Classic Roots, Modern Feel

Test: Charvel Pro-Mod San Dimas Bass PJ IV

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(Bild: Dieter Stork)

Charvels Pro-Mod San-Dimas-Bässe konnten mit ihrer Mischung aus 80er-Vibes und modernisierten Features schon mehrfach überzeugen. Der Neue kommt in dezentem Mattschwarz daher – ein Finish, das definitiv eher der Moderne als dem Hair-Metal-Jahrzehnt zuzuordnen ist.

Wie schneidet das neue Modell ab, das neben der Farbe auch einen neuen Preamp gegenüber dem 2021 getesteten Modell hat?

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FENDER BASIS – CHARVEL DNA

Der Korpus wird beworben als „original 70er Shape“, was bedeutet, dass wir es hier mit einem normalen Precision-Body zu tun haben, der allerdings tiefere Cutaways hat als das Fender-Vorbild, um die hohen Lagen zugänglicher zu machen. Auffällig sind auch die scharfen Shapings, die die Armauflage komfortabel machen, vor allem aber die Rückseite sich an die Rippen anschmiegen lassen – und eine sehr schmale, gut abgerundete obere Korpuskante ergeben.

Gefertigt ist das ganze aus Erle, lackiert in einem für das Modell neuen Finish, nämlich Satin Black. Ich gebe zu, ich war skeptisch, weil ich mich an der Farbe doch etwas sattgesehen habe, hier wirkt sie aber sehr gelungen. Auch haptisch macht das was her, auch wenn der Kontakt beim Spielen auf den rechten Unterarm reduziert ist. Haptisch ebenfalls sehr befriedigend ist der vierfach mit dem Korpus verschraubte Hals.

Sowohl der eigentliche Hals als auch das aufgeleimte Griffbrett sind aus Ahorn, der geröstet wurde, oder wie Charvel es nennt: karamellisiert. Das Ergebnis ist dasselbe: eine starke Erhitzung unter Sauerstoffentzug (schließlich soll das Holz nicht verbrannt werden), um das Holz auf Zellebene zu verändern. Neben einem dunkleren Farbton ohne Beize soll dadurch eine höhere Stabilität und eine bessere Beständigkeit gegen Luftfeuchtigkeit und Temperaturschwankungen erreicht werden.

Ein weiterer Nebeneffekt ist, dass geröstetes Ahornholz mit einem dünnen, von Hand aufgetragenen Finish unempfindlich gegen Abnutzung ist und sich wie unbehandeltes, poliertes Holz anfühlt. Extrem angenehm! Derartige Behandlung war im Bassbau der 70er, als Charvel anfing, noch Zukunftsmusik.

Die Jazz-Bass-typische Halsbreite von 1,5” – ca. 38 mm – war da schon etabliert, eine noch recht moderne Entwicklung bei Bässen ist dagegen der Compound Radius des Griffbretts (den Charvel/Jackson schon Mitte der 80er bei Gitarren nutzte). Von schon flachen 12 Zoll am Sattel geht es auf 16 Zoll am 20. Bund. Die Jumbobünde sind sauber eingesetzt und in sich verrundet, dazu wurden noch die Griffbrettkanten abgerundet. Weiße Pearloid-Dots und nach „Lichtfütterung“ kurz nachleuchtende Luminlay-Punkte in der Flanke geben Orientierung, die aber auch ohne Leuchten schon schöne Form mit Funktionalität kombinieren.

Apropos schöne Form: dank der Zugehörigkeit zum Fender-Konzern darf die Kopfplatte ganz legal die originale Fender-Form haben. Ein akkurat gekerbter Graph Tech Tusq-Sattel führt die Saiten den offenen Mechaniken zu, die solide funktionieren. Ein Saitenniederhalter im Hipshot-Stil sorgt für den nötigen Andruck für D- und G-Saite; beide werden einfach von oben eingehängt.

Durchfädeln ist dagegen bei der Brücke nötig. Ganz im Stil der ab den 70er Jahren angesagten Badass-Bridge bietet die von Fender gefertigte HiMass mit Charvel-Logo eine massive Bauweise mit in Kerben geführten Saitenreitern, die in der Höhe und in einem sehr weiten Bereich in der Oktave eingestellt werden können. Passend zum „ab Werk schon zum Hot Rod modifizierten Bass“-Thema sind die Pickups von Di-Marzio.

Der starke Kontrast der cremefarbenen Gehäuse stellt das nochmal deutlicher raus, verbaut sind ein DP122 Model P und ein DP123 Model J. Beides sind Humbucker mit keramischen Magneten und verstellbaren Inbus-Polschrauben zum exakten Einstellen der Balance der Saiten untereinander.

