(Bild: Dieter Stork)
Das Lizard Queen Octave Fuzz ist eine Besonderheit unter den Electro-Harmonix-Pedalen, denn es wurde von Josh Scott (JHS Pedals) als „Hätte es schon früher geben können”-Hommage außerhalb der Firma entworfen und in einer limitierten Auflage im typischen 70er Jahre „Big Box”-Metallgehäuse mit dem Styling des Designers Daniel Danger angeboten, bevor es als Nano-Pedal in die reguläre Serie aufgenommen wurde. Und was hat das mit dem Testpedal zu tun, das eindeutig „Lizard King” heißt?
Das müssten wir in diesem Fall nicht seinen Spitznamensvetter Jim Morrison fragen, dessen Band bekanntlich ganz ohne E-Bass gegründet wurde, sondern den fleißigen Profi-Bassisten und YouTuber Nate Navarro.
(K)EIN BLEND(ER)
Nate hat mit dem Lizard Queen, das eigentlich für Gitarre gedacht ist, ein Demovideo gemacht, das nicht nur vor Musikalität und technisch versiertem Spielwitz strotzt, sondern auch mit krassen Sounds aufwartet – in Kombination mit einem EHX Switchblade Pro, um ein cleanes Signal beizumischen. Das wiederum hat Electro-Harmonix dazu inspiriert, sich das Lizard Queen vorzunehmen und für Bass zu tunen. Auf externe Zumischung kann dadurch verzichtet werden, den Blend-Regler hat der Lizard King direkt an Bord.
Der Regelbereich reicht von komplett clean bis 100% Fuzz. Selbsterklärend ist der Volume-Regler, der beim Lizard King keinen Gegenpart in Form von Gain- oder Drive-Regler findet, die Verzerrung ist festgelegt und nicht zu verändern. Dass das der Flexibilität keinen Abbruch tut, werden wir gleich sehen bzw. hören. Kernkomponente des Lizard-Queen-Pedals war die namensgebende Oktave, die auch hier einen eigenen Regler hat. Da hier der Fuzz immer anliegt, ist eine cleane Oktave nicht vorgesehen, und es geht hoch, nicht runter.
Tone regelt den Höhenanteil des Zerrsounds. Eine ähnliche Funktion hatte beim Vorbild Lizard Queen das Balance-Potentiometer, das zwischen dem milden „Shadow”-Setting, bei dem sich das kleine Reptil träge ausruht, und „Sun” mischt, bei dem es lebhaft wird und die Zerre aggressiver. Die charmante Bezeichnung ist beim Lizard King einem Kippschalter zuteil geworden, der den Klangcharakter beider Signalwege gleichzeitig beeinflusst. Oder eben nicht: In der Shadow-Stellung sind Clean und Fuzz „naturbelassen”.
Umgeschaltet auf Sun soll der Fuzz einen kräftigen Tritt in den Mitten bekommen, während diese gleichzeitig im Clean-Sound leicht zurückgenommen und Bässe und Höhen geboostet werden. Verpackt ist das alles im bekannten Nano-Gehäuse, etwas größer als z.B. ein klassisches MXR-Pedal, etwas kleiner als ein Boss. Eine leichte Schuppenstruktur auf der Oberseite unterstreicht den reptiloiden Charakter des grünen Gesellen.
Ein- und Ausgang sitzen seitlich, was bei Montage auf einem Pedalboard unter Umständen Platz kostet, der Anschluss für das (nicht mitgelieferte) Netzteil ist dagegen stirnseitig. Für den Batteriebetrieb muss die Bodenplatte abgenommen werden, dann geht’s auch mit 9V-Block.
