Erinnerungen

Test: Danelectro 3699 Fuzz & Back Talk Reverse Delay

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(Bild: Dieter Stork)

Wie bereits zahlreiche Hersteller zuvor, lässt es sich auch Danelectro nicht nehmen, überarbeitete Effektpedale aus seiner Firmenhistorie auf den Markt zu bringen, von denen einige aufgrund steigender Beliebtheit inzwischen Sammlerstatus erreicht haben.

Zweifellos trifft dies auf das 3699 Fuzz zu, dessen Vorbild „The Foxx Tone Machine“ heute zu den gesuchtesten Octave-Fuzzes zählt und Anfang der 70er vom damals 19-jährigen Danelectro-Besitzer Steve Ridinger entwickelt wurde. Noch nicht ganz diesen Kultstatus erreicht hat das Back Talk Reverse Delay, welches 1999 das Licht der Welt erblickte. Kann ja noch werden.

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HARDWARE

Im schlichten aber geschmackvollen Retro-Look kommen die beiden Stompboxes mit ihren Alugussgehäusen daher. Um ihnen einen Used Look zu verleihen, hat man Flächen und Kanten stellenweise mit feinem Schleifpapier malträtiert und an den oberen Kanten zusätzlich ein paar Macken eingefeilt. Ein wenig mehr Improvisation und Kreativität hätte ich mir vom Schleifpersonal schon gewünscht, hat es sich doch die Gehäuse beider Pedale an fast identischen Stellen mit gleicher Intensität zur Brust genommen. Auf den verschraubten Bodenwannen der Pedale hat Danelectro das Jahr seiner Gründung durch Nathan Daniel in römischen Ziffern aufgedruckt: MCMXLVII. Na, in der Schule aufgepasst?! Klar doch … 1947.

Anschlüsse auf der Stirnseite (Bild: Dieter Stork)

Alle drei Anschlüsse finden sich an der Stirnseite, die smooth rotierenden Potis, Kipp- und Fußschalter sowie große, leuchtstarke, orange Statusanzeigen auf der Bedienfläche. Bis auf die LEDs und DC-Buchsen hat man alle Komponenten mit dem Gehäuse verschraubt. Beim 3699 Fuzz wurde allerdings versäumt, die losen Potimuttern festzuziehen. Selbstklebende Gummifüßchen liefert Danelectro nicht mit, dafür kommen die Pedale in geschmackvollen Retrokartons, darin noch mal in Säckchen aus hochwertigem Velourleder mit Moosgummischonern auf Reglern und Fußschaltern, die gefalteten Manuals in kleinen Papp-Etuis. Respekt, ganz schön aufwendig und echt was fürs Auge!

VINTAGE TONE

3699 FUZZ

Eine nette Anekdote erklärt die Zahlenkombination im Modellnamen: In den 70ern war es cool, eine Telefonnummer mit seinem Firmennamen zu besitzen. Möglich machte das die Buchstabenwahl. Gut ein Jahr nach der Einführung der FOXX-Pedale saß Steve Ridinger vor der Wählscheibe seines Telefons und überlegte, welche Nummern für den Namen F-O-X-X erforderlich wären. Diese lauteten 3-6-9-9. (Anmerkung: Auch heutige Festnetztelefone und Smartphones besitzen diese Kombinationen aus Ziffern und Buchstaben auf ihren Tasten). Überraschenderweise besaß Foxx diese Nummer bereits, denn ein Jahr zuvor hatte die Telefongesellschaft der Firma die Nummer 213-XXX-3699 schon zugeteilt. Zufälle gibt‘s!

Wie die Foxx Tone Machine ist das 3699 ein Fuzz mit zuschaltbarer Up-Oktave. Zur Verfügung stehen die Regler Volume (Output Level), Fuzz (Zerrpegel) und Tone, ein Mid-Boost-Kippschalter sowie die beiden Fußschalter Fuzz on/off und Octave on/off. Eine rote LED zeigt den Octave-Status an. Eigentlich bin ich kein Fan von Fuzz-Effekten, weil sie mir meist zu kratzig, zu sehr nach Kreissäge und irgendwie unsauber, wenn nicht sogar nervig klingen. Nie hätte ich gedacht, dass ich mich einmal in eines verlieben würde. Beim Danelectro 3699 Fuzz ist es passiert.

Sein Zerrcharakter ist harmonisch, ja schon fast sahnig, auf gewisse Weise musikalisch und manchmal sogar Mutron/Synth-angehaucht. Zudem lässt sich mit Hilfe der sehr effizient arbeitenden Regler eine breite Palette unterschiedlichster Sounds erzielen. Der Klangregler liefert ein breites Spektrum von singend bis aggressiv beißend, die werksseitig abgestimmte Oktave legt sich harmonisch über jedes Tone-Setting und verleiht sogar weichen Einstellungen mehr Attack und Akzent. Andererseits können hohe Tone-Einstellungen plus Oktave extrem höhenreich und aggressiv tönen, mitunter sogar aufdringlich und fast unangenehm im Ohr klingeln. Der Mid Boost beschert dem Fuzz-Sound ordentlich Punch und erhöht gleichzeitig die Durchsetzungskraft.

