For Every Stage

Test: Epiphone J-45 EC & Hummingbird

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(Bild: Dieter Stork)

Die Hookline habe ich mir nicht selber ausgedacht, sie steht auf dem Label innen im Schallloch der beiden Epis. Gutes Motto!

Die Geschichte von Epiphone und Gibson und deren Beziehung zueinander ist lang und wechselhaft. Zu Beginn, vor ca. neunzig Jahren, war Epiphone das Maß der Dinge bei Archtop-Gitarren und Mandolinen und in Jazz- und Blues-Zirkeln. In den späten 1950ern wurde die Firma, deren Name auf den Gründer Epaminondas „Epi“ Stathopoulo zurückgeht, Teil der Gibson Company und wurde nach und nach zum Synonym für günstige Varianten klassischer Gibson-Modelle. Und diese hatten sich bis heute immer mehr oder weniger deutlich vom Vorbild zu unterscheiden (Kopfplatte etc.).

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Bei der „Epiphone Inspired by Gibson“- Serie haben wir es nun mit einer doch recht bemerkenswerten Annäherung zu tun – und der große Gewinner könnte am Ende der Kunde sein, der ein sehr originalgetreues Modell nach Gibson-Vorlage zum attraktiven Preis erhält.

(Bild: Dieter Stork)

ALTES REZEPT …

Die beiden wohl bekanntesten Modelle der Gibson-Acoustic-Historie haben wir nun in ihrer Epiphone-Inspired-by-Gibson-Ausführung zum Test vorliegen. Die Instrumente werden übrigens in Indonesien hergestellt – und von dort kommen mittlerweile immer mehr Instrumente (auch von anderen Herstellern) in sehr ansprechender Qualität. Zuerst schauen wir uns das Workhorse aller Workhorses an: die J-45. Im Jahre 1942 eingeführt, ist diese Round-Shoulder-Steelstring aus der Acoustic-Szene nicht wegzudenken. Und unser Test-Modell macht, ausgestattet mit einem Cutaway und einem Pickup-System, einen erfreulich großen Schritt in die Moderne.

Einige Specs sind bei dieser Traditionsgitarre natürlich in Stein gemeißelt, quasi nicht verhandelbar: Die Decke muss aus massiver Sitka-Fichte sein, das typische Sunburst-Finish hat hier dank leicht mattierter Versiegelung (Aged Gloss) einen schönen Vintage-Touch. Für Zargen und Boden kommt nur massives Mahagoni in Frage, die Korpuskanten sind mit elfenbeinfarbenem Binding eingefasst.

Auch das dicke, an den Rändern abgerundete Tortoise-Schlagbrett muss genau so sein. Der Steg aus Indian Laurel kommt natürlich mit Reversed Belly (die Ausbuchtung zeigt Richtung Schallloch) und ist mit einer kompensierten Stegeinlage aus Knochen bestückt. Das Griffbrett auf dem Mahagonihals ist ebenfalls aus Indian Laurel, welches keinesfalls als billiger Ersatz für Palisander, sondern als ernstzunehmende Alternative anzusehen ist.

Die 20 Medium-Jumbo-Bünde sind ganz tadellos eingesetzt, poliert und verrundet. Letzteres trifft auch auf die Griffbrettkanten zu – das lässt auf eine tolle Haptik hoffen. Über den perfekt eingerichteten Knochensattel laufen die Saiten nach 628 mm freier Schwingung zur Kopfplatte. Deren Form ist nicht identisch mit der eines Gibson-Headstock, kommt dem aber näher als je zuvor. Der schwarzen Oberfläche steht das matte Aged-Gloss-Finish auch außerordentlich gut. Die 3-on-a-plate-Mechaniken mit den kleinen weißen Kunststoff-Stimmwirbeln sind von Wilkinson und arbeiten sahnig und präzise. Der Zugang zum 2-Wege-Halsstellstab ist auch ganz klassisch hier auf der Kopfplatte, verborgen unter dem glockenförmigen Trussrod-Cover.

Um dem Motto „for every stage“ gerecht werden zu können, braucht es natürlich einen Pickup, und der ist auch an Bord. Es ist ein Fishman-Sonicore-Piezo-PU unter der Stegeinlage. Geregelt wird das Ganze über den Fishman-Presys-II-Preamp mit Bedienfeld auf der Zarge. Volume, Bass und Treble sind hier justierbar, außerdem gibt es einen Phase-Taster und ein Stimmgerät. Der Klinke-Output ist – abgekoppelt vom Gurtpin – hinten auf der Zarge, wo auch schneller Zugriff auf die 9-Volt-Batterie gegeben ist.

Fishman Preamp bei der J-45 (Bild: Dieter Stork)

Auch die Hummingbird ist ein Klassiker, doch im Gegensatz zur J-45 ein Square-Shoulder-Modell und dichter dran am ursprünglichen Grundriss einer Dreadnought-Steelstring. Die Hölzer für Korpus und Hals sind die gleichen wie beim Schwestermodell, und doch ist die Anmutung eine ganz andere. Die Decke mit ihrem satten honiggelben Antique-Satin-Finish hat einen besonderen Hingucker in Gestalt des berühmten Pickguards mit den floralen Motiven und dem namensgebenden Kolibri (engl. für Hummingbird). Das Griffbrett fällt durch die markanten Split-Parallelogram-Inlays aus Mother-of-Pearl ins Auge und ist außerdem elfenbeinfarben eingefasst.

