Vintage Hybrid

Test: Brooks EB-PL Noir

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(Bild: Dieter Stork)

Als Gibson-Fan bezeichnet Rob van den Broek sich zwar nicht, wohl aber als Fan der Lo-Z-Modelle. Seine Liebe zu den sonst eher stiefmütterlich behandelten Gibson-Bässen ist immerhin so groß, dass er „The Gibson Bass Book“ herausbrachte, eine illustrierte Verneigung vor den oft sehr eigensinnigen Tieftönern aus Kalamazoo und Nashville.

Als Grafikdesigner von Beruf und Bassist aus Leidenschaft lag die Idee zum üppig ausgestalteten Buch relativ nahe. Doch damit nicht genug: Rob baut seit einigen Jahren selbst Bässe, die Merkmale unterschiedlicher Instrumente vereinen, aber immer mindestens ein starkes Gibson-Element haben.

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VIEL MAHAGONI

Disclaimer vorneweg: Bei den meisten Testinstrumenten handelt es sich um Neuware oder um Instrumente aus einem Bestand, der für Tests und/oder Messen vorgehalten wird. Hier ist das anders, Rob hat diesen Bass vor sechs Jahren für seinen persönlichen Bedarf gebaut und auch live gespielt. Auf darauf zurückzuführende Macken gehe ich im Folgenden nicht weiter ein, wer ein ähnliches Modell bestellt, bekommt ja selbstverständlich ein flammneues Instrument.

Basis des Brooks EB-PL ist der EB-0-Bass. Da sehe ich einige fragende Gesichter, der sieht doch ganz anders aus? Jein. Die bekanntere und verbreitetere Form entspricht der Gibson-SGGitarre, oder eben dem EB-3, der Bass-Variante mit zwei Pickups. Bevor der EB-0 1961 diese Form mit den spitzen Hörnern bekam, war er allerdings schon zwei Jahre mit rundlicheren Formen nach Art der Les Paul Junior DC auf dem Markt. In meinen Augen eine der schönsten Korpusformen überhaupt!

Für einen gibsonesken Bass bietet sich natürlich Mahagoni als Baumaterial an. Das gibt es in unterschiedlichen Gewichtsklassen, bei schwererer Qualität mit und ohne gewichtsreduzierende Bohrungen. Beim Brooks definitiv ohne Reduktion, der Bass bringt ordentlich was auf die Waage. Wie die transparent-schwarze Lackierung sehen lässt, ist der Hals dreiteilig gesperrt aus Mahagoni und in den einteiligen Body eingeleimt.

Passend zum Noir-Thema ist das Griffbrett aus tiefschwarzem Ebenholz, verziert mit schicken, silbrigen, ringförmigen Einlagen in Front und Flanke. Auch das mattschwarze Pickguard fügt sich schön ins Thema ein: Form, Größe, und die Platzierung der Regler in der Nähe der Korpusrundung lehnen sich an das End-Fünfziger-Gibson-Modell an. Dazu passen die Top-Hat-Potiknöpfe samt der kleinen Metallzeiger.

Aber nicht nur Gibson inspirierte Rob bei diesem Modell. Bei der Einfassung des Bodys stand Rickenbacker Pate, genauer der 4003 in der Noir Edition, dessen “Checkerboard”-Einfassung, das schachbrettartige Binding am Korpus, eine schwarze Außenlage statt einer weißen hat und dem Bass damit den besonderen Look verleiht.

(Bild: Dieter Stork)

Während der Rick-Anteil nicht so offensichtlich ist, ist die Fender-Ingredienz auf den ersten Blick auszumachen: Statt eines fetten Pickups direkt am Halsende, wie beim Gibson, gibt es einen Seymour-Duncan-Pickup nach Art des ersten Precision Basses in einer eher mittleren Position. So oldschool der Abnehmer ist, so modern ist die Hardware. Die Brücke lässt Einstellungen in Saitenhöhe und Oktavreinheit zu, die Ball-Ends können einfach eingehängt werden – das ist tatsächlich ein Feature, das die Gibson-Brücken schon 1953 boten, so sehr sie sonst auch ihre Macken hatten.

Die Mechaniken sind leichte von Schaller, die der Kopflastigkeit entgegenwirken sollen. Ebenfalls auf dem Stand der Technik ist der Zweiwege-Stahlstab, der über ein Speichenrädchen justiert werden kann, wofür ein kleines Holzplättchen am Halsende abgeschraubt werden muss. An zwei konventionellen Gotoh-Pins mit großem Teller findet der Gurt sicheren Halt.

