Engelschöre auf der Astralebene

Test: EarthQuaker Devices Astral Destiny

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(Bild: Dieter Stork)

Wer als größerer Hersteller von Effektpedalen heute etwas auf sich hält, hat fast zwangsläufig einen Shimmer-Reverb im Programm. EarthQuaker Devices blieb dem Genre lange fern – doch nun legen die Amerikaner nach, und das mit geradezu überweltlicher Macht.

Shimmer-Reverb nennt man einen Hall, dem zumeist eine hohe Oktave hinzugefügt wird, was einen „schimmernden“, engelsgleichen Klang erzeugt. In den vergangenen zehn Jahren hat dieser Effekt eine gewaltige Popularität erlangt, vor allem in den Genres Ambient, Indie und Post-Rock. EarthQuaker Devices (EQD) hatte bisher kein Pedal im Programm, dass sich diesem Effekt dezidiert widmete, auch wenn es an anderen sphärischen Apparaten im Portfolio, wie dem z. B. dem Transmisser, nicht mangelte. Nun mischt sich das Astral Destiny etwas spät unter all das Geschimmer der Konkurrenz. Doch dem Gerät merkt man deutlich an, dass EQD nicht nur Trittbrett fahren will.

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Das Astral Destiny kommt im soliden, von EQD bereits bekannten „Doppeltreter“-Format und schmeichelt mit Glitzereffekten und spaciger Grafik dem Auge. Bemerke ich da eine gewisse Hipster-Ironie? Die Anschlüsse In/Out sowie für eine 9V-Stromversorgung (85mA Verbrauch) liegen stirnseitig, was bei den eng besetzten Pedalboards von heute vorteilhaft ist. Lediglich die Buchse für ein Expression-Pedal findet sich an der linken Seite, ließ sich aber wohl aus Platzgründen nicht auch noch oben anbringen.

Mit 9 x 11,8 cm ist es platzsparend, mit 6 cm Höhe aber etwas höher als die meisten anderen Pedale – ein wichtiges Kriterium für Besitzer von knapp schließenden Pedalboard-Cases. Mit seinen 385g erhöht es das Pedalboard-Gesamtgewicht nicht übermäßig, ist aber auch nicht federleicht.

SHIMMER-REVERB

„PLUS“ Obgleich das Astral Destiny so einige Regler hat, braucht niemand die Bedienung zu fürchten. Die ist viel einfacher und selbsterklärender, als es zunächst den Anschein hat.

Rechts unten befindet sich der (True-)Bypass-Schalter; links unten ein „Stretch“ genannter Switch. Bei diesem handelt es sich um einen Pitch-Effekt, der sich auf die Hallfahne auswirkt. Dazu gleich mehr. Die vier kleinen Potis unterhalb der oberen Reihe regeln den zumischbaren Chorus-Effekt (Depth & Rate), ein Tone-Poti dient dem Höhenabgleich, und es gibt den obligatorischen Mix-Regler für die Effektstärke. Wer keinen Chorus auf dem Effekt haben will, dreht einfach Depth ganz nach links. Diese vier Parameter sind via Expression-Pedal ansteuerbar.

Die drei großen oberen Regler sind, von links nach rechts: Preset – hier lassen sich acht Presets abspeichern; das Gerät kann in zwei Grundmodi betrieben werden: Manuelle Einstellung („Live“) oder Preset, die LED-Anzeige verändert sich entsprechend. Mit Drücken beider Taster speichert man eigene Presets ab. Length bestimmt die Abklinglänge des Effekts; Mode wählt einen von acht Modi an, die das Herzstück des Astral Destiny bilden.

REISE IN DEN ABGRUND

Die Sounds des Astral Destiny sind, wie der Name andeutet, nicht von dieser Welt. Bevor wir in die verschiedenen Modi einsteigen, ein paar Worte zum Stretch-Effekt: Drückt man während des Spielens auf den Schalter und hält diesen, „schmiert“ die Tonhöhe der Hallfahne schaurig-schön ab – schwindelerregend, speziell, sehr cool. Ein kurzer Tritt auf den Stretch-Taster ändert sie sofort.

Der Effekt lässt sich mit dem Length-Poti einstellen – je nach Einstellung ist der Pitch schneller oder langsamer vorbei und verklingt. Es erfordert jedoch einen weiteren Tritt, um den Taster wieder auszuschalten (und den Effekt erneut auslösen zu können); ob das intuitiv ist, muss der Benutzer selbst rausfinden – mir hätte ein automatisches „Zurückschnappen“ beim Loslassen besser gefallen.

Der Effekt ist in eher hohen Tonlagen am stärksten wahrnehmbar, könnte aber im Band-Kontext untergehen, sofern sich die Mitmusiker nicht total zurückhalten. Ich sehe seinen Anwendungsbereich entweder in sehr ruhigen Teilen oder beim alleinigen Gitarrenspiel. Der Chorus-Effekt lässt sich in allen Modi von subtil bis seekrank beimischen – je nach Geschmack lassen sich hier heulende Nachtmahre im Hintergrund zu epischen Akkordfolgen zaubern.

