Meistergeige

Test: Charvel Angel Vivaldi Signature DK24-7 Nova

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(Bild: Dieter Stork)

Tiefer, härter, länger: so lautete in den letzten Jahren überwiegend die Marschrichtung für siebensaitige Gitarren. Extra-lange Mensuren, immer neue Tonabnehmer und mehr Fanned-Fret-Konstruktionen konnten sich zuletzt am Markt etablieren. Charvel geht mit der Angel-Vivaldi-Signature-Gitarre nun einen Schritt zurück.

Angel Vivaldi dürfte vor allem den regelmäßigen YouTube-Konsumenten und -Konsumentinnen ein Begriff sein. Der 1985 in New Jersey geborene Gitarrist veröffentlicht bereits seit 2003 eigenes Material und machte neben seinen Soloalben auch durch seine Videos auf sich aufmerksam. Nun steht mit der DK24-7 Nova aus dem Hause Charvel sein erstes Signature-Modell in den Startlöchern, das genau auf Vivaldis virtuose und melodiebetonte Spielweise zugeschnitten ist.

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BACK TO THE 80S

Als Basis für die siebensaitige DK24-7 Nova dient hier zunächst die altbekannte Dinky-Form, welche sowohl Charvel als auch Jackson seit Jahrzehnten benutzen und die sich im Wesentlichen als die Ur-Idee der Superstrat beschreiben lässt. Der vollständig aus Linde gefertigte Korpus wurde mit einem konturierten Halsfuß und einer großzügigen Ausfräsung im unteren Cutaway versehen, um das Erreichen des 24. Bundes etwas leichter zu ermöglichen.

Der Body ist mattschwarz lackiert, was für eine unaufgeregte Optik sorgt. Ebenso nüchtern-pragmatisch geht es bei der Halskonstruktion weiter: anstelle von spektakulär gemasertem Edelholz wurde hier ein schlichter, hauchdünn lackierter Ahornhals verbaut, der jedoch zusätzlich mit Stäben aus Graphit verstärkt wurde und dessen Custom-Profil weder übermäßig kräftig, noch besonders dünn ausfällt. Das Ahorn-Griffbrett ist an den Griffbrettkanten ebenso sauber verrundet, wie die Enden der 24 eingelassenen Jumbo-Bünde.

Als kleines, optisches Highlight wurden die schwarzen Dot-Inlays auf dem Griffbrett wellenförmig angeordnet (Cascading Black Dots), was für eine moderne Note im Gesamtbild sorgt, während die auf der Griffbrettzarge eingelassenen Luminlays schön kräftig im Dunkeln leuchten und so auch auf dunkelsten Bühnen für sichere Orientierung auf dem Griffbrett sorgen.

Die Saiten verlaufen mit angenehm strammen Zug über den Grapthtech-Tusq-Sattel zu den sieben goldenen Die-Cast-Locking-Mechaniken, die auf der Reversed-Fender-Kopfplatte sitzen. Auf einen Zugang zum Halsstab wurde auf der Kopfplatte verzichtet, die Krümmung des Halses kann bequem über eine Spannmutter am Halsfuß eingestellt werden. Die Saiten laufen über die Reiter des Gotoh-510-Vibratos, welches mit zwei Federn so freischwebend eingestellt ist, dass es einen Tonumfang von knapp vier Halbtönen nach oben ermöglicht.

Bei den Tonabnehmern haben sich Charvel und Angel Vivaldi für ein absolutes Klassiker-Set aus dem Hause DiMarzio entschieden: während in der Hals-Position der Air-Norton-7-Humbucker zum Einsatz kommt, wurde am Steg der Tone-Zone-7 verbaut, der wahrscheinlich einer der meistverkauften Humbucker überhaupt sein dürfte. Passend zur restlichen Hardware, wurden die Bobbins der beiden Pickups ebenfalls in Goldoptik gehalten, was für einen gewissen Bling-Bling-Faktor sorgt, im Gesamtbild der Gitarre aber keinesfalls überzogen wirkt.

