So)))nnenfinsternis
Test: EarthQuaker Devices Life Pedal V3
von Christian Braunschmidt, Artikel aus dem Archiv
(Bild: Dieter Stork)
STANDARD TUNING
Aufgrund des sehr speziellen Anwendungsbereichs des Life Pedals habe ich den Test dieses Mal in zwei Sektionen eingeteilt: Zunächst habe ich das Gerät mit einer normal gestimmten E-Gitarre getestet, um zu hören, wie sich das Pedal in einem normalen Setting verhält. Später bin ich dem Gerät dann mit einer auf Drop-A gestimmten Fender-Baritone-Telecaster zu Leibe gerückt. Meine Eindrücke dazu beschreibe ich im nachfolgenden Abschnitt.
Sunn O))) stimmen ihre Gitarren – eine Gibson Les Paul aus den 2000er Jahren mit DiMarzio-Super-Distortion-Humbuckern im P90- Format, sowie diverse Aluminium-Gitarren der Electrical Guitar Company – übrigens ebenfalls auf A. Im Test mit einer auf E gestimmten Hagstrom Swede (mit einem Seymour Duncan SH-4 am Steg) verhielt sich das Life Pedal zunächst erstaunlich „normal“.
Der Sound ist zwar schon bei allen Reglern in der Mittelstellung recht komprimiert und dicht, trotzdem reagiert das Pedal schnell auf das Attack des Plektrums. Frühe NWBHM-Sounds sind hier je nach Einstellung des Gain-Reglers ebenso möglich wie der legendäre Gitarrensound auf Sleeps ‚Sleep’s Holy Mountain‘. Dreht man das Gain-Poti weiter auf, wird der Sound auf dem letzten Viertel des Regelwegs wirklich aberwitzig verzerrt. Selbst meine Gitarre im Standard-Tuning klingt hier schon wirklich heavy!
Als ausgesprochen sinnvoll erweisen sich die drei Clipping-Settings: Während im „Symm“-Mode der Ton breitschulterige Mitten in den Vordergrund rückt, wird im „Asymm“-Setting der Sound etwas dichter, singender und „satter“. Laut Hersteller arbeiten nun zwei Silizium-Dioden und eine LED zusammen, was vor allem beim Spiel auf den Diskantsaiten für einen ausdauernden Ton sorgt. Im „Op-Amp“-Setting wird das Pedal deutlich lauter und der Klang wieder offener – das steht wiederum Riffs auf den tiefen Saiten sehr gut zu Gesicht. Alles in allem also ein ausgesprochen vielseitiges Distortion-Pedal, das so überhaupt kein One-Trick-Pony sein will.
DROP-A(BWÄRTS)
Nun aber in die Vollen gelangt: Ich schnalle mir die tief gestimmte Tele vor den Latz und aktiviere mit ehrfürchtigem Sicherheitsabstand zu meinem Fryette-Deliverance-120 das Life Pedal. Natürlich ist dieser Amp nicht mit einem alten Sunn-Model-T vergleichbar – trotzdem handelt es sich hier um ein unglaublich leistungsstarkes Topteil, das auch mit hohen Lautstärken und tief gestimmten Gitarren keinerlei Probleme hat. Mein erster Eindruck: Aua! Das tiefe A bahnt sich mit erbarmungsloser Gewalt seinen Weg durch meine 4x12er-Box und sofort steht eine Soundwand, die in der Tat an den unglaublich dichten Sunn-O)))-Sound erinnert. Der Volume-Regler des Verstärkers will hier auf jeden Fall mit Bedacht eingestellt sein.
Also ein „Drone in a box“-Pedal? Naja, ganz so einfach ist es nicht. Aber der Reihe nach: Das Life Pedal macht im Test mit der tief gestimmten Baritone-Gitarre eine ausgesprochen gute Figur. Das Gerät verhält sich ähnlich flexibel wie in Kombination mit meinem 2x12er-Test-Verstärker und der normal gestimmten Hagstrom. Möchte man nun etwas „Dreck“ hinzufügen, kann die Octave-Up-Option spannend sein: Hier bekommt man nicht etwa sauberes, digitales Pitch-Shifting, sondern wunderbar vor sich hin brutzelnde Octafuzz-Sounds, die vor allem in Kombination mit dem Halstonabnehmer meiner Gitarre ausgesprochen gut klingen.
Während der Sound in den tiefen Lagen im Octave-Modus deutlich fuzziger wird, ist um den 12. Bund herum die hohe Oktave gut hörbar. Klasse finde ich, dass EQD es geschafft hat, den Klang in Kombination mit der hohen Oktave nicht zu sehr auszudünnen – ein Problem, dass mir bei vielen Octafuzz-Pedalen dieser Gattung immer wieder auffällt.
Möchte man der klanglichen Urgewalt nun noch die Krone aufsetzen, bleibt einem noch der ebenfalls separat schaltbare Magnitude-Booster … Lieber Herrgott, hol mich zu dir, dieser Booster ist wirklich laut! Hier rate ich dazu, gerade bei leistungsstarken Verstärkern Vorsicht walten zu lassen. Durch den Booster wird natürlich die Vorstufe des Amps ordentlich zum Glühen gebracht, was abermals für mehr Verzerrung und Kompression sorgt. Hier sind in Kombination mit dem Octaver und den Clipping-Optionen unzählige Abstufungen in Bezug auf Klangdichte und Charakter möglich. Sehr schön finde ich, dass der Booster völlig separat vom restlichen Pedal nutzbar ist. So kann man beispielsweise den Boost als Grundsound zum Anheizen des Amps nutzen, und das restliche Pedal für bestimmte Passagen oder einzelne Songs zuschalten.
ANSPIELTIPPS
Wer es bis hierher geschafft hat, sich aber immer noch keine rechte Vorstellung vom Sound bzw. der Musik von Sunn O))) machen kann, dem möchte ich hier zwei Alben zum Einstieg empfehlen. Da wäre zum einen das bereits 2009 erschienene ‚Monoliths & Dimensions‘, das dank seines relativ klaren Sounds und dem vordergründigen „Gesang“ für meinen Geschmack recht zugänglich ist. Zum anderen finde ich das 2019 erschienene und von Steve Albini produzierte ‚Life Metal‘ wegen seiner etwas „melodiöseren“ Ausrichtung und dem authentischen Sound für geeignet, um sich dem Sunn-O)))- Kosmos zu nähern.
RESÜMEE
Braucht es dieses Pedal? Ja! Brauche ich als Sunn-O)))-Fan dieses Pedal? Unbedingt! Ist dieses Pedal ein reiner Fanartikel für Doomund Drone-Begeisterte? Auf keinen Fall! Um es kurz zu machen: Hier bekommt man ein vielseitiges Distortion-Pedal, dass zwar einen eher dreckig/fuzzigen Grundcharakter aufweist, jedoch keinesfalls nur für urgewaltige Zeitlupenriffs zu gebrauchen ist. Wer es gerne etwas räudiger mag, jedoch mit einer normal gestimmten Gitarre spielt, darf hier ebenso zugreifen wie die Doom- und Drone-Fraktion. Besonders die Clipping-Optionen sowie der Octave-Up-Effekt werten das Life Pedal massiv auf.
PLUS
● Konzept
● vielseitige Distortion/Fuzz-Sounds
● Optik
● Verarbeitung
● Clipping-Optionen
● separater Booster
(erschienen in Gitarre & Bass 07/2023)
Das könnte dich auch interessieren