Das Tone-Poti arbeitet unauffällig so wie es soll, der Mix-Regler hätte meiner Meinung nach in der Praxis noch etwas mehr Effektstärke bei Rechtsanschlag vertragen können. Das Gerät profitiert definitiv von etwas Output-stärkeren Pickups. Nun aber zu den Sounds:

Abyss: Dieser Modus (auf Deutsch: Abgrund) ist der Standard-Hall des Geräts, ganz ohne beigefügte Obertöne. Im Timbre relativ unaufdringlich, kann Abyss auch als „always on“-Hall fungieren, was dem Pedal einen gewaltigen Schub Live-Tauglichkeit beschert – Abyss allein kann ein weiteres Hallpedal überflüssig machen, sofern man das Grundtimbre mag.

Shimmer: Dieser Modus fügt dem Sound eine hohe Oktave hinzu. Der Klang ist sauber und neigt nur wenig zum digitalen „Eiern“, wenn man vielstimmige Akkorde spielt.

Sub: Hier wird eine tiefe Oktave hinzugefügt, ein melancholischer Effekt, der schwer zu beschreiben ist: Es klingt, als spielte eine andere Person in einer Halle die Töne auf einem Cello oder Kontrabass mit. Ein sehr subtiler Effekt, der wohl nur in sehr ruhigen Passagen – oder besser noch beim alleinigen Gitarrenspiel – funktioniert.

Sub-Shimmer ist die Kombination aus den beiden vorangegangen Modi, dem Signal werden also eine hohe und tiefe Oktave hinzugefügt. Der Sound wird von der hohen Oktave dominiert, die tiefe dickt von unten an. Es handelt sich also um eine „fettere“ Variante des Shimmer-Modus.

Astral: Im Prinzip der gleiche Effekt wie Sub-Shimmer, jedoch regeneriert sich die Hallfahne kontinuierlich – sie klingt einfach viel langsamer aus, sodass man einen sehr spacigen Sound-Teppich legen kann … Die endlose Weite der Astralebene, sozusagen.

Ascend: In diesem Modus wird die Tonhöhe der Hallfahne nach oben gepitcht, was einem aufsteigenden Geister-Klagegesang ähnelt, vor allem, wenn man den Chorus-Effekt hinzufügt. Gänsehaut garantiert.

Descend: Man ahnt es schon, gleicher Effekt wie Ascend, nur absteigend in der Tonhöhe – der endlose Fall in den Abgrund, wenn man so will. Der geneigte Leser merkt, dass die Sprache immer blumiger wird, was aber eben für das Astral Destiny spricht.

Cosmos: Klingt … weit! Und ist es auch. In diesem Modus ertönt eine Quinte im Halleffekt, was an den Klang eines Orchesters beim Stimmen kurz vor Beginn des Konzerts erinnert. Gerade in diesem Modus ist auf die Harmonien des Songs abgestimmtes Spiel nötig, denn sonst kann es zu Dissonanzen kommen – es sei denn man will diese …

Zusammenfassend stellen wir fest, dass das Astral Destiny durchaus einige Alleinstellungsmerkmale hat, aber auch die bekannten Sounds in hoher Qualität liefert. Wie bei allen derartigen Effektgeräten eignet es sich vor allem für getragene Passagen mit langsamen Akkordwechseln oder Singlenote-Lines à la „The xx“, da die Grundausrichtung eben im Ambient-Genre zu verorten ist.

Solo-Performer und Studio/Heimtüftler dürften die primäre Zielgruppe sein, da die Effekte im Bandkontext leicht untergehen können. Aber: Die einfache Bedienbarkeit erlaubt es dem ungeduldigen Spieler, sehr schnell zu beeindruckenden Resultaten zu kommen. Das wiederum macht das Astral Destiny vom vermeintlichen Studio-Pedal zum Live/Session-Geheimtipp – zumal der Abyss-Modus ein weiteres Standard-Reverb-Pedal auf dem Board überflüssig machen könnte.

RESÜMEE

Das Astral Destiny ist DAS Pedal für die Liebhaber des Shimmer-Reverbs. Ja, es gibt Dutzende von Konkurrenzprodukten, die ähnliche Effekte anbieten. Dennoch kann sich das Astral Destiny behaupten, da es das Genre mit einer fein selektierten Auswahl an Varianten des Effekts bedient, mit hoher Sound-Qualität überzeugt, und mit dem Stretch-Feature ein echtes Alleinstellungsmerkmal bietet.

Es überfordert den Benutzer nicht mit Hunderten von Sound-Bänken in Endlosmenüs und ist der Shimmer-Reverb für spielfreudige Gitarristen, die ohne langen Blick ins Handbuch schnell loslegen wollen. Und nicht nur für die: Wer das EQD Astral Destiny in wirklich beeindruckender Bandbreite hören will, der suche auf YouTube das Demo-Video der Harfenspielerin Emily Hopkins – da singen wirklich die Engel auf der Astralebene.

Internet: www.earthquakerdevices.com
Preis (Street): ca. € 239

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2021)

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