(Bild: Dieter Stork)
Kaum hat man ein paar FX-Pedale angeschafft, schon geht der Stress los. Wie am besten verschalten, Anpassungsprobleme in den Griff kriegen, Step-Tanz üben oder Signal-Looper anschaffen … ach herrje, man könnt’ ja schier verzweifeln. Frankie says: „ … relax, don’t do it!“ Wir auch. Check das hier! Klein, gewitztes Konzept, vielleicht für viele die Lösung auf einem kleinen, kompakten Pedalboard.
Uns ist Earthquaker Devices in Tests bisher wegen seiner zum Teil abgefahrenen aber stets klangstarken FX-Pedale aufgefallen. Zum Thema Signalverwaltung fanden wir bei dem US-Hersteller mit Sitz in Akron/Ohio bislang nichts. Und nun das, eine „Utility-Box“ die gleich mehrere Funktionen auf einmal in sich vereint. So unscheinbar, schlicht, schwarz, dass mancher auf den ersten Blick gar nicht erkennt, welches Potential darin schlummert.
geschickt
Ich zähle nicht erst die Features auf, sondern erkläre das Konzept gleich anhand der Signalführung. Das abgebildete Diagramm verdeutlicht den Sachverhalt.
Zugrunde liegt eine serielle Signalführung mit vier Funktionsmodulen, im Einzelnen eine Signal-/Effects Loop#1 ohne aktive Puffer durch einen 1:1-Verstärker, eine zweite mit so einem Buffer, ein regelbarer (Clean-) Boost mit max. 20 db Verstärkung, sowie eine A/B-Box. Deren B-Out verfügt über einen Phasenumkehrschalter und ist über einen Trafo galvanisch von der Signalmasse des Swiss Things isoliert, natürlich um Brummprobleme aufgrund von Masseschleifen zu unterbinden. Es ist wahlweise auch mit einem separaten Schalter das De-/Aktivieren beider Ausgänge gleichzeitig möglich.
Der Status der Funktionsmodule ist mit Fußschaltern kontrollierbar, die Earthquaker Devices Flexi Switch nennt, weil sie flexibel funktionieren, sprich zwei Schaltmodi bereithalten. Durch kurzes Auslösen ändert sich der Status des betreffenden Moduls dauerhaft, hält man den Fußschalter gedrückt, ändert sich der Status nur so lange bis man wieder loslässt, cool.
Daneben hält das Swiss Things weitere nützliche Funktionsmerkmale bereit. Hinter dem Input wird das Eingangssignal für den Tuner-Out ausgekoppelt. Der Bufferamp zwischen Loop1 und Loop2 kann über ein Expression-Pedal gesteuert werden, er ist also ein VCA (Voltage Controlled Amplifier: spannungsgesteuerter Verstärker). Warum dort und nicht am Ende? Weil das Konzept vorsieht, dass an Loop1 Distortion-Pedale, Chorus, Tremolo etc. zum Einsatz kommen und an Loop2 die zeitbasierten Effekte, Hall und Echo. Sollen Letztere natürlich abklingen können (Geigeneffekte z. B.), muss die Lautstärkesteuerung genau an dieser Stelle platziert sein.
Üppiges Angebot in dem kleinen Kästchen. Klar erfordert so ein Leistungsumfang schon einigen elektronischen Aufwand. Neben den Buffern muss ja eine „intelligente“ Logik einige Funktionen steuern. So finden sich auf der Platine sechs ICs als aktive Bauelemente. An den Umschaltvorgängen sind unter anderem vier Relais beteiligt. Der Strombedarf des Swiss Thing ufert dennoch nicht aus, ist mit ca. 40 mA an 9 VDC sogar relativ gering. Die Verarbeitung ist einwandfrei, wie auch die Qualität der Bauteile.
(Bild: Dieter Stork)
organisieren
Bei einem Gerät dieser Art ist die Sinnhaftigkeit der Konzeption bereits die halbe Miete. In der Hinsicht gibt es an dem Swiss Things nicht das Geringste zu kritisieren. Oder andersherum ausgedrückt ist es nur erfreulich, wie hier doch recht komplexe Fähigkeiten auf einem Fleck zusammenkommen und organisiert sind. Mit der A/B-Box zwei Verstärker ansprechen, einen Booster für den Lautstärkekick (beim Solo?) zur Verfügung zu haben, sinnvollerweise am Ende des Signal-Routings usw., das hat alles Hand und Fuß. Wenn an dem Konzept überhaupt etwas ungeschickt ist, dann die relativ geringe Leuchtstärke der Status-Lampen.
Die Signalqualität ist über jeden Zweifel erhaben. Die Schaltfunktionen gehen still, ohne nennenswerte Nebengeräusche vonstatten. Die Bufferamps arbeiten ebenfalls dezent, erzeugen kein praxisrelevantes Rauschen. Um noch etwas Positives herauszustreichen, sei darauf hingewiesen, dass das Signal am B-Out der A/B-Box keine Beeinträchtigung erfährt, was für eine hohe Qualität des Übertragertrafos spricht.
