Celestion entwickelte jüngst einen Lautsprecher, der mit Hilfe von Frequenzgangkorrektur durch digitale Impulsantworten so klingen soll wie diverse andere Lautsprecher aus gleichem Hause. Im Zeitalter von Modeling-Verstärkern scheint genau dies der konsequente nächste Schritt zu sein.
Großbritannien ist hier in Europa nicht nur für seine außergewöhnlichen Politiker bekannt, es ist für Gitarristen vor allem die Geburtsstätte von Marshall, Vox und Co., sowie die Heimat der Rock’n’Roll-Lautsprecher: Von hier kommt der Celestion Greenback in seinen zig Varianten, wie auch moderne Klassiker – vor allem der im Rock- und Metal-Bereich nicht mehr wegzudenkende Vintage 30, oder der berühmte Blue Bulldog Speaker, den große Teile der Vox AC30 und AC15 spielenden Gitarristen lieben gelernt haben.
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Van Halen, Hendrix und Hetfield hätten sicherlich auch ohne Celestion-Lautsprecher arbeiten können. Ihre typischen Gitarren-Sounds hätten aber völlig anders geklungen. Die Liste der Superstars, die 20, 25 oder 30 Watt Greenbacks, beziehungsweise Vintage-30-Lautsprecher spielen, ist außergewöhnlich lang. Petrucci, In Flames, Lamb of God, Peter Weihe, Page, Clapton, Frampton … Die Aufzählung wird endlos und wir sparen uns das an dieser Stelle.
Angesichts der Tatsache, dass unsere Helden mit diesen britischen Lautsprechern ihren Sound gemacht haben, wundert es nicht, dass beinahe alle namhaften Hersteller Combos oder Boxen mit Celestion-Lautsprechern im Sortiment führen. Und auch in der digitalen Welt scheinen Greenback und Vintage 30 in jede ordentliche Sammlung von Impulsantworten zu gehören.
Impulsantworten? Was ist denn das eigentlich? Ganz neu ist die Technologie hinter „IRs“ – wie man oftmals in englischsprachigen Foren oder Produkttexten liest – nicht. Schon der ursprüngliche Line6 POD benutzte für seine Boxensimulationen „Impulse Responses“, war damit seiner Zeit leicht voraus und vermutlich auch deswegen recht erfolgreich.
WAS IST EINE IR?
Zunächst ist IR die Abkürzung für „Impulse Response“ oder zu Deutsch „Impulsantwort“. Da uns das noch nicht weiterhilft, versuche ich es mal mit einer recht bildlichen, aber sehr vereinfachten Erklärung, ohne zu sehr in den Bereich der Physik und Mathematik abschweifen zu wollen. Ich bitte hiermit ausdrücklich um Entschuldigung bei allen Programmierern, Software-Entwicklern und Mathematikern, die es besser wissen und sachlich korrekter erklären können.
Folgende Modellvorstellung soll dem interessierten Laien helfen: In einem Kirchenschiff stellt man auf der einen Seite eine ultra-lineare PA auf, und auf der anderen Seite ein ebenfalls ultralineares Mikrofon. Über die PA spielt man einen gleichbleibend lauten Sinus-Sweep ab – also einen Ton, der zunächst bei ca. 20 Hertz im Sub-Bass startet, und dann bis auf 20000 Hertz nach oben schnellt. Das Messmikrofon würde diesen Ton verfälscht aufnehmen. Am Mikrofon kommt nämlich logischerweise der verhallte Klang des Messtons an.
Würde man nun mit einem Algorithmus die Differenz aus beiden Signalen errechnen, also die Veränderung der Lautstärke, des Obertonanteils und die Schalllaufzeiten an diesem Punkt des Kirchenschiffs, könnte man aus diesen Daten einen relativ realistischen digitalen Hall errechnen. Möchte man die Messergebnisse sinnvoll abrunden, empfiehlt es sich zudem, rosa und/oder weißes Rauschen bei verschiedenen Lautstärken aufzunehmen.