Die Elektrik umfasst Volume, Balance, und einen Dreiband-EQ. Um im Notfall bei leerer Batterie weiterspielen zu können, kann der Bass durch Ziehen am Lautstärkeregler passiv geschaltet werden. Der Batterieverbrauch ist jedoch erfreulich niedrig und der Batteriewechsel dank eines separaten, ohne Werkzeug zu öffnenden Fachs schnell erledigt. Der obligatorische Blick ins E-Fach zeigt wie erwartet Einsparpotential bei den Kabellängen, sonst aber saubere Verarbeitung.

(Bild: Dieter Stork)

 

MACHEN SIE SCHNELL!

Sowohl im Sitzen als auch mit einem Gurt an den großen Gurtpins zeigt der San Dimas die ebenfalls erwartete Balance: Auf den Oberschenkeln perfekt ausbalanciert, auf den Schultern mit einer leichten, aber gut kontrollierbaren Tendenz zur Waagerechte. Einzustellen ist bei meinem Testbass eigentlich nichts, nur etwas Halskrümmung nehme ich noch raus, was mit dem Speichenrad am korpusseitigen Ende schnell erledigt ist. Spätestens dann macht der „Speed Neck“ seinem Namen alle Ehre.

Nicht nur das Griffbrett ändert das Profil zu den höheren Lagen hin, auch die Halsrückseite wird von einem handlichen C zu einem flachen D. Zusammen mit der hervorragenden Bundierung und den verrundeten Kanten des Griffbretts ergibt sich eine extrem leichte und angenehme Bespielbarkeit. Die tiefen Cutaways machen den Zugriff auch auf die höchsten Lagen entspannt und einfach, die Tonentfaltung ist fast über das gesamte Griffbrett knackig und mit gutem Sustain. Fast, weil es beim Testbass einen Hauch von Deadspot im 6. Bund auf der G-Saite gibt – der Klassiker.

Er ist intensiv genug, um bemerkt zu werden, aber nicht so intensiv, dass es wahnsinnig stört. Am Amp bringt der San Dimas exakt das, was ich erwarte: einen aktiven PJ-Ton. Der ist eher trocken als füllig, hat dafür aber schöne, grollende Mitten von den DiMarzios. Vor allem der P-Pickup solo klingt zwar eindeutig nach Preci, aber schon durch die Einbauposition schlanker. Die Spulen des Reverse-P-Pickups sind nicht nur umgedreht montiert, sondern insgesamt in Richtung Steg verschoben. Versteht mich nicht falsch, das klingt keineswegs dünn, aber eben nicht nach Vintage Fender bzw. DiMarzio in der „korrekten“ Position.

Was meinen inneren Monk immer zuverlässig antickt, ist der Verlauf der Saiten über den Polepieces, hier vor allem über dem Stegtonabnehmer. Etwas mehr Saitenabstand hätte der Bass auch mit Blick auf die Saitenführung am Hals schon vertragen können, zu hören ist aber nichts davon, da gibt es nur fetten Steg-Jott-Ton.

Deutlich hörbar ist der EQ. Leichtes Rauschen gibt es bei voll aufgedrehtem Höhenregler, dann ist der Ton aber auch extrem bissig. Voll zugedreht klingt es, typisch für die allermeisten aktiven Regelungen, nicht wie bei einer passiven Tonblende. Mein Lieblingston ist der mit dem Balanceregler in der Mitte, Höhen komplett zu, dafür die (recht hohen) Mitten voll auf. In Kombination mit der Prägung der DiMarzios drückt der Sound wie blöd und ist durch den Anschlag gut in der Aggressivität zu steuern.

Auch mit dem Plektrum ein fetter, eher runder Ton, dem mit zunehmend aufgedrehten Treble-Poti mehr Biss zugeführt werden kann. Passiv geschaltet fällt der Ton etwas ab, der Lautstärkeunterschied kann aber am internen Trimmpoti ausgeglichen werden. Dank der Humbucker-Bauweise beider Pickups ist der Charvel ansonsten ruhig, für Einstreuungen in die Elektronik muss ich schon sehr nah an den Amp gehen.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Die Kombination der alten San-Dimas-Vorlagen aus den 80ern, die wiederum auf den noch älteren Fender Bässen basieren, mit modernen Attributen wie dem karamellisierten Hals und dem aktiven 3-Band-Equalizer geht auch beim neuen Pro Mod San Dimas PJ auf. Die klanglichen Ergebnisse mit modernen Reverse-P/ J-Sounds in diversen Schattierungen können sich hören lassen. Auch optisch gefällt mir die Kombination des abgedunkelten Ahornhalses, dem gediegenen Schwarz des Bodys, und den cremefarbenen Pickups wirklich gut. Zum Antesten nicht nur für 80er-Jahre-Fans empfohlen!

PLUS

● Sound
● karamellisierter Hals
● Optik
● Verarbeitung
● Bespielbarkeit

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2024)

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