Unabhängig vom eingestellten Fuzz-Anteil erzeugt das 3699 ein extrem ausdauerndes Sustain, das sich mit dem Gitarren-Volume und der Anschlagsintensität vorzüglich kontrollieren und steuern lässt und wirklich jeden Ton in seine Obertöne kippen lässt. Bei all dem hält das Volume-Poti jede Menge Output-Reserven für das Solieren bereit. Selbst bei extremen Einstellungen gibt sich das Pedal beeindruckend nebengeräuscharm.

BACK TALK REVERSE DELAY

Wie die Bezeichnung vermuten lässt, handelt es sich beim Back Talk um ein Delay, bei dem das Effektsignal in umgekehrter Form also rückwärts wiedergegeben wird. Passend dazu prangt an den Gehäuseseiten ein Hinweis zur Entstehung dieses Effekts, der sinngemäß lautet: „Mitte der 60er: In einem Londoner Studio schneidet jemand ein Stück Tonband aus und fügt es in umgekehrter Richtung ein … Der Rest ist Geschichte.“

Drei Regler versprechen einfache Bedienung. Mix kontrolliert die Balance zwischen Direkt- und Effektsignal von 100% Direkt- bis 100% Effektsignal, Speed bestimmt die Delay Time (von kurzem Slap Delay bis maximal ca. 1400 ms), Repeats die Anzahl der Echos von 1 bis unendlich. Dreht man Repeats voll auf, überschlagen sich die Echos nicht, sondern werden mit konstantem Pegel so lange wiedergegeben, bis man den Effekt mit dem geschmeidigen Soft-Footswitch, der sich funktionell als Taster entpuppt, ausschaltet. Das Spiel mit dem Reverse Delay ist bisweilen gewöhnungsbedürftig, erst recht bei langen Delayzeiten und hohen Mix- und Repeats-Einstellungen. Wer oft Techniken wie Bendings oder Slides in sein Spiel einbindet, sollte darauf gefasst sein, dass ein Up-Bending als Down-Bending oder ein Up-Slide als Down-Slide wiederholt wird.

Hohe Mix- und/oder Repeats-Settings können einen ebenso irritieren wie unerwartet auftauchende Anschlaggeräusche. Andererseits empfiehlt sich das Danelectro Back Talk nicht nur für Psychedelic-Sounds als echte Kreativquelle, die den User u.a. auch mit Violin- oder Orgel-ähnlichen Klängen belohnt. Dezente Einstellungen mit kurzen Delay Times minimieren nämlich die Unterschiede zu konventionellen Delays, die meist nur zur räumlichen Unterstützung dienen. Slap-Sounds, wie sie im Rockabilly beliebt sind, verleihen hier kurze Reverse Delays und niedrige Repeats-Einstellungen eine individuelle Note.

Innenleben Back Talk und 3699 Fuzz (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mit den überarbeiteten Neuauflagen alter Eigengewächse aus den frühen 70er- bzw. späten 90er-Jahren hat Danelectro sicherlich ein paar heiße Eisen im Feuer. Nach The Breakdown und The Eisenhower Fuzz legt der US-Hersteller zwei Stompboxes aus chinesischer Produktion nach. Während mich als bisherigen Fuzz-Verweigerer das 3699 mit ebenso warmen, harmonischen wie auch bissig-aggressiven Sounds mit oder ohne Oktave und Mid Boost förmlich vom Hocker gehauen hat, fördert die Arbeit mit dem Back Talk Reverse Delay die Kreativität von Sound-Tüftlern, auch wenn das Klangergebnis – zumindest bei hohen Reglereinstellungen und bestimmten Spieltechniken – gewöhnungsbedürftig ist.

Unbestritten sind jedoch die Sound- und Signalqualitäten sowie die Nebengeräuscharmut beider Danelectro-Pedale. Obgleich der Used-Look der Gehäuse ein wenig künstlich anmutet, besitzen sie doch ansprechendes Retro-Design und kommen gleichermaßen aufwendig wie geschmackvoll verpackt.

PLUS

  • Signalqualität & Dynamik
  • exzellente Fuzz-Sounds
  • Sustain (3699 Fuzz)
  • interessante Reverse-Delay-Sounds (Back Talk)
  • extrem nebengeräuscharm
  • Handhabung
  • Verarbeitung

MINUS

  • Poti-Muttern lose (3699 Fuzz)

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2020)

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