(Bild: Dieter Stork)
SCHUPPIGE OKTAVE
Um erst mal dem Fuzz-Ton auf die Spur zu kommen, befördere ich Blend ebenso wie Octave und Tone auf Rechtsanschlag. Wow, subtil ist anders! Ein singender Ton mit wahnsinnig viel Gain und schier endlosem Sustain kommt mir zu Ohren, der fast wirkt, als würde ich mit dem Bass die Töne nur antriggern. Für den Charakter des Instruments interessiert sich der Lizard King nicht sonderlich, er behält im reinen Fuzz-Modus seinen eigenen Sound immer bei.
Per Volume-Regler am Bass lässt sich der Grad der Verzerrung zwar durchaus steuern, dezentes Anknuspern oder leichtes Anrauen kann das Pedal aber beim besten Willen nicht. Muss es ja auch nicht, dafür gibt es andere Geräte. Die Oktave kommt vor allem bei Linien hoch auf der G-Saite deutlich raus, was dem Sound den Charakter eines Synthie-Flötentons gibt. Während dieser in der „neutralen” Shadow-Stellung eher dünn ist, wird es mit dem Minischalter auf Sun spürbar fetter – toller Solo- oder Melodie-Sound!
Je weiter ich Tone aufdrehe, desto zahmer wird das Klangbild, das gilt auch für den Fuzz mit Octave auf Linksanschlag, also ganz ohne Oktave. Wenig überraschend, und natürlich passend, dass da Big-Muff-Assoziationen wach werden. Hier wirkt der Shadow/Sun-Schalter wenig, der Tone-Regler agiert wieder zwischen weich-verwaschen und freundlich-aggressiv.
Im richtigen Kontext geht das schon als fett-füllender Bass durch, aber das Highlight des Pedals habe ich ja noch gar nicht angefasst. Der Blend-Regler ist ein Geniestreich in diesem Layout, das im Prinzip auf nicht ganz neuen Schaltungen basiert. Ob ich jetzt den Fuzz hinter dem cleanen Signal fast verstecke, oder dem Fuzz nur dezent cleanes Fundament und Definition beimische – alles gewinnt nochmal an Lebendigkeit, Ausdruck, und Interaktivität.
Auch der Klangcharakter des angeschlossenen Basses kommt mehr zum Tragen, wenn ich möchte. Alles leicht einstellbar an den vier griffigen Knöpfen und dem Minischalter. Letzterer ist ebenfalls genial auf Bass getrimmt, ob der Ton nun im besten Sinne faul und eher behäbig aus dem Schatten kommt, oder in der Sonne präziser und agiler wird. Damit lässt sich der Lizard King wunderbar an den Band-Sound anpassen. Beim Daddeln für mich allein ertappe ich mich immer wieder dabei, wie ich von dem fuzzigen Sustain, das hinter dem Cleansound aufblüht, entschleunigt werde. Wirklich schön!
RESÜMEE
„I am the Lizard King / I can do anything” – um dann doch nochmal Jim Morrison zu zitieren. Alles kann der EHX Lizard King nicht, und will das auch gar nicht, ist aber ein sehr flexibles und originelles Fuzz-Pedal, das durch den zusätzlichen Blend-Regler in Kombination mit dem Sun/Shadow-Schalter, der sowohl den Clean- als auch den Fuzz-Sound beeinflusst, eine überraschend große Bandbreite bietet.
Es ist stufenlos mischbar zwischen normalem Fuzz und einer krassen Oktave, die ein Gefühl von Unkontrollierbarkeit mit sich bringt, dabei aber angenehm berechenbar bleibt – zwischen „Wespennest in Nachbars Garten” und „Schweißbrenner in Ohrnähe”. Zudem stufenlos mit dem Clean-Sound mischbar und stufenlos im Höhengehalt einstellbar, bringt das Quasi-Nate-Navarro-Signature-Pedal frisches Grün in die Fuzz-Welt – und viel Spaß für kleines Geld. Definitiver Anspieltipp, nicht nur für Reptiloid:innen!
Plus
● Sounds
● Blend-Regler
● Interaktivität
● Preis-Leistungs-Verhältnis
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(erschienen in Gitarre & Bass 01/2025)