Bemerkenswert ist, dass Charvel hier wirklich ins Detail geht und sogar alle Schrauben auf der Rückseite (E-Fach und Federkammer), sowie die Halsschrauben samt Hülsen in der passenden Goldoptik verbaut hat. Bei der Elektronik verlässt sich Angel Vivaldi ebenfalls auf Altbewährtes: neben dem fünfstufigen Schalter gibt es lediglich ein Master-Tone und ein Master-Volume-Poti. Aus dem Elektronik-Fach gibt es wenig Spektakuläres zu berichten – lobend sei jedoch erwähnt, dass hier sowohl Abschirmlack als auch eine Alufolie auf dem Kunststoffdeckel zum Einsatz kommen.

Der Ahornhals der DK24-7 Nova mit
Luminlay-Side-Dots
(Bild: Dieter Stork)

DER NAME IST PROGRAMM

Bereits ein Blick auf das Datenblatt des Instruments verrät, dass wir es hier im Grunde mit einer altmodischen Konstruktion zu tun haben, wie sie bereits Mitte der 80er-Jahre (dann wohl mit einer Saite weniger) hätte gebaut werden können. Akustisch gespielt, klingt die DK24-7 Nova jedoch alles andere als altbacken.

Ganz im Gegenteil: Die Höhen perlen wie bei einer frisch geöffneten Flasche Champagner und sowohl Akkorde als auch Singlenotes klingen gleichermaßen kräftig wie hochauflösend. Verglichen mit langmensurigen Siebensaitern ist hier ein anderes Klangverhalten in den Bässen wahrzunehmen: Dank der 648-mm-Mensur kommen die tiefen Klangregionen wärmer rüber und sind nicht so sehr durch chirurgische Genauigkeit geprägt (was ja nicht schlecht sein muss). Auch in den Höhen ist die klangliche Wärme hörbar, die viele Extended-Range-Gitarren bauartbedingt vermissen lassen.

Am Verstärker zeigt sich sofort, warum das Air-Norton-/Tone-Zone-Set eine nach wie vor äußerst beliebte Kombination ist. Auf der Hals-Position gespielt, überträgt der Air-Norton-7 ein luftiges (pun intended) Klangbild, das wunderbar offen und dynamisch, sowohl clean als auch im Overdrive-Betrieb, zu überzeugen weiß.

Interessant ist dabei die Belegung des Fünf-Weg-Schalters: Während auf der vorderen Position der Hals-Tonabnehmer seriell zu hören ist, werden auf der ersten Zwischenposition die Spulen des Hals-Pickups parallel geschaltet. Eine simple wie geniale Idee – auf diese Art und Weise stehen einem zwei verschiedene Klang-Varianten des Hals-Tonabnehmers zur Verfügung. Während im Overdrive-Kanal des Verstärkers die serielle Verdrahtung, dank ihrer kräftigen Mitten, ein wenig die Nase vorn hat, kann im cleanen Betrieb die parallele Schaltung mit ihrem zurückgenommenen Bassgehalt und den weicheren Tiefmitten punkten.

In der Mittelstellung des Schalters stehen einem dann beide Humbucker zur Verfügung während in der zweiten Zwischenposition lediglich die beiden innenliegenden Spulen beider Pickups in Serie geschaltet werden. Das Ergebnis ist hier ein etwas exotischer, in den Mitten stark ausgehöhlter Klang, der sich etwas von der restlichen Klangpalette der DK24-7 Nova abhebt und am ehesten als eine Art funky Clean-Sound zu überzeugen weiß.

Mit brüllenden Tiefmitten, einer kräftigen Portion Low-End-Schub sowie explosiv-strahlenden Obertönen liefert die Gitarre auf der Steg-Position einen enorm druckvollen und satten Ton, der trotzdem ein beeindruckendes Maß an Dynamik bereithält. Das Mittenspektrum tritt hier einen gewaltigen Schritt in den Vordergrund, sodass Powerchords und Quartgriffe wie ein Geschoss aus dem Verstärker schnellen.

