The Drab Four-String

Test: Esh The Green Man Tribute Stinger

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(Bild: Dieter Stork)

1986 wurde in Aachen die Firma Esh aus der Taufe gehoben, um feinste Bässe zu bauen, während Peter Ratajczyk sich für das New York City Department of Parks and Recreation um die Brooklyn Heights Promenade kümmerte. Mitte der 90er kreuzten sich die Wege des freundlichen Gärtners und der deutschen Bass-Company.

Der New Yorker Bassist hatte sich da schon lange den Künstlernamen Peter Steele verpasst und mit Type O Negative den Durchbruch geschafft. Und Gefallen gefunden am Esh Stinger, einem Entwurf von Jochen Imhof, der als „dark side of Esh“ gelabelt wurde – perfektes Werkzeug für den Düsterrocker.

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(KEIN) KLEINES GRÜNES MÄNNCHEN

Mittlerweile ist Esh in den guten Händen von NBE, die die Bässe in Tschechien bauen. Green Man war ein Spitzname von Peter Steele, wegen seines „grünen“ Jobs, und so wird der an den Custom Stinger von damals angelehnte Bass angeboten als „The Green Man Tribute“.

Die Korpusform entspricht dem Original, mit seinen wuchtigen Hörnern und dem typischen Zipfel am Korpusende. Das Holz der Wahl ist Esche, sauber in mattes Schwarz gehüllt. Auffällig ist die Verwendung eines einzelnen Pickups in JB-Form, hergestellt von Kent Armstrong in schönstem Grün. Zumindest ist das der einzige direkt sichtbare Abnehmer, im Steg befinden sich noch Piezoelemente.

Der alte Stinger hatte die klassische Esh-tronic von Andi Postler, die über einen Drehschalter neben aktivem und passivem Betrieb auch einen Piezo unter der Brücke zuschalten konnte. Hier sind für jede Saite eigene Elemente in den Saitenreitern eingebaut.

Für den Einzelbetrieb von Magnet-PU und Piezo oder deren Zusammenschalten ist nicht etwa der große Toggleswitch zuständig – das ist ein Killswitch, der in beiden äußeren Stellungen ein Muten des Signals ermöglicht. Stattdessen wird über den zweiten Regler das Piezosignal zugemischt. Holz gibt es auch beim Hals nicht viel zu sehen, hier versteckt sich harter Ahorn unter dem Lack, das Griffbrett ist aus Ebenholz.

Typisch für Peter Steele waren seine Lagenmarkierungen. Keine Punkte, Blockinlays, oder gar Haifischzähne oder ähnliches, sondern ein vollständig grün ausgefüllter Bund. Und nicht nur das, die grüne Lackierung geht komplett um die Halsrückseite herum. 360 Grad Fretmarker nennt Esh das treffend.

Im Griffbrett mit flachem 16“-Radius und dem Esh-typischen Zipfel am Korpusende sitzen 24 sauber eingesetzte Medium-Jumbo-Bünde. Die zipfelige Kopfplatte trägt neben einem angemessen grünen Logo vier Gotoh Mechaniken, hier findet sich auch der Zugang zum Stahlstab.

Die Verbindung von Hals und Korpus übernimmt das seinerzeit von Christoph Kost erdachte U/C Bolt on System, was für Ultra Contact steht und neben den normal eingesetzten Schrauben noch schräg eingedrehte beinhaltet, die für zusätzliche seitliche Stabilität sorgen sollen. Da das optisch unschön aussieht, deckt normalerweise ein Plastikdeckel alles ab, Pete fand aber den „Natur“-Look witzig, ergo fehlt der Deckel hier auch. Nicht fehlen dürfen die Gurtpins, von denen der vordere hinten am Horn sitzt.

 

 

AN DER KETTE

Bevor es an den Gurt geht, kann die Lage der Type O Negative korrekt auf HEAD gestimmten Saiten etwas flacher eingestellt werden, was schnell bewerkstelligt ist und dank der guten Bundabrichtung immer noch schnarrfrei bleibt. Teil des Signature-Looks von Pete war der „Gurt“, schlicht eine grobe, an den Bass geschraubte Kette.

