minimalistisches Konzept bietet, sondern geht noch einen Schritt weiter, indem sie aufgrund ihrer hervorragenden Konzeption mit tief eingeleimten Hals, herausragendem Pickup und einer „wunschlosglücklich“-Ausstattung keinerlei Einschränkung fühlen lässt. Ich zumindest habe in keiner Spielsituation, der ich die Testgitarre ausgesetzt hatte, etwa einen zweiten Pickup vermisst.

Diese Gitarre kann brutalen Rock und Metal, was das typische ESP-Klientel auch von ihr erwartet. Und sie fordert eine zupackende, kompromisslose Spielweise ein, was in diesem harten Genre auch gegeben ist. Aber sie ist auch für andere Spielarten des Rock und Rock’n’Roll sehr gut aufgestellt, weil sie einfach ein rundum gutes Instrument darstellt. Und um noch einmal ESP-Mann Blue Wilding zu zitieren: „Dieses Modell ist simpel, aber auf Stereoiden – so wie ein BMW.“

PLUS

  • druckvoller, dynamischer Rock und Metal-Sound
  • Kompromisslosigkeit
  • Pickup
  • breiteres Griffbrett (43 mm)
  • Hardware-Ausstattung
  • Design
  • Konstruktion

MINUS

  • kein Gigbag oder Koffer


(erschienen in Gitarre & Bass 07/2024)

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