Auch mit richtig viel Gain am Amp bleibt der Ton der DK24-7 immer klar und definiert, ohne jedoch zu dünn zu klingen. Hier hat Charvel ganze Arbeit geleistet und eine bemerkenswert gute Kombination aus Holz, Konstruktion und Wahl der Tonabnehmer geschaffen. Interessant ist, dass trotz der regulären Mensur der Bassbereich keinesfalls labberig oder undefiniert klingt – das Tiefe H ist klar umrissen und löst bis in die unteren Register schön transparent auf. Wer tiefer stimmen will und beispielsweise ein tiefes G ansteuert, wird freilich Probleme bekommen, einen definierten Ton zu behalten. Hier stößt die klassische Fender-Mensur dann an ihre Grenzen, was aber keinesfalls an der Testgitarre, sondern schlichtweg in der Natur der Sache liegt.

ALTERNATIVEN

Die Auswahl an siebensaitigen Gitarren war mit Sicherheit noch nie so groß wie im Jahre 2020. Interessanterweise orientieren sich – wie eingangs bereits erwähnt – die meisten Hersteller an einem deutlich moderneren Leitbild, als es bei der Charvel Angel Vivaldi Signature DK24-7 Nova der Fall ist. Wenn die Verbindung von kultigem 80er-Jahre-Feeling und moderner Siebensaiter die Maßgabe sein soll, wird die Suche nach Alternativen gar nicht so einfach, wie man zunächst denken könnte.

Zunächst wäre da beispielsweise die Neuauflage der legendären Ibanez-Korn-Signature-Gitarre (Modell K720TH), die aber um ein Vielfaches teurer als unsere Testgitarre ist und sich optisch moderner gibt. Deutlich günstiger – und damit im selben Preissegment – wäre dann schon LTDs M-1007. Hier finden wir jedoch aktive Tonabnehmer und ein Floyd-Rose-Vibrato.

RESÜMEE

Keineswegs hat Charvel mit der DK24-7 Nova das viel gerühmte Rad neu erfunden. Ist das schlecht? Um Himmels Willen, nein! In einer Zeit, in der alle großen Hersteller mit ausgefuchsten Neuerungen um die Gunst der Gitarristen buhlen, ist so eine „klassische“ Siebensaiter mit deutlichem 80erJahre-Flair eine absolut willkommene Abwechslung. Zumal sich Angel Vivaldi mit Charvel einen Hersteller ausgewählt hat, der seine Wurzeln ganz klar in der Hochphase von Haarspray und Spandex-Hosen hat.

Die DK24-7 Nova ist ein nüchternes Werkzeug, dessen gesamter Aufbau auf Funktion ausgerichtet ist. Bedenkt man nun noch den wirklich günstigen Ladenpreis von nicht einmal € 1200, ist es schon erstaunlich, was für ein Gesamtpaket man hier geboten bekommt. Wer also sein Herz bereits in den 80erJahren an den amerikanischen Hard Rock jener Tage verloren hat, einer siebten Saite jedoch nicht abgeneigt ist, sollte der Angel Vivaldi Signature unbedingt eine Chance geben.

PLUS

● universeller Klang
● Verarbeitung
● Tonabnehmer
● Spielbarkeit
● Optik

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2020)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Charvel baut seit Ewigkeiten richtig gute „Arbeitspferdchen“.
    Die bekannten Charvel San Dimas Serienmodelle spielen sich gut,und klingen wirklich phantastisch.
    „Nüchtern“ klingt keine Einzige dieser besagten Modelltype.
    Allerdings benötige ich persönlich nicht unbedingt 7 Saiten,denn Steve Vai & Co. habe ich momentan und zukünftig nicht auf meinen Schirm,denn diese spezielle Art der „Saitenhexerei“ ist nicht jedermanns Sache.
    Ich halte es da lieber mit dem guten alten Hard Rock und Blues Rock,der viel weniger hochfrequente „quietschende Töne“ im Programm bereit hält.Ist halt nicht so anstrengend.Aber diese neue Charvel scheint gut zu sein,wer es mag,der sollte zugreifen.
    Bleibt gesund!

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