Wer schon mal ein Kemper-Profil erstellt hat, ahnt das schon lange, denn der Kemper gibt beim Profiling von Amps eben jene Signale durch das zu profilierende Equipment aus, und das passiert vermutlich nicht, weil die Entwickler ganz große R2D2-Fans oder Liebhaber alter Modems sind.
Was hat das mit Lautsprechern zu tun? Ganz einfach – keine zwei Tage nachdem diese Art von Konvolutionshall als Plug-In in einer Audio-Workstation nutzbar wurde, hatten schon die ersten schlauen Köpfe verstanden, dass man ja auch Sinussignale durch die Endstufen von Verstärkern senden konnte.
Über eine mit typischen Gitarrenlautsprechern bestückte Box gespielt, und mit einem sinnvoll aufgestellten, typischen Studiomikrofon abgenommen, könnte man zumindest näherungsweise die Klangverfälschung eben dieser Komponenten mit dem Hall-Plug-In nachempfinden, sofern man den Mix des „Halls“ auf 100% stellt und das gesamte Signal einer Gitarrenverstärkervorstufe mit dieser Klangfarbe einfärbt.
Das hat erstaunlich gut geklappt und somit konnte man am heimischen Rechner einfach das Signal eines Einschleifweg-Sends des Gitarrenverstärkers direkt an den Recording-Eingang des Interfaces senden. Dieses, bei Verzerrung äußerst kratzige Signal, wurde durch besagte Konvolutionshall-Plug-Ins so weit im Frequenzgang verändert, dass sich für das menschliche Ohr eine ähnliche Klangfarbe ergibt, als hätte man die Endstufe, Box und das Mikrofon – in eben dieser Position – vor dem Lautsprecher benutzt. Das „Silent Recording“ war erfunden…
Schlussendlich wurden auf Basis dieser Technologie dann eben auch ein Kemper Profiling-Verstärker und mehr oder weniger alle anderen, populären digitalen Verstärkersimulationen entwickelt.
DAS PROBLEM
Das erste und grundsätzliche Problem bei der Arbeit mit Impulsantworten, das sich bis heute nicht sonderlich gut lösen lässt, liegt vor allem darin, dass wir Gitarristen nun mal an den Klang unserer Verstärker im gleichen Raum gewöhnt sind, und beim Kauf eben jener Verstärker selten den Klang im Studio als Bewertungskriterium herbeigezogen haben.
Eine Impulsantwort ist aber eben das, was zum Beispiel ein SM57 in GENAU DIESER POSITION vor dem einen Lautsprecher der Gitarrenbox hört. Ich kenne weder einen Menschen, dessen Ohren genau so hören wie ein SM57, noch kenne ich Gitarristen, die beim Spielen der E-Gitarre ihr eines Ohr „on axis“ mit drei Grad Neigung im Abstand von 2,4 Zentimetern vor den einen Vintage 30 ihrer 4x12er-Box halten, und das andere Ohr mit Gehörschutz verschließen, um dann vor Freude über ihren tollen Gitarrensound zu grinsen.
Das zweite Problem ist die Ungenauigkeit, mit der die Algorithmen bei Konvolutionshall arbeiten. Je tiefer die Frequenz wird, desto weiter entfernen wir uns von der eigentlichen, beim Erstellen der Impulsantwort gemessenen Situation. An diesem Punkt setzt Celestion mit dem F12-X200 Lautsprecher an.
(Bild: Dieter Stork)
SOUND
Die Firma Tube Amp Doctor hat uns für diesen Testbericht einen Celestion F12-X200 in eine ihrer 1x12er-Boxen mit typischen Marshall-1974-Spezifikationen eingebaut. In genau dieser Gitarrenbox hörte ich mir den Lautsprecher während der gesamten Testphase, die einige Wochen dauerte, an. Meine allererste Befürchtung war, dass eine solche Box, mit ihren sehr klassischen und hölzernen Resonanzen, vermeintlich genau die falsche Basis für einen Test sein könnte. Hierzu kann ich vorab Entwarnung geben.