Um das etwas bequemer nachstellen zu können, liegt den ersten 20 Tributes ein Richter Gurt bei, der Kettenelemente und Leder kombiniert. Der Green Man Stinger möchte sich daran in der Waagerechten einpendeln, was ja auch dem Genre durchaus angemessen ist. Klein ist er dabei nicht, was für einen Hünen wie Pete Steele kein Problem war, und auch für mich noch entspannt zu spielen ist, wobei das komfortable Gewicht von 3,9 Kilo hilft.

Einstellen muss ich mich nur auf zwei Dinge: der Hals hat ordentlich Substanz, und die eigentlich sehr klaren Bundmarkierungen, die man übrigens beim Spielen absolut nicht spürt, irritieren mich anfänglich mehr, als dass sie Orientierung geben.

Mit beiden Reglern auf Linksanschlag kommt aus dem Amp ein klarer Ton, mit definierten, starken Tiefen und kristallklaren Höhen. Was da zu hören ist, kommt zu einem geringen Teil vom Kent Armstrong, vor allem aber vom Piezo, der den Ton mit seiner Klangpägung dominiert.

Die Saiten untereinander sind absolut ausgewogen, umso bemerkenswerter, als dass im (etwas sehr mit Kabellage gefüllten) E-Fach, in dem auch die Batterie für den aktiven Preamp, über den beide Pickups laufen, festgeklettet ist, keine Trimpotis zur Feineinstellung zu finden sind. Mit zugedrehtem zweiten Poti ist dann – ohne Lautstärkenabfall – nur der Jott-Abnehmer zu hören, der sich als Single Coil mit entsprechender Neigung zum Einfangen von Nebengeräuschen entpuppt.

Etwas ungünstig, wo doch der Pete-Steele-Sound neben dem häufigen Einsatz eines Boss-Chorus-Pedals auch gerne reichlich Zerre vom Boss DS-1 erfordert (plus Delay-Pedal und massive Kompression, plus Petes Strumming). Dafür haut der sehr stegnahe Pickup präzisen Punch raus, der nichts matschig werden lässt, sich aber vor allem clean über Bassunterstützung vom Amp freut.

Feinere Mischungen lassen sich beim Testbass nicht wirklich erzielen: Vom magnetischen PU solo bis zur rastenden Mittelstellung des zweiten Potis ändert sich am Ton nichts. Kurz darüber raus wird der Sound dünn, als wäre die Phase gedreht, dann kommt der Piezo laut und deutlich ins Spiel. Da wäre ein Schalter fast nützlicher. Das scheint aber kein generelles Problem zu sein, Videos von anderen Green-Men-Tributes zeigten gleichmäßiges Einfaden des Piezos zum Kent Armstrong.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Ein sehr spezieller Bass ist der Esh The Green Man Tribute Stinger, aber in seiner Nische eine sehr angemessene Verneigung vor Peter Steele und seinem Custom Esh. Sowohl über den klaren Piezo als auch über den mittiger punchenden Steg-Single-Coil kommt die tiefe Stimmung mit präsenter H-Saite bestens rüber. Nur mit der Mischung beider Abnehmer klappt es nicht so richtig.

Liebevolle Ausstattung wie die 360°-Fretmarker am Bass gehen einher mit schönen Details wie einem stabilen Koffer mit – natürlich grünem – Logo nebst Modellbezeichnung, die ersten Hundert Tributes bekommen einen nummerierten und signierten Peter-Steele-Kunstdruck von Sara Ray, die ersten zwanzig dazu noch den Richter „Ketten“-Gurt. Vollbedienung für Fans!

PLUS

● Sound
● Bespielbarkeit
● Fretmarker
● Tuning & Setup
● Optik
● Pickups
● Zubehör
● fairer Preis

MINUS

● Mischsounds

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2024)

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