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PFUNDSBASS

Die Position des vorderen Gurtpins am Halsfuß mittig im Body lässt Böses ahnen, eilt doch Gibson und Artverwandten der Ruf voraus, grundsätzlich kopflastig zu sein, und nicht zu knapp. Beim Brooks gibt es da eine Überraschung, denn maximal hat der EB-PL eine Tendenz in die Waagerechte, aber nicht mehr. Dieser positive Aha-Effekt hat aber einen Preis, und der zeigt sich auf der Waage: 4,7 Kilo bringt der Bass auf selbige. Das ist eigentlich über meiner persönlichen Schmerzgrenze dessen, was ich mir im Stehen für mehr als ein paar Minuten antun mag, aber zu meiner Überraschung gleicht die Balance das Gewicht so weit aus, dass ich mit ihm auch lange Proben durchspielen kann, ohne hinterher Schulter- oder Rückenschmerzen zu haben. Da nervt mancher leichte Bass deutlich mehr, wenn der Hals permanent hochgehalten werden muss.

Die linke Hand hat auch so schon genug zu tun, denn der Hals hat nicht nur eine gesunde Breite, sondern ist auch ordentlich dick. Mein Mitt-Sechziger-EB-3 hat auch mehr Substanz als der zierliche Bass vermuten lässt, aber gegen den EB-PL, der am Sattel U-förmig beginnt und in den höheren Lagen in eine zunehmend dickere D-Form übergeht, ist das geradezu ein Sporthälschen.

Über die etwas aufwendigere Justage der Oktave bei diesem Brückentyp habe ich schon oft genug geschrieben (Saite lösen, Schlitten des Saitenreiters lösen, von Hand verschieben, fixieren, Saite stimmen, Intonation checken, wiederholen, bis es passt …), die Saitenlage ist da etwas einfacher einzustellen (Fixierung des Reiters lösen, Inbusschrauben rein- oder rausdrehen, fixieren). Damit lässt sich eine noch flachere Saitenlage erreichen, ohne Schnarren. Einzig in den tiefen Lagen macht sich bemerkbar, dass der Sattel tiefer gekerbt sein könnte.

Ansonsten geht es auch mit dem dicken Prügel von Hals flott durch die Lagen – nur die letzten Bünde sind nicht ohne Verrenkungen erreichbar. Bauarttypisch ist das Abstützen des Daumens auf dem kappenlosen Pickup nicht so komfortabel wie z. B. auf einem Jott- oder P-Abnehmer, daran habe ich mich aber ebenso schnell gewöhnt wie an die eckige Korpuskante ohne Abschrägung, die der Korpusform und dem Binding geschuldet ist. Vor allem, weil der Sound so trefflich von allem ablenkt, denn der ist ebenso eigen wie grandios.

Der verbaute Seymour Duncan ist die Quarter-Pounder-Variante, mit mehr Output, mehr Knurren und mehr Attack. Das steht dem Brooks EB-PL sehr gut zu Gesicht, der Ton kommt mit überreichlichen Mitten und sehr holzig. Das Plus an Attack gibt Definition und schon bei etwas stärkerem Anschlag eine angenehme Aggressivität dazu. Die Bässe kommen bei der Masse an Mahagoni in Kombination mit der langen Mensur ganz von selbst mit voller Wucht, ohne aus den Fugen zu geraten.

Nüchtern-transparente Klänge sind Fehlanzeige, hier steht Charakter im Vordergrund. Nicht, dass keine Brillanz da wäre, die muss nur mit nachgeschaltetem EQ rausgekitzelt werden. In die Gegenrichtung geht es mit der an Bord befindlichen, fein arbeitenden Höhenblende, die für meinen Geschmack nur zu intensiv wird, wenn sie fast ganz geschlossen ist. Sehr gut geeignet ist der Brooks auch für Zerr-Sounds, die von den prägnanten Hochmitten profitieren, und Plektrumarbeit, die immer fett bleibt. Ebenfalls positiv hervorzuheben ist das gute Sustain, das gerade in den hohen Lagen die Töne stabil singen lässt.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Man merkt dem Brooks EB-PL Noir an, mit wie viel Liebe er entwickelt und gebaut wurde. Kein Industrieprodukt, sondern reines Handwerk mit klarer Referenz an einen Gibson-Bass, den Gibson so nie gebaut hat, ergänzt mit kleinen Details wie der einem Rickenbacker-Sondermodell nachempfundenen Farbgebung, und größeren Details wie dem fenderigen Pickup von Seymour Duncan in der getunten Quarter-Pounder-Version.

Auch der wuchtig-holzige Ton ist weder Gibson noch Fender, sondern ein ganz eigener Hybrid mit Anteilen von beiden – und am Ende ein echter Brooks. Das Gewicht ist hoch, aber die sich einstellende Balance macht den Bass für mich auch länger trag- und spielbar. Für alle Fans gibsonesker Bässe mit spielerisch kombinierten Features lohnt sich der Blick auf die Webseite, zumal der Preis absolut fair ist!

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2024)

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