Wie sich im Laufe der Testreihen herausstellte, funktioniert das super. Ein sogenannter FRFR-Lautsprecher, wie es unser Testkandidat sein möchte, ist der Celestion F12-X200 streng genommen eigentlich nicht. Von „full range, flat response“ kann man bei den vom Hersteller auf seiner eigenen Homepage ausgegebenen Messdaten überhaupt nicht sprechen.
Vielmehr ist der F12 im Bass- und Tiefmittenbereich ein typischer 12 Zoll Gitarrenlautsprecher und bei Weitem nicht „flat“. Der Höhenbereich wird von einem hauseigenen Kompressionstreiber abgebildet und ist deshalb vergleichsweise flat und geht hinauf bis 20 kHz. Der Speaker verhält sich im Tieftonbereich eher wie ein Celestion Greenback und ein Vintage 30 es auch täten und eben genau da, wo Impulsantworten ungenauer werden und nicht gerade optimales Spielgefühl transportieren, ist der F12 den typischen, klassischen Gitarrenlautsprechern wesentlich ähnlicher in der Dynamik, als es ein Studiolautsprecher oder eben ein Lautsprecher einer Monitorbox auf der Bühne wären.
Je weiter wir uns in den Mitteltonbereich, die Höhen und dann auch in das sogenannte „Air Band“ bewegen, desto linearer wird der F12-X200. Würde man bei diesem Klangbild den Speaker einfach direkt an einen echten Röhrenverstärker anschließen, dann könnte man sich mit dem Klangbild sicherlich anfreunden, sofern man ausschließlich extrem cleane Sounds spielt. Schon ab dem Einsetzen von leichter Verzerrung jedoch, wird es ungenießbar kratzig und höhenbetont. Für traditionelle Röhrentopteile ist der Lautsprecher allerdings auch überhaupt nicht gedacht.
Die Anwendung des F12-X200 sieht vor, dass man einen ModelingVerstärker mit aktivierter Boxensimulation, wie eben einen Kemper – dann gerne schon mit eingebauter oder eben externer und vor allem möglichst linearer Endstufe – als Signalgeber verwendet.
Da Kemper Profiler, Line 6 Helix, Fractal Audio Axe-FX III und ähnliche Modeling-Verstärker den Frequenzganz der Box, des Gitarrenlautsprechers und des Mikrofons schon durch die Verwendung von Konvolutionshall nachahmen, wird der F12-X200 in diesen Fällen ein weitaus dunkler klingendes Signal wiedergeben und somit passen die Höhen dann erstaunlich gut.
RESÜMEE
Das typische Digital-Amp-Modeling-Signal klingt über den F12-X200 wie eine Mischung aus Studio-Signal und „mein Amp steht neben mir im gleichen Raum“. Die Bässe und Tiefmitten werden mit sinnvoller Präzision wiedergegeben und das Spielgefühl ähnelt in dieser Situation erheblich dem eines Amps, der im gleichen Raum steht. Das ist eben genau das, was sich so viele Gitarristen wünschen, die mit echten Röhrenverstärkern aufgewachsen sind.
CELESTION PLUS IR
Schon seit einigen Jahren bietet Celestion, unter dem Markennamen „Celestion Plus“, eine unübersichtlich große Auswahl hauseigener Gitarren- und Basslautsprecher als IR-Audiodaten an, die zum kostenpflichtigen Download auf einer eigens für dieses Produkt entworfenen Website bereitstehen.
Unter www.celestionplus.com findet man derzeit Impulsantworten von 27 typischen Lautsprechern, die jeweils in diversen Boxentypen mit typischen Studiomikrofonen abgenommen wurden und die Auswahl wächst stetig weiter.
Da eben diese Celestion Plus Impulsantworten ganz wunderbar mit dem F12-X200 zusammenspielen, versuche ich hier, diese extrem umfangreiche Sammlung etwas zu sortieren. Ein Celestion Plus Gitarrenlautsprecher wird in einer 1x12er Open-Back-Box, dann aber ebenfalls in einer 1x12er Closed-Back, einer 2x12er Open-Back, einer 2x12er Closed-Back, sowie einer 4x12er Closed-Back-Box zum Download angeboten.
