Rares für Bares

Test: Crazy Tube Circuits Unobtanium

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(Bild: Dieter Stork)

Dumble-Amps und Klon-Centaur-Pedale zählen zu den gesuchtesten und teuersten Objekten unserer Zunft. Um beide ranken sich Mythen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Einige Firmen bieten mittlerweile Nachbildungen dieser hochexklusiven Originale an, die griechische Company Crazy Tube Circuits dürfte die erste sein, die beide Legenden in ein Pedal packt.

Beginnen wir mit dem Namen: „Unobtanium“ ist ein Kunstbegriff, der mit dem englischen Wort für „unerreichbar“ spielt und diesen in ein chemisches Element packt. Frei übersetzt könnte man es als „Unbeschaffbarium“ bezeichnen – nicht zu kaufen, da nicht nur sehr teuer bis unbezahlbar, sondern schlicht nicht verfügbar. Vor allem Dumble-Amps, handgebaut von Howard Alexander Dumble himself, sind nur in verschwindend geringen Stückzahlen hergestellt worden und damit quasi nicht existent. Da der Anfang 2022 im Alter von 77 Jahren verstorbene Maestro zwei bis drei Exemplare pro Jahr konstruiert und irgendwann in den frühen 1970er-Jahren mit der Produktion begonnen hat, kann man sich die Gesamtmenge leicht selbst ausrechnen.

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Und wenn doch mal einer seiner Amps am Markt auftaucht, wird der Preis gerne sechsstellig. Bei der Recherche zu diesem Text fand ich tatsächlich einen dieser super raren Verstärker: einen Steel String Singer für schlappe 220.000 Dollar. Kein Wunder, dass verschiedene Firmen eigene Optionen anbieten. Im Fall des vorliegenden Pedals werden 289 Euro fällig. Das ist auch nicht eben günstig, dafür bietet das Unobtanium aber auch einiges.

AUFBAU

Auf der rechten Seite des Pedals, also als erste Station, sitzt die Klon-Einheit, die sich über zwei große Regler in Sachen Lautstärke und Zerrgrad steuern lässt, darunter findet sich ein kleineres Poti namens Treble, das entsprechend den Anteil der Höhen kontrolliert. Dazu kommen zwei Mini-Schalter. Der linke schaltet zwischen Buffer- und True-Bypass-Betrieb um, der rechte wählt zwei verschiedene Voicings an. In der oberen Stellung („Stock“) reproduziert er die Schaltung und den Sound der sagenumwobenen Germanium-Dioden des Originals, alternativ gibt es mit „Mod“ die Option, einen offeneren Drive-Ton mit weniger Kompression, mehr Gain und einem höheren Output zu wählen.

Auch die Dumble-Emulation der linken Hälfte wartet mit einigen Extras auf. Volume und Gain sind auch hier die Hauptregler, dazu kommen zwei Potis, die maßgeblich in den Sound eingreifen. „Tone“ steuert die höheren Frequenzen nach der Verzerrung, „Emphasis“ ist so etwas wie ein Kombi-Präparat, es sitzt im Signalfluss vor der Drive-Einheit und beeinflusst sowohl den Zerrgrad als auch Presence sowie das Bottom-End – und das ziemlich einschneidend.

Mittig im Bedienfeld findet sich ein weiterer Minischalter, der zwischen der Emulation der beiden Dumble-Amp-Typen Overdrive Special (hier „ODS“) und Steel String Singer („SSS“) wählt. Diese Option kann auch mit einem separat erhältlichen Fußschalter geschaltet werden, Crazy Tube Circuits hat dafür extra den hauseigenen Mini-Switch „XT“ entwickelt. Er lag dem Testpaket bei, muss aber separat erworben werden. Alternativ kam in unserem Fall ein Boss FS-5L Latch Switch zum Einsatz, der diese Funktion ebenfalls erfüllte. Einwurf 1: Es handelt sich hierbei zwar um unterschiedlich konzipierte Verstärkermodelle, allerdings sollte man sich diese Schaltoption nicht gänzlich wie eine Kanalumschaltung eines zweikanaligen Amps vorstellen. Ähnlich wie beim Voicing-Schalter rechts ändert sich eher der Grundcharakter des Sounds.

SONDERAUSSTATTUNG

Dass man sich hier dennoch akkurat seinen persönlichen Zusatzschub einstellen kann, ermöglichen zwei weitere Feinwerkzeuge im Inneren des Unobtanium: Dort sitzt ein Trimpoti-Duo, das beim ODS einen Volume-Boost von 0 bis 6dB regelt sowie die Low-End-Ansprache in der SSS-Position reguliert. Ein weiteres kluges und komfortables Feature ist der serielle Effekt-Loop mit seinen Send- und Return-Buchsen. Damit kann man entweder Effekte seiner Wahl zwischen Drive- und Amp-Sektion einfügen oder aber auch beide Parts separat nutzen.

Die gesamte Hardware macht einen sehr wertigen Eindruck, was in dieser Preisregion allerdings auch die Regel sein sollte. Für mehr Headroom und ein röhrenartigeres Verhalten hat CTC seinem Pedal einen internen Spannungs-Boost auf 18 Volt spendiert, verzichtet wurde auf jedwede Form von Speaker-Simulation. Im Stand-Alone-Betrieb ist das Pedal für den Einsatz mit einem Amp/Speaker konzipiert.

