„New heights of modern high performance combined with elegant style and crushing tone.“ Weniger Anspruch wäre doch auch geradezu schüchtern. Nun denn – dem hochfliegenden Vogel wollen wir doch mal gründlich auf den Zahn fühlen.
Früher nannte man so etwas Super-Strat, was man bei Fender gar nicht gerne hörte und sich dann später die Firma Charvel mit ihren bei Shreddern so beliebten Gunslinger-Modellen einfach einverleibte. Heute spendiert man den Charvel-Gitarren sogar die originale Stratocaster-Kopfplatte – klar, bleibt ja in der Familie. Die Pro-Mod lässt eh vermuten, vor allem die Halsbearbeitung deutet darauf hin, dass sie in Fenders Mexiko-Fabrik gefertigt wurde.
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gediegener moderner standard …
Mit dem Modell Pro-Mod DK24 haben wir ein modernes Double-Cutaway-Design in Händen, das man tatsächlich eine avancierte Alternative zur Stratocaster nennen könnte.
Die Pro-Mod DK 24 HSS kommt mit einem gut 17,5 cm starken Erlekorpus im „Dinky Body Shape“. Darunter ist eine, im Verhältnis zur Strat, leicht verkleinerte Korpusform zu verstehen, die trotz wenig verrundeter Außenkanten, Konturen an den genau richtigen Stellen aufweist und überdies mit optimal abgeglichenem Hals-Korpusübergang besten Spielkomfort bietet. Dem ist auch ein später Halsansatz zuzurechnen, der zwei Bünde vor dem Korpus mehr freistellt (Ansatz Stratocaster 17. Bund; Dinky 19. Bund).
Der mit einer Graphiteinlage verstärkte Hals aus geröstetem Ahorn (‚Caramelized Maple‘ – Hitzebehandlung ist derzeit ja schwer in Mode) bekam eine Standard-Stratocaster-Kopfplatte und ist mit vier in Hülsen geführten Schrauben fest im Korpus verankert. Das Griffbrett aus karamelisiertem Ahorn mit 12″ auf 16″ Compound-Radius ist mit 24 Jumbo-Bünden und Pearloid Dots ausgestattet. Luminlay Side Dots sollen auch auf dunklen Bühnen Griffbrettpositionen anzeigen.
Charvel Die-Cast-Locking-Mechaniken sorgen für verlässliche Stimmung; die Saiten schwingen mit 648 mm Mensur zwischen einem Tusq-Sattel von GraphTech und der Gotoh Custom 510 Tremolo Bridge, ein Zweipunkt-System mit Einsteckarm und Stahlblock. Zugriff auf den Halsstab gewährt ein ‚Truss Rod Adjustment Wheel‘ am Halsende.
Die Elektrik: In HSS-Pickup-Konfiguration finden wir verbaut: Custom Seymour Duncan Full Shred SH-10B Humbucker am Steg und Seymour Duncan Custom Flat Strat SSL-6 Singlecoil in der Mittel- und ein weiterer SSL-6 (RWRP) in der Halsposition, allesamt mit Alnico-5-Magneten arbeitend. Hm, zu monieren ist an dieser Stelle die ungenaue, seitlich versetzte Positionierung des Humbuckers, dessen Pole Pieces sich nicht exakt unter den Saiten befinden.
Zur Kontrolle stehen die generellen Regler Volume und No-Load-Tone-Control zur Verfügung. Die Anschlussbuchse ist im Übrigen auf die abgeschrägt gestaltete Zarge unten hinten zur Kabelführung hinter den Gurt positioniert.
Lackiert wurde der Korpus der Charvel Pro-Mod DK24 im Primer Gray Satin Finish (optional Satin Shell Pink). Eigenwillige Farbgebung, diese knappe Auswahl von annähernd Babyblau und Pink. Der Hals ist mit mattem Urethane-Lack dünn versiegelt. Alternativ ist auch noch ein Modell mit HSH-Pickup-Bestückung im Angebot.
… tagesaktuell überarbeitet
Die Pro-Mod DK24 wiegt angenehme 3,3 kg und spielt sich mit ihrem effektiv konturierten Body einschließlich des weich gestalteten Hals-Korpusübergangs in jeder Haltung einfach perfekt. Besonders viel Sorgfalt hat man bei der Halsgestaltung walten lassen. Der ‚Speed Neck with Rolled Fingerboard Edges‘ mit seinen 24 Jumbo-Bünden im aufsteigend flacher werdenden Griffbrett (Compound Radius) macht seinem Namen alle Ehre und bietet den Fingern bei guter Halsbreite und nicht zu flachem, dafür aber aufsteigend wenig zunehmendem Profil optimalen Aktionsraum.
Die Saitenlage ist ultraflach eingestellt. Das knallt zwar bei hartem Anschlag auf den Basssaiten etwas, ist aber wohl genau so gemeint, denn die niedrige Distanz zum Bund lässt die Finger mühelos fliegen und das kann man dann wirklich ‚Speed Neck‘ nennen. Akustisch tritt die Pro-Mod mit einem kristallklar perlenden, schwingintensiven Glocken-Sound an. Das Klangbild ist hell und offen, Akkorde zeigen gut separierte Stimmen und harmonische Rundung.