Günstiger ist es, gleich alle Boxen im Paket zu kaufen. Allerdings ist dies nicht unbedingt so zweckdienlich, wie die Preisstruktur es uns glauben machen möchte, denn die Gehäuse der Boxen spielen bei einer typischen Mikrofonabnahme im Studio eine eher untergeordnete Rolle.
Es empfiehlt sich, zunächst entweder nur 4x12er Daten oder nur 1x12er Open-Back Daten zu wählen oder eben beides, da sich hierbei die größten klanglichen Unterschiede einstellen und die weiteren Optionen anfangs eher zu vernachlässigen sind. In jeder der einzelnen Sammlungen wurden nun wiederum drei typische Mikrofone benutzt, um in etlichen Positionen die Lautsprecher abzunehmen. Da gibt es dann jeweils ein Shure SM57, ein Royer-R-121-Bändchen, ein Sennheiser MD421 in den Positionen „balanced“, „bright“, „dark“, „dark 2“, „fat“ und „thin“, sowie eine Option mit Raummikrofon, die mit einem Neumann TLM-107-Paar erstellt wurde. Letztere eignet sich eher zum Beimischen in einer Homerecording-Situation, als zum eigentlichen Spielen mit einem Modeling-Verstärker.
Im Langzeittest, sowohl im Live-Betrieb, als auch in diversen Studiosituationen, haben sich vor allem zwei Lautsprechertypen als besonders pragmatisch und authentisch herausgestellt. Der Vintage-30- und der Heritage-G12M-20-Watt-Lautsprecher sind die eigentlichen „Must-haves“ in dieser Flut an Optionen, denn eben diese Lautsprecher hat man schon in tausenden Produktionen gehört. Ein typisches Problem für viele Digital-Amp-Nutzer ist die sehr knackige Höhenwiedergabe von sehr einfachen, günstigen Verstärkersimulationen oder Plug-Ins am Rechner.
Hier kann sicherlich die IR-Sammlung um einen „G12H-150 Redback“ ergänzt werden – das ist dann schon ein sehr dunkel klingender Lautsprecher. Grundsätzlich kann man bei den Celestion Plus Impulsantworten davon ausgehen, dass sie zu den absolut authentischsten Sammlungen gehören, die man derzeit am Markt findet, und lediglich zwei oder drei halbwegs gleichwertige Alternativen von anderen Studios zum Download angeboten werden.
PLUS
● sehr genaue Höhenwiedergabe
● sehr guter Wirkungsgrad
● Dynamik der Bässe und Tiefmitten
● geringes Gewicht
Soweit ich weiß, muß ich hier etwas widersprechen, zumindest, was das Signal betrifft, mit dem man eine IR anregt.
Dies ist definitiv kein Sinussignal und auch kein Sweep, der ja über eine gewisse Zeit läuft. Es ist wie schon beschrieben ein IMPULS, der theoretisch und optimalerweise unendlich kurz sein sollte. In der Praxis hat er natürlich eine bestimmte Dauer. Aber es ist nur ein ultrakurzer Impuls. Akustisch würde man so was im weitesten mit einem Sidestickschlag auf eine Snare vergleichen. Oder das Ticken einer Uhr ( ein Tick natürlich nur ). Also weit davon entfernt ein Sinussweep zu sein. OK, wenn der Simussweep extrem kurz ist ( im Bereich des Bruchteils einer
Mikrosekunde ), dann ist das natürlich sehr vergleichbar und von der Theorie das gleiche, weil der Impuls ja sozusagen “alle Frequenzen” zum Anregen des zu messenden Objektes ( Raum, Speaker, Amp … ) beinhaltet.
Ist sowas wie ein Sinussweep, der fasty unendlich schnell durchsweept 😉
Das ist das I ( Impuls ) bei IR und das R ist die Response dessen, was gemessen wird … ein Raum, ein Speaker, ein Amp usw …
Die Response auf so einen Impuls ( man nimmt als Impuls eine Dirac Impulse Function ) entspricht dann genau dem Klangverhalten, was man “samplen” mäöchte, obwohl das ja das falsche Wort ist. Ein Faltungsalgorithmus kann nun so eine Response einem normalen Musik-Signal per Faltungsalgorithmus “aufprägen” und schon hat man einen Hall, ein Speaker, ein Amp usw nachgebildet …
Ich hoffe, das war immer noch verständlich für “normale” Musiker usw …
viele Grüße
Armin Hechler-Stark
Diese Darstellung ist leider nur zu Teilen korrekt.