Einwurf 2: Wie erwähnt, ranken sich zahllose Legenden speziell um Dumble-Amps. Howard Dumble hat seine Verstärker für den jeweiligen Gitarristen – teilweise speziell für ein Gitarrenmodell – gebaut, sodass keine zwei seiner Amps gleich klingen. So ist von Robben Ford überliefert, dass er dereinst mit Larry Carlton den Dumble getauscht hat, und beide Gitarristen daraufhin verwundert über ihren gar nicht mehr so wunderbaren Ton dastanden.

In welche Richtung wir uns generell bewegen, sollte eher die Liste berühmter Dumble-User deuten: Neben den beiden erwähnten Größen zählen und zählten Sound-Gourmets wie Eric Johnson, John Mayer, David Lindley, Carlos Santana und Jackson Browne zum Kundenkreis, auch Stevie Ray Vaughan war ein großer Verfechter dieser Amps. Lowell George von Little Feat hat es in einem Interview 1977 so beschrieben: „Es ist wie ein Fender, der richtig gemacht wurde. Mein Dumble ist der beste Amp, über den ich je gespielt habe.“

Sehr grob gesagt: Nicht Riff-Rock, sondern satte Leads mit viel Körper sind die bevorzugte Spielwiese dieser Spezies. Einwurf 3: Wie die allermeisten Gitarristen hat auch der Autor dieser Zeilen jemals weder einen Dumble-Amp noch ein Original-Klon-Centaur gespielt. Es geht daher in diesem Text in erster Linie um die Möglichkeiten, die das Pedal bietet.

GROSSE AUSWAHL

Schon bevor man auch nur ein einziges Poti dreht, kann man aus einer breiten Palette an Grundsounds wählen: Je zwei pro Seite macht insgesamt acht Optionen (Klon Stock und Mod pur, ODS und SSS pur, Stock mit ODS, Stock mit SSS, Mod mit ODS, Mod mit SSS), von denen sich fünf über die beiden Pedal-Fußschalter sowie den externen Switch für den Wechsel des Amp-Modells abrufen lassen. Beginnen wir mit der rechten Pedalseite. Gefüttert haben wir das Unobtanium zunächst mit einer Telecaster, am Ende der Kette saß dabei ein clean eingestellter Amp.

Das Gain-Spektrum reicht hier bis hin zu satten Crunch-Sounds, die sehr ordentlich, dabei aber ebenso angenehm anschieben. Wechselt man das Voicing zu „Mod“, tönt es noch einmal ein Stück fetter – wie viel genau, hängt von der Stellung des Gain-Potis ab. Je mehr Verzerrung im Spiel ist, desto stärker unterscheiden sich die Klangcharaktere. Schon mit der einen Hälfte des Pedals lassen sich verschiedene, gute Sounds erzeugen, die auch im Bandkontext bestehen können, so richtig spannend wird es jedoch in der Kombination. Dazu gleich mehr.

(Bild: Dieter Stork)

DIE AMP-SEITE

Der Overdrive Special war das wohl bekannteste Modell aus dem Hause Dumble, ein Zweikanaler mit kaskadierendem Overdrive, der für seine harmonische Fülle beim Aufbrechen in Drive-Gefilde sowie für besondere Transparenz und Offenheit bei unverzerrten Klängen gelobt wird. Der super seltene Steel String Singer als üppig ausgestatteter Einkanal-Amp mit Hall hat sich zwar vor allem als Clean-Amp einen Namen gemacht, kann aber, je nach Seriennummer, auch in Richtung Breakup gepusht werden.

Lange Rede, kurzer Sinn: Im Pedal finden sich zwei verschiedene Grundcharaktere, die sich zwar unterscheiden, dabei aber auch Ähnlichkeiten aufweisen. Der ODS klingt im direkten Vergleich satter und mittiger, aber wie beim Klon-Derivat lässt sich mit beiden Optionen sehr gut arbeiten. Wie angenehm und praktisch das Konzept des Pedals in der Realität ist, zeigt sich in der Tatsache, dass man etwa mit einem Delay im Einschleifweg eine vollwertiges Soundpaket erhält, mit dem sich richtig gut arbeiten lässt.

Auch der Dumble-Part ist keine Gain-Keule, dafür aber ein wunderbar subtiles Werkzeug für Genießer. Ob Jazz, Fusion, Blues oder Anverwandtes: Hier spielt das Pedal seine Stärken aus. In Kombination mit einer ES-335 und der Klon-Hälfte singt der Ton ohne Ende, den Grundcharakter könnte man dabei mit rund, reichhaltig und sehr gediegen beschreiben. Oder gerne auch als fett mit drei T. Zum Schluss sei noch einmal die Betonung auf den Emphasis-Regler gelegt: Dieser greift sehr nachhaltig in den Sound ein, bei Rechtsanschlag tönt es fast doch noch scharf, aber auch hier bleibt der Grundcharakter erhalten.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Machen wir es kurz: tolles Teil. Wer mit den oben genannten Künstlern, Sounds und Stilen etwas anfangen kann, sollte definitiv ein Ohr riskieren. Das Unobtanium von Crazy Tube Circuits kombiniert die Vorteile von 2-in-1-Geräten (nur einmal Strom, weniger Verkabelung, weniger Platz auf dem Board) mit einer Vielzahl gediegener Sounds, die speziell Gitarristen abseits härterer Rockgefilde ein Lächeln ins Gesicht treiben können. Beide Parts einzeln geben ein sehr gutes Bild ab, zusammen sind sie grandios.

PLUS

● Klangqualität
● zwei Geräte-Typen in einem Gehäuse
● fünf Sounds per Fußschalter abrufbar
● effektive EQ-Sektion (Amp-Seite)

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2023)

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