Die goldenen Einzelmechaniken im Kluson-Style tragen die Prägung „Epiphone Deluxe“ und haben ganz stimmig die typischen Tulip-Stimmwirbel aus Perloid. Für die elektrische Verstärkung ist das optisch wunderbar unauffällige Fishman-Sonicone-System zuständig – im Schalllochrand sind zwei kleine Regler für Volume und Tone, im hinteren Gurtpin versteckt sich der Klinke-Output.

… NEUE MÖGLICHKEITEN

Beim Test der J-45 EC habe ich einen großen Vorteil, denn in meinem privaten Fuhrpark befindet sich eine J-45 … mit Tonabnehmer, ohne Cutaway – da lässt es sich gut ermitteln, wo man mit der vergleichsweise günstigen Indonesien-Epi steht. Sie kostet immerhin einen guten Tausender weniger als meine Gibson aus Bozeman, Montana.

Man erwartet bzw. erhofft ja einen bestimmten Klangcharakter von so einer Gitarre, und ja: die J-45 EC liefert den, und zwar auf recht beeindruckendem Niveau. Die Greifhand fühlt sich auch gleich wie zu Hause. Der mattierte Hals mit sattem C-Profil, die entschärften Griffbrettkanten und dann auch der freie Weg in die hohen Lagen – das alles fühlt sich gut an.

Und an die Ohren dringt dieser J-45- Sound mit den trockenen, sonoren Bässen, den klaren, holzigen Mitten und den straffen aber angenehmen Höhen. Eben dieser kraftvolle unschlagbare Singer/Songwriter-Sound. Das gleiche gilt für das Spiel über Anlage, das Fishman-System überzeugt. Ist die Epi genau so gut wie meine alte Gibson? Nein – aber erstaunlich nah dran! Respekt.

Auch bei der Hummingbird geht, gleich beim ersten Anblick, mein Kopfkino an. Ich sehe die Glimmer-Twins der frühen 70er oder auch Sheryl Crow. Auf der Gitarre will man (ich) sofort ‚Sweet Virgina‘, ‚Country Honk‘ oder ‚Dead Flowers‘ spielen und man bekommt auch wirklich diesen Sound – so klingt eine Hummingbird. Ich glaube, bei beiden Gitarren wird das Ganze noch authentischer, wenn die Saiten nicht mehr so furchtbar neu sind.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Die Looks und die Klänge: alle Achtung! Das gleiche gilt für die Verarbeitung und das tolle Finish. Hoffentlich bereut Gibson das nicht irgendwann – man bekommt hier sehr viel für sein Geld, vor allem eben auch den gewissen Spirit, den man sich von einer J-45 oder einer Hummingbird wünscht. Unbedingt antesten!

PLUS

● klassische Looks, Designs
● Hölzer, Hardware, Finish (!)
● Bespielbarkeit und Handling
● charakteristische Sounds, auch über Pickup-System
● Preis/Leistung

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2021)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Wirklich interessant,da macht sich das Gibson-Tochterlabel €piphone mit diesen beiden Gitarren nun anscheinend selbst Konkurrenz im eigenen Lager.

    Merke: es ist nicht immer das „kultige“ Markenlabel,das häufig reichlich überteuert und mit bekanntem Namen für seine hochpreisigen Produkte wirbt,sondern vermutlich wohl eher das bisher weitaus weniger gekaufte (zu Unrecht!) dauerhaft „zweitplatzierte“ Gitarrenlabel,das,kurioserweise im damaligen Firmenporträt als €piphone unter den Musikern bereits vor Gibson mit eigenen Saiteninstrumenten bekannt war.

    Der Unterschied zwischen einer maßlos überteuerten und einer preislich günstigen Gitarre,besteht faktisch nicht darin,welcher Firmenmitarbeiter (Nationalität/Herkunft),-oder automatisierte Industrieroboter das jeweilige Instrument zusammenbaut,-sondern viel eher,welche besonderen Qualifikationen/Erfahrungswerte die Firmenbeschäftigten besitzen,und welche Teile (Hardware/Hölzer etc.) letztendlich für die Gitarre verwendet werden.

    Beispielhaft hierzu: aus einem extrem billigen Komponentenbaukasten läßt sich mit Sicherheit kein traumhaft klingendes Edel-Instrument fertigen!
    Dies ist absolut nicht möglich!

    Stimmen die verwendeten Materialien jedoch,-bzw. harmonieren diese auf bestimmter Ebene,so läßt es sich auch auf einer eher „preisgünstigen“,-bitte nun nicht „billigen“ Gitarre,(zuletzt genanntes Wort klingt doch allgemein immer negativ) gut spielen.

    Erfreulich,daß diese beiden Epi‘s im Test daher durchaus positiv auffallen.
    Bleibt jetzt nur noch zu hoffen,daß im Zeitalter der stetig nervenden „Corona Pest Pandemie Bestimmungen“ beide besagten Epiphone Gitarren ohne große Lieferschwierigkeiten oder Engpässe via Internet vom Händler baldmöglichst versendet werden können,und somit unbeschadet ihre Empfänger erreichen.Auch wenn derzeit leider gar keine Hörproben möglich sind,gehe ich mal davon aus,daß diese zwei Neuheiten prima klingen.

    Bleibt gesund!

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