Es ist richtig, dass eine Impulsantwort in der Theorie mittels Diracimpuls erzeugt wird. In der Praxis gibt es aber grob eingeteilt drei Methoden, um ein System anzuregen, nicht nur die mittels Diracimpuls:
1. Mittels Diracimpuls. Dies entspricht dem “Idealfall” der Theorie. Es scheitert allerdings schon daran, dass wir nicht in der Lage sind, einen unendlich kurzen Impuls zu erzeugen und die Antwort darauf aufzuzeichnen. Dazu müsste unser Testsystem nämlich frei von weiteren Störenden Einflüssen sein. Bei einem Gitarrentopteil mit Störgeräuschen ein schwieriges Unterfangen. Hinzu kommt, dass ein Diracimpuls in der Theorie eine unendliche Amplitude hat. Dies würde bei allen reellen Systemen zu Clipping führen, was die Impulsantwort verfälschen würde. Denn Clipping bzw. Verzerrungen sind nichtlinear und können somit nicht mit einer Impulsantwort abgebildet werden. In der Praxis müssen wir uns also wie immer mit Kompromissen begnügen.
2. Die Anregung mittels Sprungfunktion. Im Prinzip gilt hier alles, was für die Anregung mittels Diracimpuls auch gilt, mit dem Unterschied, dass das Testsignal differenzierbar ist und aus dieser Differenzierbarkeit die IR errechnet wird. Die Nachteile bzw. Voraussetzungen sind die selben.
3. Die Anregung mittels breitbandigem Testsignal. Das kann ein Rauschen oder eben ein Sinuston sein. Das System wird hierbei in einem für die Messung relevanten Bereich angeregt und das aufgezeichnete Signal per Kreuzkorrelation (und nicht per Faltung, wie es beim Anwenden der IR im Plugin der Fall wäre) mit dem Testsignal verrechnet. Hieraus lässt sich ebenfalls die IR bestimmen. Der große messtechnische Vorteil dieser Methode liegt darin, dass Störfaktoren wie Nebengeräusche durch die Kreuzkorrelation herausgerechnet werden. Die Messung ist also recht unempfindlich und kann mit einfachen Mitteln durchgeführt werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass mit dieser Methode das System kontrolliert angeregt wird. Der Messaufbau kann also so eingestellt werden, dass ungewolltes Clipping vermieden wird und nur der Bereich angeregt wird, der für uns interessant ist.
Die Länge des Sweeps bestimmt dabei die Auflösung der IR im tiefen Frequenzbereich. Ein längerer Sweep sorgt für eine genauere Darstellung in den Bässen. Hierbei muss allerdings ein Kompromiss gefunden werden, denn bei sehr langer Anregung kommen natürlich auch die Raummoden und weitere Reflexionen des Raumes mit ins Spiel.
Will man das Frequenzverhalten eines Lautsprechers aufzeichnen, ist die Anregung mittels Sweep oder Rauschen die praxistauglichste Methode. Für die Aufzeichnung eines Halls bietet sich eher die Anregung mittels Impuls an. Möglich ist aber beides.
Hoffentlich konnte das mit ein paar Missverständnissen aufräumen.
Viele Grüße
Joris Henke
Hallo Joris,
Danke … korrekt vervollständigt ! 🙂 Meine Darstellung finde ich schon nicht nur teilweise korrekt, die ist aber nur ein Teil der Möglichkeiten, da hast du voll Recht auch daß dies eher die ideale Theorie ist … Klar da hatte ich nur den Diracimpuls im Kopf, der Rest war mir gerade “entfallen”.