Mag sein, dass der eine oder andere mit Blick auf andere Geräte aus der Sparte aber einen Ground-Lift-Schalter vermisst. Achtung, falsche Fährte, die Funktion der A/B-Box ist nicht mit einem Balanced-Line-Out zu verwechseln. Näheres dazu im Infokasten zu diesem Artikel. Durch den Trafo ist die Masseverbindung zum Gehäuse des Swiss Things, respektive zur Masse des Out-A bereits unterbrochen! Es braucht hier keinen Ground-Lift-Schalter!
Die unterschiedliche Auslegung der beiden Loops ohne/mit Buffer-Amp bedarf für den einen oder anderen vielleicht auch der Erklärung. So ein Pufferverstärker ist dafür vorgesehen, eine perfekte, universelle elektrische Anpassung zu den angeschlossenen Geräten zu gewährleisten. Dass in Loop1 darauf verzichtet wird, hat den einfachen Grund, dass es Effektgeräte gibt, die an ihrem Eingang direkt mit der (passiven!) Elektrik der Gitarre verbunden sein müssen, um optimal zu funktionieren. Dies betrifft mehrheitlich Fuzz-Pedale.
Wenn man solche „Sensibelchen“ in Loop2 nicht an den Start bringt, hat man freie Hand und muss sich natürlich gar nicht auf Echo- und/oder Reverb-Prozessoren festlegen lassen. Die Loops des Swiss Things können als grundsätzlich ohne Weiteres dafür genutzt werden, zwei FX-Signalketten, bestehend aus mehreren Geräten, anzuschließen (der VCA wir dabei u. U. partiell überflüssig). Vielleicht nach Art eines 3-Sounds-Abrufs: eine Loop vorbereitet für Lead/Solo, eine als Crunch Ebene und eine (beide Loops off) für Clean/Begleitung.
(Bild: Dieter Stork)
alternativen
Das Gleiche, ähnlich kompakt, funktional und effizient? Nein, da ist im Moment nichts auf dem Markt.
resümee
Beeindruckende kleine Kiste. Das Swiss Things entpuppt sich als durchdachter und in seiner Funktion überzeugender Pedalboard-Organizer. Angesichts seiner Leistungsfähigkeit ist das Preis-/Leistungsverhältnis absolut ausgewogen bis sogar tendenziell günstig. Prädikat sehr empfehlenswert.
PLUS
• Signalqualität
• Konzept & Ausstattung
• geringe Nebengeräusche
• Verarbeitung & Bauteile-Qualität
MINUS
• schwaches Licht der Statusleuchten
Ground-Lift?
Na, da sagen wir mal so: Wenn kein Ground-Lift (-Schalter) da ist, bist du gegen Brummprobleme nicht gefeit. Tatsächlich? Stimmt das so pauschal?! Nein, tut es nicht. Die Erklärung dafür ist eigentlich einfach, aber andererseits auch irgendwie verstrickt.
Es geht beim Ground-Lift im Prinzip darum, die Problematik der mehrfachen Masseführung einzudämmen, die, in einem einfachen Beispiel dargestellt, so entsteht: Man benutzt zwei Verstärker und schaltet mit einer simplen A/B-Box vor den Eingängen zwischen ihnen hin und her, beide sind über den Erdungsleiter des Netzkabels (zwangsläufig) verbunden, und darüber eben auch mit der Masse ihrer Elektronik, aber zusätzlich nochmals über die Abschirmungsleitung der Input-Kabel. Oha, Gefahr, doppelte Masseverbindung! Wollen wir das? Nein.
An dieser Stelle kommt der Übertragertrafo ins Spiel. Da er die Signale von einer Wicklung zur anderen über ein Magnetfeld – wichtig: ohne direkte Leiterverbindung – induziert, ist danach das Signal massefrei, die Masseschleife wird unterbunden. Ausgehend von diesem Sachverhalt ist „Ground-Lift aktiviert“ – eigentlich der primär erstrebenswerte Standardzustand (wie wir ihn beim Swiss Things vorfinden). Bauen Hersteller nun in eine A/B-Box oder Ähnliches dennoch einen Masseschalter ein, müsste man streng genommen eigentlich eher von einem Ground-On-Schalter sprechen, der eben die galvanische Massetrennung außer Kraft setzt. Genau, warum sollte man das nach dem eben beschriebenen Sachverhalt überhaupt wollen? Berechtigter Einwand.
Und in der Tat, in dem Falle, dass alle verwendeten Geräte in einem Setup technisch bestimmungsgemäß einwandfrei funktionieren, braucht es keinen Ground-On-Schalter. Aber Lord Murphy ist immer und überall, sprich: es kann in der Praxis natürlich sein, dass doch technisch nicht alles zum Besten steht. Dann kann es in der Tat sein, dass Ground-On vorteilhafter ist als Ground-Lift. Man muss unterm Strich also resümieren, dass Hersteller, die bei/trotz vorliegender galvanischer Signalübertragung einen Ground-Lift-Schalter an ihren Produkten vorsehen, dem Anwender damit quasi einen Bonus anbieten.
(erschienen in Gitarre & Bass 05/2019)