Elektrisch greifen wir auf diesen recht vitalen Basis-Sound mit kraftvoll ausgelegten Pickups von Seymour Duncan zu.
Etwas wunderlich ist zunächst das starke Gefälle zwischen Hals-Pickup und den übrigen Positionen – gut, da ist Spielraum, man könnte ihn noch etwas höher einstellen. Der Singlecoil am Hals transportiert ein vergleichsweise bedecktes, wenn man so will eher warmes Tonbild und fällt damit klangfarblich etwas heraus. Der Mittel-Pickup ist nicht allein zu haben, sondern wurde mit der äußeren Spule des Humbuckers kombiniert. Die Kombination gibt sich ausgesprochen brillant und offen. In den Zwischenpositionen sind stark differenzierte Sounds zu erzielen – die Kombi Hals-Mitte tönt deutlich weicher als die Kombi Mitte + angezapfte Einzelspule des Humbuckers – was seinen Reiz hat.
In Overdrive-Positionen des Amps liegen mit dem Hals-Pickup typische Strat-Sounds an. Nur hätte ich von einem Overwound-PU eigentlich etwas mehr Fett im Ton erwartet. Das Gefälle zwischen den Positionen ist in der Abteilung Gain dann aber nicht mehr so auffällig wie zuvor. Der Hals-Pickup agiert unter Zerrbedingungen kehlig und gerundet in den Höhen, die Mittelstellung packt da deutlich mehr crispe Höhenanteile drauf, was dann noch von den knusprigen, in ihren Höhenanteilen natürlich differierenden Zwischenpositionen übertroffen wird.
Der Full Shred SH-10B Humbucker in der Steg-Position macht dagegen eher einen auf dicke Hose, ist der Rocker im Team. Sein angehobener, aber nicht übertrieben starker Output eignet sich mit kleinem Mitten-Quack in Grenzen sogar noch für das harmonische Akkordspiel im Klarklangbereich. Aber was red ich – für das Ziel-Genre sind Clean-Sounds ja eh nur Randgeräusche. Besser gefällt ihm natürlich der aufgedrehte Amp. In Zerre überträgt er jede Aktion mit scharfem Attack-Verhalten. Saftig und frisch lassen sich Powerchords aus den Speakern herauspumpen, die Plektrumstellung nimmt starken Einfluss auf die Tonformung. Knapp gefasst, springen harmonische Obertöne nur so unter den Fingern weg.
Vor allem mit voll aufgedrehtem No-Load-Tone-Poti, das mit direktem Durchgang für eine Idee mehr Offenheit sorgt, ist die Saite leicht reizbar, entsprechend gutwillig und vor Präsenz strotzend schnellt der Ton schon bei leichter Finger- oder Plektrum-Aktion vor. Die Ankündigung vom ‚Crushing Tone‘ ist also keine leeres Versprechen! Nun, das ist eigentlich genau das, was man von diesem Instrument erwartet und die leicht versetzte Montage des Pickups nimmt nicht wirklich hörbaren Einfluss auf die Klanggewichtung – mittig eingerichtet wäre natürlich trotzdem besser.
Ohne Frage gehört auch ein gut funktionierendes Vibrato-System zu solch einer Gitarre und das ist mit der Gotoh Custom 510 Tremolo Bridge gefunden. An drei Federn im Stahlblock frei schwebend aufgehängt, funktioniert es bei maßvollem Einsatz richtig ordentlich. Bei größeren Manövern läuft man allerdings Gefahr, leichte Verstimmungen hinnehmen zu müssen. Zwei Stringtrees bringen natürlich viele Reibungspunkte ins Spiel.
resümee
Das Modell Charvel Pro-Mod DK24 HSS will zweifellos ein Werkzeug für Spieler mit Ambitionen und solistischem Anspruch sein. Nicht, dass jeder der sonst noch irgendwie rockt und rumbled keinen Spaß damit haben könnte, aber dieser schnelle Hals aus geröstetem Ahorn ist doch eine Einladung für den Speedking, den lustvollen Shredder. Auf seine Kosten kommt der nicht nur des idealtypisch ausgebauten Halsprofils mit ultraflach eingestellter Saitenlage und sauberer Jumbo-Bundierung wegen, sondern vor allem durch die elektrische Kraft des Full-Shred-Humbuckers von Seymour Duncan. Dass dieser nicht perfekt ausgerichtet montiert wurde, sollte ein Ausrutscher sein und den Interessenten keinesfalls abhalten.
In den übrigen Schaltpositionen liegen optionale Sounds an, die natürlich das Klangspektrum erweitern, den zentralen Herrschaftsbereich des Lead-Humbuckers aber lediglich zu flankieren vermögen. Als Genre-Instrument für die Klientel der härteren Gangarten ist die bestens handhabbare Charvel ProMod DK24 HSS mit gutem Preis-/Leistungsverhältnis eine absolute Empfehlung.
PLUS
• klassisch-modernes Design
• offenes Schwingverhalten
• kraftvolle HB-Sounds
• optionale SC-Sounds
• Speed-Hals
• Bundierung/Saitenlage
• beste Spieleigenschaften
• gute Verarbeitung MINUS
• Humbucker beim Testmodell nicht zentral positioniert