Eine IR ist nur im linearen System definiert, ein nichtlineares (verzerrendes) System hat keine IR. Zwar kann man auch ein nichtlineares System mit einem Impuls anregen, was dabei rauskommt ist aber nicht “die” IR. Anders ausgedrückt: Ein nichtlineares System hat unendlich viele (unterschiedliche) Pseudo-IR, ein lineares System hat eine einzige. Das lineare (cleane) Verhalten eines Verstärkers oder Lautsprechers lässt sich durch “die” IR exakt beschreiben, das nichtlineare (verzerrende) Verhalten nicht bzw. nur näherungsweise.
Was durch die IR auch nicht nachgebildet werden kann: das Bündelungsverhalten des Lautsprechers. Ist im Studio egal, wenn ein Mikrofon an einem Ort vor der Mambran sitzt, ist für das subjektive Klangempfinden des neben der Box stehenden Gitarristen aber wesentlich.
Fazit: Die IR-Methode kann als Näherungsverfahren im Einzelfall gute Ergebnisse bringen. Wenn’s nicht so überzeugend klingt, liegt das mit großer Wahrscheinlichkeit an der unzureichenden Verzerrungs-Abbildung. Wer sich für weitergehende Fachliteratur interessiert, findet unter https://gitec-forum.de/gitec-community/fachartikel/
kostenlose PDFs.
Soweit ich weiß, muß ich hier etwas widersprechen, zumindest, was das Signal betrifft, mit dem man eine IR anregt.
Dies ist definitiv kein Sinussignal und auch kein Sweep, der ja über eine gewisse Zeit läuft. Es ist wie schon beschrieben ein IMPULS, der theoretisch und optimalerweise unendlich kurz sein sollte. In der Praxis hat er natürlich eine bestimmte Dauer. Aber es ist nur ein ultrakurzer Impuls. Akustisch würde man so was im weitesten mit einem Sidestickschlag auf eine Snare vergleichen. Oder das Ticken einer Uhr ( ein Tick natürlich nur ). Also weit davon entfernt ein Sinussweep zu sein. OK, wenn der Simussweep extrem kurz ist ( im Bereich des Bruchteils einer
Mikrosekunde ), dann ist das natürlich sehr vergleichbar und von der Theorie das gleiche, weil der Impuls ja sozusagen “alle Frequenzen” zum Anregen des zu messenden Objektes ( Raum, Speaker, Amp … ) beinhaltet.
Ist sowas wie ein Sinussweep, der fasty unendlich schnell durchsweept 😉
Das ist das I ( Impuls ) bei IR und das R ist die Response dessen, was gemessen wird … ein Raum, ein Speaker, ein Amp usw …
Die Response auf so einen Impuls ( man nimmt als Impuls eine Dirac Impulse Function ) entspricht dann genau dem Klangverhalten, was man “samplen” mäöchte, obwohl das ja das falsche Wort ist. Ein Faltungsalgorithmus kann nun so eine Response einem normalen Musik-Signal per Faltungsalgorithmus “aufprägen” und schon hat man einen Hall, ein Speaker, ein Amp usw nachgebildet …
Ich hoffe, das war immer noch verständlich für “normale” Musiker usw …
viele Grüße
Armin Hechler-Stark
Diese Darstellung ist leider nur zu Teilen korrekt.
Es ist richtig, dass eine Impulsantwort in der Theorie mittels Diracimpuls erzeugt wird. In der Praxis gibt es aber grob eingeteilt drei Methoden, um ein System anzuregen, nicht nur die mittels Diracimpuls:
1. Mittels Diracimpuls. Dies entspricht dem “Idealfall” der Theorie. Es scheitert allerdings schon daran, dass wir nicht in der Lage sind, einen unendlich kurzen Impuls zu erzeugen und die Antwort darauf aufzuzeichnen. Dazu müsste unser Testsystem nämlich frei von weiteren Störenden Einflüssen sein. Bei einem Gitarrentopteil mit Störgeräuschen ein schwieriges Unterfangen. Hinzu kommt, dass ein Diracimpuls in der Theorie eine unendliche Amplitude hat. Dies würde bei allen reellen Systemen zu Clipping führen, was die Impulsantwort verfälschen würde. Denn Clipping bzw. Verzerrungen sind nichtlinear und können somit nicht mit einer Impulsantwort abgebildet werden. In der Praxis müssen wir uns also wie immer mit Kompromissen begnügen.
2. Die Anregung mittels Sprungfunktion. Im Prinzip gilt hier alles, was für die Anregung mittels Diracimpuls auch gilt, mit dem Unterschied, dass das Testsignal differenzierbar ist und aus dieser Differenzierbarkeit die IR errechnet wird. Die Nachteile bzw. Voraussetzungen sind die selben.
3. Die Anregung mittels breitbandigem Testsignal. Das kann ein Rauschen oder eben ein Sinuston sein. Das System wird hierbei in einem für die Messung relevanten Bereich angeregt und das aufgezeichnete Signal per Kreuzkorrelation (und nicht per Faltung, wie es beim Anwenden der IR im Plugin der Fall wäre) mit dem Testsignal verrechnet. Hieraus lässt sich ebenfalls die IR bestimmen. Der große messtechnische Vorteil dieser Methode liegt darin, dass Störfaktoren wie Nebengeräusche durch die Kreuzkorrelation herausgerechnet werden. Die Messung ist also recht unempfindlich und kann mit einfachen Mitteln durchgeführt werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass mit dieser Methode das System kontrolliert angeregt wird. Der Messaufbau kann also so eingestellt werden, dass ungewolltes Clipping vermieden wird und nur der Bereich angeregt wird, der für uns interessant ist.
Die Länge des Sweeps bestimmt dabei die Auflösung der IR im tiefen Frequenzbereich. Ein längerer Sweep sorgt für eine genauere Darstellung in den Bässen. Hierbei muss allerdings ein Kompromiss gefunden werden, denn bei sehr langer Anregung kommen natürlich auch die Raummoden und weitere Reflexionen des Raumes mit ins Spiel.
Will man das Frequenzverhalten eines Lautsprechers aufzeichnen, ist die Anregung mittels Sweep oder Rauschen die praxistauglichste Methode. Für die Aufzeichnung eines Halls bietet sich eher die Anregung mittels Impuls an. Möglich ist aber beides.
Hoffentlich konnte das mit ein paar Missverständnissen aufräumen.
Viele Grüße
Joris Henke
Hallo Joris,
Danke … korrekt vervollständigt ! 🙂 Meine Darstellung finde ich schon nicht nur teilweise korrekt, die ist aber nur ein Teil der Möglichkeiten, da hast du voll Recht auch daß dies eher die ideale Theorie ist … Klar da hatte ich nur den Diracimpuls im Kopf, der Rest war mir gerade “entfallen”.
viele Grüße
Armin Hechler-Stark
Eine IR ist nur im linearen System definiert, ein nichtlineares (verzerrendes) System hat keine IR. Zwar kann man auch ein nichtlineares System mit einem Impuls anregen, was dabei rauskommt ist aber nicht “die” IR. Anders ausgedrückt: Ein nichtlineares System hat unendlich viele (unterschiedliche) Pseudo-IR, ein lineares System hat eine einzige. Das lineare (cleane) Verhalten eines Verstärkers oder Lautsprechers lässt sich durch “die” IR exakt beschreiben, das nichtlineare (verzerrende) Verhalten nicht bzw. nur näherungsweise.
Was durch die IR auch nicht nachgebildet werden kann: das Bündelungsverhalten des Lautsprechers. Ist im Studio egal, wenn ein Mikrofon an einem Ort vor der Mambran sitzt, ist für das subjektive Klangempfinden des neben der Box stehenden Gitarristen aber wesentlich.
Fazit: Die IR-Methode kann als Näherungsverfahren im Einzelfall gute Ergebnisse bringen. Wenn’s nicht so überzeugend klingt, liegt das mit großer Wahrscheinlichkeit an der unzureichenden Verzerrungs-Abbildung. Wer sich für weitergehende Fachliteratur interessiert, findet unter
https://gitec-forum.de/gitec-community/fachartikel/
kostenlose PDFs.
Manfred Zollner